Protocol of the Session on January 24, 2001

Wir waren als Landwirtschaftsausschuss auf der „Grünen Woche“ und haben viele Gespräche mit Experten - auch mit unseren Professoren aus Göttingen, von denen viele da waren - und untereinander sowie mit den Kollegen der SPD-Fraktion und auch mit Herrn Kollegen Klein geführt. Ich habe festgestellt - ohne jetzt aus der Schule zu plaudern -, dass es eine große Unsicherheit gibt über das Wie des Bekämpfens, aber auch über den Weg,

den wir gehen sollten. Wir sollten nicht den Fehler machen, uns als gesamtes Parlament mit dieser Sache zu beschäftigen. Ich sage es einmal aus meiner Position heraus: Ich könnte mich auch gar nicht da heraushalten. Ich bin von Bürgern hierher gestellt worden, nicht nur von meinen Berufskollegen - deren Zahl ist ja gar nicht so groß -, sondern es haben schon mehr Bürger daran mitgewirkt. Ich komme aus dem ländlichen Raum, und dann kann ich mich bei solch einer Frage, die wirklich existentiell für den ländlichen Raum sowie für viele Menschen und Verbraucher ist, nicht aus der Diskussion heraushalten. Es ist meine Pflicht, intensiv daran zu arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen fordere ich diese Enquete-Kommission noch einmal, und ich hoffe, dass man im Ältestenrat zu diesen Überlegungen kommen wird. Ich weiß ja gar nicht, ob ich von meiner Fraktion da hineingeschickt worden wäre. Aber sollte es nicht passieren, dass wir uns auf eine EnqueteKommission einigen, werden wir natürlich Einzelanträge stellen und uns die Experten in den Landwirtschaftsausschuss holen. Wir werden mit Sicherheit die gleiche Arbeit machen, lediglich nicht so konzentriert. Es gibt das Mittel des Hearings, und wir werden die parlamentarischen Überlegungen mit denen von Experten zusammenziehen. Ich hoffe, dass Sie dabei mitmachen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Anträge der SPD-Fraktion werden durch den Kollegen Brauns eingebracht, und ich gehe davon aus, dass er auch gleich zu den Anträgen der CDUFraktion Stellung nehmen wird.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal auf den Beitrag des Kollegen Wojahn eingehen, was die Enquete-Kommission angeht. Sehr geehrter Herr Kollege, ich meine, es kann nicht schaden, dass sich Politik zunächst einmal zurückhält und Fachleute, nämlich die Kommission, die der Ministerpräsident berufen hat, arbeiten lässt.

(Eveslage [CDU]: Ja!)

Ich meine, es ist gut, dass sich Politik zurücknimmt, dann die Ergebnisse diskutiert und danach zu Entscheidungen kommt.

(Eveslage [CDU]: Dann brauchen Sie selbst nicht nachzudenken!)

Wir sollten nicht den Fehler machen, immer Besserwisser zu sein oder bestimmte Dinge beeinflussen zu wollen.

(Frau Hansen [CDU]: Wer will das denn?)

- Ich weise ja nur auf die Gefahr hin, Frau Hansen.

Was die Bekämpfung von BSE angeht: Wir wissen, dass es seit 1986 BSE in England gibt und die Wissenschaft bis heute noch nicht in der Lage ist, zu erklären, wie mit dieser Thematik umzugehen ist. In Deutschland gibt es inzwischen 16 BSEFälle, drei davon in Niedersachsen, und drei neue Verdachtsfälle in Bayern und Sachsen-Anhalt. Das ist die traurige Bilanz, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, und niemand weiß, was Morgen auf uns zukommen kann. Nichts ist zurzeit mehr so, wie es war. Eine tiefe Verunsicherung herrscht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch bei den Landwirten und der verarbeitenden Fleischindustrie.

(Kethorn [CDU]: Und bei Brauns!)

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht angehen, dass, wenn der Verbraucher Geflügelwurst an der Theke kaufen möchte, diese dann mit Rindfleisch vermengt ist oder dass, wenn der Landwirt Tierfutter kauft, dieses mit Tiermehl vermengt ist. Das darf und kann nicht sein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen Anspruch auf eine gesicherte Herkunft, auf eine gute Qualität und auf klare Kennzeichnung der Lebensmittel. Sie fordern zu Recht, dass die gesamte Nahrungskette von der Erzeugung bis zum Handel transparent gestaltet wird. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen eindeutig und einfach erkennen können, wie die Produkte erzeugt wurden und was sie beinhalten.

