Damit komme ich auf die Kontrollen zu sprechen. Am Samstag, dem 20. Januar, war in der „HNA“ zu lesen, dass ein Schlachtbetrieb alles Menschenmögliche gemacht hat: Er hat eine Schweinewurst hergestellt, in der definitiv kein Rindfleisch enthalten war, er hat keine Würzmischungen verwendet, und er hat nach althergebrachter Art alles sehr korrekt getan. - Das Testergebnis war positiv: Es wurde ein Rindfleischbestandteil nachgewiesen. Insofern muss man sehen, ob die DNA-Analyse so definitiv richtig ist.
Zeitgleich wurden Untersuchungen nach der Elisa-Methode durchgeführt - leider weiß ich nicht, welche Methode das ist, auch da brauchen wir vielleicht noch Aufklärung, Herr Minister Bartels -, die negativ waren, also keine Rindfleischanteile ergaben. Insofern fahren wir noch auf so unsicherem Gewässer, dass wir überlegen müssen: Was wollen wir? Wie können wir dem Verbraucher wirklich Sicherheit gewähren?
Zum nächsten Punkt: Auch der Ministerpräsident hat heute Morgen angefordert, Importstandards einzuführen - was immer das auch ist. Dieses anzukündigen und einzufordern ist das eine, aber die Umsetzung auf EU-Ebene ist das andere. Wenn nicht alle Länder mitziehen, bemühen wir uns hier ohne Erfolg. Wir haben den globalen Markt, und es wird dann sicherlich zum Nachteil der Verbraucher im Lande führen.
Verbraucherschutz und Aufklärung - das ist die Devise. Dabei kann ich allerdings nicht aussparen, dass auch wieder die Ernährungslehre in der schulischen Ausbildung mehr Raum bekommen muss. Etwas Ernährungslehre wurde vor Jahren auf sehr niedrigem Niveau in den Biologieunterricht eingeführt. Aber erinnern wir uns noch an die Haushaltsberatungen im letzten Herbst - im Oktober -, als das ML die Mittel - 100 000 DM - für Ernährungsberatung streichen wollte. Man höre und staune.
Parteiübergreifend haben wir das verhindert, Herr Minister Bartels. Auch das gehört zum Verbraucherschutz und zur Aufklärung. Wir haben jahrelang etwas vernachlässigt, das wir jetzt vielleicht wieder etwas mehr in den Vordergrund stellen müssen. Darüber werden wir sicherlich im Ausschuss intensiv beraten.
Ich unterstütze auch noch einmal ausdrücklich die Forderung nach einer Enquete-Kommission. Auch da müssen diese Dinge mit einfließen. Die Verbraucher werden verunsichert sein, solange unsichere Äußerungen - man schließt nicht aus, dass die Milch...; man schließt nicht aus, dass jenes und anderes... - die Verbraucher immer mehr verunsichern. Da müssen wir auch die Forschung mehr voranbringen. Das ist zwar heute alles zugesagt worden, aber blinder Aktionismus und Panikmache müssen aufhören. Wir müssen mehr informieren und aufklären. Das habe ich eben gesagt. Die Schritte gehen in die richtige Richtung, aber solange nicht definitiv feststeht, welche Wege zur Übertragung dieser Krankheit führen und wodurch Creutzfeldt-Jacob wirklich übertragen wird, werden die Verbraucher verunsichert sein.
Ich bin mir nicht sicher, dass wir dieses Problem so ganz schnell in den Griff bekommen. Aber jeden Tag mit einer anderen Meldung zu kommen, ist die schlechteste Lösung. Wissenschaft und Politik
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den wenigen Minuten Redezeit habe ich keine Chance, mich diesen Anträgen auch nur annähernd vollständig zu widmen. Ich werde mir deshalb zwei Punkte aus dem SPD-Antrag herausgreifen und mir im Übrigen etwas allgemeiner den Ärger von der Seele reden. Aber das macht auch deutlich, wo wir stehen.
Der SPD-Antrag ist von seiner Grundausrichtung her sehr erfreulich und kann eine gute Arbeitsgrundlage bilden. Die zwei Punkte, die ich herausgreifen möchte, sind Folgende:
Sie machen sich in diesem Antrag den Begriff der nachhaltigen Landwirtschaft zu Eigen. Da sage ich: Vorsicht Falle! Die konventionelle Landwirtschaft versucht seit geraumer Zeit, sich als nachhaltige und integrierte Landwirtschaft neu zu erfinden. Wer sich einmal den dazu jüngst vorgelegten Kodex durchgelesen hat, wird sehr schnell feststellen, dass darin eine Menge Selbstverständlichkeiten und großzügig interpretierbare Allgemeinplätze enthalten sind. Ich warne insofern vor altem Wein in neuen Schläuchen.
