Protocol of the Session on May 17, 2001

(Beifall bei der SPD - Klare [CDU]: Jetzt kommen wir der Sache näher!)

Ich bin davon überzeugt, dass dies in einer kooperierenden Haupt- und Realschule besser möglich ist.

(Frau Körtner [CDU]: Deshalb schaf- fen wir die Orientierungsstufe ab, weil nicht optimal beschult werden kann!)

Die Erfahrungen, die in diesen Einheiten gemacht werden, sind sehr gut.

Ich habe mehrmals von der Entwicklung der Schulstruktur gesprochen. Der SPD-Fraktion ist es mit dieser Entwicklung ernst. Deswegen werden wir eine Kooperation zwischen Realschule und Hauptschule nicht aufoktroyieren und schon gar nicht eine Verschmelzung aufoktroyieren. Eingebunden in regionale Gegebenheiten wollen wir es Schulträgern, Eltern und Lehrerschaft vor Ort überlassen, ob sie Verbundsysteme bilden wollen. Die Richtung wollen wir allerdings vorgeben, und dabei wollen wir nach vorne schauen und nicht rückwärts, wie Sie das tun und wie Ihr Antrag erkennen lässt.

(Beifall bei der SPD - Meinhold [SPD]: Klasse! - Busemann [CDU]: Wir werden noch viel Freude an euch haben! - Klare [CDU]: Warum ist sie eigentlich nicht schulpolitische Spre- cherin?)

Frau Kollegin Litfin hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann der Frau Kollegin Eckel weitgehend beipflichten. Ich meine, Frau Kollegin Eckel hat es hier geschafft, uns heute ein Bild dessen zu entwerfen, was sie möchte. Ich wäre aber ganz froh, wenn klar wäre, was Landesregierung und Landtagsfraktion der SPD möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Dann hätten wir vielleicht eine noch bessere Gelegenheit, uns auseinander zu setzen. Auch ich kann zu den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion nur sagen: Es hat wenig Sinn, sich Scheuklappen anzulegen, gesellschaftliche Entwicklungen zu ignorieren und zu versuchen, zu zementieren und zu befestigen, was in den 50-iger Jahren in unserer Republik sicherlich einmal seinen Sinn gehabt hat und damals auch gut gewesen ist, was aber heute längst überholt ist.

(Frau Körtner [CDU]: Aber in Eng- land werden alle integriert!)

Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, werden mit all Ihren vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erreichen, dass die Eltern nicht mehr mit den Füßen abstimmen und ihre Kinder nach Ihrem Willen an den Hauptschulen anmelden. Sie werden damit bei den Eltern keinen Erfolg haben.

(Frau Seeler [SPD]: So ist es!)

„Ich will so bleiben, wie ich bin“ mag ein schöner Werbespruch sein. Für die Bildungslandschaft, die sich ständig weiter entwickeln muss, ist es das falsche Motto. „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ wird den Anforderungen der Wissensgesellschaft kein bisschen gerecht werden.

Allerdings, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, frage ich mich auch: Wozu eigentlich noch Sekundarschulen? Wir haben Integrierte Gesamtschulen, und wir haben Kooperative Gesamtschulen. Zu den ersten gilt es zu sagen, dass wir an fast allen Standorten, an denen eine IGS vorhanden ist, das Problem haben, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler abgewiesen werden müssen, weil die Schulen sie wegen Kapazitätsmangels nicht mehr aufnehmen können. An vielen Orten gibt es Initiativen von Eltern auf Gründung einer zusätzlichen IGS, und ich meine, dass es an der Zeit ist, hierauf politisch zu reagieren. Ich kann Ihnen für meine Stadt Hildesheim sagen: Wir haben eine IGS - die älteste in Niedersachsen, die seit nahezu 30 Jahren sehr gute Arbeit leistet -, die inzwischen jährlich 170 Schülerinnen und Schüler zurückweisen muss. Sie kann sie nicht aufnehmen. An der Stelle sollten wir etwas tun.

(Zustimmung von Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE])

Schauen Sie sich die Kooperativen Gesamtschulen an. Gerade im ländlichen Bereich sind - leider ohne, dass sich das in der Landtagsfraktion der CDU widerspiegelt - die konservativen Schulträger dabei, immer mehr Kooperative Gesamtschulen einzuführen. Dort gibt es überhaupt keinen Widerstand mehr gegen die Schulformen,

(Oestmann [CDU]: Etwas differen- zierter geht es schon!)

sondern sie sind beliebt und anerkannt.

(Ontijd [CDU]: Stimmt doch alles gar nicht!)

Wozu brauchen wir daneben noch eine Sekundarschule? Warum verstärken wir nicht die Tendenz zur KGS gerade im ländlichen Bereich und, Kollege Meinhold, statten diese dann mit gymnasialen Oberstufen aus,

(Meinhold [SPD]: Richtig! - Voigt- länder [SPD]: Das müssen die Schü- lerzahlen aber hergeben!)

damit wir endlich in den Bereichen, in denen nur 11 % eines Schülerjahrgangs Abitur machen, die Quote anheben können?

(Ontijd [CDU]: Die gehen trotzdem zum Gymnasium!)

