Frau Kollegin Litfin, die reguläre Redezeit beträgt noch 51 Sekunden, aber Sie bekommen zwei Minuten Redezeit.
Zunächst einmal mein Dank an die Kollegin Frau Andretta. Ich habe ja gestern schon gesagt, dass Rote und Grüne in diesem Hause zu diesem Themenkomplex gut miteinander arbeiten können. Ich glaube, dass es ziemlich klasse war, wie wir uns unabgesprochen in unseren Redebeiträgen ergänzt haben, und ich freue mich auf die Arbeit im Ausschuss mit Ihnen.
denn es ist eben keine Frage des Sexualkundeunterrichtes, sondern es ist eine Frage in dem gesamten gesellschaftspolitischen Unterricht, die thematisiert werden muss, damit Homosexualität das werden kann, was sie ist, nämlich ein Stück Normalität in unserer Gesellschaft. Natürlich will ich verpflichtende Fortbildungen nur für Beratungslehrer und -lehrerinnen und für Schulpsychologen und -psychologinnen. Ich halte genau so wenig von verpflichtender Beratung wie der Personenkreis, den Sie hier zitiert haben. Denn ich meine, wer nicht beraten werden will, der sitzt dann herum und guckt aus dem Fenster
- vielleicht stört er auch; Wolfgang Wulf hat völlig Recht –, und der Lerneffekt ist gleich null. Aber Beratungslehrerinnen und –lehrer sollten über dieses Thema Bescheid wissen. Deshalb muss es bereits in der Ausbildung verankert werden.
Irmgard Vogelsang, es geht nicht um Bevorzugung dieser Jugendlichen, sondern es geht darum, diese Jugendlichen endlich zu ihrem Recht kommen zu lassen
und die Identität dieser Jugendlichen endlich zu würdigen. Die mit der anderen sexuellen Orientierung – mit der, die dir vielleicht normaler vor
kommt -, werden mit ihren pubertären Schwierigkeiten berücksichtigt, die sie haben, aber die homosexuellen Jugendlichen nicht. Es ist an der Zeit, dass wir das ändern. Natürlich geht es um eine Klimaänderung. Es geht darum, den Lehrern und Lehrerinnen die Scheu vor der Behandlung dieses Themas im Unterricht zu nehmen und ihnen Kompetenzen in diesem Bereich zu geben. Hierbei, Frau Ministerin, ist es dem Land jenseits von Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungsordnungen möglich, durch praktische Zusammenarbeit, z. B. von Universitäten und Lehrkräften, durch Seminararbeiten in der zweiten Ausbildungsphase oder durch die Vergabe von Lehraufträgen Einfluss auf die Ausbildung zu nehmen. Hier ist die Kreativität des Kultusministeriums gefragt. Wenn es im Kultusministerium eine zuständige Person für dieses Thema gäbe und dieses Thema nicht in einem Bauchladen, in dem sämtliche Sammelsurien zusammengefasst sind, bearbeitet werden müsste, wären wir wahrscheinlich auch schon ein Stück weiter.
Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Kultusausschuss sein, und mitberatend sollen der Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen sowie der Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen tätig sein. Wer möchte dem zustimmen? – Keine Gegenstimmen.
Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: Voraussetzungen zur Bildung von Anstalten des öffentlichen Rechts schaffen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2546
Redezeiten: SPD, CDU und GRÜNE zehn Minuten, Landesregierung fünf Minuten. Die Einbringung übernimmt der Kollege Hagenah.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge sind auch und gerade in Niedersachsens Kommunen unter starkem Kostendruck und
gleichzeitig enormen Modernisierungs- und Veränderungszwängen unterworfen. So stellen z. B. steigende Umweltstandards und die laufende Gesundheitsreform immer neue Herausforderungen an die Betriebe. Die kommunalen Träger sehen sich gegenüber den investiven Risiken und komplizierten Managementaufgaben vielfach vor der Alternative, zu privatisieren oder zu fusionieren. Der scheinbar leichte Weg der Privatisierung beinhaltet aber die Gefahr neuer Abhängigkeiten, unerwünschter Monopolisierung und den Verlust mancher, nur in öffentlicher Trägerschaft möglicher ganzheitlicher Aufgabenwahrnehmung. Wer traut vielleicht einem privaten Abfalltransporteur denn wirklich eine offensive Abfallvermeidungsberatung oder entsprechende Serviceleistungen zu?
Das sollen dann bitte schön im Wesentlichen auch diejenigen machen, die die öffentliche Dienstleistung machen. Zukunft durch öffentlichen Dienst ist, glaube ich, auch in den Kommunen eine wichtige Forderung, die wir als Landtag unterstützen sollten. Unternehmen, die gemeinwohlorientierte Leistungen erbringen, müssen in einen Wettbewerb um effizientere und nachhaltigere Strukturen gestellt werden und nicht in einen Wettbewerb um niedrigste Sozialstandards.
