Protocol of the Session on June 15, 2001

Dann gäbe es noch den dritten Einstieg über § 19 ff. Bundes-Naturschutzgesetz zu sagen „Ihr dürft dort nicht fischen“. Aber auch diese Vorschrift greift - das ist offenbar einhellige Meinung eindeutig nicht. Auch die FFH-Richtlinien kommen hier noch nicht zum Tragen.

Bleiben wir also bei dem Ausgangsproblem, ob die Frage des Einvernehmens so zu gewichten ist, dass ein fehlendes Einvernehmen der niederländischen Seite hier automatisch dazu führen muss, zu sagen „Hier liegt ein Verfahrenshindernis vor; wir können nicht genehmigen“. Das muss ich eindeutig zum Nachteil der niederländischen Seite bzw. Ihrer Seite beantworten. Das Landwirtschaftsministerium hat hier bislang rechtens gehandelt. Ich habe auch gutes Vertrauen, dass es für künftige Genehmigungsfälle auch wieder rechtens handeln wird.

Warum das im MU aufstößt, muss in der Landesregierung vielleicht mal geklärt werden, diese Allianz Niederlande/MU/Grüne und BUND im Gepäcknetz oder vielleicht sogar als Auftraggeber der

ganzen Aktion. Das müssen die Betroffenen sich überlegen.

(Vizepräsident Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Wir haben hier Anlass genug, uns zur Fischerei zu bekennen und unseren wenigen Muschelfischern, die wir dort noch haben, den Rücken zu stärken. Ich kann nur sagen: Das Ministerium hat aus unserer Sicht rechtmäßig gehandelt. Wir sind sicher, dass es auch in Zukunft so bleibt.

Wenn Sie hier seitens Bündnis 90/Die Grünen bessere vertragliche Regelungen anmahnen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Fragen Sie mal auf der holländischen Seite, ob das so genehm ist! - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit es klar ist: Ich habe mit Herrn Busemann keine Honorarvereinbarung getroffen.

(Zuruf)

- Ich habe geahnt, dass dieser Zwischenruf dort hinten aus der Ecke kommt.

Im Mai 2000 haben die niedersächsischen Miesmuschelfischereibetriebe beim zuständigen Staatlichen Fischereiamt Bremerhaven eine Erlaubnis zur Besatzmuschelfischerei auf diesen besagten Flächen beantragt. Die Flächen sind - das ist eben schon mehrfach betont worden - traditionelles Fischereigebiet der niedersächsischen Muschelfischer, die dort 1991 und 1995 auch gefischt haben. Diese Flächen liegen im gemeinsamen Fischereigebiet nach Artikel 41 des Ems-Dollart-Vertrages. Sie liegen aber auch in dem mit den Niederlanden umstrittenen Grenzgebiet.

Anlass für diesen Antrag war das Ausbleiben ausreichender Brutfälle im niedersächsischen Wattenmeer in den letzten Jahren, mit denen die Betriebe ihre ausgewiesenen Kulturflächen belegen können. Lediglich im Ems-Dollart-Gebiet hat es 1999 einen lokal begrenzten Saatfall gegeben. Dieser ist auf dem „Randzel“ - also im National

park „Niedersächsisches Wattenmeer“ - in Übereinstimmung mit unserem dort praktizierten Miesmuschelmanagementmonitoring – ein unheimlich kompliziertes Wort, aber ich habe es einigermaßen über die Lippen bekommen - bereits im vergangenen Jahr befischt worden. Die hier geworbenen Mengen - das hat Herr Bontjer eben deutlich gemacht - reichen schlicht und ergreifend nicht aus, die Existenz der Betriebe in den nächsten Jahren zu sichern. Aus diesem Grund ist der Antrag, um den es hier geht, gestellt worden.

Ich will ergänzen: Heute liegen im gesamten trocken fallenden Bereich des niedersächsischen Wattenmeeres etwa 40 000 bis 50 000 t Miesmuscheln, die noch aus dem Brutfall von 1996 stammen. Diese Muscheln haben die gemäß Küstenfischereiordnung zulässige Größe von 4 cm für Besatzmuscheln überschritten und dürfen deshalb nicht mehr gefischt werden. Sie dürfen auch nicht als Speisemuscheln geborgen werden.

Vor der Entscheidung der zuständigen Genehmigungsbehörde, die beantragte Erlaubnis zu erteilen, ist bei uns eine umfangreiche Prüfung der Sachund Rechtslage erfolgt. Davon können Sie ausgehen, Frau Steiner. Dies haben wir gemacht. Unter anderem wurde wegen der FFH-Gebietsmeldung geprüft, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

Angesichts des Einzelfalles und unter der Voraussetzung, dass die Entnahmemenge, Frau Steiner, auf maximal 40 % des Gesamtbestandes beschränkt wird, war eine solche Verträglichkeitsprüfung schlicht und ergreifend entbehrlich.

