(Hans-Dieter Haase [SPD]: Aber Herr Sander pilgert durchs Land und sagt, es komme eine Privatisierung!)
Wissen Sie, was mein Eindruck ist? - Sie wollen immer wieder das Schreckgespenst der Privatisierung an die Wand malen und die Bürger nach dem Motto verunsichern, Privatisierung bedeutet eine Bedrohung unserer guten alten Stadtentwässerungsämter und öffentlichen Abwasserbetriebe.
Privatisierung bedeutet eine Monopolbildung durch die bösen Großkonzerne, die sich nun auch noch dieses Geschäftsfeld unter den Nagel reißen wollen, die Gewinne auf Kosten der Gebührenzahler machen und gleichzeitig Arbeitsplätze abbauen,
Dieser politische Ansatz, diese überholte Ideologie, dieser antiquierte Ruf nach mehr Staat ist der wahre Hintergrund Ihres Antrages.
- Herr Haase, so ist es. Es wurde ja auch auf die Liberalisierung des Strommarktes eingegangen und gesagt - genau vor diesem ideologischen Hintergrund -, das sei der Grund für Preissteigerungen. Frau Steiner, Sie sollten sich einmal damit beschäftigen.
Das hat ganz andere Ursachen. Ich spreche nur einmal die Ökosteuer und die Probleme mit den Netzdurchleitungen an. Darin liegen die Gründe für die Preissteigerungen, aber doch nicht in der Liberalisierung der Märkte.
Meine Damen und Herren, zurück zur Sache: Man muss ja auch schauen, wo man vielleicht Gemeinsamkeiten findet. In der kommunalen Praxis - das wissen Sie - sind wir schon viel weiter. Einige von Ihnen, die sich mit dem Thema etwas eingehender befasst haben, unterstützen ja auch den Weg vieler Kommunen, Dienstleistungen wie die Versorgung mit Strom, Gas und Frischwasser sowie die Entsorgung von Abfällen und Abwasser auf leistungsfähige private Anbieter zu übertragen. Herr Haase, das klingt immerhin - das muss ich
zugeben - auch in Ihren Anträgen an. Sie bestätigen das. Sie haben da einen etwas pragmatischeren Ansatz, was mich sehr freut.
- Doch, Herr Haase, das klang von dieser Seite ganz anders. Aber in Ihrem Antrag und in Ihrer Rede sind Sie auf den ideologischen Ansatz zurückgekommen.
Erstens - das sagte ich schon - sind Ihre Anträge überholt. Sie sprechen eine Frage an, die sich hier und heute überhaupt nicht stellt. Zweitens möchte ich Sie bitten, Frau Steiner: Machen Sie es doch so wie Ihre Parteifreunde in vielen Kommunen, und diskutieren Sie das offen. Lassen Sie die Kommunen darüber entscheiden, ob sie die Daseinsvorsorge selbst machen oder ob sie den Weg in die Privatisierung gehen wollen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das habe ich wörtlich gesagt, Herr Brandes!)
Wenn es vor Ort gewollt ist, dann gehen Sie den Weg in die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen doch mit! Lassen Sie uns die Kompetenz privater Anbieter nutzen. Darüber hinaus empfehle ich Ihnen, doch einmal mit den Beschäftigten vor Ort zu sprechen, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die früher bei den Stadtwerken oder bei den Stadtreinigungsämtern tätig waren und die jetzt bei einem privaten Abfall- oder Abwasserbetrieb arbeiten. Ich habe bei uns - wir gehen ja einen anderen Weg als die Stadt Hannover - nur Positives gehört: Die Mitarbeiter sind sehr zufrieden, sie übernehmen mehr Verantwortung, sie können schneller entscheiden, es wird wieder mehr investiert und modernisiert. Das motiviert doch die Mitarbeiter.
Über eines sollten Sie auch einmal nachdenken: Wenn Sie sagen, bei diesen Privatbetrieben würde die Qualität der Arbeit leiden, städtische Ämter und Betriebe könnten das besser, dann ist das eine Beleidigung der Mitarbeiter; denn diese anerkannten privaten Fachbetriebe - darauf können wir uns sicherlich einigen - sollen doch im Wettbewerb
mit den kommunalen Betrieben zeigen, wer es besser kann, und dann sollen die Kommunen es so organisieren, wie sie es möchten.
