Protocol of the Session on October 10, 2006

Öffentlicher kann es doch nicht sein, als einen Antrag zu stellen. In der Überschrift des Antrages steht, was man will, und man bringt ihn in diesem Landtag vor Publikum ein. Ich wüsste keinen öffentlicheren Ort als diesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Klare, wollen Sie darauf antworten?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Zwei Sätze!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe das Wort „heimlich“ deswegen gebraucht, weil ich erwartet habe, dass wir in einer großen schulpolitischen Debatte, die wir hier vor den Sommerferien geführt haben - alle, die an Schulpolitik interessiert sind, waren hier, z. B. die Elternverbände und der Landeselternrat -, also in einer Phase, in der es um weitreichende Veränderungen im Schulsystem geht, auch hören, was die SPDFraktion wirklich will.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Wir haben in einer solchen Phase, in der alle Augen auf den Landtag und die Schuldebatte gerichtet sind, von Ihnen nichts zur Einrichtung von weiteren Gesamtschulen gehört. Ich finde dies, ehrlich gesagt, der Öffentlichkeit gegenüber unehrlich. Ich habe begründet, dass Sie es im Grunde gar nicht wollen, dass es so bekannt wird, weil die Masse der Eltern in Niedersachsen keine Integrierten Gesamtschulen will.

(Heike Bockmann [SPD]: Das sind doch faule Ausreden!)

Frau Helmhold, das war die Begründung auf Ihre Frage.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Nun zu der Frage, warum man den Gesamtschulen nicht zumuten darf, die gesetzlich vorgesehene Zügigkeit voll auszuschöpfen. Alle anderen Schulen mussten die Schülerinnen und Schüler durch die Strukturreform, die gekommen ist, aufnehmen. Die Gymnasien sind groß geworden. Es gibt Gymnasien mit 1 700 bis 1 800 Schülern.

(Elke Müller [SPD]: Finden Sie das gut?)

Die Gesamtschulen aber sollen klein und fein bleiben. Die gesetzliche Regelung auf Einrichtung einer achtzügigen Gesamtschule ist durch die SPD-Landesregierung eingeführt worden. Dann müssen wir auch den Anspruch geltend machen, dass man die acht Züge ausnutzt. Das ist jedenfalls eine Forderung von mir. Ich finde, es ist einerseits eine Verpflichtung der Integrierten Gesamtschulen,

Ihre Redezeit ist zu Ende!

- Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss - zu sagen: Wir bekommen nicht genug Schüler. - Aber andererseits weigern sie sich, die Achtzügigkeit auszunutzen. Dieses Doppelspiel geht nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt ist Herr Schwarz dran.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Eckel, ich frage mich allen Ernstes: Wer ist hier eigentlich ideologisch verbohrt? Nehmen Sie denn nicht zur Kenntnis, dass wir auf diesen Vorwurf überhaupt nicht mehr antworten? Es ist langweilig: In jeder Sitzung kommen Sie mit der ideologischen Verbohrtheit. Wir bemühen uns doch wirklich um sachliche Diskussionen und tragen das miteinander aus. Aber lassen Sie das doch endlich einmal weg!

Wenn man die Diskussionen der vergangenen drei Jahre zur Bildungspolitik in diesem Haus verfolgt, dann stellt man fest, dass es der Opposition in der Tat nur um diese eine Frage zu gehen scheint. In schöner Regelmäßigkeit setzen Sie das Bildungssystem auf die Tagesordnung. Nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ versuchen Sie immer wieder, die Gesamtschulen gegenüber den Hauptschulen, den Realschulen und den Gymnasien zu begünstigen. Wir haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass wir endlich einmal zu einer Gleichbehandlung der einzelnen Schulformen kommen. Nehmen Sie das doch einfach einmal zur Kenntnis!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie begründen Ihren Antrag damit, dass die Nachfrage nach Gesamtschulplätzen das Angebot übersteigt, und ignorieren geflissentlich die Tatsache, dass die meisten Eltern, deren Kind eine Hauptschulempfehlung bekommen hat, es an den Gesamtschulen anmelden wollen. Die Antwort auf dieses Problem kann aber nicht sein - -

(Werner Buß [SPD]: Das stimmt nicht! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage es jetzt einmal, auch wenn ich es nicht darf: Wenn man von außen beobachtet, dass Sie nicht zuhören können, dann frage ich mich, was Sie in den vergangenen 13 Jahren überhaupt gemacht haben. Ich finde das unglaublich! Sie sind noch nicht einmal dazu fähig, zuzuhören!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich wiederhole: Die Antwort auf das Problem kann nicht sein, mehr Gesamtschulen vorzuhalten und damit die Augen vor dem eigentlichen Problem zu verschließen, sondern den Stellenwert der Haupt

schule durch vernünftige Angebote gezielt zu verbessern.

