Protocol of the Session on June 26, 2003

Nun soll sich unsere Agrarverwaltung nicht nur auf eine bloße Zusammenführung aller bisherigen Aufgaben beschränken. Aus Sicht der FDPFraktion - ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion diese Position teilen muss im Mittelpunkt jeder Verwaltungsreform natürlich eine Aufgabenkritik stehen.

(Beifall bei der FDP - Karin Stief- Kreihe [SPD]: Ah ja! Wo findet die denn statt?)

- Frau Stief-Kreihe, die findet auch bei der Reform der Agrarverwaltung statt. - Neben den Synergieeffekten in der allgemeinen Verwaltung, z. B. aufgrund des Wegfalls von Doppel- und Dreifachaufgaben und -prüfungen, wollen wir alle Tätigkeiten daraufhin untersuchen, ob und von wem sie weiterhin erledigt werden können und müssen. Dabei kommen auch eine Privatisierung und eine Kommunalisierung in Betracht. Wenn der Städte- und Gemeindebund oder der Landkreistag Vorschläge z. B. zur Dorferneuerung oder zur Flurbereinigung unterbreiten, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir diese Vorschläge prüfen. Wenn sie als der beste Weg angesehen werden, dann werden wir sie entsprechend umsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Sie sehen also: FDP-Fraktion und CDU-Fraktion führen eine Reform der Agrarverwaltung durch, die ihren Namen verdient.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Nein, das sehen wir nicht so!)

Diese Agrarverwaltungsreform ist in ein Gesamtkonzept der Landesregierung eingebunden. Deshalb machen wir eine Agrarverwaltungsreform aus einem Guss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Langspecht hat jetzt das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Stief-Kreihe, eines muss ich vorweg feststellen: 13 Jahre lang haben Sie von einer Agrarreform nichts wissen wollen und haben auf diesem Gebiet nichts getan. Jetzt aber wissen Sie ganz genau, wo es langgehen soll. Das kann so nicht angehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für uns stellt sich der Sachverhalt nach den Ausschussberatungen unverändert dar. In der Agrarverwaltung gibt es heute drei Aufgabenträger, wie Sie wissen, nämlich die Ämter für Agrarstruktur, die beiden Landwirtschaftskammern und die oberen Flurbereinigungsbehörden bei den Bezirksregierungen. Es ist überhaupt keine Frage, dass durch eine Zusammenlegung echte Synergieeffekte und damit natürlich auch deutliche Kosteneinsparungen erzielt werden können. Dies kann aber nur dann geschehen, wenn der gegenwärtig bestehende und von vielen beklagte Schnittstellenaufwand, einschließlich aller Verwaltungskontrollen, in Zukunft wegfällt. Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn die jetzt auf drei Stellen verteilten Zuständigkeiten auf nur noch einen einzigen Aufgabenträger verlagert werden.

Das ist auch eine Empfehlung des AFC-Gutachtens aus dem Jahr 2001, auf das auch Sie sich berufen haben. Aus diesem Gutachten hat die alte Landesregierung damals bedauerlicherweise keine Konsequenzen gezogen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum immer wieder teure Gutachten in Auftrag gegeben werden, wenn aus ihnen dann doch keine Schlüsse gezogen werden.

(Beifall bei der CDU)

Wie dem auch sei: Die neue Landesregierung jedenfalls wird handeln. Alle, die die Verhältnisse in der Agrarverwaltung kennen, wissen, dass eine Agrarreform längst überfällig ist. Ich darf dies auch mit Blick auf die Zusammenführung beider Landwirtschaftskammern sagen. Auch das darf kein Tabu mehr sein.

(Beifall bei der CDU)

Wir wissen seit Jahren, dass wir uns eine so breit gefächerte Fachverwaltung mit drei verschiedenen Aufgabenträgern schlicht nicht mehr leisten können, dass wir hier nicht mehr so weiter machen können wie bisher und dass hier endlich etwas passieren muss. Aus unserer Sicht ist klar, dass die Aufgaben der oberen Flurbereinigungsbehörden bei den Bezirksregierungen auf jeden Fall auf die Ebene der Agrarstrukturverwaltung bzw. auf die Ebene der Kammern verlagert werden können.

