Protocol of the Session on December 13, 2001

Das ist doch ganz einfach. Sagen Sie einfach nein, und die Sache ist erledigt.

Meine Damen und Herren, nun zu dem Forderungskatalog des Antrages, dessen einzelne Punkte sich schnell in Luft – ich will einmal unterstreichen, in „heiße“ Luft – auflösen.

Erstens stellt Punkt 3 des uns vorliegenden Antrages keine Verschärfung des geltenden Ausländerrechts dar.

(Biallas [CDU]: Dann kannst du doch zustimmen!)

- Das ist doch schon Gesetz. Da brauchen wir nicht mehr zuzustimmen. Die drei anderen Punkte haben erhebliche Bedenken in Bezug auf Verfassungsmäßigkeit und geltendes Ausländerrecht sowie auf die Vereinbarkeit mit der Genfer Flüchtlingskonvention, die insbesondere mit den dazu ergangenen Urteilen unseres Bundesverwaltungsgerichts angesprochen wurde, ausgelöst.

Unser Angebot an Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Antrag entsprechend umzuformulieren, haben Sie nicht aufgegriffen.

(Biallas [CDU]: Wo ist denn der Än- derungsantrag?)

Das kann man nicht als seriös bezeichnen. Das will ich einmal vorsichtig so formulieren.

(Widerspruch bei der CDU – Frau Vockert [CDU]: Oh nein!)

Dass dieser Antrag für Sie nur ein Feigenblatt ist, wurde auch dadurch deutlich, dass Sie sich über die massiven rechtlichen Bedenken in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit einfach hinweggesetzt haben.

(Zuruf von der CDU: Welche sind das denn? – Biallas [CDU]: Werden Sie doch einmal konkret!)

Alles in allem war das eine unsaubere Arbeit, das muss man feststellen! Das können wir in der Innenpolitik so nicht durchgehen lassen!

(Lachen bei der CDU – Möllring [CDU]: Das war nach Herrn Plaue die zweitschlechteste Rede!)

Ich fasse zusammen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass der Antrag in dieser Form verfassungsrechtlich nicht tragfähig ist. Er lässt die einschlägige Rechtsprechung außer Acht. Er widerspricht der Genfer Flüchtlingskommission.

(Zuruf von der CDU: „Konvention“ heißt das!)

Wir betrachten den Antrag als erledigt. – Konvention, genau das habe ich auch gesagt. Es ist besser, wenn Sie Ihren Antrag zurückziehen. Wir stimmen ihm in dieser Fassung jedenfalls nicht zu!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Frau Stokar von Neuforn, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Punkt hat die CDU-Fraktion natürlich Recht: Solch eine Orientierungslosigkeit bei den für die betroffenen Menschen und auch gesellschaftspolitisch wichtigen Fragen, wie sie sich die SPDFraktion im Vorfeld der Bundesratssitzung geleistet hat, ist wirklich nur noch blamabel.

(Beifall bei der CDU)

Der Innenminister Bartling hat – da hat die CDUFraktion Recht – genau die Dinge im Bundesrat gefordert, die nachweislich verfassungswidrig sind und die gegen geltendes Völkerrecht verstoßen.

(Wernstedt [SPD]: So etwas macht er doch nicht!)

Meine Damen und Herren, wir werden diese Debatte nur nachvollziehen können, wenn wir einige ganz konkrete Entscheidungen treffen. Ich wäre dem Innenminister dankbar, wenn er wieder Orientierung in diese Diskussion bringen würde. Rot-Grün hat gestern nicht den gesamten Beschluss des Bundesrates abgelehnt, sondern es geht um einen Punkt, den ich hier schon angesprochen habe. Wir haben verhindert - das hat der Innenminister gestern auch falsch dargestellt -, dass es eine Verdachtsausweisung gibt. Wir haben in den Gesetzentwurf wieder aufgenommen, dass Tatsachen belegen müssen, ob jemand extremistisch ist.

(Möllring [CDU]: Wer ist denn „wir“?)

