Protocol of the Session on June 15, 2001

Sehen Sie sich das Beispiel Hannover an. In der Innenstadt sollen rund 75 Videokameras installiert sein. Aber glauben Sie nicht, dass an den Monitoren genügend Polizeibeamte stehen und sich die Bildübertragung angucken! Dort müssen wir eine Verbesserung erreichen, und zwar durch die Bildaufzeichnung.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt können wir noch darüber reden, wie lange diese Daten gespeichert werden sollen. Dies ist bereits in fünf Bundesländern geregelt. Zuletzt wurde es in Bayern gemacht. Dort hat man zwei Monate vorgesehen. Es spricht viel dafür, diese Daten zwei Monate lang speichern zu können.

Es sind ja nicht nur Diebstähle, die in diesen Bereichen stattfinden. Wenn man auch einmal an sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung denkt, passiert es schon einmal, dass die Betroffenen erst erheblich später zur Polizei gehen und die Straftat anzeigen. Wenn Sie den Betroffenen dann aber sagen, man könne nichts mehr aufklären - zumindest nicht mit der Möglichkeit der Videoüberwachung -, weil das alles längst gelöscht worden ist, dann wird man Sie beim besten Willen nicht mehr verstehen. Deshalb ist es sinnvoll, die Daten zwei Monate lang zu speichern.

(Beifall bei der CDU - Krumfuß [CDU]: Genauso ist es!)

In Hessen ist dies schon seit einiger Zeit Gesetz. Der hessische Datenschutzbeauftragte hat eindeutig gesagt, dass diese Regelung vorbildlich ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es insofern einen Unterschied zwischen Hessen und Niedersachsen geben soll.

(Zurufe von der SPD und von der CDU - Frau Pawelski [CDU]: In Hes- sen ist die bessere Landesregierung!)

- In Sachen innere Sicherheit besteht der Unterschied zu Hessen sicherlich darin, dass dort eine hervorragende Kriminalitätsaufklärung ist und dass dort weniger Straftaten verübt werden, weil die Polizeidichte dort größer ist. Weil es in Hessen mehr Polizisten gibt, wird dort auch mehr getan.

Meine Damen und Herren, wir sollten das sachlich diskutieren und möglichst auch eine einheitliche Linie fahren. Herr Innenminister, ich hoffe, dass Sie uns in diesem Bereich Recht geben und diese Regelung insgesamt mitmachen. Dass sich die Bürger dadurch verunsichert fühlen, kann ich mir nicht vorstellen, denn die Polizei wird mit diesem neuen Instrument ja sehr verantwortungsvoll umgehen. Aber wenn wir diese neue Möglichkeit umsetzen, können wir noch mehr Straftäter davon abhalten, Straftaten zu begehen, und können wir die Aufklärungsquote steigern. Das ist etwas, was unser Land und vor allen Dingen unsere Bürgerinnen und Bürger verdient haben. Sie haben Anspruch darauf, dass der Staat dies tatsächlich umsetzt. Deshalb bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Wir werden uns sicherlich im Innenausschuss einigen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zu diesem Antrag hat Herr Kollege Lanclée um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Lanclée!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Schünemann, ich meine, dass sich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen eher an Fakten bemisst. Dazu haben Sie etwas gesagt. Sie haben über die Aufklärungsquote und über Straftaten gesprochen. Sie kennen ja die Statistik: Seit Jahren ist die Aufklärungsquote ständig gestiegen,

(Biallas [CDU]: Bei Ladendiebstäh- len!)

weil wir eine qualifizierte und leistungsfähige Polizei haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Straftaten sind insgesamt zurückgegangen. Insofern möchte ich Sie darum bitten, wenn Sie über subjektives Sicherheitsgefühl sprechen und das auch als Ziel vorgeben, hier nicht solche Reden zu halten. Das möchte ich einmal deutlich sagen.

(Widerspruch bei der CDU - McAl- lister [CDU]: Jetzt haben Sie es uns aber gegeben!)

Vor allen Dingen vor dem Hintergrund sollten Sie hier nicht solche Reden halten, dass die Fakten gegen das sprechen, was Sie hier haben deutlich machen wollen. Sie wollen den Eindruck erwecken, es gäbe hier erheblichen Nachholbedarf. Die Fakten sind aber andere, lieber Herr Schünemann.

(Schünemann [CDU]: Welche denn?)

Deswegen können wir nicht nachvollziehen, was Sie hier versuchen, den Bürgerinnen und Bürgern im Lande einzureden.

Herr Kollege Lanclée, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Dieses Spielchen kennen wir doch.

(Frau Pawelski [CDU]: Ach ja?)

- Das ist doch bekannt. Die Redezeit ist ja begrenzt. Wir wissen das.

(Biallas [CDU]: Gott sei Dank, sonst könnten wir das gar nicht aushalten!)

Wir haben gerade gehört, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Herr Schünemann den Antrag - das geht ja auch aus dem schriftlichen Antrag der CDU hervor - damit begründet, dass mit der Bildaufzeichnung bei der Videoüberwachung im Wesentlichen in Bayern gute Erfahrungen gemacht worden sind. Er stützt sich auch im Antrag darauf. Diese Begründung ist falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil es bislang in Bayern gar keine Bildaufzeichnung gegeben hat.

(McAllister [CDU]: Er sprach von Hessen!)

In einer Pressemitteilung der bayerischen Staatskanzlei ist das auch deutlich geworden.

Der Antrag, den die CDU hier vorstellt, geht ja auf ein Papier der Bundestagsfraktion vom März 2000 zurück, auf das so genannte Rüttgers-Papier zur inneren Sicherheit.

(Frau Pawelski [CDU]: Er hat „Hes- sen“ gesagt, nicht „Bayern“!)

