Es ist wichtig, dass wir hier einen zweiten Punkt diskutieren. Sie wissen, dass heute Schulstrukturdebatten eher schädlich sind als Vorteile bringen. Schulstrukturdebatten sind überflüssig. Wir müssen uns um die Qualität kümmern. Das hat Herr Jüttner gesagt. Hören Sie doch einmal auf Herrn Jüttner, und hören Sie vielleicht auch auf mich.
Wir müssen die qualitätsvolle Arbeit verbessern und können nicht ständig Schulstrukturentscheidungen diskutieren. Das hat keinen Zweck, und das will auch niemand mehr hören. Das belastet unsere Schulen.
Das kann nicht wahr sein, meine Damen und Herren. Es bringt den Schulen nichts, es bringt den Schülern nichts. Es belastet sie in ihrer Arbeit für mehr Qualität.
Sie wissen doch ganz genau, dass unsere Schulen jetzt den Freiraum zur Gestaltung der Eigenverantwortlichen Schule brauchen. Stattdessen kehren Sie zu den alten Grabenkämpfen der 70erJahre zurück, lassen Sie wieder aufleben und verunsichern unsere Schulen und unsere Eltern. Das scheint aber zu Ihrer Strategie zu gehören. Sie wollen nicht, dass schulische Arbeit vernünftig funktioniert.
Das, was sich hier so zaghaft anhört, ist doch in Wahrheit irgend so ein schulpolitisches Programm. Wenn Sie wirklich das könnten, was Sie wollten, dann würden Sie unser Land mit Integrierten Gesamtschulen überziehen, auch wenn es den Schülern nicht nützt, nur damit Ihrer Ideologie gefrönt würde. Das ist die Situation, mit der wir uns jedes Mal befassen müssen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Das ist doch Ideologie pur, was Sie da ablie- fern!)
Meine Damen und Herren, dann kommen Sie mit der gemeinsamen Schule. Mit diesem schicken Begriff „gemeinsame Schule“ wollen Sie doch in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, als habe die so genannte gemeinsame Schule irgendetwas mit dem erfolgreichen finnischen System zu tun. Sie verbinden das doch mit der Hoffnung, dass die Leute sagen: Wenn die SPD an die Regierung kommt, dann bekommen wir so ein finnisches Modell, das so erfolgreich ist und bei PISA so gut
abgeschnitten hat. - Aber Sie täuschen sich, meine Damen und Herren. Die Leute schauen sehr genau hin. Das, was Sie als gemeinsame Schule bezeichnen, ist nichts anderes als die IGS der 70er-Jahre. Das wollen Sie den Leuten überstülpen, und das werden die nicht mitmachen.
Meine Damen und Herren, ich nenne Ihnen ein drittes Argument. Solange die bestehenden Integrierten Gesamtschulen bzw. die Schulträger dieser Schulen keinen einzigen Antrag stellen, ihre Zügigkeit auf die gesetzlich mögliche Größe auszudehnen, brauchen wir keine neuen Integrierten Gesamtschulen einzuführen.
Alle Integrierten Gesamtschulen in unserem Lande könnten wesentlich mehr Schüler aufnehmen, manche sogar zusätzlich mehr als die Hälfte von denen, die sie jetzt haben. Sie könnten die Anzahl der Schüler auf Achtzügigkeit steigern. Es liegt aber kein einziger Antrag vor, diese Zügigkeit voll auszunutzen. Das spricht für sich, und das spricht vor allen Dingen gegen die jetzt bestehenden Gesamtschulen. Das muss ich den Kolleginnen und Kollegen an den Gesamtschulen einmal sagen.
Sie haben das Beispiel „Franzsches Feld“ angeführt. Diese Schule ist vierzügig ausgebaut und könnte achtzügig ausgebaut werden. Nehmen Sie „Querum“ in Braunschweig. Die Schule ist vierzügig und könnte achtzügig ausgebaut werden. Kronsberg, Hannover, ist vierzügig und könnte achtzügig ausgebaut werden. „List“ ist vierzügig und könnte achtzügig ausgebaut werden.
Meine Damen und Herren, dadurch, dass man sich weigert, dem entsprechenden Ansturm gerecht zu werden, werden doch Ablehnungsbescheide provoziert. Das ist doch genau das, was die Gesamtschulbefürworter ständig wollen.
