Protocol of the Session on February 14, 2002

(Zurufe von der CDU)

- Nun warten Sie doch ab!

Entscheidend ist, dass es nicht nur Herr Stoiber ist. Es ist auch der umweltpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Herr Dr. Ruck, der dies behauptet. Es ist Herr Dietzel, der CDU-Umweltminister aus Hessen. Es ist auch - diese Person ist

sozusagen für alles gut - Herr Laurenz Meyer, CDU-Generalsekretär.

(Schack [SPD]: Der hat ja nun über- haupt keine Ahnung! - Gegenruf von der CDU: Aber Sie?!)

- Ja, das stimmt. Aber er ist trotzdem noch in dieser Funktion. Das spricht ja auch für diese Partei, Herr Schack.

Jedenfalls ist eines festzustellen: Alle eint, dass sie die Forderung erheben, dass Gorleben weiter erkundet werden soll und dass das Moratorium aufgehoben werden soll. Sie halten Gorleben für geeignet, obwohl dieser Standort noch gar nicht zu Ende erkundet ist. Auch das ist ein logischer Bruch. Ich glaube aber, das ist bei Herrn Meyer in seiner Lebensphilosophie enthalten.

Fakt ist jedenfalls: Wir meinen, das dient nicht der niedersächsischen Interessenlage. Wir fordern Sie auf, hier eine Klarstellung vorzunehmen und sich auf unsere Seite, auf die Seite der niedersächsischen Bevölkerung, zu stellen, die sich auf eines immer verlassen konnte: dass die SPD und die Grünen hier sehr deutlich gemacht haben, dass wir die Lastenverteilung und die Verantwortung für einen nationalen Atomkonsens nicht einzig und allein darauf reduziert wissen wollen, dass Endlagerung nur in Niedersachsen stattfindet. Das können Sie mit uns nicht machen. Dagegen steht die niedersächsische Bevölkerung im Bündnis mit diesen beiden Parteien.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Inselmann, der Kollege Schwarzenholz möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das zulassen?

Nein, ich möchte gerne weiter ausführen, weil ich nur wenig Redezeit habe. Aber er kann mir die Frage ja nachher privat stellen. Ich beantworte sie ihm dann gerne.

(Wojahn [CDU]: Aber dann hören wir die Antwort nicht!)

Es ist auch überraschend, mit welcher Ignoranz fachliche Erkenntnisse bei der Erkundung beiseite gelegt werden. Es gibt ja eine Menge ernst zu

nehmender Geologen, die diesen Standort nicht für geeignet halten. Es gibt auch eine Menge ernsthafter Fachleute, die sagen: Das damalige Verfahren ist einzig und allein darauf reduziert gewesen, einen politisch genehmen Standort zu finden. Schon insofern stand die Glaubwürdigkeit bezüglich dieses Standorts immer wieder in Frage.

Daraufhin hat die Bundesregierung, wie ich finde, richtig reagiert. Sie hat einen Arbeitskreis „Endlagerung“ ins Leben gerufen, der ein standortunabhängiges Verfahren entwickeln soll, indem Kriterien gewonnen werden, die objektive und für die Öffentlichkeit transparente Verfahren nach sich ziehen. Vor allen Dingen wollen wir dann im Vergleich mit anderen geologischen Formationen zu einem neuen Endlagerstandort kommen. Der könnte theoretisch natürlich auch Gorleben heißen. Aber wenn man sich heute einmal die Kritik an der geologischen Geeignetheit des Salzgesteins anschaut, das wir dort vorfinden - hinsichtlich des Alters usw.; das ist hier ja alles bekannt -, stellen sich erhebliche Fragen.

Wir kommen zu dem Fazit: Gorleben ist nicht geeignet. Aber zumindest muss man doch einmal andere geologische Formationen untersuchen. Andere europäische Länder tun das auch und kommen dabei zu sehr guten Ergebnissen. Wir waren ja nicht umsonst mit dem Umweltausschuss in Schweden und haben uns das da angeschaut. Schweden ist da sehr viel weiter.

Ich empfehle Ihnen also weniger Ideologie und mehr sachlich orientierte Politik gemessen an dem, was realistisch ist. Realistisch ist, dass die Bundesregierung jetzt mit den Energieerzeugern einen Konsens gefunden hat und sie auch ganz bewusst gesagt haben - das haben sie unterschrieben -: Wir akzeptieren das Moratorium für Gorleben, und wir akzeptieren auch, dass es jetzt einen Arbeitskreis „Endlagerung“ gibt, der ein standortunabhängiges Verfahren entwickelt. - Meine Damen und Herren, das ist doch ein Schlag ins Gesicht nach Ihren bisherigen Äußerungen!

(Wojahn [CDU]: Was?)

- Natürlich. - Denn auch die Industrie,

(Wojahn [CDU]: Sie meinen, Ihren eigenen Äußerungen!)

