Protocol of the Session on October 26, 2001

Daher fordert die CDU-Landtagsfraktion mit dem Entschließungsantrag, die Wettbewerbsverzerrungen abzubauen, den Erhalt der Arbeitsplätze zu

sichern und nicht 36 000 DM zusätzliche Maut für einen Lkw zu verlangen.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir auch hier eine gemeinsame Linie verfolgen könnten und dem niedersächsischen Mittelstand und seinen Mitarbeitern wieder eine Zukunftsperspektive geben können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin Dr. Knorre, Sie haben das Wort. Bitte schön!

(Möllring [CDU]: Jetzt hören wir noch einmal eine volkswirtschaftliche Vorlesung!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz so dramatisch, wie es Herr Heineking eben dargestellt hat, kann sich die Wettbewerbsposition des deutschen Verkehrsgewerbes eigentlich nicht darstellen. Denn seit den 70er-Jahren wächst der Lkw-Verkehr insgesamt ungebremst.

(Heineking [CDU]: Mit ausländischen Unternehmern, Frau Ministerin! Das ist der Punkt! - Rolfes [CDU]: Ma- chen Sie doch nicht immer beide Au- gen zu! - Zuruf von Möllring [CDU])

Das Verkehrsgewerbe hat sich sicherlich äußerst positiv entwickelt, wenn man allein das Verkehrsaufkommen betrachtet. Es ist sicherlich auch - ich meine, Sie sollten das auch nicht kleiner reden, als es ist - ein Zeichen für die besondere Stärke dieser Branche,

(Möllring [CDU]: 17 % Zulassungs- rückgang!)

die es auch verstanden hat - deswegen ist die Entwicklung auch ganz positiv -, zusätzlichen Service und Logistikleistungen mit anzubieten. Insofern hat sich das deutsche Verkehrsgewerbe insgesamt recht gut gegenüber der ausländischen Konkurrenz behaupten können. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Von der Leistungsfähigkeit der niedersäch

sischen Unternehmen bin ich natürlich ohnehin überzeugt.

(Heineking [CDU]: Aber irgendwann kommt ein Punkt, wo es nicht mehr geht!)

Daran wird sich aber durch die Einführung der Lkw-Maut - hier sind wir in der Tat unterschiedlicher Auffassung - nichts ändern - ich kann das jedenfalls nicht erkennen -, zumal die Maut - das ist der entscheidende Punkt - auch gegenüber den ausländischen Lkw auf unseren Autobahnen erhoben wird, die insofern zum ersten Mal einen Beitrag zur Finanzierung unseres Verkehrswegenetzes leisten müssen. Ich glaube, das wird auch insgesamt so gesehen.

(Möllring [CDU]: Dann sagen Sie mal, wie das aufgeteilt wird!)

Meine Damen und Herren, mit dem Gesetz gegen illegale Beschäftigung im Lkw-Gewerbe hat die Bundesregierung auch auf dem Gebiet der europaweiten Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen einen wichtigen Schritt zum Schutz des deutschen Verkehrsgewerbes getan. Das Problem, das meiner Auffassung nach vorrangig gelöst werden muss, sind die überlasteten Straßen, die insgesamt zu einem Engpass für unsere wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere auch für die Spediteurs- und Logistikbranche zu werden drohen. Wir alle wissen, dass wir wegen fehlender Finanzmittel den Ausbau des Straßennetzes nicht in dem Maße vorantreiben konnten, wie gleichzeitig die Verkehrsentwicklung vorangeschritten ist.

Bundesweit fehlen - diese Zahlen sind nicht neu; ich nenne sie einmal, um die dramatische Unterfinanzierung deutlich zu machen - für den Ausbau der Bundesfernstraßen pro Jahr rund 4 Milliarden DM. Mit der Zeit hat sich ein Nachholbedarf von insgesamt rund 50 Milliarden DM aufgestaut. Deswegen verlangen die Verkehrsminister vom Bund seit Jahren, dass er Vorschläge für zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten entwickelt. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass dies nun mit der Lkw-Maut geschehen ist.

