Protocol of the Session on February 22, 2001

Meine Damen und Herren, wir wollen weniger reißerische Aussagen als in der Vergangenheit, deren Halbwertszeiten ohnehin immer kürzer werden. Wir wollen vielmehr ein zielorientiertes Handeln der Landesregierung und des Ministerpräsidenten, damit wir alle am Ende sagen können: Wir haben es geschafft; der Luft-/Bodenschießplatz Nordhorn-Range ist weg. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Nun spricht Frau Abgeordnete Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Frühjahr 1999, also ziemlich genau vor zwei Jahren, haben wir hier das letzte Mal über dieses Thema diskutiert, und wir haben dann im

Mai 1999 gemeinsam beschlossen, unsere Landesregierung möge die Bundesregierung dazu bringen, den Luft-/Bodenschießplatz Nordhorn-Range zu schließen. Das ist richtig, Herr Kethorn.

(Möllring [CDU]: 1990 versprochen! - Kethorn [CDU]: 1991 ganz genau!)

Dass Sie diesen Antrag jetzt wiederholen, scheint für Sie ein Stück Pflichtübung zu sein; denn Neues haben Sie eben auch nicht gesagt.

(Zustimmung von Möhrmann [SPD] - Kethorn [CDU]: Muss ich denn etwas Neues sagen?)

An der Beschlusslage und der Sachlage aus 1999 hat sich für meine Fraktion überhaupt nichts geändert.

(Zustimmung von Möhrmann [SPD])

Wir wollen diesen Beschluss so beibehalten.

Wenn ich mir allerdings den Wortlaut Ihres heutigen Beschlussvorschlags ansehe, dann fallen einige Passagen doch besonders auf, zu denen ich Ihnen sage: Die werden wir so sicherlich nicht mittragen wollen. Sie behaupten, das BMVg wolle die Bundeswehr in unverantwortlicher Weise aus Niedersachsen zurückziehen. Sie wissen, dass das falsch ist, und zwar spätestens seit heute Morgen. Eigentlich hätten Sie es lange vorher wissen müssen, aber nach der Debatte von heute Morgen müssten Sie es allerspätestens wissen, Herr Kethorn.

Niedersachsen hat dank des Einsatzes unseres Ministerpräsidenten unter der notwendigen Bundeswehrreform viel weniger gelitten als unter allen Reformversuchen des letzten CDU-Bundesverteidigungsministers.

(Kethorn [CDU]: Das ist doch alles ein Ablenkungsmanöver! - Rolfes [CDU]: Wie kommt es denn, dass Sie sich beschwert haben, dass Sie nichts wussten?)

Sie wissen auch, dass in der Region, aus der wir beide kommen, insbesondere der Erhalt und die Aufstockung des Standortes Lingen sehr begrüßt wird.

(Kethorn [CDU]: Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun! - Gegenruf von Möhrmann [SPD]: Das haben Sie doch in Ihrem Antrag drin!)

- Ich habe Ihnen auch zugehört. Vielleicht schaffen Sie es irgendwann auch einmal, ruhig zuzuhören.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen, dass das in der Region sehr begrüßt wird und dass das dort alle anerkennen, und Sie sollten das langsam auch einmal tun.

(Kethorn [CDU]: Das sind zwei ver- schiedene Themen!)

Außerdem behaupten Sie, das BMVg wolle den Flugbetrieb auf der Nordhorn-Range nicht nur aufrecht erhalten, sondern ausweiten. Tatsache ist, dass die Royal Airforce den Betrieb des Übungsplatzes am 8. März dieses Jahres an die Bundeswehr übergeben wird. Das ist ein Jahr früher als geplant. Das wissen Sie auch.

(Kethorn [CDU]: Korrekt! Ein Jahr früher schließen!)

Darüber, wie und in welchem Maße die Bundesluftwaffe diesen Platz zukünftig nutzen wird, wird in der Region spekuliert, und Ihre Formulierungen machen sehr deutlich, dass Sie munter mitspekulieren, immer in der Hoffnung, daraus irgendwelchen Honig für sich saugen zu können. Aber ich glaube nicht, dass Ihnen das gelingen wird.

(Kethorn [CDU]: Die offizielle Stel- lungnahme! - Fischer [CDU]: Er ist doch nicht die Biene Maja!)

