Protocol of the Session on June 26, 2003

Meine Damen und Herren, wir werden sicherstellen, dass es bei einer Zusammenführung von Aufgaben der Agrarverwaltung unter dem Dach der Landwirtschaftskammern zu keinen Überschneidungen zwischen hoheitlichen Aufgaben und Beratungsaufgaben kommen wird. Um die Neutralität sicherzustellen, werden wir die Aufbau- und Ablauforganisation auf die entsprechenden Aufgabenfelder ausrichten sowie die Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben trennen.

Dort, wo Synergien gewonnen werden können, z. B. durch Zusammenlegung von Ämtern an einem Standort oder durch Straffung und Zusammenführung von Arbeitsprozessen, müssen diese Möglichkeiten für Kosteneinsparungen im Interesse aller Steuerzahler ergriffen werden.

Die Ermittlung des erforderlichen Beitragssatzes fällt in die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer. Wir müssen aufpassen, dass die Landwirtschaft letztendlich nicht mit überhöhten Beitragszahlungen belastet wird.

Der Entschließungsantrag der SPD-Fraktion ist kontraproduktiv, da er keine neuen Gesichtspunkte

für wirtschaftliche Lösungen im Rahmen des Reformvorhabens aufzeigt. Ich bitte daher, den Antrag entsprechend der Ausschussempfehlung abzulehnen, damit die Reform der Agrarverwaltung auf dem beschriebenen Wege zügig fortgesetzt werden kann. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden, und somit ist der Antrag abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, wir haben uns im Präsidium darauf verständigt, dass wir den Antrag unter Tagesordnungspunkt 33 noch vor der Mittagspause abhandeln und nach der Mittagspause mit dem Tagesordnungspunkt 34 - Schutz der Kormorans sicherstellen - fortfahren wollen. Das sage ich, damit Sie sich mit Ihrem Hungergefühl jetzt einigermaßen einpendeln können.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 33: Einzige (abschließende) Beratung: Neuordnung der Hochschulzulassung - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDPDrs. 15/133 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/232

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Mir liegt eine Wortmeldung von Frau Trost vor. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Studenten sollen sich ihre Hochschule und die Hochschulen sollen sich ihre Studenten aussuchen können. Die Landesregierung wird den Staatsvertrag über die zentrale Vergabe von Studienplätzen zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen und auf eine entsprechende Novellierung des Hochschul

rahmengesetzes hinwirken. So steht es wortwörtlich in der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP. Ebenfalls ist dies inhaltlich - nicht mit dem gleichen Wortlaut - im Regierungsprogramm der CDU nachzulesen. Auch in der Regierungserklärung von Herrn Ministerpräsidenten Wulff können Sie diese Aussage nachlesen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht: Sie sollten sich endlich daran gewöhnen, dass wir das, was wir versprechen, auch umsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP zur Neuordnung der Hochschulzulassung vollzieht der Landtag einen Schritt, der von der SPD bzw. von dem damaligen Wissenschaftsminister in den letzten Jahren mehrfach angekündigt wurde, jedoch nie realisiert worden ist. Noch im Dezember 2002 hat Herr Oppermann in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass er beabsichtige, 40 % der Studienanfänger durch die Hochschulen selbst aussuchen zu lassen. Diese Forderung hatte er bereits mehrfach in der Öffentlichkeit kundgetan, ohne dass entsprechende Taten folgten. Wahrscheinlich ist ihm in diesem Punkt die Fraktion nicht gefolgt. Ich weiß nicht warum, aber das scheint so zu sein.

(Ursula Körtner [CDU]: Das gibt es bei denen öfter!)

Übrigens ist Ankündigen in der Presse, ohne dass Taten folgen, eine bewährte und bevorzugte Methode des damaligen Wissenschaftsministers gewesen. Ich erinnere hierbei nur an die leistungsbezogene, formelgebundene Mittelzuweisung, die ebenfalls an die Universitäten kommen sollte, die aber niemals eingeführt worden ist. Über die Hintergründe mag sich jeder seinen Teil denken.

