Protocol of the Session on May 18, 2001

Dass dieses Handeln im Einklang mit der Rechtslage steht, weiß natürlich auch die Opposition. Etwas lächerlich wirkt es in diesem Zusammenhang natürlich, wenn die CDU ihren angeblichen Sparwillen damit paart, dass sie in ihrem Antrag Krokodilstränen darüber vergießt, in welchen Bereichen gespart wird. Aber nach diesem Schema handelt die CDU immer: So tun als ob, aber tatsächlich alle möglicherweise von Einsparungen Betroffenen verunsichern und als Bataillone gegen tatsächliche Einsparungen in Stellung bringen oder, was noch schlimmer ist, so zu tun, als könne man ständig beliebig mehr Geld ausgeben.

(Althusmann [CDU]: Das habe ich nicht verstanden! Können Sie das noch einmal wiederholen? - Rolfes [CDU]: Können wir diesen Schachtel- satz noch einmal hören? Den hat kei- ner verstanden!)

- Es tut mir Leid, dass Sie das nicht verstehen. Aber Sie wollen es auch gar nicht verstehen. Das ist nämlich Ihre Haltung.

(Zustimmung bei der SPD - Althus- mann [CDU]: Den Satz hat keiner verstanden, Herr Wegner!)

Ich will hier nur einige Beispiele aus der jüngsten Zeit nennen. Im Februar-Plenum hat die CDU 3 000 zusätzliche Lehrer für Nachmittagsunterricht - Kosten: 270 Millionen DM jährlich - und ein BSE-Soforthilfeprogramm für 120 Millionen DM gefordert. Im März hat die CDU einen Aktionsplan für die Zukunft des ländlichen Raums ohne eine entsprechende Finanzierung vorgeschlagen

(Klare [CDU]: Wer hat 270 Millio- nen DM gesagt?)

- nach oben sind hier finanziell natürlich gar keine Grenzen gesetzt - und verlangt, das Land solle sich

an den Kosten der Tierkörperbeseitigung beteiligen; Kosten: 20 Millionen DM.

(Althusmann [CDU]: Sie haben sich verlesen!)

Das sind locker mal so eben 500 Millionen DM. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Wenn der Schattenminister Möllring gleichzeitig seine Finanzkompetenz dadurch unter Beweis stellt, dass er die Rücklage von 800 Millionen DM, die dringend für einen verfassungsgemäßen Haushalt für 2002 und 2003 benötigt wird, zum Schuldenabbau im Jahre 2001 einsetzen will, dann kann man dies nur als Taschenspielertrick ansehen.

(Rolfes [CDU]: Warum?)

Gleichzeitig zaubert er noch einmal 200 Millionen DM Steuermehreinnahmen aus dem Hut, obwohl die Steuerschätzung ein Negativergebnis von 6,8 Milliarden DM ergeben hat, an denen die Länder zu einem Drittel beteiligt sind und obwohl für 2002 sogar 15 Milliarden DM erwartet werden. Aber die CDU hat ja schon in der Spendenaffäre bewiesen, dass sie viel von so genannter kreativer Buchführung versteht. Wir akzeptieren dies nicht. Auch das Urteil des Staatsgerichtshofs in Bückeburg ist eine klare Absage an die angebliche Finanzkompetenz der CDU.

(Althusmann [CDU]: Lesen Sie es doch noch einmal vor, dann haben Sie es uns richtig gegeben!)

Man kann dem Land Niedersachsen nur wünschen, dass Herr Möllring nie aus seinem Schatten heraustreten wird.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Opposition sollte statt unnützer Forderungen nach einem Nachtragshaushalt die Richtigkeit der Haushaltssperre endlich anerkennen. Jeder verantwortliche Familienvater weiß, dass er sparen muss und weniger ausgeben kann, wenn er weniger verdient. Diese einfachen Erkenntnisse sollten sich auch in der Politik durchsetzen. Die Menschen in unserem Land verstehen dies jedenfalls, auch wenn sie im Einzelfall vielleicht nicht glücklich sind, wenn sie einmal persönlich davon betroffen sind.

Auch die veröffentlichte Meinung sieht keine Alternative zum Handeln der Regierung und fordert die Unterstützung des Ministerpräsidenten.