Auch die SPD-Fraktion in diesem Hause ist der Meinung, dass die Übernahme des Luft-/Bodenschießplatzes durch die Bundeswehr nicht zu einer Ausweitung des derzeitigen Übungsbetriebs führen darf. Aber in diesem Zusammenhang muss dann erst einmal geklärt werden, was Sie beispielsweise unter „Ausweitung“ verstehen. Heißt „Ausweitung“, dass die Bundeswehr nicht mehr Übungsflüge durchführt als bisher, oder heißt „Ausweitung“, dass die Bundeswehr die bisherige Gesamtbelastung, die zurzeit von Bundeswehr und Royal Airforce verursacht wird, nicht überschreiten darf? - Ich meine, das sind Punkte, über die wir uns im Ausschuss erst einmal unterhalten werden müssen.

Fest steht, dass die seit Jahrzehnten andauernde Lärmbelästigung, Beeinträchtigung und Belastung der Bevölkerung, unter der in unserer Region mehr als 100 000 Menschen zu leiden haben, vermindert werden muss. Darin sind wir uns bei diesem Antrag wiederum einig.

Ein erster Schritt in diese Richtung könnte sein, die Last der notwendigen Übungsmöglichkeiten auf mehrere Schultern zu verteilen. In den letzten Jahren ist zwar eine Reihe von Übungsflügen ins Ausland verlegt worden, aber dass innerhalb der Bundesrepublik allein die Region Grafschaft Bentheim und das Emsland die Last der im Inland notwendigen Übungsflüge tragen müssen, ist nicht in unserem Sinne.

Da wir als SPD-Fraktion – wie ich zu Anfang schon deutlich gemacht habe – inhaltlich an unserem Beschluss von 1999 festhalten wollen, bin ich mir sicher, dass wir bei den Ausschussberatungen auch eine gemeinsame Formulierung finden werden, die der Bundesregierung den Willen dieses Hauses noch einmal deutlich macht. – Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Schwarzenholz für zwei Minuten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion bringt mich zum fassungslosen Erstaunen.

(Kethorn [CDU]: Wieso? – Möhr- mann [SPD]: Doppelstrategie nennt man das!)

Sie führen zurzeit in Niedersachsen eine Kampagne, die wirklich beispiellos ist. Wenn man dieser Kampagne einen Sinn entnehmen kann, ist es der: Wir brauchen möglichst viele militärische Standorte, und im Zusammenhang damit auch möglichst viele militärische Arbeitsplätze. Das ist dann das Wohl der Wirtschafts- und Regionalentwicklung bei uns.

Gott sei Dank sind Handlungsmöglichkeiten vorhanden. Sie beklagen allerdings zu Recht, dass die Bundesregierung ihre Handlungsmöglichkeiten, diesen unheilvollen Bombenabwurfplatz zu schließen, nicht ausschöpft. Dafür ist in Niedersachsen gemeinsames Handeln notwendig, um entsprechenden Druck auszuüben. Sie können aber nicht gleichzeitig die andere Kampagne fahren und die Möglichkeiten der Abrüstung, die sich uns bieten

(Kethorn [CDU]: Das sind doch zwei verschiedene Themen, Herr Schwarzenholz!)

und die ein Segen sind, nicht nutzen wollen. Standortabbau im militärischen Bereich ist langfristig gesehen ein Segen, weil er bedeutet, dass Mittel gesellschaftlich sinnvoll in anderen Bereichen, für eine vernünftige Strukturpolitik eingesetzt werden können, dass Mittel umstrukturiert werden können, dass man die Staatsverschuldung abbauen kann und dass man nicht mehr in einen militärischen Komplex investieren muss. Das beklagen Sie nicht. Sie beklagen aber, dass die Standorte geschlossen werden.

Wenn es dann um Nordhorn geht, weil es dort eine bestimmte Bürgerbewegung gibt, frage ich mich allerdings – wenn Sie jetzt von Schließung sprechen -, ob Sie dann, wenn sich wegen der dortigen Arbeitsplätze eine Bürgerinitiative zum Erhalt des Schießplatzes Nordhorn-Range bildet, auch dabei sind, so wie das bisher der Fall war.

(Dr. Domröse [SPD]: Na klar! – Kethorn [CDU]: Die gibt es nicht! Die wird es nie geben!)

- Die Bürgerinitiative gibt es nicht? Die kriegen Sie bei der politischen Logik noch hin, die Sie bei diesem Antrag in der einen Schlenker-Formulierung zeigen, bei der Sie sagen: Die Bundeswehr zieht sich zurück – welch Unheil.

Statt uns darüber zu unterhalten, wie wir gute Lobbyarbeit für Niedersachsen machen können, damit das Strukturförderprogramm hierher kommt und Konversionsprogramme finanziert werden und die Standorte, die die militärischen Arbeitsplätze verlieren, andere Arbeitsplätze aufbauen können und das ausreichend finanziert wird, kommen Sie mit solch einem Unfug. Damit tun Sie der Forderung, diesen Schießplatz endlich dicht zu machen, keinen Gefallen; denn das ist nun wirklich reiner Populismus.