Damit das in Zukunft so sein wird, begrüßen wir die Entscheidung unseres Ministerpräsidenten, ein Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das beim ML angesiedelt wird, einzurichten. Dies wird eine schlagkräftige Behörde zur Überwachung der Qualität in der Lebensmittelerzeugung, in der Verarbeitung und im Vertrieb sein.

(Zustimmung von Stolze [SPD])

Meine Damen und Herren, ein wichtiger Aspekt sind auch die Futtermittelkontrollen bis hin zur Verpflichtung zu Eigenkontrollen. Wirksame Eigenkontrollmaßnahmen auf allen Stufen der Erzeugung sind Voraussetzung dafür, dass mögliche Fehler frühzeitig erkannt und abgestellt werden. Betriebseigene Kontrollen sind damit ein unverzichtbarer Bestandteil des vorbeugenden Verbraucherschutzes. Die Einführung von betriebseigenen Kontrollen in das Futtermittelrecht dient zugleich dazu, die Anforderungen auf allen Ebenen der tierischen Erzeugung bis hin zur Lebensmittelgewinnung zu vereinheitlichen.

Meine Damen und Herren, ein wichtiger Komplex in der Gesamtproblematik ist die Neuausrichtung der Agrarpolitik. Dazu gehören auch eine tiergerechte und flächenbezogene Tierhaltung und eine extensive Landbewirtschaftung. Die Landwirtschaft muss die BSE-Krise auch als eine Chance zur Neuorientierung begreifen.

(Zuruf von Ehlen [CDU])

Die Zukunft der Landwirtschaft liegt in der Qualität. Dazu gehört der ökologische Landbau. Dieser muss einen höheren Stellenwert bekommen.

(Frau Hansen [CDU]: Das ist aber kein Garantieschein!)

Es ist mehrfach angesprochen worden: Wir streben in den nächsten Jahren einen 10-prozentigen Anteil des ökologischen Landbaus und damit die nachhaltige Landbewirtschaftung an.

(Frau Hansen [CDU]: Mit 10 % kön- nen wir nicht 100 % Sicherheit ge- währleisten!)

In Niedersachsen beträgt der Anteil des ökologisches Landbaus - auch das wurde bereits gesagt ca. 1,4 %. In der Bundesrepublik sind es inzwischen 2,4 % der genutzten Fläche. Dies ist im Vergleich zu Österreich mit 9 % und Schweden mit 5 % ein relativ niedriges Niveau.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und sind Wettbewerbsverzerrungen abzubauen. Auch bei der Ausdehnung der Produktion sollen die erzeugten Ökoprodukte zu einem Preis abgesetzt werden können, der die wirtschaftliche Existenz der Betriebe sichert. Darüber hinaus sind aufgrund der besonderen Umweltverträglichkeit die nicht durch den Marktpreis

abgedeckten Umweltleistungen durch die Gesellschaft abzudecken. Das wird auch beim konventionellen Anbau getan.

Meine Damen und Herren, um dieses Ziel zu erreichen, sind z. B. folgende flankierenden Maßnahmen erforderlich: Verbesserung der Förderung für die Umstellung auf den ökologischen Landbau bzw. die Beibehaltung des ökologischen Landbaus sowie die Beibehaltung stärkerer Prämiendifferenzierung zwischen Umstellungs- und Beibehaltungsförderung. Dazu gehören auch der Absatz, die Verarbeitung und Vermarktung. Ebenso wie konventionelle Betriebe sollen die Ökobetriebe ihr Einkommen über den Markt erzielen. Insbesondere gehört dazu, dass ein konsumentenfreundliches flächendeckendes Angebot an Ökolebensmitteln besonders im allgemeinen Lebensmittelhandel geschaffen wird und dass die Direktvermarktung und der Fachhandel verbessert werden. Genau das ist die Problematik, an der zum Teil auch der Ökolandbau scheitert.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind eine gute Öffentlichkeitsarbeit und Verbraucheraufklärung durch Sachinformationen notwendig. Ökologischer Landbau und artgerechte Tierhaltung können erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten jetzt ohne Vorbehalte die Ökologisierung der Landwirtschaft vorantreiben.

Meine Damen und Herren, ich möchte betonen, dass auch konventionelle Landwirtschaft weiterhin gefördert werden muss. Wir sollten aber bestimmte Standards der Nachhaltigkeit anstreben, und diese sollten auch erfüllt werden.