Letztlich ist die Botschaft der Haushaltssperre auch in Berlin verstanden worden. Die Gespräche des Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler lassen hoffen, dass durch die Entscheidungen des Bundes keine untragbaren zusätzlichen finanziellen Belastungen auf unser Land zukommen.

Das allein löst jedoch noch nicht die Finanzprobleme des Landes für die Haushaltsjahre 2002 und 2003. Die SPD-Fraktion wird sich deshalb konstruktiv bei der Lösung dieser schwierigen Aufgabe einbringen. Wir würden uns auch freuen, wenn sich auch die Opposition endlich einmal mit realistischen Vorschlägen daran beteiligen würde, das Ziel eines finanzierbaren und verfassungsgemäßen Haushalts zu erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Heineking [CDU]: Gibt es auch etwas Neues?)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Herr Kollege Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der von Herrn Wegner angekündigten konstruktiven Zusammenarbeit hätte ich ja fast Lust, dass wir gleich abstimmen; denn er hat ja noch nicht mal 30 eigene Leute im Raum, die sich für die Finanzen des Landes interessieren.

(Zuruf von der SPD: Zählen können Sie auch nicht!)

Herr Golibrzuch hat in seiner Rede erklärt, das sei alles aus dramaturgischen Gründen gewesen. Das würde ja bedeuten, dass es hier einen Regisseur und irgendwo einen Spielplan gibt. Ich glaube aber, Herr Aller und Herr Ministerpräsident sind hier eher als Hypochonder oder, noch besser, als Simulant zu bezeichnen. „Hypochonder“ ist vielleicht falsch, weil der ja wenigstens etwas krank ist und das dann ins Unendliche übersteigert. Aber ein Simulant ist ja jemand, der überhaupt nicht krank ist und sich eine Binde um den Arm macht, um bemitleidet zu werden. Das ist offensichtlich im Kabinett geschehen.

Das, was dieses Kabinett, wie es hier aufgereiht sitzt, mit sich hat machen lassen, ist schon bewundernswert. Denn nach der Landeshaushaltsordnung gibt es nicht einen einzigen haushaltspolitischen Grund, eine Haushaltssperre zu verhängen. Es gibt

noch nicht mal eine Rechtfertigung dafür. Da beide das wissen, musste das gesamte Kabinett sich selbst beschränken und selbst beschließen, dass ab sofort eine Haushaltssperre gilt.

Dies alles geschah vor folgendem Hintergrund: Es gibt eine Mai-Steuerschätzung - das ist die ordentliche Steuerschätzung - und eine zweite Steuerschätzung jeweils im November. Das ist praktisch schon immer so gewesen, weil man im Mai damit beginnt, die Haushaltspläne aufzustellen, und sie im Dezember verabschiedet. Dann ist es immer ganz gut, wenn man im November weiß, wie es sich über das Jahr entwickelt hat, sodass man die letzten Zahlen einfließen lassen kann. Wir haben die Zahlen in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses diskutiert, Herr Wegner. Sie sind ja nicht von uns erfunden, sondern von der Landesregierung vorgetragen worden. Das, was wir bei der Haushaltsplanberatung 2001 gesagt haben, nämlich dass mindestens eine Rücklage von 800 Millionen DM entsteht, weil wir Steuermehreinnahmen haben, ist in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses bestätigt worden. Man rechnet netto mit Steuermehreinnahmen von mindestens 800 Millionen DM. „Netto“ heißt: Das sind die Steuern, die beim Land verbleiben. Wenn man sagt „mindestens 800 Millionen DM“, dann ist das für einen vorsichtigen Haushälter schon eine ziemliche Nummer.

Wir wissen - das hätten die Damen und Herren Minister auch wissen können, bevor sie zu diesem Beschluss gekommen sind - - - Frau stellvertretende Ministerpräsidentin, wenn man beim Friseur sitzt, während der Ministerpräsident die Hausaufgaben für einen macht, dann kann man natürlich solche Beschlüsse fassen.