Herr Abgeordneter Golibrzuch!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat in den Beratungen über die Standortschließungen in Niedersachsen deutlich gemacht - und zwar auch schon in den zurückliegenden

Monaten, als wir die Änderungsanträge diskutiert haben -, dass für uns ein unmittelbarer Sachzusammenhang zwischen der Verkleinerung der Bundeswehr und der damit aus unserer Sicht notwendigerweise einhergehenden Reduzierung von militärischen Übungsflächen besteht.

Ich erwähne das deshalb, weil Niedersachsen in der Vergangenheit in besonderer Weise nicht nur von Standortschließungen betroffen war, sondern auch von der großen Zahl militärischer Übungsflächen im Land: die Truppenübungsplätze in Munster-Nord und –Süd, der Truppenübungsplatz Bergen-Hohne, die zahlreichen Standortübungsplätze, der Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range, auch die Belastung aus wehrtechnischen Dienststellen und Ähnlichem. All das führt nicht nur zu einer Stärkung der wirtschaftlichen Leistungskraft, sondern auch zu erheblichen Belastungen für die Menschen in diesem Land. Deswegen haben wir immer auf diesen unmittelbaren Sachzusammenhang hingewiesen und gesagt: Wenn es zu Reduzierungen bei Truppenteilen kommt, dann erwarten wir natürlich, dass damit auch in Niedersachsen eine Reduzierung von militärischen Übungsflächen einhergeht.

Passiert ist, dass Niedersachsen – wenn auch weniger als andere Bundesländer; das haben wir heute Vormittag alles diskutiert – Standortschließungen und Reduzierungen hat hinnehmen müssen, dass sich aber die Situation der militärischen Belastung, der Übungsflächen und der Bombenabwurfplätze in Niedersachsen weiterhin völlig unverändert darstellt. Da ist es dann allerdings eine sehr spannende Frage, was Minister Bartling in diesem Sachzusammenhang in der Diskussion mit dem Bundesverteidigungsminister um die Verkleinerung der Bundeswehr und die sich daran anschließende Frage der Übungsflächen in Berlin vorgetragen hat, um diesem – wie ich meine einstimmigen – Landtagsbeschluss von vor etwa zwei Jahren Rechnung zu tragen. Das wüssten wir gern, weil ich jedenfalls den Verdacht habe, dass die Aufstockung des Standorts Lingen vielleicht auch Zugeständnisse der Landesregierung erforderlich gemacht hat, nämlich den Weiterbetrieb oder sogar die Ausweitung des Übungsbetriebs auf der Nordhorn-Range.

Wenn Sie sagen, Frau Müller, da gebe es nichts Neues, dann ist das so nicht richtig. Sie wissen vielleicht, dass in den nächsten Monaten nicht nur die Royal Airforce den Betrieb des Bombenabwurfplatzes Nordhorn-Range an die Bundesluft

waffe abgeben wird, sondern dass sich auch die Bundesluftwaffe vom Bombodrom in Wittstock in den neuen Ländern zurückziehen wird. Da ist jedenfalls unmittelbar die Vermutung statthaft, dass dieser Teil des militärischen Übungsbetriebs der Bundeswehr aus den neuen Ländern zusätzlich auf die Menschen in Nordhorn und in der Region Grafschaft Bentheim verlagert werden könnte.

Wir wollen das jedenfalls nicht, und wir hätten uns gewünscht, dass das - so wie in unseren früheren Anträgen formuliert - im Zusammenhang mit der Standortreduzierung diskutiert worden wäre. Das ist leider nicht passiert. Aber in jedem Fall unterstützen wir die Zielrichtung eines solchen Antrags, die Bundesregierung daran und auch den Bundeskanzler an seine alten Demonstrationsreden erneut zu erinnern. Manche werden in diesen Tagen ja von der CDU häufiger an ihre Vergangenheit erinnert. Diesmal macht es vielleicht Sinn, im Übrigen nicht. An dieser Stelle wollen wir auf eine Schließung des Bombenabwurfplatzes Nordhorn-Range drängen, und zwar mit Ihnen gemeinsam.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zustim- mung von Kethorn [CDU])

Zum Schluss spricht Minister Bartling.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde gern Stellung nehmen zu der Frage von Herrn Golibrzuch. Die Frage Lingen und Nordhorn-Range hat in der Tat keine Rolle gespielt, Herr Golibrzuch. Man hat keine Verbindung hergestellt und gesagt: Wenn ihr das eine macht, dürft ihr das andere nicht machen, oder Ähnliches. Solche Gespräche hat es nicht gegeben.