Protocol of the Session on May 16, 2001

Zum Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 14/1690 habe ich schon bei ersten Beratung deutliche Ausführungen gemacht und habe den Gesetzentwurf abgelehnt. Er ist von großer Regelungswut bzw. Regelungsdichte geprägt. Deshalb möchte ich auf diesen Gesetzentwurf nicht weiter eingehen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung über Raumordnung und Landesplanung ist grundsätzlich kein Neuentwurf, sondern hat lediglich Ergänzungscharakter. Ich hätte mir gewünscht, dass wir eine Neugestaltung des LandesRaumordnungsprogramms bekommen hätten, weil dies meiner Meinung nach fällig, ja sogar überfällig ist.

Ich möchte darauf verzichten, auf einzelne Punkte einzugehen, weil ich bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Innenausschuss und auch bei der ersten Beratung hier im Plenum darauf bereits detailliert eingegangen bin. Wie ich vorhin aber schon erwähnt habe, sind diese Punkte bei den Beratungen nicht zum Tragen gekommen. Ihnen liegt jetzt ein Änderungsantrag meiner Fraktion vor, für den ich werben möchte. Ich möchte nämlich eine Lanze für den ländlichen Raum brechen.

(Beifall bei der CDU)

Der ländliche Raum erstreckt sich über etwa 75 % der Fläche Niedersachsens. Er reicht von Krummhörn bis zum Harz, von Dannenberg bis nach Meppen und von Cuxhaven bis nach Göttingen. Das Land Niedersachsen wird nicht durch die Großstädte, sondern durch die Fläche geprägt. Vergegenwärtigen Sie sich bitte einmal, dass mehr als 5,2 Millionen Menschen in unserem Lande abseits von den Ballungszentren im ländlichen Raum leben!

In der Vergangenheit war von verschiedenen namhaften Personen hier im Lande immer wieder zu hören, dass nach der EXPO die Fläche dran sei, dass der ländliche Raum gefördert werden müsse. Dies dürfen nicht nur Worthülsen und Ankündigungen bleiben, sondern dem sollten jetzt konkrete Taten folgen.

(Beifall von Ehlen [CDU])

Bei dem Gesetzentwurf über Raumordnung und Landesplanung wird die große Chance vertan, wirkliche Akzente für den ländlichen Raum zu setzen. Dabei besteht aber die Verpflichtung, das Grundgesetz und auch das Raumordnungsgesetz des Bundes zu beachten, nach denen in den Teilräumen Deutschlands gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen und in den strukturschwachen Räumen die Entwicklungsvoraussetzungen bevorzugt zu verbessern sind.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb stellt meine Fraktion diesen Änderungsantrag, um ein positives Zeichen für den ländlichen Raum zu setzen.

(Ehlen [CDU]: Höchste Zeit!)

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften ist - das ist unser Ergänzungsantrag zur Drucksache 1690 - in § 1 - Aufgaben der Raumordnung und Landesplanung - um folgenden Absatz 3 zu ergänzen:

„Bei Standortentscheidungen sollen Behörden, Teile von Behörden oder Funktionsbereiche vor allem in ländliche und strukturschwache Gebiete verlegt werden.“

Dies ist eine sinnvolle Ergänzung für den vorliegenden Gesetzentwurf.

Die Ministerkonferenz für Raumordnung hat bereits in ihrer Entschließung „Standortpolitik für

Behörden bei Bund und Ländern“ am 12. November 1981 - ich wiederhole: am 12. November 1981 - auf die wachsenden Beschäftigungsprobleme der strukturschwachen Gebiete und die ständige Abnahme der Möglichkeiten, durch Neugründungen oder gezielte Erweiterungen im produzierenden Gewerbe regionale Ausgleichseffekte zu erzielen, aufmerksam gemacht.

Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! Er ist sinnvoll und für den ländlichen Raum von herausragender Bedeutung. Ich meine, dann schaffen wir Fakten und bewirken somit eine Aufbruchstimmung im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin der Meinung, dass die Raubzüge und Feindseligkeiten gegenüber dem ländlichen Raum ein Ende haben müssen.

(Beifall bei der CDU - Ehlen [CDU]: Sehr richtig!)