In einer Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf haben die Länder die Einführung der Lkw-Maut einvernehmlich begrüßt und gefordert, dass das Mautaufkommen in voller Höhe und zusätzlich zu den bisherigen Haushaltsmitteln für den Verkehrswegebau verwendet werden soll. Dass dabei natürlich Kosten abgezogen werden

müssen, die schlicht und ergreifend für die Erhebung und die anfallenden technischen Lösungen entstehen, ist unstreitig.

(Möllring [CDU]: Das ist logisch!)

Wir sind uns wohl auch einig darin, dass der überwiegende Anteil aus diesem Aufkommen in die Straße fließen muss, dass wir den Schwerpunkt bei den Investitionen setzen müssen.

(Möllring [CDU]: Aber geschieht lei- der nicht!)

Ich glaube, dieser Schwerpunkt wird von uns allen geteilt. Die Zahlen, die uns im Augenblick vorliegen, bestätigen das auch.

Wenn Sie sich die neue Initiative des Bundesverkehrsministers ansehen, mit dieser Lkw-Maut auch Betreibermodelle anzustoßen, die gerade in den besagten Straßenbau, in diesem Fall insbesondere in den sechsspurigen Ausbau von Autobahnen, gehen, ist, glaube ich, auch klar, dass dieser Schwerpunkt eingehalten wird. Sie wissen, dass wir von den zehn Großprojekten eines in Niedersachsen haben, und zwar einen ganz entscheidenden neuralgischen Verkehrspunkt, nämlich die A 1 zwischen dem Autobahndreieck Buchholz und dem Bremer Kreuz. Niedersachsen ist mit rund 1 Milliarde DM für dieses Teilstück an diesem Programm überproportional beteiligt. Das ist ein großer Erfolg unserer sehr engagierten Diskussion zum Thema Lkw-Maut. Insofern haben wir jetzt in der Tat mithilfe des Mautaufkommens die Chance, unsere dringenden Ausbaumaßnahmen auch zeitlich vorzuziehen.

Über das Thema Kompensation haben wir schon mehrfach diskutiert. Wir würden den zusätzlich gewonnenen Finanzierungsspielraum für unser gemeinsames Thema Straße reduzieren, wenn wir über eine Kompensation reden. Insofern hat sich da im Augenblick noch keine neue Sachlage ergeben.

Ganz kurz noch zu dem Thema Kfz-Steuer. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Kfz-Steuer bei den Fahrzeugkombinationen mit der günstigsten Schadstoffklasse bei uns ohnehin nur knapp über dem EU-weit vorgeschriebenen Mindeststandard liegt. Insofern bewegen wir uns hier schon an der Mindesthöhe. Eine erneute Absenkung würde im Prinzip nur die Fahrzeuge mit ungünstigem Schadstoffverhalten entlasten. Das kann keiner von uns wollen.

So gesehen glaube ich, dass wir beim Thema LkwMaut insgesamt auf dem richtigen Weg sind. Insofern komme ich zu dem Ergebnis, dass der Antrag - jedenfalls so, wie er mit diesen Einzelpunkten vorliegt - abzulehnen ist, weil er - das möchte ich ausdrücklich sagen - an den eigentlichen Interessen des Landes Niedersachsen vorbeigeht.

(Möllring [CDU]: Wir orientieren uns an den Interessen des Verkehrsgewer- bes! Erst die Menschen, dann das Land!)

Wir sind nämlich dringend - vielleicht noch dringender als andere Bundesländer - darauf angewiesen, diese zusätzlichen Investitionsmittel für den Straßenbau zu bekommen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Heineking [CDU]: Die Wettbewerbsverzerrung müssen wir angehen!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Wenzel, Sie haben das Wort.

