Protocol of the Session on September 18, 2001

Meine Damen und Herren, was ist denn das für eine Formulierung? Wieso hinterfragen Sie eigentlich nicht, warum die Bauwirtschaft in der Rezession ist? Das hat doch Gründe. Ein Grund ist sicherlich, dass - Herr Plaue hat gestern darauf hingewiesen - beim Mietwohnungsbau eine gewisse Marktsättigung eingetreten ist. Aber es gibt auch andere Gründe: Das Land Niedersachsen investiert weniger in Bauerhalt, Tiefbau und Hochbau. Außerdem setzt die Landesregierung seit Jahren konsequent eine Politik fort, die die Kommunen finanziell ausbluten lässt. Damit fallen diese als Auftraggeber für das mittelständische Bauhandwerk aus.

(Beifall bei der CDU)

Herr Plaue, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. - Sie brauchen nicht abzuwinken, das ist so.

(Plaue [SPD]: Sie müssen einmal die Rede nachlesen, die Sie bei der Ein- bringung des Antrags gehalten haben! Und dann müssen Sie nachlesen, was Herr Dinkla im Wirtschaftsausschuss gesagt hat!)

- Herr Plaue, wenn Sie schon meine Reden zitieren, dann sollten Sie sie vorher besser durchlesen. Ich habe mich damals mit genau dem gleichen Tenor eingelassen.

(Plaue [SPD]: Überhaupt nicht!)

In aller Sachlichkeit: Wenn wir der Bauwirtschaft tatsächlich helfen wollen, dann müssen wir uns gemeinsam darauf konzentrieren, die öffentlichen Auftraggeber, die Kommunen - wir reden ja von öffentlichen Vergaberichtlinien -, in die Lage zu versetzen, in diesem Bereich stärker zu investieren. Denn nur dadurch entstehen Arbeitsplätze, entstehen Aufträge und entsteht steuerliche Wertschöpfung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde, den zweiten Spiegelstrich teilen wir. Ausführungen dazu habe ich schon gemacht. In der Tat brauchen wir einheitliche Vergaberichtlinien. Man muss sich das einmal vor Ort angucken. Ich komme aus dem ehemaligen Zonengrenzbereich. Dort haben wir mit einer sehr starken Konkurrenz aus Sachsen-Anhalt zu kämpfen. Dort gibt es Lohnund Tarifdumping, dort haben wir ganz schlimme Verhältnisse, was die Entlohnung der Arbeitnehmer betrifft. Dadurch verschaffen sich einige Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen, die seriös arbeiten.

Aus diesem Grund wollen wir diese Vergaberichtlinien. Wir werden den Weg über ein Landesgesetz unterstützen, erwarten aber, dass der Druck, der hier heute erzeugt wird, dazu führt, dass noch rechtzeitig ein bundeseinheitliches Gesetz kommt, weil das im Interesse aller besser und effizienter wirken würde. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah, jetzt haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir unterstützen den vorliegenden Antrag der SPD. Er bringt das Minimum dessen zum Ausdruck, was dieses Haus in diesem Bereich selber tun muss.

Wir bedauern, dass es erst so schlimm hat kommen müssen; denn seit zwei Jahren behandeln wir einen Grünen-Antrag zu diesem Thema.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss schon den Eindruck haben, dass wir hier im Landtag eher eine große Koalition der Symbolpolitik haben,

(Beifall bei den GRÜNEN)

die angesichts der dramatischen Situation im Baubereich zwar immer die Worte Tariftreue und Bekämpfung der Schwarzarbeit im Munde führt, sich aber letztlich um konkrete Handlungen drückt.

(Plaue [SPD]: Sie sollten sich einmal den Vergabeerlass des Landes anse- hen!)

- Der ist ja erst auf der Grundlage unseres Antrags zustande gekommen, ein halbes Jahr danach. Darüber sind wir auch froh. Das ist ein kleiner Baustein unseres umfangreichen Programms ProBau.

