Protocol of the Session on December 15, 2000

Ich gebe zu: Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich heute schon eine klare Aussage hätte, in welcher Größenordnung und mit welchen Anteilen das geschehen soll. Aber die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler waren sich einig, dass hierzu noch konkrete Fragen zu beantworten sind und dass man das Ganze natürlich in eine agrarpolitische Neuausrichtung einbinden will, die sozusagen auch Grundlage der jeweiligen Kostenentscheidungen sein soll. Dafür habe ich Verständnis. Ich glaube, dass wir alsbald diese Dinge auf dem Tisch haben.

Meine Damen und Herren, Großbritannien wird immer angeführt, und es wird uns gesagt, dass wir der Exportlockerung zugestimmt haben. Ich habe es hier schon mehrfach erklärt. Ich sage noch einmal: Es ging nicht mehr um die Exportlocke

rung, sondern es ging damals um das Aufrechterhalten eines Importverbotes. Das ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher ungleich schwieriger zu kontrollieren als ein Exportverbot. Aus diesem Grunde habe ich gemeinsam mit der Kollegin Fischer - ich verstehe deshalb Herrn Klein nicht, dass er das noch immer moniert -, mit seiner Parteikollegin, darauf hingewirkt, dass der Kommissar Byrne eine eindeutige Kennzeichnung britischen Fleisches, und zwar auch der Verarbeitungsprodukte, sicherstellen soll. Dass er das nicht gemacht hat, liegt doch nicht an uns.

Die Landesregierung hat daraufhin einen Antrag im Bundesrat gestellt, der von allen Ländern unterstützt worden ist, nämlich die Kommission wegen Untätigkeit zu verklagen, meine Damen und Herren.

Zur Kontrolle des Verfütterungsverbotes möchte ich Folgendes sagen. Ich wiederhole: In Niedersachsen ist seit 1995 intensiv untersucht worden. Wir haben jährlich rund 450 Proben im Rahmen des Eigenkontrollprogramms der niedersächsischen Milchwirtschaft getestet, und zusätzlich erfolgte eine regelmäßige Kontrolle der Mischfutterbetriebe durch die amtlichen Prüfer der Bezirksregierungen. Dass vor ca. drei Wochen eine Fehlmischung vor dem Inverkehrbringen aufgefallen ist, meine Damen und Herren, ist auf diese Kontrolle zurückzuführen, die wir hier zusätzlich als eine wirtschaftseigene Kontrolle installiert haben, mit der wir zusätzliches Wissen über den Zustand des Mischfutters erhalten haben. In der Zukunft werden wir - das sage ich Ihnen zu – auch ein besonderes Augenmerk auf importierte Futtermittel haben.

Nun zu den Schnelltests, meine Damen und Herren. Ich sage noch einmal, weil es eben wieder falsch zitiert worden ist: Alle Länder sind sich einig, dass für die Schnelltests Gebühren erhoben werden. Wir erheben sie zurzeit nicht. Aber alle Länder haben gesagt: Sobald es sozusagen die gebührenrechtliche Regelung in Deutschland gibt, werden wir Gebühren erheben. Auch das von Ihnen genannte Land Nordrhein-Westfalen erhebt Gebühren für diese Schnelltests, und zwar in Höhe von 100 DM. Lassen Sie es sich bestätigen. Ich habe die schriftliche Information dazu seit Tagen vorliegen. Deshalb wundert es mich, dass das immer wieder aufgewärmt wird. Es geht gar kein Weg daran vorbei, dass wir für diese Testung entsprechende Gebühren erheben müssen.

Meine Damen und Herren, zu den Exporten nach Holland, die ich gestern hier gegeißelt habe, möchte ich Folgendes sagen: Es geht ja nicht nur um Exporte nach Holland, sondern auch nach Belgien, Dänemark, Italien und Österreich. Es sind ja nicht nur Exporte von niedersächsischen Rindern erfolgt, sondern z. B. auch von Rindern aus Schleswig-Holstein und Bayern. Herr Biestmann, das wollten Sie uns als niedersächsisches Problem an die Backe kleben. Das ist es nicht.

(Ehlen [CDU]: Das hat er nicht ge- sagt! Nicht nur Niedersachsen!)

