Als einzige Begründung können wir hier die „falsche“ Parteizugehörigkeit vermuten. Es handelt sich hier nicht um eine Instinktlosigkeit; es handelt sich um knallhartes Kalkül.
Eine solche Mentalität und solche Verfahren sind es, die so viele Bürger politikverdrossen machen. Ein Ministerium wird vom Minister behandelt, als sei es sein persönliches Eigentum, mit dem er schalten und walten kann, wie er will. Herr Sander, dieses Amt ist Ihnen aber, vermittelt über die Regierungsbeteilung, vom Wähler übertragen, und zwar dafür, dass Sie Sachpolitik und nicht Pöstchengeschacher machen.
Die Wähler erwarten eine gute Umweltpolitik. Sie ziehen dem aber die fachliche Basis weg, indem Sie nachweisbar mehr nach dem gelben Parteibuch als nach fachlicher Qualität besetzen. Oder soll ich es anders als FDP-Filz bezeichnen, wenn der Parteisekretär der FDP gleichzeitig als Leiter des Ministerbüros beschäftigt ist?
Spitzenbeamte, die unabhängig urteilen und fachlich ordentliche Vorschläge abgesichert machen, sind Ihnen offensichtlich ein Dorn im Auge. Kritiker des Politikbetriebs diskutieren seit längerem die These „die Parteien machen sich den Staat zur Beute“. Bei Ihnen, Herr Sander, stellen wir fest: Sie machen sich das Umweltministerium zur Beute, und die Umwelt bleibt auf der Strecke. Ich fordere Sie auf, diese Personalentscheidungen rückgängig zu machen und im Sinne des bereits vorliegenden Gesetzentwurfes zu entscheiden. Hier gibt es nur einen, der in den politischen Ruhestand versetzt werden muss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Meine Mitarbeiter sind hoch qualifizierte Leute. Ich bin stolz darauf, dass es sie gibt und dass ich mich auf sie verlassen kann.“ - Das sind Ihre Worte, Herr Sander, gesprochen am 14. September. Nicht einmal vier Wochen später ist das alles Schall und Rauch. Erklären Sie der niedersächsischen Öffentlichkeit doch einmal, was sich in der Zwischenzeit getan hat. Das Einzige, was sich getan hat, ist, dass Sie hier mindestens den dritten Sündenfall begangen haben. Frau Steiner hat schon darauf hingewiesen. Egal, ob die Fachwelt interveniert hat oder ob die niedersächsische Wirtschaft interveniert hat: Sie haben immer wieder gegen Fachlichkeit entschieden. Sie sind eine Zumutung für unser Niedersachsen.
Der Herr Ministerpräsident, der gerade zu tun hat, weiß das natürlich. Herr McAllister, Ihre Fraktion weiß das auch. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umweltministerium sind übrigens nicht stolz auf ihren Minister, um auch das deutlich zu sagen. Was soll man von einer politischen Führung halten, die, wie gestern geschehen, mit der gleichen Post die Umsetzungsverfügung und die Glückwünsche zum Geburtstag schickt?
Was ist das für eine Art von Personalführung? Ist das die Personalführung der Partei der Besserverdienenden in Deutschland? Ich finde das einfach unerhört.
Es gibt gute Gründe, dass politische Beamte entlassen werden können, und zwar ohne Angabe von Gründen. Das machen Sie; das haben wir gemacht. Wir reden hier aber über Laufbahnbeamte. Diese haben einen Anspruch auf Vertrauensschutz. Sie haben in einer solchen Situation auch Anspruch auf die Nennung von Gründen.
Genau das ist Ihnen vorgehalten worden. Herr Brinkmann in der NOZ und Herr Wallbaum in der HAZ nennen das ganz einfach Parteibuchwirtschaft. Nichts anderes ist es auch.
Das war die erste Hälfte des Themas. Jetzt komme ich auf den Gesetzentwurf zu sprechen, den wir hier gerade beraten. Das Kabinett hat am 22. März beschlossen, es wolle nicht länger Leitungsfunktionen auf Zeit. Ich bin anderer Meinung, aber das ist eine Sache, über die man streiten kann. Das ist in Ordnung. Interessant ist, dass das Kabinett bei der Gelegenheit im Beschluss den Vertrauensschutz für Übergangsfälle und einen Hinweis darauf, dass man diese Aktion ohne rechtliche Auseinandersetzungen beenden möchte, verankert hat. Ich finde das vonseiten des Kabinetts sehr in Ordnung. Im Gesetzentwurf schlägt sich das nieder. Dort ist das in Artikel 4 im Detail geregelt. Nur den Kollegen Umweltminister juckt das natürlich nicht für 5 Cent. Ich lese heute Morgen, dass die Staatskanzlei sagt: In die Arbeit der Häuser mischen wir uns nicht ein. Herr Wulff, hier geht es nicht um die Arbeit der Häuser. Hier geht es darum, dass Ihr Umweltminister gegen einen Beschluss des Kabinetts verstoßen hat. Nun wollen Sie sich verdrücken, Herr Wulff? Diese Nummer läuft überhaupt nicht.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Herr Jüttner, wer im Glashaus sitzt...!)