Die Angelegenheit wurde ferner im Rahmen der guten Nachbarschaft mit den niederländischen Behörden am 5. November 2000 in Groningen besprochen. Es ist also nicht so, dass wir nicht miteinander geredet hätten, wie es hier dargestellt worden ist. Das Thema wurde am 19. April 2001 auf der 11. Sitzung des Unterausschusses „G“ der Ständigen Deutsch-Niederländischen Grenzgewässerkommission erörtert.

Am 7. Mai 2001 - also ein Jahr nach der ersten Antragstellung - wurde durch den Rechtsvertreter der niedersächsischen Muschelfischer beim Verwaltungsgericht Oldenburg eine Untätigkeitsklage gegen das Staatliche Fischereiamt als zuständige Stelle erhoben. Noch bevor die Klageschrift hier bekannt war, wurde am 10. Mai vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft

und Forsten entschieden, die beantragte Erlaubnis zu erteilen. Am gleichen Tag ist dies der Staatssekretärin im Niederländischen Ministerium für Landbau, Naturschutz und Fischerei in einem umfangreichen Telefonat dargelegt worden. Dabei wurde sie auch ausführlich über die entscheidungsrelevante Sach- und Rechtslage informiert.

Am 15. Mai hat das Staatliche Fischereiamt Bremerhaven die erste Erlaubnis erteilt.

Die in der Erlaubnis enthaltenen Nebenbestimmungen, insbesondere zur Begrenzung der Entnahmemenge, Frau Steiner - nicht 80 %, sondern 40 % -, und zum Schutz von Seegraswiesen, haben die Nachhaltigkeit der Nutzung und die gebotene naturschutzfachliche Rücksichtnahme sichergestellt. Das macht niemand, dass er über Gebühr natürliche Ressourcen übernutzt, sondern hier geht es im Sinne der Nachhaltigkeit darum, die Fischereiressourcen sinnvoll zu nutzen.

Vor Beginn der Fischerei wurde bei einer Bestandsabschätzung in diesem Gebiet ein Gesamtbestand von mindestens 2 350 t Miesmuschelsaat festgestellt. Bei der am 23. Mai 2001 abgeschlossenen Fischerei wurden von den niedersächsischen Muschelfischereibetrieben auf drei Teilflächen - das ist aber ein Gesamtgebiet - insgesamt 940 t Besatzmuscheln gefischt.

Meine Damen und Herren, nach Artikel 41 Abs. 1 des Ems-Dollart-Vertrages sind niederländische und deutsche Fischer gleichberechtigt zur Ausübung der Fischerei zugelassen. Nach Absatz 3 schließt das gegenseitig zugestandene Recht der Befischung jede Art der Fischerei ein. Diese Bestimmungen sind bis heute unverändert. Nach Absatz 5 „werden die Vertragsparteien nach Inkrafttreten dieses Vertrages die Ausübung der Fischerei in dem gemeinsamen Fischereigebiet, insbesondere die Anpassung der Schonzeiten, im gegenseitigen Einvernehmen regeln“. Eine derartige Rahmenregelung gibt es bedauerlicherweise bis heute nicht. Dies liegt nicht an der niedersächsischen Seite.

Bei der Erteilung der fischereirechtlichen Genehmigung hat sich die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Rechtsauffassung bewegt, dass sich der Begriff des „gegenseitigen Einvernehmens“ auf Rahmenregelungen zur Ausübung der Fischerei im besagten Gebiet bezieht und nicht, wie auch Herr Busemann eben deutlich herausgearbeitet hat, auf Einzelfälle, wie z. B. die konkreten Erlaubnisanträge, über die hier zu entscheiden war. Diese

Rechtsauffassung - das sage ich hier ganz offen war den Niederlanden bekannt, wurde aber von ihnen nicht geteilt.

Das Landwirtschaftsministerium als zuständige oberste Fischereibehörde sieht keine Veranlassung, von den Regelungen im Ems-Dollart-Vertrag abzuweichen und auf verbriefte Rechte niedersächsischer Fischer zu verzichten. Die Landesregierung sieht es schon seit längerer Zeit als notwendig an, möglichst bald, wie Herr Bontjer das auch gefordert hat, die entsprechende Rahmenregelung mit den Niederländern abzuschließen. Die von den Niederlanden vorgenommene Sperrung von „Paapsand“ und „Hund“ im gemeinsamen Fischereigebiet kann naturgemäß eben nur für die niederländische Muschelfischerei gelten. Die niederländischen Entscheidungen zum dortigen Miesmuschelmanagementplan aus 1993 sind vor Abschluss des Ems-Dollart-Umweltprotokolls im Übrigen ohne Konsultation der niedersächsischen Seite erfolgt.

Die Landesregierung - das kann ich Ihnen hier versichern - wird mit Nachdruck darauf drängen, in der kurzfristig zu vereinbarenden Rahmenregelung abschließende Verfahrensregelungen für die Fischerei in dem Vertragsgebiet zu treffen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, vielen Dank. - Frau Steiner würde gern noch einmal sprechen? Dann machen Sie es doch. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe natürlich damit gerechnet, dass von den vereinigten Juristen der CDU-Fraktion und auch vom Landwirtschaftsministerium erst einmal die Paragrafen des Vertrages hin und her gewendet werden. Der Minister hat das noch ergänzt durch eine breite Schilderung des Ablaufs des Genehmigungsverfahrens.