Von daher lautet die entscheidende Frage: Wie gestalten wir die Reform auf der Ebene der Kammern und der Agrarstrukturverwaltung? - Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass etwa ein Drittel der Bediensteten in den Ämtern für Agrarstruktur mit Aufgaben der landwirtschaftlichen Förderung bzw. Dorferneuerung befasst ist und in den Kammern etwa ein Viertel des dort vorhandenen Personals mit staatlichen Aufgaben betraut ist, dann drängt sich hier eine Zusammenlegung geradezu auf.

Wenn wir diese Fachverwaltung wirklich durchgreifend reformieren wollen, dann müssen das teure Nebeneinander von Kammern und Agrarstrukturverwaltung, diese Mehrfachzuständigkeiten sowie die Doppelkontrollen und die Doppelarbeit endlich beseitigt werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass hier endlich wirtschaftlicher gearbeitet wird.

(Beifall bei der CDU)

Das schaffen wir, wenn wir die Aufgaben der Agrarstrukturverwaltung unter dem Dach der Landwirtschaftskammern mit den auf die Kammern übertragenen staatlichen Aufgaben zusammenführen. Das ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Einsparung von Kosten die eindeutig aussichtsreichere Perspektive. Deshalb kann es für uns nicht mehr um das Ob der Verwaltungsreform im Agrarbereich gehen, sondern nur noch um das Wie. Hier schließen wir uns der Auffassung des Landesrechnungshofes an, womit wir uns von Ihrem Antrag unterscheiden. Dabei ist außer Frage, dass bei der Umsetzung dieser Reform selbstverständlich mit Sorgfalt geprüft werden muss, ob Aufgaben künftig wegfallen, kommunalisiert oder privatisiert werden können. Meiner Meinung nach muss auch der vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund aufgeworfenen Frage nachgegangen werden, ob es einen Sinn macht, bestimmte Aufgaben

möglicherweise auf noch einzurichtende regionale Kompetenzzentren zu übertragen.

Wir haben uns im Ausschuss auch noch über weitere Punkte Ihres Antrags unterhalten. Viele dieser Punkte sind eine Selbstverständlichkeit. Es ist auch völlig klar, dass in unsere Überlegungen auch die heute Nacht in Luxemburg beschlossene EUAgrarreform und auch die Kosten-Nutzen-Analyse mit einfließen müssen. All das sind Selbstverständlichkeiten, über die wir eigentlich nicht mehr sprechen müssen. Das hat die Verwaltung zu lösen.

Die wichtigste Aufgabe dabei ist sicherlich die, dass die einzelnen Schritte der Personalüberleitung mit den Bediensteten abgesprochen werden müssen. Ich halte es aber für unverantwortlich, wenn Sie sich hier hinstellen und einfach nur sagen: Mit den Bediensteten wird nicht gesprochen, das geht über deren Köpfe hinweg. - Das stimmt einfach nicht.

Es ist schlicht absurd, wenn hier von einem Alleingang des Landwirtschaftsministeriums gesprochen wird. Die Stabsstelle für Verwaltungsmodernisierung wirkt in allen Gremien mit. Die Umsetzung der Reform wird in enger Abstimmung mit den anderen eingeleiteten Reformen erfolgen.

Wir haben ein klares Ziel, nämlich die Zusammenführung der drei verschiedenen Aufgabenträger unter dem Dach der Landwirtschaftskammern. Im Gegensatz zu früher wird jetzt endlich gehandelt. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich das Tempo, mit dem der neue Minister diese Reform anpackt. Wenn der Zeitplan so abläuft, wie es vorgesehen ist, dann wird im August das Grobkonzept vorliegen. Die Umsetzung dieses Konzeptes wird ab Januar 2004 erfolgen.

Natürlich geht auch hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Dennoch sollten wir uns im Interesse gerade der betroffenen Bediensteten und im Interesse der Konsolidierung des Landeshaushaltes darum bemühen, die Reform zügig voranzubringen. Das Ministerium befindet sich auf einem guten Weg. Es gibt keinen sachlichen Grund für eine Verzögerung der eingeleiteten Reform. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat Herr Professor Lennartz.