Auch die Darstellungen des Pressesprechers des Innenministers im Zusammenhang mit den Kaplan-Durchsuchungen sind schlichtweg falsch. Ich gehe inzwischen davon aus, dass das bewusste Propaganda ist. Natürlich wird auch unter Rot-Grün nicht vorausgesetzt, dass Gewalt nachgewiesen werden muss, um Extremisten auszuweisen. Nein, meine Damen und Herrn, die Ausweisungsgründe sind wesentlich weiter gefasst. Die Personen, die die Sicherheit gefährden, die gegen die Völkerverständigung verstoßen, können auch unter Rot-Grün ausgewiesen werden.

(Möllring [CDU]: Müssen! Müssen!)

Wir haben uns nur dagegen zur Wehr gesetzt, dass ein vom Verfassungsschutz geäußerter Verdacht, der nicht belegt werden muss und bei dem es noch nicht einmal eine aufschiebende Wirkung, d. h. die Rechtsweggarantie, gibt, für eine Ausweisung ausreicht. Das wäre verfassungswidrig, meine Damen und Herren. Es ist auch nicht die Genfer Flüchtlingskonvention, denn die Genfer Flüchtlingskonvention enthält eine Ausnahmeklausel. Es ist die Europäische Menschenrechtskonvention, die von Deutschland bisher immer noch mitgetragen wird.

Der Innenminister kann ja einmal erläutern, wie er bezüglich der Ausweisung zur Europäischen Menschenrechtskonvention steht, die nicht nur besagt, dass jemand nicht ausgewiesen werden darf, dem die Vollstreckung der Todesstrafe droht. Es ist ganz klar: Wir dürfen einen anerkannten Asylbewerber – darum handelt es sich auch bei Mitgliedern des Kaplan-Staates – nicht ausweisen, wenn

ihm Folter und Verfolgung im Herkunftsland drohen.

(Möllring [CDU]: Der darf überhaupt nicht ausgewiesen werden! Ein aner- kannter Asylbewerber hat hier Asyl- recht! – Zuruf von der SPD: Wo Herr Möllring Recht hat, hat er Recht! Das muss man ihm lassen!)

Entweder steht die SPD in Niedersachsen zum verbindlichen Europäischen Völkerrecht, oder sie steht nicht dazu.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Ende. Wir als Grüne haben uns nie dagegen ausgesprochen, dass der Kaplan-Staat-Verein ausgewiesen wird, sondern ich habe im Gegenteil die Aufhebung des Religionsprivilegs schon im Zusammenhang mit der Scientologen-Debatte gefordert.

Eines, meine Damen und Herren, macht mir allerdings Angst: eine bestimmte deutsche Gründlichkeit bei der Umsetzung.

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Aber ich möchte diesen Satz noch beenden. – Es macht mir Angst, wenn Polizeibeamte vermelden: Moschee besenrein übergeben.

(Zuruf von der CDU: Hören Sie den Polizeifunk ab?)

Ich fordere den Innenminister auf, dass die Gebetsteppiche und die Koran-Bücher, die Dinge, die dem Islam gehören, die religiösen Gegenstände, -

Frau Kollegin, es sollte nur ein Satz sein!

- - - die sich in den durchsuchten Räumen und Moscheen befanden, den anerkannten islamischen Gemeinden übergeben werden. Es war nicht richtig, sie auf diese Art und Weise zu beschlagnahmen.

Frau Kollegin, ich entziehe Ihnen jetzt das Wort.

(Das Mikrofon am Rednerpult wird abgeschaltet)

Bitte nehmen Sie Platz. Ich habe Sie jetzt dreimal gebeten aufzuhören.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung in der Drucksache 2927 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2766 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Ich bitte um die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Ausschussempfehlung ist gefolgt, und der Antrag der Fraktion der CDU ist abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Sie dauert bis 14.30 Uhr. Ich wünsche Ihnen guten Appetit!

Unterbrechung: 13.09 Uhr.

Wiederbeginn: 14.31 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe, Sie hatten eine angenehme Mittagspause. Wir fahren in unserer Tagesordnung fort.

(Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Haushaltsberatungen, ohne dass je- mand von der Regierung anwesend ist? Das geht so nicht! - Weitere Zuru- fe - Biallas [CDU]:) Frau Präsidentin, ich verstehe Sie nicht!)

- Sie müssen etwas leiser sein. Ich bemühe mich, laut zu sprechen.