Sie wollen der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, dass die Schüler massenhaft zur Gesamtschule drängen. In Wahrheit sind sie aber nicht bereit, die Kapazität zu vergrößern. Ich finde das im Sinne der Kinder und der Eltern, die ihre Kinder auf diese Schulen schicken wollen, nicht in Ordnung. Kommen Sie also mit diesem Antrag dann wieder hierher, wenn die bestehenden Integrierte
Im Übrigen: Die anderen weiterführenden Schulen, z. B. die Gymnasien, müssen nach der Schulstrukturreform die vielen Schülerinnen und Schüler zusätzlich aufnehmen und haben diese Herausforderung auch gemeistert. Aber die Gesamtschulen weigern sich, weil es natürlich schöner ist, klein und fein zu sein als groß und unübersichtlich. Aber damit muss man sich schon zurechtfinden.
Meine Damen und Herren, ich kann heute nach der ersten Beratung sagen, dass dieser Antrag keine Chance auf Umsetzung haben wird. Mit uns wird es keine weiteren Gesamtschulen geben, weil es keine organisatorischen und pädagogischen Argumente gibt, die eine erneute Schulstrukturreform rechtfertigen.
Also: Keine neuen Gesamtschulen. - Aber um dem einen oder anderen Vorurteil die Luft zu nehmen: Die bestehenden Gesamtschulen werden genauso behandelt wie alle anderen Schulen auch.
Wir haben sie in ihrer Qualität gleichgesetzt. Wir haben sie wie alle anderen Schulen gleichbehandelt. Wenn Eberhardt Brandt in der GEW-Zeitung behauptet, die Verschlechterungen für Gesamtschulen sollen zurückgenommen werden, dann ist das einfach falsch. Sie werden gleichbehandelt, damit wir unter allen Schulformen eine vernünftige Vergleichbarkeit haben.
Man hat ihnen Stunden weggenommen, damit sie genau die gleichen Möglichkeiten haben, die auch andere allgemeinbildende Schulen haben.
Insgesamt wird es weiter unser Ziel sein, ein modernes, differenziertes Schulwesen in Niedersachsen zu entwickeln. Das heißt, wir werden weiter auf ein klares Profil der Schulen hinarbeiten, ausgerichtet auf die vielfältigen Begabungen unserer Schülerinnen und Schüler in langfristig organisierten Bildungsgängen, mit hoher Durchlässigkeit und mit einer großen Eigenverantwortung. Um dem Ziel
des individuellen Lernens und Förderns gerecht zu werden, brauchen wir verschiedene Wege des Lernens. Wir wollen deshalb die richtige Schule für jede Schülerin und für jeden Schüler und nicht die eine Schule für alle. Nur so kann der Anspruch auf optimales Fördern und Fordern umgesetzt werden. Auf diesem Wege sind wir, und diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.
- Frau Helmhold hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Anderthalb Minuten! - Herr Schwarz, es tut mir leid.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klare, normalerweise nehme ich ja oft in Demut hin, was hier so erzählt wird.
Aber in diesem Fall war mir das tatsächlich nicht möglich. Ohne dass ich auf die fachlichen Einzelheiten eingehe - dies wird sicherlich meine Kollegin gleich tun -, möchte ich wenigstens zu zwei Dingen etwas sagen:
Erstens. Sie vermengen ja alles: Eigenverantwortliche Schule, Schulstrukturreform - alles eine Soße.
Diese beiden Diskussionen, die wir hier im Haus geführt haben, haben doch überhaupt nichts miteinander zu tun.
Sie erzählen, wir würden, wenn man uns denn ließe, das Land mit Gesamtschulen überziehen. Herr Klare, es geht doch nur um den Elternwillen. Das ist das, was wir Ihnen immer gesagt haben: Da, wo Eltern das wollen, sollen sie die Freiheit haben.
Zweitens: Ich finde es fast nicht mehr hinnehmbar, dass Sie jetzt sagen, die Gesamtschulen sollten erweitern und dass es Ihnen leid tue, dass sie nicht erweitern und die Kinder nicht zur IGS gehen können. Herr Klare, Sie wissen: Teil des pädagogischen Konzepts ist es eben nicht, diese Mammutschulen zu bilden. Das spricht für die Integrierten Gesamtschulen und nicht gegen sie. Es ist nahezu scheinheilig, wie Sie hier argumentieren.
Jenseits der Fachlichkeit interessiert mich als Mitglied dieses Landtages nur noch eines: Herr Klare, Sie haben gesagt, dieser Antrag sei heimlich gestellt worden. Sie müssen mir einmal erklären, wie man es eigentlich machen sollte, also was aus Ihrer Sicht öffentlich ist.
Öffentlicher kann es doch nicht sein, als einen Antrag zu stellen. In der Überschrift des Antrages steht, was man will, und man bringt ihn in diesem Landtag vor Publikum ein. Ich wüsste keinen öffentlicheren Ort als diesen.