Professor Dr. Hans-Albert Lennartz (GRÜNE) :

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In derjenigen Sitzung des Landtags, in der dieser Antrag eingebracht worden ist, hat Herr Ehlen ausweislich des Stenografischen Berichtes - nachdem über eine Zusammenfassung aller Aufgaben unter dem Dach der Landwirtschaftskammern diskutiert worden war - gesagt:

„Wir haben allerdings zu bedenken - da dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben -, dass wir diese Reform auch mit den Forderungen der Europäischen Union bezüglich der Kontrollen in Einklang bringen müssen.“

Man kann diese Äußerung von Ihnen, Herr Minister, so verstehen, dass Sie von dem ursprünglichen Ansatz, alles auf die Landwirtschaftskammern zu übertragen, ein Stückchen abgerückt sind, weil Sie in dieser Passage zumindest das Problem dieses Ansatzes anreißen.

Ich möchte jetzt die Position, die wir damals vorgetragen haben, noch einmal kurz zusammenfassen. Im Zusammenhang damit nehme ich mit Wohlgefallen zur Kenntnis, Herr Langspecht, dass wir in einer Position parziell übereinstimmen. Sie haben eben gesagt: Auch die Fusionierung der beiden Landwirtschaftskammern in Niedersachsen darf kein Tabu mehr sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unsere Position dazu ist heute wie auch in der letzten Sitzung die, dass die Landwirtschaftskammern in Niedersachsen im Rahmen der Agrarverwaltungsreform fusioniert werden sollen.

Darüber hinaus haben wir vorgeschlagen, die beratenden Dienstleistungen in der einen Landwirtschaftskammer der Zukunft und die mehr kontrollierenden Funktionen in einer Agrarverwaltung staatlicher Art - gegenüber der jetzigen Form allerdings modifiziert - zusammenzufassen. Ich präzisiere das, was ich gerade aus der damaligen Sitzung wiedergegeben habe, folgendermaßen. Wir stellen uns vor erstens eine Landwirtschaftskammer, in der die beratenden Dienstleistungen zusammengefasst sind, und zweitens eine Reihe von regionalen Ämtern - wofür, umschreibe ich noch mit einem Fragzeichen -, in denen bestimmte Restaufgaben gegenüber dem Istzustand im Kern wahrgenommen werden, und das wären Restauf

gaben der Flurbereinigung, das wäre eine im Volumen reduzierte Bearbeitung von Tier- und Flächenprämien, und das wäre der Bereich der Dorferneuerung. Das wäre der Kern von Funktionen, die in diesen regionalen Ämtern wahrzunehmen wären. Ich gehe davon aus, dass es weniger sein können als die elf Ämter für Agrarstruktur, die wir derzeit in Niedersachsen haben. Wenn ich mir das Gesamtvolumen der Stellen in der Agrarverwaltung von etwa 3 000 anschaue, dann denke ich bei dem Ansatz, den ich gerade skizziert habe, dass eine Einsparquote von mindestens 10 % der Stellen in diesem Prozess möglich wäre. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Lennartz. - Das Wort hat Herr Minister Ehlen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aufgaben der Agrarverwaltung werden heute von den Landwirtschaftskammern, den Ämtern für Agrarstruktur und den Bezirksregierungen wahrgenommen. Für die Bürgerinnen und Bürger ist dieses Nebeneinander verschiedener Aufgabenträger kaum verständlich. Transparenz ist erforderlich, aber - das möchte ich deutlich zum Ausdruck bringen - auch ein Abbau der Bürokratie. Wir wollen eine leistungsstarke und zugleich schlanke Agrarverwaltung bereithalten, die auch den künftigen Herausforderungen genügen wird. Ein wichtiges Ziel dabei ist, Aufgaben der Agrarverwaltung unter dem Dach der Landwirtschaftskammern zusammenzuführen. Dafür sprechen die artverwandten Aufgaben.

In diesem Zusammenhang darf ich anmerken, dass in der Agrarstrukturverwaltung rund ein Viertel der Bediensteten mit den landwirtschaftlichen Förderungen beschäftigt ist. Bei den Landwirtschaftskammern wird durch staatliche Aufgaben - Herr Langspecht sagte es bereits - rund ein Viertel der Personalkapazitäten gebunden wie z. B. für Aufgaben nach dem Pflanzenschutzgesetz, dem Tierzuchtgesetz, der Düngeverordnung oder auch im Bereich der flächenund tierbezogenen EUAusgleichszahlungen.