Mit unserem Änderungsantrag würden wir ein deutliches positives Zeichen für den ländlichen Raum in Niedersachsen setzen.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Coenen. - Für die Fraktion der SPD spricht die Kollegin Frau Tinius.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung werden nicht nur die bundesrechtlichen Vorgaben für Niedersachsen umgesetzt. Vielmehr ist die sich bietende Gelegenheit auch dazu genutzt worden, das Raumordnungsgesetz in weitergehender Weise zu novellieren. Es wurden zahlreiche Änderungen eingearbeitet, die in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung dienen und häufig auf Anregungen aus der Praxis beruhen.

Vor dem Hintergrund der Verwaltungsreform war eine solche Überarbeitung notwendig und folgerichtig. In einer Zeit, in der alle von Synergieeffekten und Effizienz reden, müssen diese Überlegungen auch Eingang in die Raumplanung finden.

Daher haben u. a. die folgenden Punkte Eingang in den Gesetzentwurf gefunden:

Die Verankerung der Zusammenarbeit bei der Regionalplanung in den Grenzräumen und Verflechtungsbereichen zu Hamburg und Bremen - sie dient einer dauerhaften Absicherung der bestehenden Kooperationen -, die Veränderung der Bekanntmachungsvorschriften bei der Veröffentlichung regionaler Raumordnungsprogramme, die mögliche Verknüpfung von Zielabweichungs- und Raumordnungsverfahren, die Einführung eines vereinfachten Raumordnungsverfahrens und die weitere Verlagerung von Zuständigkeiten auf die unteren Landesplanungsbehörden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf wurde im federführenden Innenausschuss, worauf der Kollege Coenen bereits hinwies, intensiv beraten. Dabei ist gerade hinsichtlich der eben genannten Änderungen deutlich geworden, dass sie nicht zulasten der Planungs- und Rechtssicherheit gehen. Insbesondere für das nun normierte vereinfachte Raumordnungsverfahren gilt, dass lediglich auf in der Vergangenheit häufig kritisierte formalisierte Prüfungsschritte verzichtet wird, die dann in den nachfolgenden Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren erfolgen.

Ein Defizit bei der Prüfung von Umweltbelangen und bei der Beteiligung von Umweltverbänden sehen wir dadurch nicht. Zudem muss man sich vor Augen führen, dass es in dem hier angesprochenen § 17 des Gesetzes letztlich nur um die Frage geht, an welcher Stelle des Planungsablaufs eine UVP zu erfolgen hat. Die Feststellung, ob generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist, wird nach wie vor im UVP-Gesetz getroffen und bleibt somit von der Novelle des Raumordnungsgesetzes unberührt.

Meine Damen und Herren, bei den Beratungen wurde auch der enge Zusammenhang zwischen Landes-Raumordnungsgesetz und Landes-Raumordnungsprogramm thematisiert. Es wurde die Frage diskutiert, ob anzustreben ist, das LandesRaumordnungsgesetz und –Raumordnungsprogramm zusammenzuführen und künftig beide als Gesetz zu verabschieden. Eine derartige Empfehlung wurde auch vom Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen gegeben. Zum jetzigen Zeitpunkt wurde jedoch von einer solchen Änderungsempfehlung abgesehen, insbesondere um die Beratung dieses Gesetzentwurfs nicht zu verzögern, da die

Aufstellung des Landes-Raumordnungsprogramms noch nicht abgeschlossen ist. Ferner erklärte die Landesregierung ausdrücklich, auf eine solche rechtstechnische Änderung, aber auch auf eine Verschlankung der landesplanerischen Aussagen mittelfristig hinzuarbeiten.

Dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion, Bestimmungen zur besonderen Berücksichtigung des ländlichen Raums bei Entscheidungen über Behördenstandorte in das Gesetz aufzunehmen, können wir an dieser Stelle nicht folgen. Das Raumordnungsgesetz, meine Damen und Herren, ist ein Verfahrensgesetz; materielle Festlegungen erfolgen im Landes-Raumordnungsprogramm.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen konnte nicht gefolgt werden; denn auch dieser Gesetzentwurf enthielt zahlreiche Regelungen, die materiell nicht in das Raumordnungsgesetz als Verfahrensgesetz gehören. Zudem muss festgestellt werden, dass ein eindimensional ausgerichtetes Raumordnungsrecht nicht den heutigen Planungserfordernissen gerecht wird. Daher erscheint uns der Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu sehr ausschließlich an Umweltbelangen orientiert, als dass er hier hätte Aufnahme finden können.