In der Hochschulpolitik ist also ein Richtungswechsel angesagt. Wir wollen Qualität, Eigenverantwortung, Leistung, Wettbewerb und Internationalität als Leitziele unserer Hochschulpolitik.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Hochschulen sollen endlich mehr Autonomie bekommen, und dies nicht nur auf dem Papier und in schönen Reden, sondern tatsächlich in der Praxis. Unsere Hochschulen sind – zum Glück – nicht gleich. Wir wollen unseren Hochschulen die

Möglichkeit geben, ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Viele Korrekturen sind dafür noch in den unterschiedlichsten Bereichen nötig. Natürlich gehört dazu auch die Möglichkeit der Hochschulen, sich ihre Studienanfänger selbst aussuchen zu können. Ziel unseres Antrages ist, einerseits das Auswahlrecht der Hochschulen zu stärken und andererseits es den bestqualifizierten Bewerbern zu ermöglichen, die gewünschte Hochschule auszuwählen.

Wenn wir alle immer wieder beklagen, dass es zu viele Studienabbrecher und zu viele Langzeitstudenten in Niedersachsen gibt, dann dürfen wir nicht nur die Symptome bekämpfen, sondern dann müssen wir auch offensiv nach den Gründen suchen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ein Student, der sich seine Hochschule aussuchen kann, ein Student, der durch ein Auswahlverfahren die Gewissheit bekommt, wirklich zu den Besten seines Jahrgangs zu gehören, ein Student, der von der Hochschule bescheinigt bekommt, dass seine Fähigkeiten den Ansprüchen eines Studiums gerecht werden, wird sein Studium mit einer ganz anderen Motivation und Energie aufnehmen und auch erfolgreich zum Abschluss bringen. Dieser Student wird sich mit seiner Hochschule identifizieren - ganz anders als derjenige, der einer Hochschule zugeteilt wird, an die er eigentlich gar nicht wollte, oder als derjenige, dessen Eignung für den gewählten Studiengang zu Beginn niemals festgestellt worden ist und der im x-ten Semester feststellen muss, dass er eigentlich das falsche Fach gewählt hat. Schade um die vertane Zeit, um die vertanen Ressourcen.

Unsere niedersächsischen Hochschulen sind nun gefordert, unterschiedliche Auswahlverfahren für die einzelnen Studiengänge zu entwickeln, die ihrem jeweiligen Profil entsprechen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, die Besten aufzunehmen. Ein Verfahren, das unseren jungen angehenden Akademikern gute Voraussetzungen für ein erfolgreich abgeschlossenes Studium innerhalb einer überschaubaren Studienzeit ermöglicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch für unsere Hochschulen ist es wichtig, sich die Studierenden auszuwählen. Wir werden die formelgebundene Mittelzuweisung für alle Hochschulen einführen, also endlich auch für die Uni

versitäten. In dieser Formel werden selbstverständlich auch Leistungsmerkmale enthalten sein. Daraus folgt, dass es im Interesse der Hochschule sein muss, Studierende aufzunehmen, die ein Studium innerhalb der Regelstudienzeit erfolgreich beenden können. Natürlich wird das Abitur nicht entwertet. Natürlich wird die Abiturnote auch weiterhin Berücksichtigung finden. Allerdings darf sie nicht das ausschließliche Qualitäts- und Auswahlkriterium sein.

