Protocol of the Session on November 8, 2006

Wichtiger Punkt ist, dass wir ein Beschwerdemanagement in den Bereichen einrichten müssen, in denen wir einen Anstieg haben. Das ist noch nicht überall gelungen. Wo wir das allerdings schon haben, da gibt es hervorragende Äußerungen auch zu diesem Bereich.

Ich darf einmal die IHKs zitieren, die, als wir das besprochen haben - auch hier im Parlament -, zunächst einmal gesagt haben, auf gar keinen Fall dürfe das Widerspruchsverfahren abgeschafft werden. Jetzt ist es abgeschafft. Sie haben sich richtig darum gekümmert, haben ein Beschwerdemanagement eingeführt und sagen jetzt Folgendes:

„Von der Abschaffung des Vorverfahrens waren vor allem die Bereiche Gebühren und Beiträge betroffen. Es ist den Kammern gelungen, negative Auswirkungen, insbesondere die Zahl

der Klagen, gering zu halten. Alle Kammern haben in den Beitragsbescheiden für das Jahr 2005 die Kammerangehörigen umfassend über die neue Rechtslage informiert, gleichzeitig darauf hingewiesen, dass sich die Beitragspflichtigen bei Unstimmigkeiten oder Zweifeln in Beitragsfragen zunächst kurzfristig an die Kammer wenden und um Überprüfung der Bescheide bitten mögen. Hiervon haben die Beitragspflichtigen umfassend Gebrauch gemacht. In Fällen, in denen die Einsprüche offensichtlich begründet waren, wurden die Bescheide umgehend aufgehoben und ein neuer Bescheid erlassen. In den Fällen, in denen die Kammern nicht abhelfen konnten, wurden die Beitragspflichtigen vor Ablauf der Klagefrist hierüber unterrichtet.“

Meine Damen und Herren, das ist ein modernes Beschwerdemanagement, das übrigens sehr viel besser ist als vorher ein Widerspruchsverfahren, wo ich im Prinzip weder den Eingang gehabt habe, einfach einen Stempel draufgemacht habe und es vielleicht dann an eine höhere Stelle gegeben habe. Das bringt überhaupt nichts. Das ist eine moderne Verwaltung, wie wir sie uns vorstellen. Wir wollen versuchen, ein vernünftiges Management aufzubauen. Wir werden die Gespräche mit den Kommunen intensivieren, damit wir dieses umsetzen können.

Zusammengefasst: Wir sind voll im Zeitplan. Uns überrascht diese Entwicklung in keiner Weise. Da, wo es notwendig ist, nämlich bei den Rundfunkgebühren, werden wir reagieren. In den anderen Bereichen wird sich zeigen, ob wir die Mehrbelastung in den Verwaltungsgerichten kurzfristig abmildern können. Darüber wird in der nächsten Woche noch zu sprechen sein. Aber insgesamt ist es richtig und gut, dass wir den Schritt gewagt haben, das Widerspruchsverfahren abzuschaffen. Denn das ist günstiger. Man darf nicht nur die Kosten anführen, die bei den Gerichten entstehen, sondern man muss auch die Kosten dagegenrechnen, die bei der Bezirksregierung und in den Kommunen entstanden sind. Wenn man den Kommunen das Widerspruchsverfahren jetzt wieder aufdrückt - Gott sei Dank haben wir das strikte Konnexitätsprinzip beschlossen -, dann muss man auch bedenken, dass dort wieder Kosten anfallen. Das muss man dagegenrechnen.

Meine Damen und Herren, einfach nur eine Zwischenbilanz zu ziehen und dann schon zu sagen, dass alles zurückgenommen werden muss, ist der völlig falsche Weg. Wenn man Reformen macht, dann muss man sie auch richtig umsetzen und darf erst dann reagieren, wenn vernünftige Erkenntnisse vorliegen. Sonst wird man hektisch und macht Fehler, wie es übrigens die Bundesregierung gemacht hat, bevor es die Große Koalition gab. Das ist mit uns auf gar keinen Fall zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Herr Professor Lennartz, das war vorhin keine Wortmeldung, sondern eine Frage, oder? Sie wollten sich nicht mehr zu Wort melden?

(Professor Dr. Albert Lennartz [GRÜ- NE]: Nein!)

Damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag soll federführend dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zugeleitet werden. Mitberatend sollen der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie der Ausschuss für Inneres und Sport tätig werden. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides sehe ich nicht. Dann ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9: Zweite Beratung: „Musikland Niedersachsen“ - leere Worthülse des Ministerpräsidenten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3010 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/3242

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Da es sich, wenn ich das richtig sehe, um den letzten

Antrag handelt, der heute beraten wird, bitte ich um Konzentration.

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Bührmann zu Wort gemeldet. Frau Bührmann, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Entschließungsantrag „‘Musikland Niedersachsen‘ - leere Worthülse des Ministerpräsidenten“ haben wir die Landesregierung aufgefordert - Sie erinnern sich -, endlich ein Konzept und einen substanziellen Zeitplan vorzulegen. Meine Fraktion stellt heute - nach den Beratungen im Ausschuss - fest, dass das von der Landesregierung aufgrund unseres Antrags eilig aufbereitete Zehnpunkteprogramm „Musikland Niedersachsen“ kein echtes Konzept ist. Es gibt auch keine perspektivischen Antworten.

Wir haben, wie Sie sich erinnern werden, gegoogelt. Sie erinnern sich an die Debatte im Plenum. Ministerpräsident Wulff erklärte, unter dem Stichwort „Musikland Niedersachsen“ hätte man - das hat er mit Stolz erklärt - 13 000 Einträge gefunden. Sehr geehrte Damen und Herren, genau an dieser Stelle liegt der Dissens. Ich rede über Aktivitäten der Landesregierung wie z. B. ein Internetportal, und der Ministerpräsident freut sich über Einträge. So sieht es aus.

(Zustimmung von Alice Graschtat [SPD])

Dass die Landesregierung jetzt einen Link mit dem Titel „Zum Projekt Musikland“ eingerichtet hat und dort das Zehnpunkteprogramm aufführt, beweist, dass man wenigstens das mit dem Internetportal endlich verstanden hat. Darüber bin ich sehr dankbar.

(Björn Thümler [CDU]: Sehen Sie, es geht doch!)

- Herr Wulff war ganz stolz darauf, dass er das mit den Einträgen erzählen konnte. Nur mit dem Internetportal hat es nicht geklappt.

Ich zitiere noch einmal aus der Regierungserklärung von 2003. Damals wurde gesagt:

„In unserem Land sind zahlreiche hervorragende Festivals und Initiativen beheimatet, die zu einer Initiative ‚Mu

sikland Niedersachsen‘ verknüpft werden sollten.“

Nichts anderes als diese Vernetzung und Förderung haben wir mit unserem Antrag von der Landesregierung eingefordert. Es hat sich jedoch in den aufgeregten Debatten bei meinen Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP gezeigt, dass sich die Landesregierung mit dem Begriff „Musikland Niedersachsen“ zwar gerne schmückt, aber so gut wie gar keinen eigenen Input eingebracht und umgesetzt hat.

(Björn Thümler [CDU]: „Aufgeregt“ ist relativ!)

Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Das vom Ministerpräsidenten vorgestellte Zehnpunkteprogramm ist erstens zum Teil die Fortsetzung schon bestehender Einrichtungen wie z. B. Bläserklassen und Kontaktstellen Musik, zweitens so fragil wie z. B. das Zentrum für europäische Musik der Seligmann-Stiftung, bei dem u. a. noch völlig offen ist, wie viele Studierende sich einschreiben werden, oder das Zentrum für Weltmusik der Universität Hildesheim. Das Popinstitut an der Hochschule für Musik und Theater wird bis 2007 aus ESF-Mitteln finanziert. Offensichtlich, sehr geehrte Damen und Herren, wird eine Auslagerung aus der Hochschule geplant. Die Perspektiven für das Popinstitut scheinen völlig unklar. Gibt das Land Niedersachsen das Popinstitut auf, dann müssen wir doch einmal fragen, wie Niedersachsen eigentlich dazu beitragen will, dass gerade junge Menschen den Zugang zur Musik über Pop finden.