Für Niedersachsen wird gefordert, dass nun neben der offenen Videoüberwachung mit Bildübertragung - das ist ja von Herrn Schünemann hier angedeutet worden; nach dem Gefahrenabwehrgesetz ist das ja bei uns auch möglich - eine permanente anlassunabhängige Bildaufzeichnung möglich ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst einmal etwas allgemein zur Videoüberwachung von gefährlichen Plätzen sagen. Auf der IMK-Sitzung im Frühjahr letzten Jahres hatten die Innenminister einen Bericht einer Arbeitsgruppe vorliegen, der die Einsatzmöglichkeiten von Videoüberwachungssystemen und Maßnahmen bei Kriminalitätsschwerpunkten auf öffentlichen Plätzen und Straßen deutlich gemacht hat. Das von dieser Arbeitsgruppe erarbeitete Konzept empfahl der IMK die Videoüberwachung als geeignetes Instrument, um Aufgaben der Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr und auch der Strafverfolgung wirkungsvoll zu unterstützen. Dabei blieb die Frage der Bildaufzeichnung - um die geht es ja auch in dem Antrag der CDU-Fraktion - im Beschluss der IMK offen. Das muss hier einmal festgestellt werden, meine Damen und Herren.

Nun muss man dazu wissen, dass es in Niedersachsen - damals waren wir das erste Bundesland - seit 1994 eine spezialgesetzliche Regelung gibt, die der Polizei die Befugnis einräumt, auf öffentlich zugänglichen Orten mittels Bildübertragung zum Zwecke der Gefahrenabwehr offen zu beobachten. Diese Vorschrift erlaubt nur Bildübertragungen, keine automatischen, also anlassunabhängigen Aufzeichnungen. Bildaufzeichnungen kommen im Einzelfall nur dann in Betracht, wenn eine konkrete Gefahr vorliegt, z. B. dann, wenn eine Straftat begangen wird. Das ist unseres Erachtens ein ausgewogenes Konzept, eine normenklare Regelung zur Überwachung in Niedersachsen als wichtiger Bestandteil der polizeilichen Kriminalprävention.

Ihre Feststellungen im Antrag, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, die die effektive Sicherheitspolitik in Niedersachsen, eine konsequente Strafverfolgung sowie geeignete Präventi

onsmaßnahmen betreffen - so geht es ja aus Ihrem Antrag hervor -, halten wir für selbstverständlich. Das wird auch entsprechend gehandhabt. Sie sind tägliche Praxis unserer niedersächsischen Polizei und unserer Sicherheitsbehörden.

(Biallas [CDU]: Wenn die mal genug wären!)

- Klar, Herr Biallas. Das wollen Sie nicht wahrhaben.

(Biallas [CDU]: Es sind nur zu we- nig!)

Was das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger angeht - ich habe das ja schon angedeutet -, sind wir davon überzeugt, dass das nicht durch anlassunabhängige Bildaufzeichnungen verbessert wird, sondern durch die konkreten Erfolge unserer niedersächsischen Polizei, nämlich mit dem Rückgang der Straftaten in den letzten sechs Jahren gegenüber 1993 - das sind Fakten und einer kontinuierlichen Steigerung der Aufklärungsquote seit 1994: in den letzten drei Jahren zusammen hintereinander mehr als 50 %, im Jahr 2000 mit einem Höchstwert von sogar 53 %.

(Krumfuß [CDU]: Dazu sage ich noch etwas!)

Damit hat sich der positive Trend in Niedersachsen weiter verfestigt, meine Damen und Herren. Das ist ein klarer Beleg für unsere qualifizierte und auch leistungsfähige Polizei in Niedersachsen.

Die niedersächsische Regelung ist unserer Auffassung nach ein guter Kompromiss zwischen einem präventiven Sicherheitsinstrument einerseits und berechtigten Datenschutzbelangen - auch das muss hier festgestellt werden - andererseits. Es ist gut so, dass es keinen undifferenzierten massenhaften Einsatz der Videoüberwachungssysteme geben wird. Das wäre mit dem Datenschutz nicht vereinbar, auch wenn Herr Schünemann etwas anderes behauptet und darstellt.

Im Übrigen stellt sich die Frage, meine Damen und Herren, ob die Abschreckung Krimineller durch eine sichtbare Kamera mit Bildaufzeichnung überhaupt eintreten wird. Es wird sicherlich vielmehr zur Verdrängung solcher Elemente in nicht durch Video überwachte Bereiche kommen. Die GdP hat jedenfalls die Idee von Rüttgers für untauglich gehalten. Big-Brother-TV, meine Damen und Herren, und George Orwells „1984“ sind Auswüchse

eher nicht wünschenswerter Überwachungsfantasien. Auch das muss man in diesem Zusammenhang deutlich feststellen.

(McAllister [CDU]: Sie kommen doch selbst in den Container!)

Der Missbrauch solcher Bildaufzeichnungen mit Videotapes in England und Wales lässt Gefahren dieses Instrumentes auf jeden Fall erahnen.

All das, was ich in diesem Zusammenhang aufgezeigt habe, stellt jedenfalls in Frage, ob Ihr vorliegender Antrag in der Form, in der Sie ihn stellen, tragfähig ist. Wir meinen nein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir werden diesen Antrag ablehnen und erst einmal abwarten,

(Schünemann [CDU]: Das sagen Sie mal den betroffenen Opfern, dass Sie wieder erst einmal abwarten! Das ist unglaublich!)

welche Erfahrungen - auch das ist ja deutlich geworden - die Länder Sachsen, Saarland und Hessen mit der Bildaufzeichnung machen, die sie erst kürzlich eingeführt haben.

(Biallas [CDU]: Und große Erfolge erzielt haben!)