Herr Wojahn, hat sich mittlerweile von Ihren Forderungen verabschiedet und ist der Auffassung, dass der Standort Gorleben nicht nur politische,

sondern auch fachliche Fragen aufwirft. Denn sonst hätte sie dieses Moratorium und auch den Atomkonsens nicht unterschrieben. Also auch da, meine Damen und Herren von der CDU, sind Sie Außenseiter.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen fordern wir Sie auf: Kehren Sie zurück zur Vernunft, kehren Sie zurück zu den Interessenlagen der niedersächsischen Bevölkerung, und arbeiten Sie mit uns gemeinsam daran, neue Wege zu gehen und zu einer Verantwortungsgemeinschaft zu kommen!

Ich finde es auch interessant, dass die süddeutschen Länder - -

(Zuruf von Wojahn [CDU])

- Hören Sie ruhig zu, Herr Wojahn! Ihre süddeutschen Freunde sind diejenigen, die Ihre Interessen permanent über Bord werfen. Aber offensichtlich haben Sie das gar nicht registriert.

Die süddeutschen Länder favorisieren einen weiteren Ausbau der Atomenergie. Eine solche Position kann man ja noch vertreten. Das ist aber nicht die unsere. Wir waren ja lernfähig und haben aus Fehlern gelernt, Sie jedoch offensichtlich nicht.

Die süddeutschen Länder fordern also ein „Weiter so!“ in der Atompolitik, sprich: Sie wollen weiter Atomkraftwerke bauen.

(Schack [SPD]: Die keiner braucht!)

- Die niemand braucht und die die Industrie auch gar nicht bauen will.

(Schack [SPD]: So ist es!)

Das ist ja egal. Aber das Weltbild der CDU ist erst einmal wieder in Ordnung: Man will das weitermachen. Diesen logischen Bruch soll es also nicht geben.

Die Endlagerung allerdings will man in Süddeutschland nicht haben. Deshalb will man da auch nichts untersuchen. Man will in Süddeutschland nicht einmal ein Zwischenlager haben. Das alles sollen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo in Ahaus auch ein Zwischenlager ist, leisten.

Bei dieser Politik muss sich doch jeder ernsthafte Zeitgenosse fragen, ob das, was von der süddeutschen Schiene propagiert wird, eigentlich noch normal ist. Wenn das die niedersächsische CDU

nicht zum Aufbegehren bringt und wenn sie dann nicht sagt „Das kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir das mittragen“, dann frage ich ernsthaft: Wo ist Ihr Verantwortungsbewusstsein für die niedersächsische Bevölkerung?

(Beifall bei der SPD)

Hinzu kommt, dass die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Bayern bei der Beratung der Atomgesetznovelle den Vermittlungsausschuss angerufen haben. Dort haben sie erneut die Auffassung vertreten - das haben sie auch noch einmal schriftlich niedergelegt -, Gorleben sei geeignet und solle weiter erkundet werden, das Moratorium solle also beendet werden.

Ich kann nur sagen: Es kann doch wohl nicht ernsthaft die Position der niedersächsischen CDU sein, dass wir hier weiter erkunden - obwohl wir genau wissen, dass es nicht geeignet ist - und dass keine anderen geologischen Formationen mit geprüft werden sollen.

Nun habe ich festgestellt, dass Ihr Fraktionsvorsitzender, der Kollege Wulff, der Auffassung ist

(Frau Wörmer-Zimmermann [SPD]: Wo ist der eigentlich?)

- er kommt gerade -, wir bräuchten eine Lastenteilung. Das hat er jedenfalls in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ausgeführt. Wie sieht denn das Modell der Lastenteilung der niedersächsischen CDU aus? - Ich warte noch auf die Konzepte. Bislang haben wir nur feststellen können, dass die niedersächsische CDU in der Atompolitik der Meinung ist: Von Bayern lernen, heißt

(Biestmann [CDU]: Siegen lernen!)

für Niedersachsen, die Verantwortung zu tragen. Also: Nicht „siegen lernen“, sondern „verlieren lernen“.

(Beifall bei der SPD)

Das ist das, was hier offensichtlich propagiert wird: in eine rückständige Technologie zu investieren, von der noch nicht einmal die Wirtschaft sagt, dass sie sie will.

Und dann sollen den Niedersachsen auch noch die ungelösten Entsorgungsprobleme aufgebürdet werden! Das ist doch kein Politikkonzept für die Zukunft, sondern das ist, finde ich, ein offensichtliches Versagen. Ich fordere hier noch einmal

Klarheit in dieser Frage. Ich fordere Herrn Wulff auch auf, in dieser Frage endlich einmal zu sagen, wo die niedersächsische CDU steht. Können wir uns noch auf Sie als Bündnispartner gegen einen Standort in Gorleben und gegen die süddeutschen Bundesländer verlassen?

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Sie werden sich noch wundern, Herr Inselmann!)

- Herr Wulff, ich habe den Eindruck, der Einzige, der sich wundern wird, sind Sie. Aber darüber wundern wir uns schon lange nicht mehr.

(Althusmann [CDU]: Du erzählst wieder Unsinn, wie immer!)