Zum Abschluss, meine Damen und Herren, empfehle ich Ihnen, auch einmal mit den Bürgern vor Ort zu sprechen. Es ist manchmal ganz gut, wenn man sich als Politiker auch einmal vor Ort umtut.
Fragen Sie doch einmal die Bürger vor Ort. Frau Steiner, ich lade Sie gerne ein, Herrn Meinhold natürlich auch.
Es handelt sich schließlich um ein kommunales Thema. Kommen Sie doch einmal nach Braunschweig. In Braunschweig - das wissen Sie - sind wir den Weg in die Privatisierung gegangen. Wir haben Strom, Gas, Frischwasser, Abwasser, Abfall und sogar Stadtbeleuchtung und Verkehrssteuerung privatisiert. Fragen Sie dort doch einmal nach, ob irgendjemand unzufrieden ist.
Fragen Sie doch einmal die Bürger, ob sie mit den Leistungen der privaten Betriebe unzufrieden sind. Sie werden feststellen, Frau Steiner, das Gegenteil ist der Fall. Deswegen werden wir Ihre Anträge ablehnen.
Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Steiner gemeldet. Frau Steiner, Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die Anmerkungen und Anwürfe des Kollegen Brandes eingehen. Ich habe wörtlich gesagt, dass gerade bei der Abwasserbehandlung
zwischen Opposition und CDU-Fraktion eine große Übereinstimmung darüber besteht, dass die Zuständigkeit bei den Kommunen bleiben soll und die entscheiden, wie sie diese Aufgaben in ihren Gemeinden sicherstellen wollen. Da gibt es verschiedene Modelle, und genau dafür habe ich mich ausgesprochen.
Mein zweiter Punkt war: Wenn vonseiten des Ministers und der FDP-Fraktion immer wieder - fast schon wie ein Mantra - gesagt wird, privat ist besser und billiger, dann muss man darauf hinweisen, dass es sicherlich Private gibt, bei denen es besser und billiger ist, dass es aber eben auch andere gibt. Ich habe die Stadt Bergkamen als Beispiel dafür genannt, dass Kommunen das auch wunderbar können. - Danke schön.
Möchten Sie darauf antworten, Herr Brandes? Das ist nicht der Fall. Dann ist der nächste Redner Herr Dürr von der FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich geärgert, dass ich nicht schon auf den ersten Redebeitrag der Kollegin Steiner mit einer Kurzintervention geantwortet habe.
Frau Steiner, wenn Grüne hier behaupten, dass es die Liberalisierung war, die zu der Monopolbildung auf dem Energiemarkt und den damit einhergegangenen Problemen geführt habe, dann ist das der blanke Hohn. Es waren Sie, die zusammen mit den Sozialdemokraten die Megafusion von E.ON und Ruhrgas zugelassen haben. Dadurch kam es zu der Monopolbildung auf dem Markt. Das waren Ihre Minister, Herr Haase, und niemand anders.
Zweitens geht es um die Mehrwertsteuerungerechtigkeit zwischen Öffentlich-Rechtlichen, die keine Mehrwertsteuer zahlen müssen, und Privaten, die mittlerweile 19 % Mehrwertsteuer zahlen müssen. Interessant ist übrigens, dass beim Trinkwasser - ich halte von der Qualität und von
der Wichtigkeit her Trinkwasser immer noch für wichtiger als Abwasser, auch wenn beides mit Wasser zu tun hat - sowohl die Privaten als auch die Öffentlich-Rechtlichen 7 % Mehrwertsteuer zahlen.
Frau Steiner, es ist wirklich eine ausgemachte Scheinheiligkeit, wenn Sie hier sagen, man solle es den Kommunen überlassen. Genau das sagen wir! Wir wollen es einzig und allein den Kommunen und den verantwortlichen Vertretern vor Ort überlassen, ob sie die Abwasserbeseitigungspflicht auf Private übertragen oder ob die Kommune es selbst macht. Nichts anderes wollen wir, und gerade das wollen Sie nicht.