Stichwort „Kita macht Musik“. Der Ministerpräsident hat mit Stolz erklärt, das sei ein schönes - auch von Ihnen genanntes - Gemeinschaftsprojekt des Verbandes der Musik- und Volkshochschulen. Dieses Projekt läuft seit Beginn dieses Jahres und wird von der Bertelsmann-Stiftung finanziell unterstützt. Vom Land Niedersachsen sehr geehrte Damen und Herren, wird dieses Projekt in keiner Weise unterstützt.

(Björn Thümler [CDU]: Aber ja!)

- Nur mit Infrastruktur. - Diese Landesregierung, sehr geehrte Damen und Herren, schmückt sich im Musikland Niedersachsen offensichtlich mit fremden Federn.

Den Musikpreis hat es in Niedersachsen schon zu Zeiten der SPD-Regierung gegeben. Die Weiterentwicklung zum Praetorius Musikpreis mit seinen

unterschiedlichen Kategorien ist selbstverständlich positiv; das ist gar keine Frage. In diese positive Entwicklung ist selbstverständlich auch der Bau der Landesmusikakademie einzubeziehen. Aber die finanzielle Ausgestaltung ist längst nicht geklärt. Ich fürchte, wir werden uns darüber noch sehr intensiv im Ausschuss unterhalten müssen.

Ich will die Detailbeschreibung einzelner Projekte nicht fortsetzen, sondern die Projekte Stiftung „Jugend musiziert“ und NOMINE - Norddeutsche Orgelmusik in Niedersachsen und Europa - hervorheben.

Noch einmal: Worum geht es meiner Fraktion bei dieser Debatte? Um das Musikland Niedersachsen. Diese Landesregierung hat nicht nur seit drei Jahren so gut wie keine eigenen Aktivitäten erkennen lassen, sondern war gerade dabei, es sich bequem zu machen und sich auf Erfolgen auszuruhen, die nicht sie erreicht hat, sondern die auf viel Engagement von Ehrenamtlichkeit und Kulturverbänden zurückzuführen sind. Beispiele habe ich bereits genannt.

Frau Trost hat in ihrer Rede zu diesem Antrag die Defizite dieser Landesregierung sehr deutlich gemacht. Dafür bin ich Ihnen ja auch immer sehr dankbar. Sie haben gesagt:

„Vor allem muss nun das Vorhandene durch Vernetzung, Kooperation sowie Marketing und Öffentlichkeitsarbeit im Musikbereich gestärkt werden.“

Sie haben recht, Frau Trost, keine Frage. Aber wir warten nun schon seit drei Jahren darauf. Von Ihnen kommt aber nichts. Stattdessen, sehr geehrte Damen und Herren, mussten z. B. der Landesverband der Musikschulen und der Landesverband der Kunstschulen wegen der Einsparungen ihre Referenten für Öffentlichkeitsarbeit entlassen. Das ist die Realität.

Es geht nicht darum, das Land schlecht zu reden, wie Herr Ministerpräsident meinte sagen zu müssen. Diese Aussage halte ich geradezu für albern. Es geht darum, Sie von der CDU und der FDP an Ihre Verantwortung und Ihre vollmundigen Ankündigungen zu erinnern, und zwar auch deshalb, weil das Musikleben gerade in den ländlichen Bereichen mit Abstand am vielseitigsten ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir wissen aber auch, sehr geehrte Damen und Herren, dass diese Tendenz bundesweit rückläufig ist. Sie tun immer so, als wäre das naturgegeben. Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre Kultur in den ländlichen Regionen gar nicht denkbar. Das wissen wir alle.

Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie endlich die Entwicklung von Perspektiven für die Musikförderung erkennt und dass sie ein klares Bekenntnis zu dieser Förderung abgibt. Dieses, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir in den letzten drei Jahren vermisst. Ich bin sehr dankbar, dass durch unseren Antrag endlich einmal klar geworden ist, wie wenig Sie in diesem Bereich getan haben. Vielleicht kriegen Sie jetzt ja etwas längere Beine als bisher. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Danke schön, Frau Bührmann. - Für die CDUFraktion hat sich Herr Kollege Thümler zu Wort gemeldet. Herr Thümler, Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU: Jetzt aber ein bisschen musikalisch!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte Ihnen jetzt etwas vorsingen,

(Zuruf von der CDU: Oh, ja!)

das lasse ich aber lieber, weil der Saal sonst gleich ganz leer ist. Das kann ich Ihnen nicht zumuten.