(Möllring [CDU]: Sie haben das doch zum Thema der Landtagssitzung ge- macht!)

Wir haben Kritik daran geübt. Eigentlich sollten wir uns darüber einig sein, dass es jetzt nicht nur

um juristische Bewertungen und juristische Drehungen und Wendungen geht.

(Busemann [CDU]: Sie sprechen ei- nen Vertrag an!)

Das Ganze hat eine juristische Seite, es hat aber auch eine politische Seite und eine naturschutzfachliche Seite. Wenn Sie es von der politischen Seite her betrachten, hat der Landwirtschaftsminister gerade selber gesagt: Wir haben mit den Niederlanden gesprochen. Es ging wohl um die Herstellung des Einvernehmens, aber von den Niederlanden wurden diese Absichten nicht geteilt.

Darum geht es doch, dass von unserer Seite, von niedersächsischer Seite, die Genehmigung ganz bewusst in Kenntnis dessen, dass die niederländische Seite das anders sieht, erteilt worden ist. Und wenn Sie sich zehnmal auf Artikel 41 berufen, ändert das an dieser politischen Bewertung gar nichts.

Bei der naturschutzfachlichen Bewertung habe ich nicht erwartet, dass wir einer Meinung sind. Ich habe schon gesehen, dass das strittig ist. Herr Busemann, wenn Sie sagen, der Schutzgedanke sei nicht von den tatsächlichen Verhältnissen getragen, frage ich Sie: Was heißt das denn? Das heißt doch nur, dass Ihnen die tatsächlichen Verhältnisse, die zu berücksichtigen sind, nicht klar sind, dass Ihnen nicht klar ist, was da zu schützen ist.

(Busemann [CDU]: Fast 40 % sind nicht 80 %!)

Erstens. Im Dollart-Vertrag ist in Fragen des Naturschutzes noch einiges zu regeln.

Zweitens. Sie erinnern sich deutlich, dass sowohl von deutscher als auch von holländischer Seite, auch von den Umweltverbänden, auf das Problem aufmerksam gemacht worden ist, dass die Vögel, die nur noch relativ wenig Miesmuscheln finden, bereits Hungersnöte erlitten haben. Es gab verendete Eiderenten. Wenn die Wildmuschelbänke eingeschränkt werden, verschlechtern sich auch die Bedingungen für die Vögel. Aber das interessiert Sie ja nicht. Hauptsache, die verbrieften Rechte der niedersächsischen Muschelfischer von 1991 und 1995 werden wieder vom Landwirtschaftsministerium bekräftigt.

Im Herbst findet die trilaterale Wattenmeerkonferenz statt. Es wird dann hehre Erklärungen geben. In dieser Woche hat der Workshop zur Vorberei

tung dieser Konferenz getagt. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, was Niedersachsen da an Kritikpunkten einstecken muss. Wenn Sie das, was Sie tun, für trilateralen Wattenmeerschutz halten und für eine ernsthafte Bemühung, das Wattenmeer zu schützen, kann ich nur sagen: Dann haben wir aber eine unterschiedliche Auffassung von Wattenmeerschutz. Ich meine, darüber müssen wir uns im Landtag noch einmal auseinander setzen.

(Frau Pruin [CDU]: Machen wir einen Untersuchungsausschuss!)

Ich habe deutlich gesagt, und wir wissen es auch, dass das nicht nur ein Problem der jetzigen Genehmigung oder der einseitigen Genehmigung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums ist, sondern dass wir genügend berechtigte Vorwürfe gegenüber niederländischen Fischern kennen.

(Klare [CDU]: Herr Präsident, hat sie unbegrenzte Redezeit?)

Das ist klar. Wir sind ja nicht taub und nicht blind. Das muss man dann aber doch endlich einmal regeln, und man muss in neue Verhandlungen mit der niederländischen Seite über die Zukunft des Ems-Dollart-Vertrages eintreten. Ich möchte gerne noch eine Antwort auf die Frage haben, wie das Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium und eventuell die Staatskanzlei das handhaben werden und wie sie in Zukunft mit solchen Konflikten umgehen wollen. Jetzt hat der Landwirtschaftsminister ja sachlich gesprochen. Ich erinnere mich aber noch deutlich an relativ dreiste Sprüche und Kommentare aus dem Landwirtschaftsministerium genau in diesem Zusammenhang. In der Zeitung habe ich gelesen, dass eventuell weitere Genehmigungen ins Haus stehen. Ich hätte gerne eine klare Auskunft darüber, wie Sie das bei den nächsten Anträgen handhaben werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Busemann hat das Wort.

Zur Geschäftsordnung: Ich beantrage, diesen Tagesordnungspunkt mitberatend auch an den Rechtsausschuss zu überweisen. Der Ems-DollartVertrag ist berührt. Es wird eine Missachtung die