Protocol of the Session on February 14, 2002

Hauptziel der Agrarwende 1992 war: Weg von der Subventionierung der Überschüsse, hin zum Marktgleichgewicht, mit der Folge, dass heute nur 28 % des Agrarbudgets für die Marktstützung aufgewandt werden müssen und 62 % der Mittel als Prämien oder Direktzahlungen auf den Höfen ankommen. Diese machen heute bis zu 50 % der landwirtschaftlichen Einkommen aus. Die Absenkung der Stützungs- und Interventionsmaßnahmen führte zu erheblichen Preissenkungen, die den Verbrauchern zugute kamen, die Substitute aus unseren Futtermischungen verdrängten und das Getreide in zunehmendem Maße berücksichtigten.

Meine Damen und Herren, diese Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik wurde mit den Ende 1999 gefassten Agenda-Beschlüssen von Berlin - Herr Klein hat darauf hingewiesen - eher noch verstärkt, sodass besonders im Getreidebereich eine Annäherung an den Weltmarktpreis Exporte ohne Erstattungssubventionen möglich machte. Über den Erfolg dieser Politik bestand weitestgehend Konsens. Wir haben wiederholt erfahren, dass die Bundesregierung, aber auch die Niedersächsische Landesregierung die Agenda-Beschlüsse als großen Erfolg werteten.

Unter dem Begriff „Agrarwende“ versuchte und versucht nun Landwirtschaftsministerin Renate Künast, den Landwirten einen Teil dieser Direktzahlungen streitig zu machen, um damit eine neue Politik zu inszenieren. Mit 20 % dieser Direktzahlungen sollten Umweltmaßnahmen mit hohen Auflagen, Vorgaben zum vorgeschriebenen Ar

beitskräftebesatz, Maßnahmen zur Umgestaltung bewährter Produktionsstandards bzw. der ländlichen Struktur in ihrem Sinne eingeleitet werden. Voraussetzung dafür ist nach der Agenda 2000 allerdings eine nationale Kofinanzierung in gleicher Höhe.

Meine Damen und Herren, wir sind froh, dass der Bundesrat dieses Unterfangen zumindest im Umfang gestoppt und dass er Frau Künast diese Spielwiese ideologisch fundierter Agrarpolitik genommen hat,

(Beifall bei der CDU - Schumacher [SPD]: Na, na, na, ein bisschen dick aufgetragen!)

und zwar erstens weil die Betriebe - das sehen wir besonders im Bereich der Rindviehhaltung, die die großen Verlierer der BSE-Krise sind - auf die bisherige Größenordnung der Direktzahlungen angewiesen sind, zweitens weil nahezu alle Maßnahmen nach Vorstellung von Frau Künast zulasten der konventionell wirtschaftenden Betriebe gegangen wären, drittens weil die nationale Kofinanzierung nicht durch zusätzliche Mittelbereitstellung zugunsten von Landwirtschaft und ländlichem Raum, sondern durch Plünderung von bestehenden Haushaltsansätzen, etwa aus der Gemeinschaftsaufgabe „Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ finanziert werden sollte. Ein Ansinnen, meine Damen und Herren, das leider auch die Niedersächsische Landesregierung verfolgt, wie ich bereits während der Haushaltsdebatte aufgezeigt habe.

Nach monatelanger Diskussion über eine zukünftige Modulation haben sich Bund und Länder nun anstatt auf 20 % auf eine Größenordnung von zunächst 2 % geeinigt, wobei die nationale Finanzierung, aber auch Inhalte noch strittig sind und im Vermittlungsausschuss, wie Herr Will richtig dargestellt hat, am 26. Februar erneut beraten wird. Wenn Frau Ministerin Künast dies nun als Erfolg verkauft - statt 20 % 2 % -, so passt hier die Formel: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Die hochgelobte Künast‘sche Agrarwende, Herr Klein, ist damit endgültig tot.

