(Zustimmung von Plaue [SPD] - Frau Pothmer [GRÜNE]: Wir wollen Sie nicht überfordern, Herr Minister!)
Ich kann Ihnen sagen, dass wir in der Tat im Zuge der Verwaltungsreform - mehrere Schritte haben auch Sie hier erlebt - vor der Herausforderung standen, unseren Anteil zum Abbau des Personals beizutragen. Wir haben aber gemeinsam mit den Regierungspräsidenten dafür gesorgt, dass ein Personalabbau eben nicht in diesem sensiblen Aufgabenbereich durchgeführt wird. Wir haben das an anderer Stelle unseres Geschäftsbereichs getan. Sie wissen auch, wo, nämlich im Forstbereich. Wir haben das also nicht getan, und es gibt auch die Zusage des Kabinetts, dass nicht wir die für die Zukunft vorgesehenen Einsparungen werden erbringen müssen.
Ich habe Ihnen bei meiner Antwort eben auch angedeutet, dass wir im Zuge der Einrichtung des neuen Landesamtes und der Zusammenfassung der Dienste sowie aufgrund der Erhebungen, die wir zurzeit draußen im Lande durchführen, um zu erfassen, wie die Arbeitserledigung dort läuft, und zwar auch mit dem Ziel, die Untersuchungsdichte und den Untersuchungsdruck zu erhöhen, in der Zukunft zu konkreten personellen Vorstellungen kommen werden, bei denen wir sicherlich nicht beim Status quo hängen bleiben werden, sondern darüber hinaus gehen werden.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Beratung zu Tagesordnungspunkt 17.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, bitte ich erst einmal darum, dass der Geräuschpegel etwas heruntergefahren wird. Es wäre gut, wenn auch die Gespräche aus den hinteren
Zunächst einmal stelle ich jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses fest; die ist gerade eben gegeben.
Des Weiteren teile ich Ihnen mit, dass der nächste Tagesordnungspunkt, den ich jetzt gleich aufrufen werde, live im Internet übertragen wird, was Sie hoffentlich in vielerlei Hinsicht beeindrucken wird.
Tagesordnungspunkt 18: Zweite Beratung: Schulen gegen Gewalt und Rassismus Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1892 Beschlussempfehlung des Kultusausschusses Drs. 14/2236
Dieser Antrag wurde in der 59. Sitzung am 11. Oktober 2000 an den Kultusausschuss überwiesen. Berichterstatterin ist Frau Kollegin Litfin. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entgegen sonstiger Gepflogenheit werde ich diesen Bericht vortragen und nicht zu Protokoll geben, auch, weil der Internetchat mit den Schülerinnen und Schülern zu diesem Tagesordnungspunkt stattfinden soll.
- Eckard Fasold, ich werde mich natürlich - damit können Sie immer rechnen - an der Debatte beteiligen.
Mit seiner Beschlussempfehlung in der Drucksache 2236 empfiehlt Ihnen der Kultusausschuss einstimmig, den Antrag unverändert anzunehmen.
Meinen Bericht möchte ich mit dem Hinweis beginnen, dass dem Kultusausschuss die einstimmige Empfehlung der Ausländerkommission des Landtages vorlag, sich gegenüber der Landesregierung im Sinne des Entschließungsantrages für schulische Projekte gegen Rechtsradikalismus auszusprechen.
Einer Anregung der Ausschussvorsitzenden folgend, ließ sich der Kultusausschuss zu Beginn seiner Beratungen durch Vertreter der Landesregierung und der Landeszentrale für politische Bildung ausführlich über die bereits ergriffenen Maßnahmen, geplante Projekte, die notwendige Bereitstellung von Haushaltsmitteln und nähere Fördermodalitäten zum Thema „Gewalt und Rassismus im schulischen Bereich“ unterrichten. Durch diese Information wurde den Ausschussmitgliedern verdeutlicht, dass die Bekämpfung des Rechtsradikalismus ein Schwerpunktthema der Landeszentrale für politische Bildung darstellt. Diese wird nach eigener Einschätzung aufgrund des vorliegenden Antrags in der Lage sein, ihre Maßnahmen quantitativ erheblich auszubauen und auch neue Maßnahmen aufzunehmen.
Im Rahmen der Beratungen wies ein Ausschussmitglied der SPD-Fraktion darauf hin, dass der aktuelle Landeshaushalt erhebliche Mittel für den Kampf gegen rechte Gewalt bereitstelle. Die Notwendigkeit, auch in den kommenden Jahren entsprechende Mittel zu gewähren und im Einzelfall sogar noch aufzustocken, werde jedoch gesehen. Nachdenklich stimme, dass es oftmals schwierig sei, Schulen zur Teilnahme am Projekt „Schule ohne Rassismus“ zu bewegen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Schulen Schwierigkeiten damit hätten, den Rassismus in ihrem Wirkungsbereich zuzugeben.
