Protocol of the Session on December 15, 2000

Sie sollen die sozialen Auswirkungen der starken Preissteigerungen für Mineralöl auf den Weltmärkten in den vergangenen Monaten auf Personen und Haushalte, die den damit verbundenen Lasten nicht ausweichen und diese Entwicklung finanziell kaum bewältigen können, abfedern.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Bontjer, ich muss einen Augenblick unterbrechen.

Meine Damen und Herren, selbst der Herr Kollege Bontjer kommt gegen diesen Lärmpegel nur schlecht an.

Ich komme gut dagegen an.

(Wenzel [GRÜNE]: Herr Bontjer, die CDU ist überzeugt! Sie können jetzt zum Ende kommen! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Aber nicht alle können dem folgen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die steuerlichen Entlastungswirkungen der Entfernungspauschale zeitnah bereits am 1. Januar durch Beantragung eines entsprechenden Freibetrages zur Eintragung auf der Lohnsteuerkarte erreichen.

(Zustimmung von Wegner [SPD])

Meine Damen und Herren, die beschlossenen Maßnahmen sind wirkungsvoller als die Forderung der Opposition nach Abschaffung der Ökosteuer, da letztere lediglich den Spielraum für weitere Preiserhöhungen durch die Öl exportierenden Länder oder Mineralölkonzerne erweitern

(Zustimmung bei der SPD)

und damit die Entlastungsbemühungen der Regierungskoalition in Bonn konterkarieren würde.

(Jahn [CDU]: In Berlin!)

Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu den Grünen kann ich bei den beabsichtigten Maßnahmen keine Gerechtigkeitslücke erkennen. Wenn ein Steuertarif progressiv gestaltet ist, dann muss auch hingenommen werden, dass sich Abzugsbeträge progressiv steuerentlastend auswirken. Der Vorschlag der Grünen, alle Bürgerinnen und Bürger gleichmäßig von den gestiegenen Ölpreisen zu

entlasten, würde bedeuten, die Ökosteuer abzuschaffen.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube nicht, dass die Grünen das ernsthaft wollen.

(Möllring [CDU]: Bontjer ist ja bes- ser, als ich dachte! Guter Mann!)

Die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale kann kommen. Der Vorschlag liegt auf dem Tisch des Bundesrates. Der Bundesrat wird sich in der nächsten Woche, am 22. Dezember, gut überlegen müssen, ob er einen Vorschlag ablehnt, der alle Pendlerinnen und Pendler steuerlich entlastet.

(Zustimmung bei der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich bin zuversichtlich, dass die Entfernungspauschale am 1. Januar 2001 in Kraft treten kann. Die Union wird es sich nicht leisten können, Nein zu sagen. Sie kann den Wählerinnen und Wählern nämlich nicht erklären, warum sie steuerliche Entlastungen blockieren will, die sie selbst fordert.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU wird den zurzeit so arg gebeutelten Landwirten auch nicht erklären können, warum sie die Senkung der Mineralölsteuer beim Agrardiesel von 57 % auf 47 % ablehnt.

(Zurufe von der CDU: Pfennig!)

- Pfennig; Entschuldigung.

(Dinkla [CDU]: Damit liegen wir immer noch höher als in den anderen europäischen Ländern!)

Angesichts der durch die BSE-Krise sehr angespannten finanziellen Lage der Landwirte hat die Bundesregierung im Vermittlungsausschuss zugesagt,

(Dinkla [CDU]: Wer hat die erst be- lastet?)

die Mineralölsteuer um 10 Pf. zu senken. Das ist ein ganz wichtiges Signal der Solidarität mit den deutschen Landwirten.

(Beifall bei der SPD)

Durch diese Entscheidung, meine Damen und Herren, ist eine ordentliche Entlastung der deutschen Landwirtschaft möglich geworden. Die CDU weiß genau: Lässt sie das Ergebnis des Vermittlungsausschusses hinsichtlich der Entfernungspauschale scheitern, dann scheitert auch die beabsichtigte Senkung der Mineralölsteuer.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion stützt die Haltung der Landesregierung, dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.

(Zustimmung bei der SPD)

Jetzt liegt es am Bundesrat, den Entscheidungen des Bundestages und des Vermittlungsausschusses Taten folgen zu lassen, damit das neue Jahr mit einer frohen Botschaft für die Pendler und für die Landwirte beginnen kann.

Den Grünen rate ich, den Antrag zurückzunehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt hat der Kollege Rolfes das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein lieber Hermann Bontjer, mit großer Gelassenheit sage ich: So blöd sind die Landwirte im Lande nicht, dass sie nicht merken, dass man sie erst mit 57 Pf. belastet und dann für eine Reduzierung von 10 Pf. ein Dankeschön haben will.

(Beifall bei der CDU)

Aber man kann sie ja erst kurz vor die Pleite treiben, um dann anschließend so zu tun, als hätte man etwas erledigt.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

- Der Schack weiß das am besten. - Meine Damen und Herren, die Erhöhung der Entfernungspauschale für Berufspendler beweist deutlich, wie ungerecht, unsozial und unökologisch die Ökosteuer ist. Das hängt ja wohl alles zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Die Entfernungspauschale für Berufspendler ist lediglich eine Beruhigung - -

(Wegner [SPD]: Ich bin froh, dass die CDU darauf keinen Einfluss hat!)

- Er ist froh, dass die CDU darauf keinen Einfluss hat! – Ja, dafür seit Ihr allein verantwortlich. Das werde ich Euch gleich noch deutlich machen.

(Beifall bei der CDU - Mühe [SPD]: Das bekommen wir ohne Euch hin!)

Wenn die Beruhigungspille Entfernungspauschale ein Reparaturbetrieb für die Ökosteuer darstellen soll, dann muss man sich Folgendes vor Augen führen: Zum Jahreswechsel, sozusagen als Weihnachtsgeschenk, wird die dritte Stufe der Ökosteuer eingeführt und einschließlich Mehrwertsteuer dann 21 Pf. betragen. Meine Damen und Herren, die Entfernungspauschale ist nichts anderes als ein Placebo für die Berufspendler. Sie täuscht über die wahre Situation hinweg. Die wahre Situation ist, dass die Belastung durch die Ökosteuer und die Entlastung durch die Entfernungspauschale in einem Verhältnis von 6 : 1 steht. Hierbei muss man auch berücksichtigen, wer von der Entfernungspauschale profitiert. Hierzu kann ich einmal den „Focus“ aus der letzten Woche zitieren - Hermann Bontjer hat das eben anders berechnet; wahrscheinlich hat er seine Verhältnisse zugrunde gelegt -:

(Zurufe von der SPD)

„Den meisten Autofahrern bringt die geplante Pauschale wenig. Ab dem elften Kilometer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz können sie mit 80 Pfennig zwar 10 Pfennig mehr absetzen als bisher. Doch nur bei denjenigen, die mindestens 13 Kilometer bis zu ihrem Betrieb zurücklegen, wirkt sie sich überhaupt aus mit einigen Einschränkungen.“

Hierzu möchte ich ein paar Beispiele geben: Verkäuferin, ledig, ein Kind, 20 km mit dem Auto bis zur Arbeit, 36.000 DM Brutto-Jahreseinkommen Entlastung durch die Entfernungspauschale: 30 DM pro Jahr. Man kann sich ja einmal ausrechnen, wie viel Belastung durch die Ökosteuer entsteht. Facharbeiter, ledig, 20 km mit der Bahn bis zur Arbeit, 50.000 DM Brutto-Jahreseinkommen Entlastung durch die Entfernungspauschale: 48 DM. Techniker, verheiratet, zwei Kinder,