- Doch, das hat er gesagt; lesen Sie das einmal im Protokoll nach - Dieses Problem ergibt sich daraus, dass es innerhalb der EU eine Unterschiedlichkeit hinsichtlich der BSE-Testung gibt. Das ist die Ursache. Deshalb habe ich gestern von dieser Stelle aus gesagt: Gott sei Dank hat die EU nachgelegt und klargestellt, dass ab 1. Januar 2001 der BSE-Schnelltest für alle Rinder ab einem Alter von 30 Monaten durchgeführt werden muss. Auf diese Weise bekommen wir dieses Problem - das hoffe ich - schnell in den Griff.

Meine Damen und Herren, was die Einbeziehung von Schafen in die Schnelltestung angeht, müssen Sie akzeptieren, dass die Tests für solche Untersuchungen bedauerlicherweise nicht evaluiert sind. Gleichwohl müssen wir auch in diesem Bereich in der Forschung vorankommen, damit wir hier alsbald entsprechende Instrumente in der Hand haben und somit Klarheit für diesen Bereich bekommen, meine Damen und Herren.

Zu der Ankaufaktion kann ich Ihnen nur sagen: Die deutsche Forderung lautet: Wir wollen, dass auch diese Rinder, obwohl sie vernichtet werden, getestet werden, damit wir einen Überblick über den Gesundheitsstatus der Kohorte haben.

Meine Damen und Herren, ich halte eine Erhöhung der Selbstversorgung der EU bei pflanzlichen Eiweißen für sinnvoll. Zu diesem Zweck sollte kurzfristig die Nutzung von Stilllegungsflächen durch geeignete Eiweißpflanzen zugelassen werden. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die Prämien für Eiweißpflanzen angehoben werden. Wir drängen in den Verhandlungen auf umfassende Regelungen auf dem gesamten Gebiet der Eiweißpflanzen.

Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass die von den Grünen angedachte Bildung von abgeschlossenen Handelsgebieten - Herr Klein hat das

hier vorgetragen - im gemeinschaftlichen Binnenmarkt schlicht und ergreifend illusorisch ist. Ich weiß gar nicht, wie so etwas in einer EU ohne Grenzen funktionieren soll. Das ist undenkbar, Herr Klein.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich vom Grundsatz her Folgendes sagen: Wir werden die Situation nutzen und eine kritische Überprüfung der EU-Agrarpolitik und der Bundes- und Landesagrarpolitik vornehmen. Wir werden mit Phantasie und ohne geistige Scheuklappen an diese Aufgabe herangehen und über unsere Agrarpolitik nachdenken. Außerdem werden wir auch in Zukunft unsere Vorstellungen mit allen Betroffenen diskutieren. Wir werden das im Bewusstsein tun, dass wir heute eine Nahrungsmittelqualität in einer Höhe haben - hier unterstütze ich ausdrücklich das, was Herr Oestmann dazu gesagt hat, und was Sie, Frau Harms, am Mittwochmorgen in Abrede gestellt haben -, wie wir sie in Deutschland in der Nachkriegszeit noch nie gehabt haben. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Bartels, möchten Sie eine Frage des Kollegen Hogrefe beantworten?

Ja, aber sicher doch.

Herr Minister Bartels, wir haben eigentlich erwartet, dass Sie uns etwas zur Kostenübernahme für die Tiermehlbeseitigung sagen, nämlich ob Sie den Landkreisen helfen wollen, oder ob der Bund helfen will.

Herr Hogrefe, ich habe eben aus der Kanzlerrunde berichtet und mitgeteilt, dass es noch kein Ergebnis gegeben hat, weil alle Ministerpräsidenten und der Kanzler übereinstimmend den Eindruck hatten, dass noch weitere Klärungen erfolgen müssten. Ich habe eben meine Bewertung dazu abgegeben. Alle haben gesagt: Es besteht noch dringender Klärungsbedarf. Wir wollen nun sozusagen im Rah

men einer Arbeitsgruppe diese Fragen abarbeiten. Ich hoffe, dass wir alsbald Klarheit haben.

Ich sage noch einmal: Die Standards in der Produktion sind außerordentlich hoch. Unsere Nahrungsqualität ist exzellent.

