Protocol of the Session on January 23, 2002

haben eine Debatte über die Hauptstadtfunktion. Natürlich muss die Hauptstadtfunktion auch in Niedersachsen gefüllt werden. Für mich als jemanden, der im Braunschweiger Land aufgewachsen ist, ist das keine Selbstverständlichkeit. Aber Hannover ist nun einmal die Landeshauptstadt. Und wenn Hannover – und nicht mehr Braunschweig – Landeshauptstadt ist, haben wir die Konsequenzen daraus zu ziehen. Das heißt, Hannover hat eine herausragende Rolle zu spielen. Das gilt natürlich auch für den kulturellen Bereich. Hannover ist das Vorzeigefenster und bedarf einer besonderen Ausstattung. Hannover hat natürlich auch eine Motorfunktion.

Ich finde den Vertrag vernünftig. Aber wenn man dazu Ja sagt – ich sage zu dem Vertrag Ja -, dann haben Oldenburg, Braunschweig und Osnabrück sozusagen als Regionshauptstädte ebenfalls eine herausragende Bedeutung, der sich die Landesregierung, wenn es z. B. um Stadtbahnverträge geht, auch stellen muss.

(Dr. Domröse [SPD]: Wenn alle her- ausragen, wer ragt dann noch wirklich heraus?)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Darum schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen, wenn Sie mit abstimmen möchten.

Meine Damen und Herren, wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3011 und damit dem Antrag der Landesregierung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Möchte sich jemand der Stimme enthalten? – Keine Stimmenthaltungen. Ich stelle fest, dass das Erste die Mehrheit war.

Ich rufe jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt auf.

(Unruhe)

Das tue ich aber erst, wenn so viel Ruhe eingekehrt ist, dass wir diesen Tagesordnungspunkt diskutieren können.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 12: Zweite Beratung: Mangelhafte Unterrichtsversorgung an Berufsschulen - 30 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler, keine einzige zusätzliche Lehrkraft - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 14/2767 Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 14/3012

Der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2767 wurde in der 86. Sitzung am 25. Oktober 2001 an den Kultusausschuss zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Berichterstatter ist der Kollege Klare. Zur Berichterstattung erteile ich Ihnen das Wort.

(Klare [CDU]: Ich möchte die Rede- zeit für meine Fraktion in Anspruch nehmen!)

- Sie wollen gleich die Redezeit für die Fraktion in Anspruch nehmen. Dazu haben Sie Gelegenheit. Bitte schön, Herr Klare.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu dem Antrag sprechen, den die Frau Präsidentin aufgerufen hat. Dieser Antrag stammt vom 16. Oktober 2001. Ich erwähne das deshalb, weil wir diesen Antrag mitten in der Strukturdiskussion gestellt haben. Wir glauben, dass es wichtigere Dinge gibt, als ständig über Strukturfragen zu reden. Die Frage der Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen ist mit Sicherheit in stärkerem Maße von zentraler Bedeutung als die Debatte, die Sie schon seit eineinhalb Jahren führen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident ist gerade hinausgegangen. Er stößt zwar im Schulbereich etwas an, aber wenn es darum geht, sich an der Debatte zu beteiligen, bleibt es, wie heute Morgen, bei plakativen Worten, die zum Teil nicht der Wahrheit entsprechen.

(Wegner [SPD]: Er weiß, was Sie sa- gen! Das ist allmählich bekannt!)

Erlauben Sie mir folgenden kleinen Schwank. Er war gerade in Amerika am Stillen Ozean. Vielleicht hat er daraus gelernt und macht jetzt eine stille Schulpolitik. Das würde uns allen gut tun.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir fordern die Landesregierung mit unserem Antrag auf, umgehend dem Landtag ein Unterrichtsversorgungskonzept für die berufsbildenden Schulen vorzulegen, welches die Unterrichtsversorgung angesichts 30 000 zusätzlicher Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren dauerhaft sichert, ohne die unterrichtlichen Rahmenbedingungen weiter zu verschlechtern, und die rechtlichen Möglichkeiten zur Zahlung von Anwärtersonderzuschlägen in Mangelfächern für qualifizierte Junglehrkräfte gezielt zu nutzen.