Seitens der Mitglieder der CDU-Fraktion wurde der Standpunkt vertreten, dass mit den vorgestellten Projekten nur ein kleiner Teil der Bevölkerung erreicht werde. Der Arbeit im Unterricht komme daher eine besondere Bedeutung zu. Hier müsse gegebenenfalls auch die Lehrerausbildung noch intensiviert werden. Auch dürfe der Wert des Religionsunterrichts in dieser Hinsicht nicht unterschätzt werden.
Im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern komme einer sensiblen Quantität der Maßnahmen eine große Bedeutung zu. Es müsse vermieden werden, Kinder und Jugendliche zu überfrachten, um ihre Bereitschaft zur Aufnahme des gegen die rechte Gewalt gerichteten Programms nicht zu gefährden.
Das Ausschussmitglied der Fraktion der Grünen erklärte, dass die Aufklärungsarbeit über rechte Gewalt und Rechtsradikalismus mit einer Wanderung auf einem äußerst schmalen Grat gleichzusetzen sei. Bei Kindern und Jugendlichen, die ab
Klasse 6 mit dem dunkelsten Teil der deutschen Geschichte übermäßig konfrontiert würden, sei spätestens nach drei Jahren das Interesse an dieser Thematik nicht mehr vorhanden. Fraglich erscheine, ob mit den in dem Antrag genannten Programmen auch diejenigen erreicht werden könnten, die in ihrer rechtsradikalen Auffassung bereits weitgehend gefestigt seien. Daher sei es erforderlich, dass staatliche Bildungseinrichtungen viel früher als bislang mit Präventivarbeit begännen. Hierzu gehöre es, den Schülerinnen und Schülern gerade bei schulischen Problemen ein Selbstwertgefühl zu vermitteln. Außerdem müsse den Kindern beigebracht werden, dass sie auch denjenigen, der anders sei, ernst nehmen müssten. Hierzu zähle gerade auch die Sprache der Kinder ausländischer Herkunft.
Lehr- und Erziehungskräfte müssten Respekt vor den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen entwickeln. Diese müssten spüren, dass sie ernst genommen würden und auch ein Mitspracherecht und Einflussmöglichkeiten hätten.
Abschließend betonte ein Ausschussmitglied der SPD-Fraktion, der Antrag ziele auf eine präventive Arbeit ab. Zielgruppe des Antrags seien nicht so sehr diejenigen, die sich schon zum Rechtsextremismus bekannt hätten. Es gehe vielmehr darum, diejenigen anzusprechen, die sich noch nicht festgelegt hätten. Diese sollten darin bestärkt werden, sich nicht dem Rechtsradikalismus zuzuwenden. Ansatzpunkt des Antrags sei es, sich mit der Frage auseinander zu setzen, wo tagtäglich Rassismus und Unterdrückung stattfänden.
Die mitberatenden Ausschüsse für innere Verwaltung, Wissenschaft und Kultur sowie Jugend und Sport schlossen sich der Beschlussempfehlung bei gleichem Abstimmungsverhalten an.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht aus dem Ausschuss – ich habe mir auch die Niederschrift über die Einbringung des Antrags im Oktober noch einmal angesehen – zeigt sehr deutlich, dass wir, wie ich meine Gott sei Dank, dieses
Thema im Landtag sehr differenziert diskutieren. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei Herrn Klare und Frau Litfin für diese sehr differenzierte Diskussion bedanken.
Die im Antrag dargestellten Programme, Theaterstücke und auch die Ausstellung sind nur einige Möglichkeiten, um gegen rassistisches Gedankengut, Intoleranz, Hochmut und Gewalt in unseren Schulen zu kämpfen. Ich bin froh darüber, dass wir mit der Verabschiedung des Haushalts 2001 der Landeszentrale für politische Bildung mehr Mittel zur Verfügung gestellt haben, um diese Aktionen verstärkt an den Schulen und auch in den Jugendeinrichtungen anzubieten. Selbst von der einen Million DM für die Aktionen Dritter gegen Rechtsradikalismus sind inzwischen 700 000 DM belegt. Das ist auf der einen Seite sehr erfreulich, weil es zeigt, wie engagiert sich Bürgerinnen und Bürger mit diesem Thema befassen, auf der anderen Seite ist es aber meiner Ansicht nach erschreckend, weil es auch den Handlungsbedarf aufzeigt.
Die rechte Gewalt in Deutschland verlangt nach umfassenden Analysen, damit dann auch die richtigen Folgerungen daraus gezogen werden können. Schlagworte, die alle ein Körnchen Wahrheit enthalten, sind rasch formuliert: Schule, Arbeitslosigkeit, die fehlenden Perspektiven, die Verunsicherung in der Gesellschaft, allgemeine Individualisierungstendenzen.