Meine Damen und Herren, auch Sie wissen, dass wir in Niedersachsen zu einem hohen Prozentsatz Strukturen haben, die meilenweit von der Einstufung als industrielle Agrarstruktur entfernt sind. Darüber haben wir uns bereits miteinander ausgetauscht.

Ich bestreite überhaupt nicht, Frau Harms, dass es in Niedersachsen und auch in anderen Teilen Deutschlands Problemgebiete gibt, in denen dringend Korrekturen vorgenommen werden müssen, was den Viehbesatz, was die Verdichtung, was die Umweltbelastung, was sowohl die Belastung der Böden als auch der Atmosphäre betrifft. Hierin sind wir uns einig. Wir werden in absehbarer Zeit weitergehende Vorschläge unterbreiten. Wir müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, dass wir hier in Niedersachsen nicht solch problematische Strukturen haben, wie Sie dies gekennzeichnet haben. Bei 98 Prozent unserer landwirtschaftlichen Betriebe handelt es sich um landwirtschaftliche Betriebe, wie wir sie uns gemeinsam vorstellen.

(Beifall bei der CDU - Kethorn [CDU]: Völlig korrekt! )

Der Verbraucherschutz genießt bei uns eine hohe Priorität. Wichtige flankierende Maßnahmen hierfür sind die Rindfleischetikettierung und die Einführung von Qualitätssicherungssystemen. Wir haben im Tierschutz in Niedersachsen wirklich eine Vorreiterrolle eingenommen. Ich habe bereits deutlich gemacht, meine Damen und Herren, dass wir uns noch nicht am Ende der Wegstrecke befinden, dass ich noch weitere wichtige Aufgaben im Tierschutz sehe, z. B. im Bereich der Schweinehaltung. Auch im Bereich der Geflügelwirtschaft, meine Damen und Herren, gibt es noch erheblichen Nachholbedarf, den wir in der Zukunft gemeinsam abarbeiten müssen, um auch von dieser Seite her von unserer Gesellschaft, von den Verbrauchern nicht mehr angreifbar zu sein.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss auf den ökologischen Landbau eingehen. Vorweg dazu eine grundsätzliche Überlegung. Der Tier- und Umweltschutz ist in der Landwirt

schaft keine Frage der Betriebsgröße. Auch das noch einmal als ganz eindeutige Aussage. Wenn ich das richtig sehe, befinden wir uns, Frau Harms, nicht im Streit darüber, dass die Betriebsgröße sozusagen kein Kriterium ist. Vielmehr sind es die praktizierten Produktionsweisen oder die Haltungsverfahren, die letztlich darüber entscheiden, ob das in Ordnung ist und von uns akzeptiert werden kann oder nicht.

(Zuruf von Frau Harms [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, es gibt keine seriöse Untersuchung, die etwas anderes belegt.

Der ökologische Landbau spielt eine ganz besondere Rolle. Für mich ist es in diesem Zusammenhang seit langem selbstverständlich, dass der ökologische Landbau eine Vorbildfunktion einnimmt. Darüber müssen wir nicht streiten, Herr Klein. Deshalb habe ich auch Ihre Fragestellung nicht verstanden, als Sie fragten, was denn so schlimm am ökologischen Landbau sei, weshalb gegen den ökologischen Landbau opponiert werde. Auch die Kollegen auf der rechten Seite des Hauses werden doch nicht gegen den ökologischen Landbau opponieren.

(Frau Harms [GRÜNE]: Solange er in seiner Nische bleibt!)

Herr Stolze hat deutlich gemacht, mit welchen Instrumenten wir auf diesem Gebiet tätig sind. Wir brauchen aber die Menschen, die den Weg in den ökologischen Landbau, in die ökologische Tierhaltung gehen wollen.

(Frau Harms [GRÜNE]: Warum gibt es sie in anderen Bundesländern mehr als bei uns?)

Wir können die Menschen nicht per Knopfdruck in diese Richtung bringen, sondern das muss mit Herz und Verstand passieren. Sonst geht das nicht. Es ist unsere Aufgabe, diejenigen, die noch zweifelnd sind, die noch nicht den Mut entwickelt haben, mitzumachen, anzufeuern, ihnen Mut zu machen, dieses Risiko einzugehen und den Schritt in den ökologischen Landbau zu wagen, ihnen zu sagen: Wir helfen euch dabei. Die Instrumente sind vorhanden. Wir sehen auch Märkte für die Produkte des ökologischen Landbaus. Aber es ist nicht so einfach, Herr Klein, einfach einmal mit dem Lebensmitteleinzelhandel zu reden, und dann ist das in Ordnung.