(Schurreit [SPD]: Da solltest du jetzt auch hingehen! - Weitere Zurufe von der SPD)

Ich wundere mich schon, mit welcher Selbstverständlichkeit sich das Kabinett hier Zahlen vorräubern lässt, die hinten und vorne keine Grundlage haben. Wir wissen aus dem vorläufigen Haushaltsabschluss - den hätten ja alle erfragen können; es wäre ja überhaupt kein Problem gewesen, wenn die Minister zur Vorbereitung auf einen solchen Kabinettsbeschluss ihre Haushaltsreferate gebeten hätten, sich mal im Finanzministerium umzuhören, wie die Entwicklung ist; natürlich nicht nach der Maßgabe „Mein Minister oder meine Ministerin will wissen“, denn dann gehen die Schotten her

unter, sondern mehr auf der Basis von Oberamtsrat zu Oberamtsrat, wo man auch mal über den Gartenzaun fragt, wie es läuft und wie die Entwicklung ist -, dass sich bei den Ausgaben im letzten Jahr ein Rest von weiteren 200 Millionen DM ergeben hat. 800 Millionen DM plus 200 Millionen DM ergeben 1 Milliarde DM. Das ist eine ganz einfache Rechnung.

Dass diese Zahl plausibel ist, will ich Ihnen auch darstellen. Wenn man 2,65 Milliarden DM als Nettokreditaufnahme eingeplant hat, dann müsste, wenn der Haushalt mit 1 Milliarde DM besser läuft, die tatsächliche Nettokreditaufnahme am 31. Dezember in der Sollstellung 1,65 Milliarden DM betragen. Das ist eine relativ einfache Rechnung. Wo ist die Sollstellung? - Bei 1,65 Milliarden DM tatsächlich getätigter Nettokreditaufnahme im Jahre 2000. Das heißt, dass wir 1 Milliarde DM aus dem Jahr 2000 übrig haben, die wir in die Rücklage einstellen können, wie wir es bei der Haushaltsplanberatung für das Jahr 2001 auch bereits vorhergesagt haben.

Auch die 200 Millionen DM haben wir in Ihren Änderungsanträgen schon vorhergesehen, wobei wir nicht in allen Punkten eine Punktlandung gemacht haben. Wir haben z. B. gesagt, dass bei Zinsen und Geldbeschaffungskosten nur 30 Millionen DM einzusparen sein würden. Wenn die Zahlen des Statistischen Landesamtes, das ja nun vom Staatsgerichtshof geadelt worden ist, richtig sind, die diese Woche ins Internet gestellt worden sind, dann hat man im letzten Jahr 80 Millionen DM an Geldbeschaffungskosten und Zinsen eingespart. Auch aus dieser Zahl können Sie wieder errechnen, dass das etwa die Kosten sind, die für die Kreditaufnahme von 1 Milliarde DM entstehen. Also wird die Zahl auch von dieser Seite her rund. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass wir einen Nachtragshaushaltsplan aufstellen, diese 1 Milliarde DM als Schatz aus der Rücklage heben, die diesjährige Nettokreditaufnahme zurückführen und andere wichtige Politikfelder wie die Unterrichtsversorgung oder die innere Sicherheit hiervon bedienen.

(Beifall bei der CDU)

Noch lieber wäre es mir, wenn wir damit auch gleich das gesamte EXPO-Defizit auf einmal tilgen würden. Dann müssten wir das nicht noch auf unsere politischen Erben und Enkel übertragen; denn das war eine Veranstaltung, die wir genossen haben, und dann sollten wir sie auch bezahlen. Der

Ministerpräsident hat ja einmal gesagt: Wenn man sich Gäste einlädt, dann muss man auch bezahlen. Aber man kann sich keine Gäste einladen, Herr Ministerpräsident, und seine Enkel die Zeche bezahlen lassen.

(Frau Harms [GRÜNE]: Ich dachte, da wären Sie immer sehr einig gewe- sen!)

- Was sagten Sie, Frau Harms?

(Frau Harms [GRÜNE]: Da waren Sie doch immer einig!)

- Da sind wir sehr einig. Ich bin aber der Meinung, dass ich, wenn ich Gäste einlade, gleich bezahle und das nicht auf den Deckel schreiben lasse und hoffe, dass meine Enkel irgendwann den Deckel einlösen. Das ist das, was ich eingefordert habe.