Die Details, nach welchen Methoden und wie intensiv die einzelnen Hochschulen ihre Auswahlverfahren gestalten wollen, werden sie mit Sicherheit im Gespräch mit dem MWK und nach vorgegebenen Rahmenrichtlinien regeln können. Es ist nicht unsere Aufgabe hier im Landtag, jede einzelne Kleinigkeit vorzugeben und alle Variationen durchzuspielen. Das können die Hochschulen eigenverantwortlich mit dem MWK klären.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie das den Hochschulen nicht zutrauen und ihnen unterstellen, dass sie mit diesen Anforderungen überfordert seien, wie das zum Teil in den Ausschussberatungen anklang, dann haben Sie ein unrealistisches Bild von unseren Hochschulen, dann war die in den letzten Jahren von Ihnen immer wieder großmundig verkündete Stärkung der Autonomie der Hochschulen doch nur Makulatur, und dann hatten Sie nie vor, entsprechende Umsetzungen auf den Weg zu bringen. Dies wird sich endlich ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das Modell 1, das auf der KMK-Konferenz im März 2003 einstimmig beschlossen worden ist und das wir umsetzen wollen, ist ein erster Schritt in die Richtung, in die wir von der CDU/FDP-Koalition langfristig gehen wollen. Langfristig möchten wir nämlich die Auswahl der Studierenden ganz den Hochschulen überlassen – zu 100 %. Der Vertrag mit der ZVS soll gekündigt werden. Inwieweit man die ZVS in eine Serviceeinrichtung für die Hochschulen umwandelt, bleibt zu überprüfen. Den Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der das Modell 2 favorisiert und somit die Autonomie der Hochschulen nicht fördert, werden wir ablehnen. - Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. - Ich erteile Frau Dr. Andretta das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Trost, Sie sagten es: Die Neuordnung der Hochschulzulassung ist unstrittig. Sie haben auch den einstimmigen Beschluss der KMK erwähnt. Das Prozedere ist genau abgesprochen. Es ist also überraschungsfrei, wenn Sie die Landesregierung auffordern, das zu tun, was die KMK bereits beschlossen hat. Auch ist es wenig überraschend, dass die CDU-Fraktion das Modell 1 vorschlägt. Schließlich hat sich Minister Stratmann bereits klar für dieses Modell ausgesprochen.

Überrascht bin ich allerdings von der Fraktion der FDP, dass sie diesen Weg mitgeht. Gerade Sie, meine Damen und Herren von der FDP, sind doch diejenigen, die die ganze Gesellschaft am liebsten in einen einzigen Markt verwandeln würden. Sie müssten doch hier vehement für das Wahlrecht der Leistungsstärksten, also für das Modell 2, kämpfen. Denn es ist das Modell 2, das nicht nur den Hochschulen, also den Anbietern von Studienplätzen, sondern auch den Abiturbesten, also denen, die bewiesen haben, dass sie leistungsstark und leistungsbereit sind, vorab ein Auswahlrecht einräumt. Die Frage ist doch – in Ihrer Sprache ausgedrückt -: Soll zukünftig die Freiheit des Kunden, sich sein Unternehmen „Hochschule“ aussuchen zu können, gesichert werden, oder soll sich das Unternehmen künftig seine Kunden aussuchen dürfen? Letzteres müsste doch bei Ihnen unter die Kategorie Staatssozialismus fallen.

(Beifall bei der SPD)

Ausgerechnet den Leistungsstärksten wollen Sie das Wahlrecht verweigern. Wo bleiben denn die immer wieder gerne von Ihnen zitierten Freiheitsrechte, wozu übrigens auch Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes gehört, der die freie Wahl der Ausbildungsstätte garantiert?

Mit den von Ihnen beschworenen liberalen Prinzipien hat das jedenfalls nichts mehr zu tun. Das überrascht hier aber auch nicht wirklich; denn – wie gestern mit dem neuen Schulgesetz geschehen – wer den Eltern das Wahlrecht für die Schulen ihrer Kinder abspricht, handelt nur konsequent, wenn er dieses Recht auch den Abiturienten abspricht.

(Beifall bei der SPD)

Wir, die SPD-Fraktion, wollen, dass gute Leistungen belohnt werden. Deshalb sprechen wir uns ganz klar für das Modell 2 aus, wonach sich die Abiturbesten die Hochschule ihrer Wahl aussuchen können. Diejenigen, die bewiesen haben, dass sie es können, sollen auch belohnt werden. Anders als das Modell 1 fördert es Profilbildung und Wettbewerb; denn die Hochschulen haben die Chance, mit einer attraktiven Lehre und guten Studienangeboten um die Abiturbesten zu werben.