Der zweite Punkt, bei dem ich noch Diskussionsbedarf sehe, ist die Hinwendung zur integrierten Fleischproduktion. Ich habe Zweifel, dass das das richtige Instrument ist. Die Erzeuger behaupten heute - nicht zu Unrecht, meine ich -, es sei gerade die Abhängigkeit von den vor- und nachgelagerten Bereichen der Landwirtschaft gewesen - man sei diesen Bereichen ausgeliefert gewesen -, die sie in diese BSE-Situation gebracht hat. Da ist auch etwas dran. Integrierte Fleischproduktion bedeutet nun aber, dass Sie genau dieses Verfahren zur Vollendung führen, dass Sie diese Bereiche vollständig in dieses System einbinden. Ich bin der Meinung, dass die Erzeuger die Verantwortung für die Marktfähigkeit ihrer Produkte behalten müssen.
Ich möchte jetzt noch auf ein Papier eingehen, das in den letzten Tagen in der Presse eine bedeutende Rolle gespielt hat. Ich meine das berühmte Professorenpapier, das Papier der 42 Wissenschaftler. Hier ist es ganz wichtig zu sehen, dass sowohl der Autor als auch einer der Mitunterzeichner dieses Papiers der Kommission angehören, die uns in Zukunft beraten soll. Die zentrale Aussage dieses Papiers lautet:
„Eine massive Förderung der Ökolandwirtschaft leistet keinen Beitrag zum Verbraucherschutz, bevormundet die Verbraucher, gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft und wird den Staat durch Subventionen an den Bettelstab bringen.“
Ich bin mir nicht darüber im Klaren, ob der Ökolandbau eigentlich weiß, wie gefährlich er nach diesem Papier ist.
Die Professoren sagen, die Verantwortung für BSE trägt in diesem Fall der Staat. Er hätte schon verbieten und kontrollieren müssen, als sich noch niemand vorstellen konnte, was sich alles in Futtermitteln zu Geld machen lässt, und sei es nur in dem Sinne, dass man die Entsorgungskosten dafür spart. Ein bisschen Schuld habe auch die Futtermittelindustrie.
Ich meine, so einfach kann man sich das nicht machen, so schwarzweiß kann man das nicht sehen. Wer ist denn z. B. schuld daran, dass die Tiermehlstandards in England abgesenkt worden sind, wodurch diese ganze BSE-Geschichte überhaupt erst entstanden ist? Ist es die Politik, oder sind es die Lobbygruppen, die sich dort entsprechend eingesetzt haben? Wer ist schuld daran, dass Kälberaustauschfutter verwendet wird, obwohl reichlich Milch vorhanden ist und obwohl wir nie einen Mangel daran haben?
Das Papier sagt weiterhin, dass der Verbraucher bevormundet wird. Ich frage Sie: Ist es keine Form von Bevormundung, wenn Sie im Augenblick hören, „wir können nur billig“? Ist es keine Bevormundung, wenn Sie Steuern dafür zahlen müssen, dass Produkte bezahlt werden, die niemand haben will und die deshalb auf dem Weltmarkt nur mit Verlust abgesetzt werden? Ist es keine Bevormundung, wenn Sie zwar konventionell erzeugtes billiges Rindfleisch bekommen können, sich aber der Rest der Rechnung in Ihrem Einkommensteu
erbescheid findet, da Sie z. B. das jetzt geplante Ankaufsprogramm natürlich mit Ihren Steuergeldern bezahlen müssen?
Kollege Klein, unbestritten ist auch, dass Sie Ihre Redezeit bereits überschritten haben. Kommen Sie bitte zum Ende!
Nun muss ich mir leider eine Reihe weiterer Ausführungen sparen. Ich will nur noch sagen: Dieses Papier enthält im Wesentlichen folgende Aussage: Wir wollen bis zum Ende liberalisieren, unsere Betriebe sind zu klein, wir wollen weiteren Strukturwandel, wir müssen zu größeren Betriebseinheiten kommen, Ökolandbau führt in die Sackgasse. - Ich hoffe, dass der Kollege Stolze den Weg zurück noch findet.