Bereits im Vorfeld dieses Gesetzgebungsverfahrens wurde über die vorgesehene Änderung des Gesetzes über den Zweckverband Braunschweig intensiv diskutiert. Nicht bei allen Gebietskörperschaften - hier hauptsächlich bei den Hauptverwaltungsbeamten - stößt die Änderung des § 28 auf ungeteilte Zustimmung. Diese Änderung bewirkt, dass die im Bereich des Zweckverbandes Braunschweig bislang geteilte Zuständigkeit für Raumordnungsprogramme - nämlich beim Zweckverband - und z. B. für Raumordnungsverfahren - bei den Verbandsgliedern - dahin gehend geändert wird, dass alle Aufgaben beim Verband konzentriert werden. Auf die Historie, warum es diese geteilte Zuständigkeit gab, bin ich bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfs eingegangen und erspare es mir deshalb, dies an dieser Stelle zu wiederholen. Die Beratungen dieses Gesetzentwurfes zeigten jedoch, dass es gerade vor dem Hintergrund der Diskussion über Aufgaben der Regionen und die guten Erfahrungen, die beim Kommunalverband Großraum Braunschweig mit der Regionalplanung gemacht worden sind, zweckmäßig ist, eine Zuständigkeit für die Raumordnungsplanung

beim Großraumverband Braunschweig zu konzentrieren.

Meine Damen und Herren, das vorliegende Gesetz ist ein geeignetes Instrument, um die Ziele insbesondere der Nachhaltigkeit von Raumordnungsplanung zu verfolgen. Es ermöglicht die Verbesserung des Standes der Regionalplanung, eine wirkungsvolle Regionalplanung und die Absicherung interkommunaler Kooperationen. Die Novellierung des Landes-Raumordnungsgesetzes ist somit nicht nur die fristgerechte Anpassung an geändertes Bundesrecht, sondern sie schafft auch die Grundlage für die den heutigen Planungserfordernissen entsprechende Landes- und Regionalplanung. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Hagenah.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In keinem anderen Bundesland wird Regionalplanung auf so kleiner Ebene durchgeführt wie bei uns in Niedersachsen. Angesichts der Diskussionen um europäische Regionen sowie die Zukunftsfähigkeit und die Gestaltung nachhaltiger Regionalentwicklung ist der Gesetzentwurf der Landesregierung daher auch rückwärts gewandt. Einziger Fortschritt im neuen Gesetz ist, dass nun neben der Region Hannover auch im Großraum Braunschweig formell die Regionalkompetenzen gebündelt worden sind. Der Landesregierung fehlt aber der Mut, sich einzugestehen, dass das alte Modell der Kommunen als Träger der Regionalplanung in Niedersachsen nicht mehr zukunftsfähig ist und dass wir es uns nicht mehr leisten können, dass Planungen gegeneinander laufen. Unsere Kommunen konkurrieren noch immer gegeneinander, verschwenden dabei die knappen Mittel und können so in der Konkurrenz der europäischen Regionen nicht bestehen.

(Coenen [CDU]: Das stimmt nicht!)

Die Landesregierung verhält sich dazu völlig widersprüchlich. Einerseits tritt sie für eine leistungsfähige Verwaltungseinheit wie die künftige Region Hannover ein - wir haben es heute Vormittag erlebt -, andererseits will sie die Regionalplanung im übrigen Land - außer in Braunschweig - weiter

hin bei den Landkreisen und selbst bei den kreisfreien Städten belassen. In Niedersachsen werden die Chancen guter Regionalplanung zu wenig genutzt. Sieben Landkreise haben noch nie ein Regionales Raumordnungsprogramm aufgestellt. Zurzeit haben bei uns 13 Landkreise keine gültige regionale Raumplanung. Wird das mit dem neuen Gesetz etwa besser? - Ich sehe dafür keinen Ansatz. Das eigentliche Dilemma der Regionalplanung in Niedersachsen wird nicht angegangen. „Wir setzen weiter auf das Prinzip Freiwilligkeit.“ So heißt es im Gesetzentwurf der Landesregierung. Damit kaschieren Sie doch nur Ihre eigene Handlungsunfähigkeit.