(Wojahn [CDU]: Und die Maus ging in die Falle.)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion steht Überlegungen, Prämien und Direktzahlungen stärker von der unmittelbaren Produktion abzukoppeln, nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, zu

mal wir damit rechnen, dass die EU-Kommission dieses zum Thema der Agenda-Halbzeitbewertung machen wird. Zur Stärkung der so genannten zweiten Säule über Modulation bzw. der Cross compliance erheben wir bei erster Bewertung folgende Forderungen:

Erstens. Hauptnutznießer veränderter Zahlungen müssen die wirtschaftenden Betriebe sein. Die Beträge dürfen nicht, wie die SPD in ihrem Regierungskommissionsvorschlag vorsieht, über zehn Jahre in vollem Umfang in andere Bereiche der Politik für den ländlichen Raum abwandern.

Zweitens. Die Prämienberechtigten dürfen nicht durch erweiterte Verwaltungsbürokratie belastet werden. Untersuchungen in Thüringen haben ergeben, dass allein 80 % der Mittel für Modulation von der Verwaltungsbürokratie aufgefressen werden.

Drittens. Beachtung von betriebsspezifischen und regionalen Auswirkungen auf die Landwirtschaft.

Viertens. Nationale Kofinanzierung muss aus zusätzlichen Haushaltsansätzen und darf nicht aus bestehenden Ausgabetiteln des Agraretats finanziert werden.

(Beifall bei der CDU)

Fünftens. Etwaige Auflagengestaltung ist unter Beachtung der Wettbewerbssituation und der bereits vorhandenen hohen nationalen Umwelt- und Produktionsstandards der deutschen Landwirtschaft zu diskutieren. Der Tatbestand der guten fachlichen Praxis könnte in diesem Zusammenhang ein förderungswürdiges Kriterium sein.

(Klein [GRÜNE]: Um Gottes willen!)

Meine Damen und Herren, ich sage dies bewusst, weil die Niedersächsische Landesregierung bereits angekündigt hat - das ist heute in der Rede von Herrn Klein nicht nur angekündigt, sondern mehr oder weniger auch gefordert worden -, nicht nur in der Investitionsförderung, sondern auch im Rahmen der Modulationsprämien landwirtschaftliche Tierhaltungsbetriebe aus wettbewerbsorientierten Regionen erneut zu benachteiligen.

In der weiteren Beratung dieses Antrages wird sich die CDU fachlich einbringen. An klaren Vorstellungen denkbarer Modulationsanwendungen mangelt es uns nicht. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartels, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme gerne Gelegenheit, zu dem Antrag der Bündnisgrünen und zu den Anmerkungen, die hier von den Fraktionen vorgetragen worden sind, Stellung zu nehmen. Lassen Sie mich Folgendes feststellen: Es ist absolut unstreitig, Herr Abgeordneter Klein, dass die SPD-geführte Landesregierung und die SPD-Landtagsfraktion die Modulation wollen. Sie haben in Ihrem Antrag Begriffe wie „Missbilligung des Verhaltens der Landesregierung“ und „Blockadepolitik“

(Klein [GRÜNE]: Der Länder!)

„gegenüber der Einführung der Modulation“ - schauen Sie sich den Antrag genau an! - verwandt. Heute haben Sie dafür keine Begründung mehr geliefert. Sie haben auch keine Begründung, weil diese Landesregierung an der inhaltlichen Ausgestaltung von Modulation und insbesondere in Bezug auf die Rahmendaten, die wir auf BundLänder-Ebene gemeinsam festgelegt haben, aktiv mitgewirkt hat. Herr Abgeordneter Klein, ich bin es gewesen, der den jetzt im Bundesratsverfahren befindlichen Kompromiss überhaupt erst ermöglicht hat. Die Bundesministerin hat das aufgrund ihrer absolut überzogenen Eingangsforderung, mit der sie die Modulation in Deutschland einführen wollte, nicht auf den Weg gebracht. Ich erinnere an die Absicht, für den Einstieg 20 % vorzusehen und im Jahr 2002 damit zu beginnen, ohne zu wissen, wofür die Mittel ausgegeben werden sollen. Den Kompromiss haben wir erst mühsam gemeinsam auf Bund-Länder-Ebene erarbeitet. Insofern verwahre ich mich gegen den Vorwurf, hier würde Blockadepolitik betrieben und wir würden das Instrument der Modulation nicht vernünftig nutzen wollen. Im Gegenteil: Herr Klein, wir würden hier heute gar nicht über Modulation reden, wenn nicht Niedersachsen diesen Kompromissvorschlag erarbeitet hätte.