Die ständigen hin und wieder in abgewandelter Form vorgetragenen Forderungen nach Einheitsschulen sind langweilig, wenig kreativ, zeugen von einer gewissen Hilflosigkeit und bringen uns in der Diskussion einfach nicht weiter. Deswegen habe ich am Wochenende mit Respekt zur Kenntnis genommen, wie sich Ihr Bundesvorsitzender, Kurt Beck, mit Bildungsfragen auseinandersetzt. Kurt Beck hat sich besorgt über eine größer werdende Unterschicht ohne Aufstiegswillen in Deutschland geäußert. Es sei besorgniserregend, dass in weiten Teilen der Bevölkerung das Streben nach sozialem Aufstieg nachlasse. - Dies sagt zwar auch eine ganze Reihe von Bildungspolitikern, aber für einen führenden SPD-Funktionär ist dieses öffentliche Bekenntnis, dass es in Teilen der Gesellschaft an Leistungswillen mangele, erfreulich mutig und vor allen Dingen auch dazu geeignet, eventuell auch einmal mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, offen über das eigentliche Problem zu sprechen, es sei denn, Sie ignorieren die Aussagen Ihres Bundesvorsitzenden.

Ganz anders als Sie will der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz den mangelnden Leistungswillen ganz offensichtlich nicht durch die Institution Schule reparieren lassen. Dies finde ich sehr bemerkenswert. Aber kommen wir zum Ausgangspunkt zurück: Sie wollen die Einheitsschule, wir nicht. Wir wollen nicht mehr an Systemen herumkurieren, wir wollen die Inhalte verbessern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich gibt die Nachricht, dass Hauptschüler bei ihren Abschlussprüfungen vernünftig abgeschlossen haben, unseren Hauptschulen Rückendeckung. In Zukunft wird es immer besser werden. Ich kritisiere energisch, dass Sie mit Scheuklappen Ihre Einheitsschule propagieren. Gehen Sie in Hauptschulen hinein, auch wenn es Ihnen schwerfällt; dann werden Sie feststellen, dass Sie mit Ihrer Argumentation den Lehrkräften, die dort hervorragende Arbeit leisten, ständig in den Rücken fallen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Versetzen Sie sich doch einmal in die Lage von Hauptschülerinnen und Hauptschülern, die mit größter Anstrengung ihren Abschluss zu erreichen suchen. Sie wollen ernst genommen werden, sie

wollen in erster Linie Anerkennung und Respekt, aber sie wollen nicht das ewige Schlechtreden ihrer Leistungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich jetzt Herr Meinhold gemeldet. - Herr Meinhold, anderthalb Minuten!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wenn Sie uns sagen, wir sollten bei Ihnen zuhören, dann bitte ich Sie, dies auch bei uns zu tun. Sie werden in keinem unserer Papiere das Wort „Einheitsschule“ lesen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist doch klar!)

- Nicht deshalb, weil wir uns davor fürchteten, sondern aus folgendem Grund: Unter dem Begriff der gemeinsamen Schule - bitte nehmen Sie ihn in der Auseinandersetzung ernst - verstehen wir, unter einem Dach eine Vielzahl von Kindern mit unterschiedlichen Begabungen gemeinsam zu unterrichten. Das hat mit der Einheitsschule, von der Sie sprechen, nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Zur fairen Auseinandersetzung gehört es, dass Sie uns entweder in unseren Programmen nachweisen, was Sie über uns behaupten, oder aber richtig zitieren. Wir sprechen von einer gemeinsamen Schule, weil es uns um die Gemeinsamkeit aller Kinder geht. Uns geht es nicht um einen Einheitsbrei, wie Sie es hier vielleicht suggerieren wollen. Deshalb bitte ich Sie um der fairen Debatte willen, bei der Begrifflichkeit unserer Programmatik zu bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Schwarz, bitte!

Herr Kollege Meinhold, es kann nicht sein, dass Sie hier sagen, Sie sprächen nur von einer Gesamtschule und nicht von der Einheitsschule.

(Walter Meinhold [SPD]: Nein, ge- meinsame Schule! - Erhard Wolfküh- ler [SPD]: Sie haben schon wieder nicht zugehört!)

- Ich will mich doch gar nicht an dem Begriff „Einheitsschule“ festmachen, sondern Ihnen nur sagen, dass Sie von Gesamtschule reden, aber die Einheitsschule meinen, in der alle den gleichen Einheitsbrei geliefert bekommen. Das ist genau der Punkt.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Lebhafter Widerspruch bei der SPD)

Damit unterlaufen Sie die Position Ihres Bundesvorsitzenden, der darauf abhebt, den Leistungswillen wieder in den Vordergrund zu stellen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Körtner, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich auf die Kurzintervention des Kollegen Schwarz, dem ich inhaltlich in allen Bereichen recht gebe. Vor allen Dingen hat er aufgedeckt, wie verräterisch die Einlassung des Kollegen Meinhold war.

(Beifall bei der FDP)