In der neuesten Ausgabe der Reihe „Informativ und Aktuell“ der Landeszentrale für politische Bildung zum Thema „Gewalt und Rechtsextremismus“ zeigt Kurt Möller die Komplexität der Ursachen für Rechtsextremismus und Gewalt auf. Eines wird dabei sehr deutlich: Rechtsextremistische Tendenzen und ihre Ausbreitung sind weniger ein ideologisches Relikt des Faschismus als vielmehr Folge der Veränderung in unserer Gesellschaft - die Auflösung traditioneller Bindungen und damit auch der Geborgenheit und Zugehörigkeitsgefühle, stärkere Individualisierung, zunehmender Konkurrenzdruck, wachsende Leistungsanforderungen bei gleichzeitigen Zukunftsunsicherheiten, mangelndes Selbstwertgefühl und mangelndes Einfühlungsvermögen.
Wegen der Kürze der Zeit kann ich die sehr differenzierten Betrachtungen und Ausführungen von Kurt Möller nur stark vereinfacht darstellen. Ich kann Ihnen aber die Broschüre, die Sie bei der Landeszentrale erhalten können, wirklich empfehlen.
Was ich damit deutlich machen will, ist, dass dieses Gemisch von Unbehaustsein und Angst vor sozialem Abstieg ein idealer Nährboden ist, bei dem dann leicht Ressentiments und Rassismus entstehen können.
In der gestrigen Ausgabe der „Frankfurter Rundschau“ wird das an einem konkreten Beispiel einer Familie beschrieben, deren Kinder in die rechte Szene abgerutscht sind. Dort wird auch beschrieben, wie es den Eltern gelang, ihren Sohn und ihre Tochter aus der rechtsextremen Szene loszueisen:
„Als nichts mehr funktioniert, als klar ist, dass es so nicht weitergehen kann, machen die Eltern das Einzige, was ihnen noch einfällt: alles anders. Das heißt: kein Streit mehr, keine Verbote, kein lautes Wort und vor allem: keine offensichtlichen Versuche, die Kinder von ihrem Irrweg zu überzeugen.“
Für jedes „Wir hassen euch“, das die Kinder den Eltern entgegenschleuderten, kam nun von den Eltern ein „Wir lieben euch“. „Wir haben das gemacht“, sagt die Mutter, „was die Kameradschaft gemacht hat: Wir haben sie angenommen, ohne Wertung.“
„Genau darin, davon ist die Mutter heute überzeugt, liege doch die Faszination der rechten Cliquen: dass sie Schutz bieten und Geborgenheit. ‚Denen ist es egal, ob du ‘nen Pickel auf der Stirn oder ‘ne dicke Nase hast - Hauptsache, du bist deutsch‘, sagt Meike“
Mit diesem Zitat möchte ich noch einmal verdeutlichen, dass es nicht ausreicht, im Geschichtsunterricht ein weiteres Mal die Gräueltaten des Hitler-Regimes im Unterricht zu besprechen oder Filme von dem menschenverachtenden Elend in den Konzentrationslagern zu zeigen. Auch die Leichenberge nach der Befreiung schrecken eben nur bedingt ab.
All dies ist richtig und wichtig, aber es reicht nicht aus, weil die Gründe, warum sich Jugendliche rechten Gruppen zuwenden, vielfältig und eben oft nicht ideologisch-politisch bedingt sind.
Ich meine, wir alle müssen das Selbstwertgefühl der Jugendlichen stärken und dürfen sie nicht nur nach ihrem verwertbaren Leistungsvermögen beurteilen. Wir müssen sie in ihrer Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit annehmen. Begriffe wie „Chancengleichheit“ müssen noch stärker mit Inhalt gefüllt werden.
Der vorliegende Antrag hat sich auf kleinschrittig vorgehende Programme beschränkt, die jedes Kind und jeden Jugendlichen einer Klasse einbeziehen. Gerade im Projekt „Braunäugig/Blauäugig“ sollen Empathie und Einfühlungsvermögen für die Situation des jeweils anderen geübt, erlebt und gelernt werden. Auch die Schule ohne Rassismus lebt von der täglichen Auseinandersetzung gegen Benachteiligung, Ausgrenzung und der Forderung, jeden Menschen in seiner Einmaligkeit zu respektieren.
Doch wollen wir das Problem wirklich irgendwo auffangen, dann müssen Schritte außerhalb der Schule folgen.
Schon gestern während der Aktuellen Stunde zum Thema Rechtsextremismus wurden auch viele andere Projekte aufgezeigt. Die unterschiedlichsten Aktivitäten sind notwendig, um rechte Gewalt in unserer Gesellschaft zu bekämpfen. Weitere hervorragende Beispiele möchte ich nennen, z. B. das landesweite Bündnis für Demokratie und Toleranz oder auch das Internationale Jugendcamp in Bergen-Belsen oder die vielen örtlichen Aktionen zum Programm "Gesicht zeigen".