Die Möglichkeit der kreisübergreifenden Kooperation in öffentlicher Trägerschaft ist in Niedersachsen bisher nicht mit angemessenen Organisationsformen möglich. Bei der Bildung der Region Hannover ist dies insbesondere bei den Bereichen Krankenhäuser und Abfallwirtschaft offenbar geworden. Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung für die kommunalen Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge einen Gesetzentwurf zur Bildung der Organisationsform „Anstalt des öffentlichen Rechts“ für Niedersachsen erarbeitet. Nur so kann der Landtag noch in der laufenden Legislatur die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, damit der Einsparungs- und Rationalisierungsdruck in den Kommunen nicht immer mehr Privatisierungsfakten ohne Alternative schafft.
Im Gegensatz zum hannoverschen Oberbürgermeister Schmalstieg wissen wir, dass die SPDFraktion bei der Verabschiedung des Regionsgesetzes im letzten Plenum in dieser Frage nicht geschlafen hat. Wir hatten im Vorfeld viele Gespräche über die Einführung von Anstalten des öffentlichen Rechts für die kommunale Ebene in Nieder
sachsen zwischen den Fraktionen, und die SPD hatte sich - so hieß es - bewusst entschieden, dieses Thema aus Zeitgründen aus dem Regionsgesetz herauszuhalten.
Sie argumentierten schon vor Jahresfrist, Sie wollten zunächst die Anstalten des öffentlichen Rechts in anderen Bundesländern studieren und genau beobachten, um dann für Niedersachsen insgesamt eine Entscheidung zu treffen. Nun gut, wir haben das hingenommen, aber nun ist genug beobachtet; die Zeit bis zum Ende der Legislatur drängt. Wo bleibt in dieser Frage die Innovationswut unseres Ministerpräsidenten, der sich doch sonst gern in der Rolle des Schrittmachers wähnt?
Gestern noch stand Ihr Vorschlag zur Umwidmung der Hochschulen zu öffentlich-rechtlichen Stiftungen hier auf der Tagesordnung. Warum verwehren Sie den Kommunen jetzt die Anstalten des öffentlichen Rechts? Ich meine, wir müssen hier schnell konstruktiv zu einer Entscheidung kommen und den Kommunen diese Möglichkeit eröffnen.
Wer in dieser Frage plötzlich Zurückhaltung und Abwarten predigt, setzt sich letztlich dem Verdacht aus, in Wirklichkeit die Privatisierung bisher öffentlich verantworteter Aufgaben zumindest billigend in Kauf zu nehmen, wenn nicht sogar zu fördern. Andere Bundesländer haben inzwischen vielfach solche Anstalten gebildet. Die Privatwirtschaft hat sich mit dieser Modernisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge abgefunden. Die Erfahrungen zeigen, dass es nicht zu einer neuen ruinösen Konkurrenz für den Mittelstand kommt, wie manche fürchteten; auch Herr Plaue hatte dies ja öffentlich zu Protokoll gegeben. Aber die drohende Zerschlagung und Privatisierung dieser gemeinwohlorientierten Leistungen von allgemeinem öffentlichen Interesse wurde durch die Anstalten erfolgreich verhindert. Dies akzeptiert übrigens auch die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, die - jetzt ein Zitat - „die Wahrung eines hohen Umweltschutzniveaus sowie die Gewährleistung eines gleichwertigen kostengünstigen und flächendeckenden Zugangs zu wichtigen Dienstleistungen und Gütern als wichtige Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge“ beschreibt. Also, wohlan: Lassen Sie es uns machen!
Gemeinden nichts Wesentliches ändert, sondern nur deren Organisationsmöglichkeit erweitert wird, kann niemand ernstlich gegen Anstalten des öffentlichen Rechts argumentieren. Als Land haben wir die Verpflichtung, den Kommunen keine sinnvolle Möglichkeit zu verschließen, ihnen keine Steine in den Weg zu legen. Die Entscheidung zur Auswahl bleibt ohnehin weiter in kommunaler Kompetenz.