Frau Steiner hat recht: Das ist ein Problem Sander. - Es wird aber immer mehr zu einem Problem Christian Wulff.
Ich ziehe für meine Fraktion das Fazit: Herr Sander, uns reicht es mit Ihnen. Herr Wulff, Sie sind dran.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Steiner, man sollte schon ein wenig auf die Wortwahl achten, wenn man nach vorne ans Redepult geht und derartige Ausführungen macht. Ich denke, von Beamten als „entsorgt“ zu sprechen, gehört sich auch in diesem Hause nicht.
Liebe Kollegen von den Grünen, der Eindruck, den Sie hier erwecken wollen, nämlich dass diese CDU- und FDP-geführte Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Besetzung der führenden Positionen nach Parteibuch und nicht nach fachlicher Qualifikation durchführen, ist falsch und entbehrt jeder Grundlage.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)
Lieber Herr Wenzel, ich will dafür nur ein einziges Beispiel anführen. Ich spreche von - Sie kennen ihn - Herrn Golibrzuch, der von uns nicht an irgendein Hinterhoffenster gesetzt worden ist, sondern der aktiv bei der Verwaltungsreform - der Meilenstein dieser Landesregierung - mitgearbeitet hat und
eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Jetzt ist er der Chefhaushälter im Innenministerium und leistet dort ebenfalls eine hervorragende Arbeit. Er ist fachlich absolut qualifiziert, und wir schätzen ihn sehr. Genauso halten wir es: Die Qualifikation geht vor Parteibuch, weil das für unser Land besser ist.
Wir brauchen die Besten, wenn wir Niedersachsen wieder auf die Erfolgsspur zurückführen wollen. Wir brauchen die Bestenauslese und auch den Wettbewerb der Besten um die führenden Positionen in Niedersachsen.
Herr Jüttner, Sie haben durchaus recht: Man kann über die Frage streiten, ob die Neufassung des Beamtengesetzes so richtig ist oder nicht. Ihr Kieler Kollege, Herr Minister Döring, hat ja eine ziemlich deutliche Formulierung gewählt, als er zu der Befristung auf fünf Jahre gesagt hat: Das ist mir
nicht flexibel genug. - Weiter hat er gesagt: Ich kenne Fälle, da würde ich nach ein oder zwei Jahren gerne die Notbremse ziehen und kann es leider nicht. - Das hat der SPD-Minister in SchleswigHolstein gesagt.
Das ist eine merkwürdige Art und Weise des Umgangs mit den Beamten dort, aber ich will diese Aussagen nicht weiter kommentieren. Es gibt gute Gründe, aus denen man festgelegt hat, dass sich nach fünf Jahren alle neu bewähren müssen.
Genannt wurden Steigerung der Leistungsmotivation, größere Dispositionsfreiheit der Personalführung, Korrektur von entsprechenden Personalentscheidungen bei nachlassender Leistung oder auch Reaktionen auf Änderungen der Anforderungen der Dienstposten. Das stammt nicht von mir, das stammt aus dem Gesetzentwurf der SPDFraktion aus dem Jahr 1995.
Genauso wollen wir es hier handhaben, Herr Jüttner. Wir haben genau das umgesetzt, was Sie beschlossen haben: Nach fünf Jahren sollte man überprüfen, ob es einen besseren Bewerber für eine Stelle gibt, der dann noch mehr für das Land Niedersachsen tun kann,
und eine entsprechende Ausschreibung vornehmen. Ich meine, das ist der richtige Weg. Wenn das Kabinett sagt, dass es keine weiteren Verträge über fünf Jahre aushändigen will, dann ist es auch richtig, dass dann nicht zu tun, sondern den anderen Weg zu gehen und erst einmal zu prüfen, ob es nicht noch einen besseren gibt. Vielleicht gibt es ja keinen, und es bleibt bei den früheren Personalentscheidungen. Aber wir wollen wenigstens diese Chance haben.
Das ist übrigens nichts Ungewöhnliches: In der Vergangenheit gab es fünf Fälle außerhalb des Umweltministeriums, in denen genauso verfahren worden ist, Herr Jüttner. Die spannende Frage ist allerdings: Wo war eigentlich der Aufschrei der SPD in diesen Fällen, als im Finanzministerium
und im Sozialministerium damals die Bestenauslese durchgeführt worden ist? Waren die Betroffenen in diesen fünf Fällen vielleicht aus Ihrer Sicht nicht mit dem richtigen Parteibuch ausgestattet, sodass der Aufschrei ausblieb? Oder warum kommt der Aufschrei erst hier und heute bei diesem Fall? Diese Frage sollten Sie einmal beantworten, Herr Jüttner!
Ich will Sie gerne an den Worten des von Ihnen geschätzten Kollegen Bartling teilhaben lassen, der für die SPD-Fraktion zum Thema Abteilungsleiterbesetzung im öffentlichen Teil einer Innenausschusssitzung dieses Landtages ganz interessante Dinge gesagt hat. Er sagte zu der Neuregelung, die jetzt vorgenommen wird, es gehe