(Möllring [CDU]: Hauptsache, der Staat funktioniert! Die Menschen sind egal!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Heineking, die Lkw-Maut wird die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Speditionsgewerbes im Verhältnis zu seinen ausländischen Wettbewerbern verbessern.

(Schurreit [SPD]: Richtig!)

Das sage ich ganz deutlich. Sie wird die Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu ihren ausländischen Wettbewerbern verbessern.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist aber kein Zitat von mir, sondern das ist eine Aussage des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe in Niedersachsen.

(Heineking [CDU]: Wenn das ent- sprechend gleich verteilt ist! Diesen Satz haben Sie weggelassen!)

- Nein. So, wie wir sie angesetzt haben, wie die Bundesregierung sie plant,

(Heineking [CDU]: Nein!)

werden die inländischen Spediteure in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den ausländischen Spediteuren gestärkt.

Richtig ist aber auch, dass die Lkw-Maut Wettbewerbsvorteile im intermodalen Wettbewerb abbaut, die bisher beim Speditionsgewerbe lagen. Mit anderen Worten: Genauso wie die Bahn mit den Trassengebühren wird künftig auch beim Güterverkehr auf der Straße ein Beitrag zu den Wegekosten erhoben. Dieser Subventionsabbau ist gewollt.

Im Kern gehen diese Pläne auf eine Initiative von Bundesverkehrsminister Wissmann zurück, der auf der Autobahn Köln – Bonn schon vor einigen Jahren die Technik zur Erhebung der Lkw-Maut erprobt hatte. Sie kennen das Projekt am besten.

(Heineking [CDU]: Er hat aber immer eine Harmonisierung zugesagt! Das muss man dazu sagen!)

Meine Damen und Herren, richtig ist aber auch, dass es der Branche nicht gut geht. Die Fragen sind nur, wo die großen Belastungen liegen und wo die Ursachen liegen. Wir haben diese Fragen im Zusammenhang mit der Diskussion über die Ökosteuer sehr intensiv geprüft. Wir haben dort auch intensiv mit den Beteiligten gesprochen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Belastungen der Branche durch illegale Beschäftigung und den Missbrauch von Fahrerlizenzen tatsächlich Existenz bedrohenden Charakter haben.

(Möllring [CDU]: Das hat Frau Knor- re ganz anders gesagt!)

Wir sind deshalb froh, dass der Bundestag im Juni dieses Jahres ein Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung verabschiedet hat, um insbesondere die Situation im Kraftverkehrsgewerbe auf der Straße zu verbessern.

In die gleiche Richtung zielt eine Initiative der Bundesregierung, die sich auf EU-Ebene massiv für die Einführung einer EU-Fahrerlizenz eingesetzt hat. Es kann nämlich nicht sein, dass ausländische Kraftfahrer gnadenlos ausgebeutet und für Hungerlöhne auf die Reise geschickt werden und gleichzeitig einheimische Kraftfahrer ihren Job verlieren, weil sie in Deutschland Sozialversicherung zahlen. Hier haben auch einige große deutsche Unternehmer versucht, mit Ausgründungen

eine schnelle Mark zu machen. Ich hoffe, dass diese illegalen Aktivitäten künftig unterbunden werden können. Klar ist aber auch: Wir müssen vielleicht nach einem halben oder einem Jahr nach In-Kraft-Treten überprüfen, ob diese neuen Regelungen wirklich wirksam geworden sind.

Ausdrücklich begrüße ich den zweiten Spiegelstrich des Antrages des CDU-Fraktion, unter dem Sie eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen des Verkehrsgewerbes im europäischen Kontext fordern. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass mit dem Wort „Verkehrsgewerbe“ die gesamte Transportbranche gemeint sein muss. Das heißt: Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen im Güterverkehr, auf der Straße, auf der Schiene, auf der Wasserstraße und in der Luft, egal ob im Inland oder im Ausland. Wenn Sie diese Forderung ernst meinen, dann kommen wir in der Verkehrspolitik voran.