Meine Damen und Herren, um hier keine Frontenbildung zu betreiben: Auch das Modell 2 sieht vor, dass die Hochschulen – und zwar zu 25 % - auswählen können. Wir hoffen, dass sie es endlich tun. Schließlich haben sie schon lange die Möglichkeit dazu. In Niedersachsen – das hat unsere Anfrage ergeben – macht eine einzige Fachhochschule, nämlich die Fachhochschule Osnabrück, von dem Auswahlrecht Gebrauch. Alle anderen vergeben ihre Studienplätze wie gehabt nach Abiturnoten. Entweder ist ihnen der Aufwand zu hoch, oder sie scheuen die zusätzlichen Kosten. Machen wir uns nichts vor: Wenn sich auf einen Studienplatz drei bis vier Interessenten bewerben, dann ist das für die Hochschulen nicht zum Nulltarif zu haben.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus dem wirklichen Leben, damit wir wissen, wovon wir reden: An der Universität Göttingen sind im vergangenen Wintersemester 802 Studienplätze in fünf zulassungsbeschränkten Studiengängen vergeben worden. Diesen 802 Studienplätzen standen 2 221 Bewerber gegenüber. Mehrfachbewerbungen sind bei der ZVS nicht möglich, aber im Hochschulauswahlverfahren ausdrücklich erlaubt. So wird sich die Zahl der Bewerber und Bewerberinnen an der Universität Göttingen erhöhen, wahrscheinlich sogar verdoppeln. Das wären dann über 4 000 Bewerbungen, davon allein 2 000 in der Medizin. Die Auswahlverfahren – auch das sollten Sie wissen – beginnen am 1. Juli und müssen bis spätestens 15. August abgeschlossen sein. Es ist also ein erheblicher Zeitaufwand in relativ kurzer Zeit. Im Ausschuss kam von Ihnen der Hinweis, die Auswahlgespräche gehörten sowieso zu den Dienstaufgaben der Hochschullehrer. Formal ist dies richtig, geht aber an der Realität komplett vorbei. Die Studienabbrecherquoten sind doch auch deshalb so hoch, Frau Trost, weil wir eine mangelhafte Studienberatung und –betreuung an unseren Hochschulen haben, nicht aber weil es immer die

falschen Studierenden sind. Zu glauben, den Aufwand, den man bei den Auswahlgesprächen betreibe, könne man bei der Studienberatung künftig einsparen, weil man die richtigen Studierenden ausgewählt habe, ist entweder sehr naiv oder eine bewusste Täuschung. Die Hochschulen wissen natürlich genau, dass die Auswahlverfahren zusätzliche Ressourcen kosten. Baden-Württemberg überlegt wohl schon, sich das Geld für die Bewerbungsverfahren von den Studierenden zu holen. Wir wissen, wozu das führen wird: Die Zahl der möglichen Bewerbungen hängt dann nicht mehr von der Leistung ab, sondern vom Geldbeutel der Eltern.

(Zuruf von der CDU: Ha, ha!)

Wer dies nicht will, muss den Hochschulen auch die nötigen Finanzmittel zur Durchführung der Auswahlverfahren zur Verfügung stellen. Diese Landesregierung tut zurzeit exakt das genaue Gegenteil.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

In Ihrem Antrag sind Punkt 1 und 2 - in letzterem wird die Abschaffung der ZVS gefordert - nicht nachvollziehbar. Entweder wollen Sie hier Punkt 1 beschließen, dann geht das nur mit der ZVS, oder Sie wollen mit Punkt 2 die Abschaffung der ZVS. Beides geht hier nicht, weil das Verfahren 2005 anläuft und auch über einen längeren Zeitraum laufen wird. Legen Sie die Karten auf den Tisch: Wie wollen Sie die Hochschulzulassung gestalten? Wie viel Geld werden Sie den Hochschulen zur Verfügung stellen, damit diese ihre Auswahlverfahren durchführen können? Frau Trost, das sind keine Details. Im Ausschuss herrschte dazu von Ihrer Seite leider nur Schweigen. Auf diese Fragen brauchen die Hochschulen, aber vor allem die zukünftigen Studierenden eine Antwort. Diese fordern wir von Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)