Meine Damen und Herren, bei den Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis, d. h. so genannten öffentlichen Aufgaben, die ansonsten gegebenenfalls vom Staat wahrzunehmen wären, ist der Anteil des Landes an den Kosten durch ein konsequentes Kostenmanagement der Kammern auf rund 30 % gesunken und ist auf dem Weg auf die 27 %Marge. Vorhin wurde hier von Aufgaben gesprochen, die jetzt von der Kammer übernommen werden. Dazu muss ich zu Ihnen sagen, Frau StiefKreihe: 13 Jahre lang hatte die SPD die Möglichkeit gehabt, etwas zu ändern. Mein Amtsvorgänger hat es sicherlich gut gemacht, als er Aufgaben der Landwirtschaftskammer übertragen hat, weil sie die 10 % billiger ausführt. Also sollten wir uns einmal darüber unterhalten, ob wir im Uransatz nicht näher zusammen sind, als Sie es hier glaubhaft machen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Insoweit ist für mich die richtige Adresse für eine Zusammenführung der Aufgaben der Landwirtschaftsverwaltung unter einem Dach die Landwirtschaftskammer. Aber wir wollen diese Zusammenführung nicht um jeden Preis.

Niemals ist davon ausgegangen worden, dass der Landeshaushalt, ohne anzuecken, das alles tragen kann. Meine Damen und Herren, die vorgesehenen Lösungen müssen angesichts der Lage des Landeshaushaltes auch zu einem wirtschaftlichen Ergebnis führen. Transparenz und Zusammenführung der Aufgaben ohne Einsparerfolge wären weitestgehend nur ein Auswechseln der Türschilder. Dies wäre im Ergebnis zu wenig. Wir führen daher die notwendigen Prüfungen ohne Scheuklappen durch und greifen die Anregungen aus diesem Reformprozess vorbehaltlos auf. Wir haben einleitend eine Bestandsaufnahme der Aufgaben der Agrarverwaltung erstellt. Auch eine Zweckkritik wird für die Aufgabenfelder durchgeführt. Verbunden ist dies jeweils mit der Prüfung, ob Aufgaben oder Teile von Aufgaben kommunalisiert oder privatisiert werden können. Dabei sind auch die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen zu prüfen. Auch der Vorschlag des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes wird geprüft. Bei allen stehen jedoch die Straffung der Verwaltung und die mögliche Kosteneinsparung im Vordergrund.

Ein wichtiger Gesichtspunkt für die künftige Entwicklung ist auch die Bedeutung der Aufgaben. Zu dem Aufgabenbereich Flurbereinigung werden wir

z. B. eine Darstellung der verschiedenen Verfahrensarten und ihres volkswirtschaftlichen Nutzens sowie die Folgen eines Rückzuges aus einzelnen Aufgabenfeldern erarbeiten. Auf dieser Basis wird zu entscheiden sein, was vor dem Hintergrund der finanziellen Situation unseres Landes wünschenswert ist und was letztendlich geleistet werden kann. Für eine Fülle von Aufgaben haben wir entsprechende Prüfaufträge vergeben, die dann in den Gremien, im Lenkungskreis und im Beirat erörtert werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einzelne Punkte Ihres Entschließungsantrags eingehen. Die Fraktion der SPD weist auf die Analyse der staatlichen Agrarverwaltung durch das AFC-Gutachten hin. In diesem Gutachten wird bezüglich der Personalkosten darauf hingewiesen, dass an den Schnittstellen Doppelarbeit geleistet wird. Die alte Landesregierung ist aus unserer Sicht hier zu kurz gesprungen und hat im Wesentlichen die Strukturen so belassen. Wir wollen aber effektiver sein.

Natürlich werden die auch heute Morgen in Luxemburg gefassten Beschlüsse zur EU-Agrarpolitik in den Reformprozess einzubeziehen sein. Dazu gehört der voraussichtlich größere Aufwand bei den Kontrollen, die neuerdings anstehen.

Meine Damen und Herren, wir werden sicherstellen, dass es bei einer Zusammenführung von Aufgaben der Agrarverwaltung unter dem Dach der Landwirtschaftskammern zu keinen Überschneidungen zwischen hoheitlichen Aufgaben und Beratungsaufgaben kommen wird. Um die Neutralität sicherzustellen, werden wir die Aufbau- und Ablauforganisation auf die entsprechenden Aufgabenfelder ausrichten sowie die Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben trennen.