(Klein [GRÜNE]: Doch, das ist so einfach!)

Der Lebensmitteleinzelhandel hat andere Vorstellungen und die Verbraucher bedauerlicherweise auch.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Deshalb müssen wir sowohl die Verbraucher als auch den Lebensmitteleinzelhandel überzeugen. Sie finden uns dort an Ihrer Seite.

Ich sage das noch einmal: Es wird keinen Antrag geben, der wegen mangelnden Geldes abgelehnt würde. Wir werden überall Mittel für die Entwicklung des ökologischen Landbaus zur Verfügung haben.

Ich möchte gern - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das abschließend sagen -, dass Niedersachsen das Agrarland Nr. 1 bleibt. Das haben wir uns mühsam erstritten. Dazu gehört auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Ich habe nicht nur die Situation in Niedersachsen, sondern auch die Wettbewerber in Deutschland, in Europa und weltweit zu sehen. Ich möchte, dass Niedersachsen das Agrarland Nr. 1 mit einer hohen Qualitätsproduktion, mit hohen Standards im Umweltbereich und mit einem extrem hohen Standard im Bereich des Verbraucherschutzes bleibt. Niedersachsen soll und kann eine Vorreiterrolle im Verbraucherschutz in der Agrarwirtschaft einnehmen. Daran wollen wir arbeiten. Das ist die Zielsetzung für die nächste Zeit. Wenn wir das gemeinsam machen und gemeinsam die Anträge darauf abklopfen, was sie dafür hergeben, liegen wir richtig. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich kann den Abschluss der Debatte noch nicht verkünden, da noch Anträge auf Gewährung zusätzlicher Redezeiten für die Fraktion der CDU und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorliegen. Da wir bei einem sehr wichtigen Thema sind und der Minister seine Redezeit großzügig ausgelegt und 14 Minuten mehr in Anspruch genommen hat, erhält zunächst der Kollege Ehlen sechs Minuten zusätzliche Redezeitpunkt.

(Möhrmann [SPD]: Nicht so lange!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass wir zu diesem Thema eine relativ sachliche Debatte führen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Augenblick bitte! Meine Damen und Herren! Sie haben richtig verstanden: Ich habe dem Kollege Ehlen das Wort erteilt. - Bitte sehr!

Wir haben das Eingeständnis vorgebracht, dass wir uns lange Zeit auf wissenschaftliche Aussagen verlassen haben und unsere Meinung nun haben revidieren müssen. Ich meine, Herr Minister Bartels, dass auch Sie Ihre Haltung haben revidieren müssen. Noch vor vier Wochen haben Sie hier verkündet, dass Sie sich auf die Kennzeichnung oder Auszeichnung von Fleisch, das aus Großbritannien kommt, verlassen wollten. Sie haben damals die guten Vorschläge, die wir unterbreitet haben, mehr oder weniger abgeblockt. Auch in dieser Beziehung haben Sie sich revidieren müssen. Sie haben im Strudel der BSE-Diskussion letztendlich neue Positionen bezogen.

Ich möchte noch einige Fragen stellen. Wir sind im Lande Niedersachsen auch in den ländlichen Regionen präsent. Überall fragen uns die Landwirte: Was passiert denn nun? - Ich muss hier noch einmal ganz klar die Frage stellen - darauf haben Sie noch keine Antwort gegeben -, wer denn für die Finanzierung der Verwertung des Tiermehls zuständig ist. Herr Minister, wir befinden uns leider im Moment in einer Situation, in der niemand dieses Zeug haben will, sondern man noch Geld darauf legen muss. Was wird getan, um einen energetischen und auch finanziellen Nutzen aus dem Tiermehl zu ziehen?

Zweitens geht es mir um die Frage nach der finanziellen Absicherung unserer Tiermehlfabriken. Im Moment sind noch die Landkreise und die Tierseuchenkasse dafür zuständig.