Die Bundesregierung ist von einem entscheidenden Faktor dieses Kompromissvorschlages abgewichen. Ich meine die Kofinanzierung. Wir hatten auf Bund-Länder-Ebene eine Kofinanzierungsregelung verabredet, die ein Verhältnis von 80 % zu

20 % vorsah. Auch Frau Künast hat, wenn auch innerlich nicht ganz überzeugt, das Argument der Länder akzeptiert, dass die 40 %-Regelung, die für die GA gilt, nicht einfach auf die Modulation übertragen werden kann. Sie hat verstanden, dass die Länder das nicht mitmachen konnten. Aber sie konnte diese Position auf der Ebene der Bundesregierung offenbar nicht durchsetzen. Es ist doch selbstverständlich, dass die Länder das einklagen. Bitte berücksichtigen Sie diesen Gesichtspunkt, wenn wir über die Frage diskutieren, was im Vermittlungsverfahren noch verhandelt wird und worüber sich die Länder einig sind.

Der Abgeordnete Biestmann markiert hier für die CDU-Landtagsfraktion offenbar eine Außenseiterposition;

(Widerspruch bei der CDU)

denn die CDU auf Bundesebene und auf Länderebene hat die Modulation in den Anfangsrunden auch gewollt. Nun bestreiten Sie das doch nicht; ich habe die Verhandlungen geführt und an den Sitzungen teilgenommen. Ihre Kollegen haben gesagt: Herr Bartels, wenn Sie eine 80/20Beteiligungsregelung und eine Freigrenze erreichen - die Bayern wollten eine höhere Freigrenze durchgesetzt wissen -, dann machen wir mit. - Ich weiß doch, worüber ich hier rede und wer meine Verhandlungspartner sind! Die waren bereit, das mitzumachen, weil sie das Instrument von der Sache her und inhaltlich durchaus mitgetragen haben. Ihre Kollegen haben sich auch dagegen gewehrt, dass ein hoher Einstiegssockel mit der Zielmarke 4 %, aufsteigend auf 20 %, verabredet werden sollte. Sie haben gesagt: Nein, lassen Sie uns mit einem niedrigen Einstieg beginnen, um das Instrument der Modulation einzuüben, damit wir es dann beherrschen, wenn es auf der europäischen Ebene obligatorisch vorgegeben wird. - Da haben Sie dann eine Pirouette gemacht und sich von den Verabredungen, die wir in Bonn getroffen haben, verabschiedet, indem die CDU-Länder den Vorschlag, die Prämien um 2 % zu kürzen, mit dem Argument abgelehnt haben, dass ihnen dies zu wenig sei, dass dies nicht lohne und wir noch ein paar Jahre bis zu einem größeren Einstieg in die Modulation abwarten sollten. Das war unehrlich, auch der Bundesregierung gegenüber.

Nun zu Herrn Klein: Herr Klein, Sie haben hier ausgeführt, dass Ihnen die Vorstellungen Niedersachsens zur inhaltlichen Umsetzung der Modulation an der einen oder anderen Stelle nicht gefie

len. Sie haben die Abstockungsprämie erwähnt, die ich hier vorgeschlagen habe. Herr Biestmann hat gesagt, das sei schädlich. Sie sagten, ich machte das für den Raum Vechta/Cloppenburg nur, weil ich hier Klientelpolitik betriebe. Also, man muss sich hier im Hause schon darüber einigen, was ich mache. Ich sage, was ich mache. Frau Künast ist mit mir einig, dass dieses Instrument intelligent ist, um einer Region, die eine hohe Veredelungsdichte und viele ungelöste Umweltprobleme hat, ein Angebot mit dem Ziel einer Abstockung zu unterbreiten. Wir geben doch klar vor, dass die Betriebe mindestens 0,5 Großvieheinheiten abstocken müssen, um unter zwei Großvieheinheiten pro Hektar zu kommen. Das ist der Umwelteffekt, den wir erreichen.

(Zuruf von Klein [GRÜNE])

- Ich habe Ihnen das schon einmal erklärt und hatte den Eindruck, Sie hätten es verstanden. Schauen Sie sich das noch einmal genau an. Das ist ein intelligentes Instrument, mit dem eine Abstockung erreicht werden kann. Frau Künast hat es verstanden und hat gelobt, dass wir dieses Instrument aufnehmen.