Nun komme ich zum großen Geschrei, das die Finanzpolitiker der Regierungen sowohl in Berlin als auch hier wegen der Steuereinbrüche 2001 anstimmen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wer sich gestern „Berlin Mitte“ hat anschauen können, der hat gesehen, wie Herr Eichel unruhig auf seinem Platz hin und her rutschte und die Fragen von Herrn Merz und Herrn Gysi nicht mehr beantworten konnte, weil alles, was er sagte, falsch ist. Das liegt an Folgendem: Der Haushalt 2001 ist auf den Zahlen der Mai-Schätzung 2000 aufgebaut. Das ist unbestritten. Sie haben sich ja geweigert, die November-Schätzung einzubeziehen, obwohl das sehr gut möglich gewesen wäre und zu einer Konsolidierung des Haushaltes geführt hätte. Die Sollergebnisse des Jahres 2000 geben uns schließlich auch Recht.

Dann muss man natürlich, da die mittelfristige Finanzplanung auf den Zahlen von Mai 2000 aufgebaut ist, auch alle anderen Zahlen auf der Mai-Schätzung 2000 aufbauen, und nicht auf der November-Schätzung; denn richtig ist: Die Novemberschätzung hat bundesweite Gesamtsteuereinnahmen in Höhe von 899 Milliarden DM ergeben. Die Mai-Schätzung lag deutlich darunter, und die Mai-Schätzung 2001, die gestern oder vorgestern erfolgt ist, geht noch von 891 Milliarden DM aus. Diese Zahl von 891 Milliarden DM liegt aber eben über der Zahl der Mai-Schätzung 2000, auf der unser gesamtes Zahlenwerk basiert. Deshalb kann man sagen, dass es keine Steuereinbrüche

gibt, sondern dass die Steuereinnahmen zwar nicht explodieren, wie im letzten Jahr, aber immerhin noch einigermaßen im Soll liegen.

Ich sage sogar voraus, dass wir in diesem Jahr mit mindestens 200 Millionen DM über dem Plan liegen werden. Das können Sie ganz einfach errechnen. Wenn Sie die Zahlen miteinander vergleichen, dann werden Sie sehen, dass bundesweit etwa 6,8 Milliarden DM mehr erhoben werden. Davon bleibt etwa ein Drittel, nicht weniger, gegenüber der November-Schätzung - - - Das ist es doch! Sie denken immer wie ein Gewerkschafter. Sie fordern 10 %, und wenn Sie 5 % mehr Gehalt bekommen, dann sagen Sie: Ich habe auf 5 % Gehalt verzichtet. - Das ist eine Argumentation, die nicht hingenommen werden kann und auch nichts mit Finanzpolitik zu tun hat!

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Das ist nicht zu glauben! - Weitere Zurufe von der SPD)

Das heißt, wenn wir davon ausgehen, dass von den 6,8 Milliarden DM, die bundesweit mehr eingenommen werden werden, ein Drittel bei den Ländern bleiben wird, dann werden etwa 200 Millionen DM beim Land Niedersachsen bleiben. Damit ist überhaupt kein Grund dafür gegeben, eine Haushaltssperre zu verhängen, sondern es ist aufgrund der enormen Rücklage aus dem letzten Jahr ein Grund gegeben, einen Nachtragshaushaltsplan aufzulegen, um diese 1 Milliarde DM von 40 Milliarden DM der Verantwortung des Parlaments zu übergeben, damit das Parlament entscheidet, was damit geschieht, und nicht die Regierung sozusagen abgehoben vom Parlament die Haushaltspolitik macht. Das kann nicht sein. Das Budgetrecht ist das vornehmste Recht des Parlaments.

Herr Plaue, ich will Ihnen eines sagen: Bei dem 50-Pfennig-Dosenpfand haben Sie den starken Max markiert, aber wenn es um 1 Milliarde DM geht, dann lassen Sie die Regierung vor sich hin wursteln und sagen Sie nicht gemeinsam mit den Grünen und der CDU: Dieses Geld muss nun endlich in die Konsolidierung und in Prioritäten gesteckt werden.