Ich habe den Eindruck, die Wissenschaftler haben vor allen Dingen Angst um ihre Wissenschaftsgelder, sie haben Angst, dass diese Gelder gerade den Beharrungswissenschaftlern gestrichen werden. Das scheint mir der eigentliche Grund für dieses Papier zu sein. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der ausführlichen Diskussion von heute Vormittag möchte ich nur noch ganz kurz etwas zu einzelnen Teilen der vorliegenden Anträge sagen und dabei auch noch einmal auf Ihren
Unsere zurückhaltende Haltung gegenüber Ihrem Antrag ist - das möchte ich noch einmal deutlich sagen - keine Missachtung des Parlaments. Die Landesregierung hat eine Expertenkommission installiert. Der Ministerpräsident hat gesagt, dass er einer Erweiterung dieser Kommission durch weitere Experten aufgeschlossen gegenübersteht.
Ich möchte Ihnen einmal eine Idee vorstellen, die wir in der Fraktion besprochen haben: Wir könnten diese Fragen ja auch - gebündelt mit dem Sachverstand hier im Hause, der hier ja immer wieder betont wird - in einem Landtagsausschuss für Verbraucherschutz diskutieren. Meine Fraktion wird den Antrag stellen, einen solchen Ausschuss zu installieren, in dem wir dann das gesamte Wissen um den Verbraucherschutz, das sich heute noch auf viele Bereiche verteilt, bündeln. In diesem Ausschuss können wir dann auch die Positionen, die die Kommission erarbeitet hat, behandeln. Der Ministerpräsident hat zugesagt, dass dieser Kommission eine besondere Berichtspflicht gegenüber dem Parlament und speziell gegenüber diesem Ausschuss obliegen soll.
Herr Wulff hätte heute Morgen nicht versuchen sollen, die SPD-Fraktion und die Landesregierung in dieser Frage auseinander zu dividieren. Das wird ihm nicht gelingen. Ich sehe auch wirklich keine Missachtung der Opposition in dieser Frage. Ich bin überzeugt, wir brauchen Sie noch sehr lange.
Meine Damen und Herren, zu den anderen Anträgen, die wir gestellt haben: In der Diskussion ist deutlich geworden, wie anfällig dieser Wirtschaftszweig, der in Niedersachsen eine so große Bedeutung hat, in solchen Situation ist. Verbraucherinnen und Verbraucher fordern zu Recht gesunde und qualitativ hochwertige Lebensmittel. Sie wollen Kenntnis haben über Herkunft und Inhaltsstoffe, sie wollen Produktionsinformationen. Sie wollen ethische Fragen behandelt wissen, Fragen des Transports und ähnliche Dinge. Und Sie wollen nach Möglichkeit nicht den Satz darunter finden: Wenn Sie nicht mehr weiter wissen, fragen Sie Ihren Arzt oder Ihren Apotheker.
Wir müssen in diesen Fragen sensibel sein, auch gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Politik muss zusammen mit allen Betei
Ich stelle mich hier nicht hin, wie es Frau Harms heute Morgen getan hat, und frage die Verbraucherinnen und Verbraucher schon fast anklagend, warum sie überhaupt dieses billige Fleisch gegessen haben. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, gesunde Lebensmittel zu bekommen. Dafür haben wir mit zu sorgen. Das ist die wichtigste Voraussetzung.
In der Frage der Kosten sollten wir im Übrigen auch sehr zurückhaltend sein. Für jemanden mit 10 000 DM ist es einfacher, über Kosten von Lebensmitteln zu reden, als für jemanden, der jeden Morgen zum Arbeitsplatz geht und am Ende dann mit 2 500 DM nach Hause gehen muss.
Auch diese Fragen müssen wir in diesem Zusammenhang mit diskutieren. Wir müssen also zu einer Versachlichung der ganzen Debatte kommen.
Herr Oestmann, ich darf Sie einmal direkt ansprechen. – Herr Oestmann, ich bin Ihnen ja auch für Ihre Einlassungen im Fachausschuss immer sehr dankbar. Die führen dazu, dass wir dort wirklich eine sehr sachliche Diskussion haben. Es muss aber damit aufhören, dass wir hier sozusagen eine Arbeitsteilung haben, dass Sie uns zur Sachlichkeit mahnen und sagen „Gießt kein Öl ins Feuer!“ und Ihr Fraktionsvorsitzender jede Gelegenheit wahrnimmt, die Emotionen hochzupuschen.
Eine solche Arbeitsteilung geht auf Dauer nicht. Da muss man damit rechnen, dass man es mit gleichen Mitteln zurückbekommt.
Ich halte es für sinnvoll, in dieser Frage, in der, wie alle Redner deutlich gemacht haben, eine große Unwissenheit vorherrscht, zu mehr Sachlichkeit zu kommen und nicht mit emotionalen Dingen das Ganze hochzupuschen.