Gerade im großräumigen Bezug der Stadt-UmlandProblematik werden überall erhebliche Defizite im eigenen Lande und in der Konkurrenz mit anderen Bundesländern deutlich. Trotz einiger Ansätze gilt dies auch für die gemeinsame Landesplanung mit Bremen und Hamburg. Gerade auf niedersächsischer Seite liegen hier die strukturellen Mängel. Es gibt einen fundamentalen Interessengegensatz zwischen den Hansestädten und dem niedersächsischen Raum um sie herum. Gerade deshalb sind wir als Grüne der Meinung, dass sich die niedersächsische Seite um die Hansestädte formal organisieren sollte. Wir haben hier quasi großstädtische Regionen mit all ihren Chancen auf niedersächsischem Gebiet, nutzen sie aber nicht. Agiert und regiert wird hier wie im ländlich dominierten Raum. Wir müssen unsere niedersächsischen Potentiale, die sich im Umfeld der großen Hansestädte inzwischen entwickelt haben, effizienter nutzen und dürfen diese nicht durch interne Interessenkonflikte zwischen unterschiedlichen Bezirksregierungen, unterschiedlichen Kreisen und kreisfreien Städten selbst zerreden und zerreiben.

Insofern führt der grüne Gesetzesvorschlag in die richtige Richtung und nicht hin zu einer erhöhten Regelungsdichte oder gar, wie ich gerade gehört habe, zu einer reinen Umweltsicht der Regionalplanung, wie uns in den Beratungen vorgehalten worden ist. Wir wollen Kompetenz von oben aus der Bezirksregierung heruntergeben und sie auf regionaler Ebene mit dem bündeln, was heute auf Kreisebene vorhanden ist. Dies ist letztendlich auch ein Schritt zur Verwaltungsvereinfachung. Hier soll endlich über die Probleme regional nachgedacht und entschieden werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Vorschlag setzt auf freiwillige Verbünde mit einer Vorgabe dahin gehend, dass die Landkreise die Raumordnung bis zu einem bestimmten Termin regional zu organisieren haben. Von diesem Zeitpunkt an - -

(Coenen [CDU]: Warum?)

- Das habe ich, glaube ich, gerade ausführlich ausgeführt. Wenn Sie nicht zugehört haben, kann ich Ihnen nicht helfen. - Von diesem Zeitpunkt an sind nicht mehr die Landkreise die Träger der regionalen Raumordnung, sondern diese Aufgabe muss von größeren regionalen Organisationseinheiten übernommen werden. Auch die so genannte Verfahrensbeschleunigung durch Verzicht auf die UVP im Gesetzentwurf der Landesregierung geht in die falsche Richtung. Der Abbau von Umweltstandards führt hier zu Willkür durch pauschale Ermessensentscheidungen im Vorfeld. Ob es nun UVP-relevant ist oder nicht, sollte das Verfahren selbst erst ergeben, und zwar mit einer verbesserten demokratischen Beteiligung bei Aufstellung der Raumordnungsprogramme. Wir meinen, dass wir viel stärker die Möglichkeit nutzen sollten, auch die Kompetenz vor Ort bei der Aufstellung der Regionalplanung mit einzubeziehen, statt solche Verfahren praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuziehen. Damit werden weniger Akzeptanz und Wirkung erzielt.

(Ehlen [CDU]: Das ist ein Wider- spruch in sich!)

Den heute vorliegenden CDU-Antrag lehnen wir als Grüne ab; denn über Interessenkonflikte zwischen zentral gelegenen Orten mit guter Erreichbarkeit und Strukturförderung muss im Einzelfall entschieden werden und kann nicht vom Landtag aus für alle Einzelfälle schon vorweg entschieden werden. Ich glaube, dass dies kein guter Weg ist, sondern hier müssen die jeweils richtigen Wege im Verfahren gefunden werden. Das geht ohne den CDU-Antrag deutlich besser. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Coenen [CDU]: Das ist ein guter Antrag!)