(Widerspruch von Klein [GRÜNE] und Kethorn [CDU])

Oder wollen Sie, Herr Klein, das Innovationsinstrument des Vorruhestandes, das ich natürlich auch mit Modulation abdecken kann, als Gegenbeispiel anführen? - Das wollen Sie auch nicht.

Herr Biestmann, wir haben eine Fülle guter Instrumente, mit denen wir die Modulation in Niedersachsen umsetzen können. Aber es ist doch selbstverständlich, dass wir darüber im Bundesrat reden. Herr Klein, Sie sagten, da das nur 22 Millionen DM seien, könnten wir die Landesmittel locker kofinanzieren. Also, so locker können wir mit den Millionen natürlich nicht umgehen. Ich halte es für vernünftig, mit der Bundesregierung dahin gehend zu verhandeln, dass wir zu einer Aufteilung im Verhältnis von 20 : 80 kommen.

Wir sollten darüber verhandeln, wie wir den Abbau von Bürokratie organisieren, damit wir uns nicht mit immer mehr Akten und mit immer mehr Bürokratie zuschütten. Unser Ziel sollte sein, die Erhebung der Modulationsmittel im Hinblick auf Tierbzw. Flächenprämien zu konkretisieren, zu reduzieren und Kartoffelstärke und andere Prämienbereiche auszuklammern. Wenn wir das nicht schaffen, dann fragen Sie einmal unsere Fachleute, wie

viel Verwaltungsarbeit wir zu leisten haben werden; denn dann muss es eine so enge Abstimmung über die Kleinprämien zwischen Bund und Ländern geben, dass wir einen riesigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand haben. Schon heute sagen uns die Hersteller von Kartoffelstärke, die das bisher zentral organisiert haben: Das machen wir nicht mehr; seht zu, dass ihr das mit eurer eigenen Verwaltung hinbekommt. Es liegt doch im Interesse der Landwirte des Landes, dass wir darüber im Vermittlungsverfahren in der nächsten Woche verhandeln. Von daher können Sie uns doch nicht auf die Anklagebank setzen und behaupten: Ihr verlängert unnötigerweise das Verfahren.

Letzter Punkt. Es gibt keine Zeitverzögerung. Die Modulation soll im Jahr 2003 stattfinden. Warum sollen wir uns nicht noch den einen Monat gönnen, diese wichtigen, zentralen Fragen der Agrarpolitik in aller Ruhe zwischen Bund und Ländern abzuklären, im Interesse der Haushaltslage der Länder, aber auch im Interesse eines vernünftigen Paketes, das wir mit der Modulation auf den Weg bringen? Ich sehe keinen Grund für den Antrag der Grünen. Wir können ihn ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Darum schließe ich die Beratung über diesen Antrag.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wenn Sie den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Federführung beauftragen wollen und wenn der Unterausschuss für Verbraucherschutz sowie die Ausschüsse für Umweltfragen, für Haushalt und Finanzen und für Sozial- und Gesundheitswesen mitberaten sollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? - Auch das ist nicht der Fall. Damit haben Sie so beschlossen.

Ich rufe jetzt, wie vereinbart, zusammen auf

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Bus- und Bahnverkehr nachhaltig verbessern! Verkehrsverbünde unterstützen! Kommunen stärken! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3101

und

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Zukunft des SPNV sichern - Regionalisierungsmittel dynamisch fortschreiben - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3105

Zur Einbringung des Antrags in der Drucksache 3101 rufe ich Herrn Kollegen Wenzel auf. Herr Wenzel, ich gehe davon aus, dass Sie den Antrag einbringen und die Redezeit Ihrer Fraktion in Anspruch nehmen. Bitte schön, Herr Wenzel!

Ich bringe erst einmal den Antrag ein und melde mich später, um zu dem Antrag der SPD Stellung zu nehmen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles im Busund Bahnverkehr in Niedersachsen könnte besser laufen, beispielsweise wie in Südniedersachsen, Herr Fischer, wo wir schon einen Verkehrsverbund durch eine gemeinsame überparteiliche Anstrengung, an der alle Fraktionen beteiligt waren, geschaffen haben. Wir sollten das Prinzip der regionalen Verantwortung stärken.

(Wernstedt [SPD]: Sie sitzen nicht nur im selben Boot, sondern auch im sel- ben Zug!)