(Plaue [SPD]: Nein, der ist vorher da gewesen!)

Der SPD-Antrag ist sehr allgemein gehalten, Herr Plaue. Gleichwohl ist er ein Einstieg, weil er zeigt, dass Sie Ihren Worten jetzt endlich Taten folgen lassen. Wir haben ja auch schon gemeinsam eine Podiumsdiskussion mit der Bauwirtschaft bestritten.

(Plaue [SPD]: Da sahen Sie nicht so gut aus!)

Aber es fehlt noch an vielen anderen Punkten. Der einzelne Baustein wird verpuffen, wenn wir nicht gleichzeitig auch Zeichen in Form der Bekämpfung der Schwarzarbeit und des Ankurbelns der Konjunktur setzen. Da sind Sie bisher viel zu zurückhaltend.

(Plaue [SPD]: Nein, nein!)

Die CDU konkretisiert in ihrer Bauoffensive die Versprechungen ihres Fraktionsvorsitzenden ja auch nur mit unbezahlbaren Schrotschüssen aus der Abschreibungskanone. Das hilft sicherlich nicht weiter.

Herr Plaue, wir sind sehr verwundert gewesen, dass unser konkreter Antrag, in dem wir eine Vielzahl von Maßnahmen vorgeschlagen hatten, in der Vorberatung des Wirtschaftsausschusses wieder vertagt worden ist, also heute nicht auf der Tagesordnung und zur Abstimmung steht, obwohl wir uns bereit erklärt hatten, die Punkte einzeln zur

Abstimmung zu stellen. Wir haben daraus zunächst einmal den Schluss ziehen müssen, dass es Ihnen hierbei nicht um die Sache geht, dass es Ihnen nur um das Symbol geht, endlich das Vergabegesetz voranzubringen, aber nicht um die vielen Einzelschritte, die nötig wären.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der CDU)

Neues Geld können auch wir nicht drucken. Auch durch uns wird es im Rahmen der Haushaltsplanberatungen kaum dazu kommen, dass wir Konjunkturprogramme aus Landesmitteln auflegen können. Aber wir können natürlich dafür sorgen, dass mehr Geld des Bundes in die niedersächsische Bauwirtschaft fließt. Dazu haben wir bereits Vorschläge in Anträgen formuliert, und wir hoffen, dass wir im Rahmen der Haushaltsplanberatungen dazu kommen, diese Vorschläge konkret mit etwas niedersächsischem Geld zu unterstützen, damit dann viel Bundesgeld zusätzlich zu den administrativen Maßnahmen hilft.

Außerdem glaube ich, dass die Vorschläge, die im Gifhorner Modell und an verschiedenen anderen Stellen sehr konkret zur Kontrolle der Schwarzarbeit entwickelt worden sind, endlich umgesetzt werden müssen. Das, was die Bezirksregierung Braunschweig angeregt hat - zur Unterstützung der Kreise und Gemeinden, entsprechende unklare Angebote, die erstaunlich niedrig sind, zentral mit Fachleuten zu überprüfen und den Kommunen insoweit als Dienstleister zur Verfügung zu stehen -, muss von der Landesregierung ermöglicht werden. Denn sonst lassen wir die Kommunen mit dieser Aufgabe allein.