Die Kinder und Jugendlichen im ländlichen Bereich sind doch nicht weniger fähig oder weniger begabt als die im großstädtischen Bereich. Sie brauchen nur mehr Angebote, die sie annehmen können, um zu höherwertigeren Abschlüssen zu kommen.

(Meinhold [SPD]: Wir sind doch gar nicht auseinander!)

- Der Kollege Meinhold gibt mir völlig Recht. Ich sehe eine glänzende Zukunft.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Koch hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir Leid, aber ich kann weder Frau Eckel noch Frau Litfin zustimmen, und zwar überhaupt nicht.

(Meinhold [SPD]: Ach, komm!)

Ich fürchte, lieber Herr Meinhold, dass Sie genau den selben verhängnisvollen Weg gehen, den Sie vor vielen Jahren als damals einziges Bundesland gegangen sind, als Sie die schulformunabhängige selbständige Orientierungsstufe geschaffen haben. Das war damals ein großer Fehler, den man ja jetzt zu revidieren bereit ist.

(Ontijd [CDU]: Sehr richtig!)

Im Gegensatz zu anderen Ländern, die von der Beobachtungsstufe bis zur Förderstufe ein differenziertes und begabungsgerechtes Modell für die fünfte und sechste Klasse angeboten haben, wurde hier erstens ideologisch blitzsauber die schulformunabhängige integrierte Orientierungsstufe geschaffen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Koch, möchten Sie eine Frage des Kollegen Meinhold beantworten?

Nein. Ich habe nur zwei Minuten Redezeit, die mir großzügigerweise zugestanden wurden. Mehr ist nicht drin.

(Zuruf von Meinhold [SPD])

Zweitens fürchte ich, dass wir hierbei auf dem falschen Weg sind. Es wäre schön, Herr Meinhold, wenn dieser Weg in die Sekundarstufenschule wirklich nicht an den Eltern vorbei gehen würde. Ich darf Ihnen sagen, dass selbst in Gegenden, die Ihnen sehr nahe stehen - z. B. Osterode: SPD-Mehrheit im Kreistag, SPD-Mehrheit in der Samtgemeinde Hattorf - große Schlagzeilen fabriziert werden. Ein Beispiel: Große Freude in Hattorf; nun ist der Sekundarstufenschulversuch beendet, und nun kommt die Realschule in das rote Hattorf.

(Beifall bei der CDU - Frau Litfin [GRÜNE]: Das war doch alles vor dem Friseurtermin, Herr Koch!)

Frau Jürgens-Pieper, es wird immer wieder gesagt, auch von Ihnen: Sie machen doch das, was Ihre CDU-Kollegen in Thüringen und Sachsen auch machen, nämlich die Sekundarstufenschule einführen. Meine Damen und Herren, hier werden wirklich Äpfel und Birnen verglichen, nicht, weil der Weg umgekehrt gegangen worden ist - von der Einheitsschule in ein differenziertes Schulwesen -, sondern, weil diese Sekundarstufenschule überhaupt nicht mit der kaum noch differenzierten Sekundarstufenschule vergleichbar ist; denn sowohl in Thüringen als auch in Sachsen wird ab der siebten Klasse in vier Kernfächern und ab der neunten Klasse in zwei zusätzlichen Wahlpflichtfächern differenziert. Deshalb ist zu befürchten - das ist meine feste Überzeugung -, dass Sie mit der Sekundarstufenschule in Niedersachsen zusätzlich dazu beitragen werden, dass der unkanalisierte Weg zum Gymnasium noch breiter gemacht werden wird.

(Beifall bei der CDU - Ontijd [CDU]: Genau!)

Was mich am meisten ärgert, ist etwas ganz anderes. Herr Meinhold, Sie gehören zu den Kollegen, die lange im Dienst waren. Es ärgert mich, dass man die riesige Arbeit, die von Pädagogen geleistet worden ist, nämlich eine umfängliche Bestandsaufnahme über das Realschulwesen in Niedersachsen, die erst vor neun Jahren abgeschlossen

wurde - - - Diese hatte zum Ergebnis, dass die studienbezogene und arbeitsbezogene Ausbildung der Realschule, die Doppelgleisigkeit dieser Schulform, sie zur beliebtesten Schulform macht und sie deshalb von 40 % der Eltern ausgewählt wird.

(Beifall bei der CDU)

Diese Bestandsaufnahme bezüglich der Realschule wird jetzt eigentlich Lügen gestraft. Damals hat man dafür 170 Schulen herangezogen, und dies ist das Ergebnis.

Ich darf Ihnen sagen: Wir tragen dazu bei, dass wir noch einmal eine Restschule bekommen, dass das Gymnasium aufgebläht wird und dass wir eine Flut von Schulabbrechern erhalten. Das ist meine Überzeugung. Es wäre schön, wenn hier irgendwann einmal eine Koalition der Vernunft entstände, wenn wir über die Gräben, die es gibt, hinwegspringen könnten und wenn wir hier eine Reflektion eintreten ließen. Es wäre – das ist wirklich meine Bitte – jammerschade um diese erfolgreiche Schulform.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin Jürgens-Pieper hat das Wort.

(Zurufe von der CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nahtlos an den Appell, den wir von Herrn Koch gehört haben, anschließen. Ich möchte auch noch ein bisschen in die Geschichte zurückgehen, auch im Sinne meines Amtsvorgängers Rolf Wernstedt.