Herr Kollege Klare, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Domröse?

Bitte schön, Herr Dr. Domröse!

Herr Klare, erinnere ich mich richtig daran, dass es fast keine Landtagssitzung gibt, in der Sie nicht immer wieder gefordert haben, die Orientierungsstufe abzuschaffen? Darf ich konsequenterweise behaupten, dass Sie nicht nur eineinhalb Jahre, sondern permanent eine Schulstrukturdebatte geführt haben?

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für diese Zwischenfrage. - Ich glaube, dass wir unsere Überlegungen zur Schulstruktur immer mit inhaltlichen Aussagen ausgefüttert haben.

(Widerspruch bei der SPD)

- Entschuldigung, ich bitte Sie herzlich, unser Konzept zu lesen. Dort haben wir ganz detailliert auf die Auswirkungen hingewiesen. Dort haben wir inhaltliche Veränderungen vorgeschlagen. Das geht bis hin zur Ausgestaltung mit Stunden. Ihre Strukturüberlegungen sind aber nur bei Gabriel zu Hause am Computer gemacht worden. Sie enthalten keinerlei inhaltliche Aussagen. Sie haben sich

nur an der Presseöffentlichkeit orientiert. Das ist der Unterschied.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt fortfahren. Ich möchte mich dabei noch kurz auf die allgemeine Diskussion beziehen; denn sie hat auch etwas mit der berufsbildenden Schule zu tun. Meine Damen und Herren, wir möchten Sie bitten, unseren doch einleuchtenden Aufforderungen zuzustimmen; denn die Landesregierung hat selbstverständlich die Pflicht, sich um die Unterrichtsversorgung zu kümmern, die Unterrichtsversorgung in Ordnung zu bringen und sie sowohl kurzals auch langfristig zu sichern. Sie ist dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen. Sie hat ihre Pflichten als Regierung vernachlässigt und vernachlässigt sie auch weiterhin. Damit fügt sie der jungen Generation und den berufsbildenden Schulen einen erheblichen Schaden zu. Die junge Generation hat nämlich einen Anspruch auf optimale Ausbildung, und die Schulen haben einen Anspruch auf optimale Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren, während Sie bei der Unterrichtsversorgung Ihre Arbeit vernachlässigen, entstehen ständig diese neuen Diskussionen und Vorstellungen zur Schulpolitik. Ich möchte darauf nur eingehen, weil mich das, was hier abläuft, so langsam bewegt. Es treibt einen um, wenn man etwa die Diskussionen in der SPD-Fraktion sieht, Frau Seeler. Da werden Kollegen aus Ihrer Fraktion vor laufender Kamera gefragt, was sie denn von Gabriels Modell halten. Im Anschluss daran werden sie gebeten zu sagen, wie sein Modell denn aussieht. Keiner der fünf Befragten war aber in der Lage, halbwegs klar zu sagen, was der Ministerpräsident und die Landesregierung überhaupt wollen. Wenn das die Ebene ist, auf der wir Politik betreiben sollen, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, meine lieben Damen und Herren von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, was ich in dieser Debatte um Schulpolitik, in der es um mehr als nur um andere Dinge, sondern in erster Linie um Persönlichkeitschancen von jungen Menschen und um Zukunftschancen unseres Landes geht, nicht mehr zum Schmunzeln finde, ist, wenn ein namhafter Kollege Ihrer Fraktion auf die Frage hin, wie es denn mit der Debatte um die Orientierungsstufe weiter geht, erklärt: Dazu kann ich nichts sagen, weil der Stand von heute Morgen schon wieder alt ist und weil eine Reform nach der anderen ange

schoben wird, um sie kurze Zeit später wieder über den Haufen zu werfen. - Wissen Sie, wenn so mit den Zukunftsinteressen und mit der Schule umgegangen wird, dann kann ich darüber nicht mehr lachen, sondern es ärgert mich so langsam. Wir stehen langsam alle an der Wand.