Es kann nicht sein, dass die Kommunen alleine für die Kontrolle der Schwarzarbeit zuständig sind. In dem Moment, in dem die Profis aus diesem Gewerbe in die Revision gehen und einen Prozess anstrengen, haben die Kommunen keinerlei Rückfluss der Mittel, die sie zur Kontrolle einsetzen. Dann - das geht den Justizminister an - streicht das Land die kompletten Bußgelder ein. Dadurch ist natürlich das Interesse an Kontrolle auf kommunaler Ebene entsprechend niedrig. Daher muss es zu einer vernünftigen Teilung der Einnahmen aus Bußgeldern kommen. Dann erzeugen wir auch einen Druck, auf kommunaler Ebene aktiv zu werden.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Ich hoffe, wir werden in den zukünftigen Beratungen hierzu endlich Ihre Unterstützung finden, so wie wir Sie heute unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin Dr. Knorre, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass beim Thema Vergabegesetz, bei allen Unterschieden im Einzelnen, doch grundsätzlich Übereinstimmung herrscht. Ich bin mir sicher, dass dies das richtige Signal nach Berlin ist, mit einem entsprechenden Bundesgesetz voran zu machen. Mir liegt nur daran, noch einmal festzuhalten, dass wir im Land nicht völlig Tabula rasa haben, wie das vielleicht als Eindruck hängen geblieben ist. Wir haben heute im Land eine vorbildliche Erlasslage.

(Zustimmung von Plaue [SPD])

Das ist so. Sie ist deutlich schärfer als in anderen Bundesländern. Insofern brauchen wir uns gar nicht zu verstecken. Allerdings haben wir jetzt natürlich erkannt, dass wir noch weitermachen müssen, beispielsweise was Ausführungsbestimmungen anbelangt.

(Möllring [CDU]: Dann muss doch die SPD den Antrag zurückziehen!)

Wir müssen das noch handhabbarer machen. Denn auch darin sind wir uns einig, dass dies noch verbesserungsfähig ist. Wir sind hier im Gespräch mit der Bauwirtschaft und haben konkrete Schritte hierzu vereinbart. Im Übrigen nehmen wir natürlich die Sorgen der Bauwirtschaft auf und prüfen auch alle anderen Anliegen, die aus der Branche kommen, intensiv, so beispielsweise auch im Hinblick auf Vertragserfüllungsbürgschaften und Ähnliches.

Ich erwähne das nur, weil ich deutlich machen will, dass das Thema Bauwirtschaft natürlich viel komplexer ist als das Thema Vergabegesetz.

(Eppers [CDU]: Genau das habe ich doch eben ausgeführt! - Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

Ich will dies auch deshalb betonen, weil wir aus Sicht der Landesregierung alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Bauwirtschaft zu unterstützen.

Eines möchte ich noch klar stellen. Hier wurde eben der Anschein erweckt, es gebe einen Investitionsstau in Niedersachsen. Es ist genau umgekehrt der Fall. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, im Haushaltsplanentwurf alleine den Etat meines Ressorts anzuschauen, so werden Sie feststellen, dass bei uns die Investitionsquote bis 2003 auf fast 50 % deutlich nach oben geht.

(Möllring [CDU]: Das ist aber ein Un- fall! Insgesamt geht sie nach unten! - Weitere Zurufe von der CDU)

Wir haben planfestgestellte Verkehrsprojekte im Wert von über einer Milliarde DM, sodass wir wirklich kontinuierlich durchbauen können.

Ein Drittes, das Sie feststellen werden, ist, dass wir im Augenblick unsere Investitionstätigkeit aus allen Mehrjahresprogrammen beschleunigen. Auch insoweit stellen wir also sicher, dass wir in Niedersachsen unsere Hausaufgaben erledigen, um die Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft so optimal wie möglich zu gestalten.

(Eppers [CDU]: Das, was Sie sagen, hat mit der Realität nichts zu tun! - Möllring [CDU]: Planfeststellen und Bauen ist ein Riesenunterschied!)

In dieser Hinsicht haben wir in Niedersachsen unsere Rahmenbedingungen eigentlich ganz gut aufgestellt.

(Eppers [CDU]: Deswegen geht es den Bauunternehmen hier so prima!)

Insofern: Aus beidem zusammen - Vergabegesetz gemeinsam mit allen anderen Punkten - wird ein vernünftiger Ansatz zur Stärkung der Bauwirtschaft. Genau diesen Weg geht die Landesregierung. - Danke schön.