Eine zügige Gesetzeserarbeitung und –verabschiedung noch in dieser Legislatur, um die Möglichkeit zur Bildung der Anstalten für den öffentlichen Bereich zu schaffen, ist für die Daseinsvorsorge in den Kommunen dringend geboten. Sonst werden Fakten geschaffen. Das Gesetz soll sich an den Beispielen anderer Länder orientieren. Wir müssen das also nicht neu erfinden, sondern es gibt jede Menge Beispiele, besonders in den Bereichen Krankenhauswesen, Abfallwirtschaft und Wasserver- und -entsorgung. Die Kommunen werden dadurch nicht auf diesen Weg festgelegt, aber ihnen wird endlich diese Möglichkeit eröffnet. Damit erweitern wir die Entscheidungsspielräume der öffentlichen Träger sinnvoll und schaffen eine positive Perspektive für viele aktive Personalräte und Beschäftigte aus diesen von heftigen Umstrukturierungen betroffenen Bereichen. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt sich hinter die Forderungen aus der Landeshauptstadt und will damit auf die Vorlage eines Gesetzentwurfs drängen. Herr Hagenah, ich kann die Euphorie, die Sie in dieser Hinsicht haben, leider nicht teilen; ich warne diesbezüglich vor einem Schnellschuss. Ich meine, dass hier noch einiges an Beratungsbedarf vorhanden ist.
- Herr Hagenah, im Moment habe ich das Wort; wenn Sie eine Zwischenfrage haben, dann melden Sie sich; wenn ich dann noch Zeit habe, will ich sie gern beantworten.
Der Antrag liest sich natürlich aus der Sicht der Landeshauptstadt Hannover sehr gut. Aber er setzt sich, wie ich finde, nicht mit den Problemen auseinander, die durch diesen Antrag entstehen. Ich werde auf diese Thematik noch im Einzelnen eingehen. Ich habe schon gesagt, dass wir bei den Fragen, die hier noch offen sind, auf gar keinen Fall mit der Entscheidung noch in dieser Legislaturperiode einen Schnellschuss machen können. Ich meine, darauf kommt es gar nicht an, sondern wenn ein Gesetzentwurf gemacht wird, muss er auch so sein, dass er möglichst allen Beteiligten zugute kommt und nicht einseitig - wie ich es hier im Moment sehe - der Landeshauptstadt Hannover.
Ich glaube, dass ich noch das Wort habe, Frau Stokar. Wenn Sie über Wilhelmshaven reden, dann möchte ich Ihnen raten, noch einmal Kontakt mit Dr. Uwe Biester aufzunehmen
- oder mit dem Kollegen Adam, den ich ebenfalls als geeigneten Gesprächspartner für Wilhelmshaven ansehe -; aber hier sollten Sie sich doch ein wenig zurückhalten.
Ich will noch einmal auf das eingehen, was Sie gesagt haben, Kollege Hagenah. Sie haben das Beispiel Nordrhein-Westfalen angeführt. In Nordrhein-Westfalen werden von der SPD-geführten Landesregierung Überlegungen vorangetrieben - sie sind teilweise ja schon umgesetzt -, die Handlungsspielräume für wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand zu erweitern,
z. B. durch Änderung der Gemeindeordnung. Jetzt beginnen auch hier im Niedersächsischen Landtag die Vorschläge zur Änderung der Gemeindeordnung zunächst einmal in der Landeshauptstadt Hannover. Ich glaube, dass Sie gerade mit diesem Vorstoß nicht bedacht haben, dass sich die wirtschaftliche Betätigung der niedersächsischen Kommunen in viel engeren Grenzen hält, als heute bereits bekannt ist. Es ist aber auch hier bei einigen Kommungen die Tendenz erkennbar, ihre häufig - das gebe ich zu - nicht immer selbst verschuldeten Finanzprobleme durch private Tätigkeit und private Gewinne zu lösen. Eine solche Entwicklung ist vor allem in den großen Städten Niedersachsens erkennbar und am Beispiel Hannovers auch ganz deutlich geworden, obwohl Hannover - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben - von der Handwerkskammer Hannover ganz deutlich aufgeschrieben bekommen hat, dass bei der Auftragsvergabe teilweise nicht im Sinne des Handwerks und des Mittelstands entschieden worden ist. Dann kommen Sie jetzt mit diesem Antrag! Der beinhaltet für mich ganz klar eine Fehlentscheidung zulasten der privaten Wirtschaft.
Zu spüren bekommen werden dies - darauf will ich noch einmal im Einzelnen ganz kurz eingehen z. B. die privaten Baufirmen im Straßenbau, Handwerksbetriebe im Garten- und Landschaftsbau. Kommunale Abfallentsorgungsbetriebe steigen in das Geschäft der Verwertung gewerblicher Abfälle ein. Städtische Einrichtungen bieten die Bewirtschaftung von Gebäuden an. Das sind nur einige Beispiele, die das deutlich machen.
- Herr Kollege Klein, diese Formen wirtschaftlicher Aktivitäten der öffentlichen Hand sind nur ausgewählte Beispiele, die vor allem dem Mittelstand eine Belastung auferlegen und zum Teil seine Geschäftsgrundlage bedrohen. Das sind nicht meine Worte, sondern das hat die Handwerkskammer ganz deutlich gemacht, auch auf dem Parlamentarischen Abend.