Die Landwirte und ihre Verbände müssen einen wichtigen Beitrag leisten. Jetzt ist Lernfähigkeit und nicht Konfrontation angesagt. Wir wollen die Interessen aller bäuerlichen Betriebe vertreten.

Meine Damen und Herren, um diese große gemeinsame Aufgabe bewältigen und umsetzen zu können, ist es erforderlich, dass beim Bund und der EU darauf hingewirkt wird, eine gemeinsame Agrarpolitik umzusetzen. Denn allein können wir es nicht.

In den bevorstehenden WTO-Verhandlungen und der EU-Erweiterung ist darauf hinzuwirken, zu einer Neuausrichtung der Förderung und der Förderinstrumente in der Agrarpolitik zu kommen.

(Zuruf von der CDU: Das haben Sie in der Agenda verpennt! - Eveslage [CDU]: Wann soll das denn passie- ren? Die Agenda 2000 ist doch längst beschlossen! Die Schecks, die Sie hier ausstellen, können Sie nicht einlösen!)

Abschließend möchte ich ausführen, dass alle Beteiligten - Land, Bund und EU - unsere in Not geratene Landwirtschaft und Fleisch verarbeitende Industrie finanziell durch Hilfsprogramme unterstützen und damit unsere Solidarität zum Ausdruck bringen.

Natürlich ist die Agenda beschlossen, sie kann aber jederzeit nachgebessert werden, wenn denn der politische Wille vorhanden ist. Das müssen wir wollen, und wenn wir das wollen, ist das auch hinzubekommen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD - Eveslage [CDU]: Dann machen Sie das mal in Italien, Frankreich, Schweden, Finn- land und für alle anderen Länder in der EU!)

Die Anträge der CDU-Fraktion, die sich mit den Aspekten des Verbraucher- und Verbraucherinnenschutzes befassen, bringt die Kollegin Frau Hansen ein.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verbraucherschutz - das haben wir heute Morgen gehört - ist in aller Munde und hat einen hohen Stellenwert. Ich bin auch in der Tat der Meinung, dass Panschereien als Straftatbestand behandelt werden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Bauern und verarbeitendes Gewerbe und Handel sowie die Verbraucher sitzen in einem Boot. Das ist eine Kette, die ineinander greift, in der einer vom andern abhängig ist.

Die Wertschöpfung allerdings liegt mehr beim Handel und beim produzierenden oder weiterverarbeitenden Gewerbe, während die Familienbetriebe Not haben, ihre Einkünfte zu erwirtschaften. Dazu hat in der Tat die Agenda 2000 noch beigetragen, Herr Kollege Brauns; denn einige Punkte waren nicht durchsetzbar. Meiner Meinung nach wäre es richtig gewesen, degressive Fördermaß

nahmen einzubauen. Aber das ist meine Meinung. Leider ist es nicht dazu gekommen.

Wir reden viel über Verbrauchersicherheit, Etikettierung usw. Heute Morgen war zu hören: Was draufsteht, muss auch drin sein. - Natürlich: Es muss gut lesbar, erkennbar und definierbar sein. Die Inhaltsstoffe müssen ausgemacht werden können, wenn man sich fragt: Was möchte ich essen, was möchte ich kaufen? Es kann nicht angehen, dass in einer Wurst, auf der steht, dass darin kein Rindfleisch enthalten ist, doch Rindfleisch festgestellt wird.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Hansen, der Kollege Stolze möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie das gestatten?

Nein, das klären wir nachher bei einer Tasse Kaffee.

(Zuruf von Frau Bockmann [SPD] - Weitere Zurufe von der SPD)

- Ich biete das an. Wenn du keinen Kaffee trinkst, trinken wir etwas anderes. - Es muss also gut kontrollierbar sein.

Damit komme ich auf die Kontrollen zu sprechen. Am Samstag, dem 20. Januar, war in der „HNA“ zu lesen, dass ein Schlachtbetrieb alles Menschenmögliche gemacht hat: Er hat eine Schweinewurst hergestellt, in der definitiv kein Rindfleisch enthalten war, er hat keine Würzmischungen verwendet, und er hat nach althergebrachter Art alles sehr korrekt getan. - Das Testergebnis war positiv: Es wurde ein Rindfleischbestandteil nachgewiesen. Insofern muss man sehen, ob die DNA-Analyse so definitiv richtig ist.