(Beifall bei der CDU - Voigtländer [SPD] meldet sich zu einer Zwischen- frage)

Herr Kollege Klare, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht mehr. Vielen Dank. Herr Kollege, Sie werden gleich noch Gelegenheit haben, zu allem, was ich sage, Stellung zu nehmen. - Ich möchte jetzt mit großem Ernst noch sagen: Wir müssen über die Probleme mit der Schule reden. Es kann nicht sein, dass diese Probleme, weil es sie nicht geben darf, nicht mehr erwähnt werden. Ich halte dies für eine fatale Einstellung gegenüber Eltern und Lehrkräften, die sich um die Zukunft ihrer Kinder Sorgen machen.

(Bontjer [SPD]: Mach‘ doch mal ei- nen Vorschlag!)

- Mein lieber Freund, wenn du nur einen einzigen Vorschlag lesen würdest, dann würde ich ihn dir gern noch einmal zur Verfügung stellen. Aber lesen muss man. Wir haben auch einen in Plattdeutsch - gar keine Frage -, damit du das auch richtig verstehst. Aber nun wieder zur Sache.

Ich verstehe die Haltung der Landesregierung gegenüber den Berufsschulen wirklich nicht. Bei der letzten Bildungsoffensive haben Sie die Berufsschule vergessen, außen vorgelassen. Mit keinem Wort hat das Wort „berufsbildende Schule“ Eingang in die Bildungsoffensive des Ministerpräsidenten gefunden. Der Einzige, der ab und zu noch etwas zur Berufsbildung sagt, ist der Kollege, der gleich darüber reden wird. Sie sind aber der einzige Rufer in der Wüste. Die berufsbildenden Schulen interessieren Sie überhaupt nicht mehr, meine Damen und Herren. Diesen Eindruck muss man angesichts dessen, was Sie in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren gemacht haben, jedenfalls gewinnen.

(Beifall bei der CDU)

Also: Obwohl zum Schuljahresbeginn 2 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler hinzugekommen sind, gibt es keinen einzigen zusätzlichen Lehrer.

(Coenen [CDU]: Das ist ja grausam!)

Damit haben Sie die Bedingungen an den berufsbildenden Schulen noch weiter verschlechtert. Wenn Sie jetzt in die Finanzplanung der nächsten Jahre hineinschauen, meine Damen und Herren, kann ich nur sagen: In den nächsten Jahren bis 2008 kommen zusätzlich 30 000 Schülerinnen und Schüler hinzu. In der mittelfristigen Finanzplanung ist aber wieder kein einziger zusätzlicher Lehrer eingeplant worden. Insofern zeichnet sich in dieser Frage ein Riesenproblem ab. Vorsorge wird aber überhaupt nicht betrieben. Sie vernachlässigen Ihre Pflichten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Sie können auch nicht auf abnehmende Schülerzahlen verweisen, wie ich das bei Ihnen das eine oder andere Mal schon herausgehört habe, weil sich die Situation dann rein statistisch verbessert. Das geht nicht. Damit werden Sie erst im Jahr 2013 rechnen können. Dann erst wird die Schülerzahl auch in den berufbildenden Bereichen heruntergehen.

(Voigtländer [SPD]: Dann sind wir 23 Jahre an der Regierung!)

- Das Schöne ist, dass Sie nicht mehr darauf zu warten brauchen. Wir werden die Dinge dann auszubaden haben. Leider, muss ich dazu sagen.

(Viereck [SPD]: Sie nicht, Herr Kla- re!)

Meine Damen und Herren, die Schüler brauchen aber jetzt Unterricht, nicht erst in drei oder vier Jahren. Dann werden sie möglicherweise schon entlassen und schlecht ausgebildet sein. Das aber können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der CDU)