Protocol of the Session on December 14, 2000

Bitte, Herr Hogrefe!

Herr Minister, teilen Sie die Ansicht,

(Zuruf von der SPD: Nein!)

dass die Kosten für das Gesetz, das der Bundestag in aller Eile beschlossen hat, eigentlich in den Bereich der Marktstruktur und der Marktpflege

fallen und der Bund somit auch rechtlich für die Übernahme dieser Kosten zuständig ist?

Herr Hogrefe, das wird nicht so einfach sein; denn man kann die Ankaufaktion sofort als Marktregulierung und Marktordnungsmaßnahme einstufen. Das ist unstreitig. Die Frage, ob man die Regulierung des Bereichs der Tiermehlverfütterung als Marktordnungsmaßnahme oder als vorsorgende Verbraucherschutzmaßnahme einstuft, ist eine Frage der Interpretation. Ich will mich darüber an dieser Stelle nicht auslassen. Ich sage aber: Es ist ein Bundesgesetz - der Bund hat es veranlasst -, und deshalb ist er in der Pflicht und trägt die Mitverantwortung.

Meine Damen und Herren, ich habe hier einen guten Haushalt zu vertreten gehabt. Ich danke der SPD-Fraktion dafür, dass sie mir diesen Haushalt ermöglicht hat. Wir haben damit auch Vorsorge für die Umsteuerung der Agrarpolitik in Richtung einer tierschutz-, verbraucherschutz- und umweltorientierten Agrarpolitik getroffen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ebenfalls zum Landwirtschaftshaushalt spricht der Kollege Kethorn.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten, haben der Landwirtschaftsminister und auch der Vertreter der SPD-Landtagsfraktion ein Loblied auf die niedersächsische Agrarpolitik gesungen. Ich hätte mir allerdings durchaus gewünscht, dass man mehr Antworten auf die aktuelle Situation gegeben hätte, die aus der BSE-Krise resultiert.

(Beckmann [SPD]: Morgen früh!)

Nicht nur wir haben darauf gewartet, sondern auch die Landwirtschaft hat darauf gewartet, meine Damen und Herren.

(Stolze [SPD]: Morgen haben wir 60 Minuten Zeit!)

- Das mag ja morgen der Fall sein, aber auch das zeigt schon deutlich, dass man sich in der Vergangenheit, in den letzten Tagen und Wochen, nicht genügend um dieses Thema gekümmert hat. Deswegen fordern wir die Antworten auch ein.

(Beckmann [SPD]: Das ist doch wirklich falsch! Da sind wir gestern gemeinsam zu einer anderen Auffas- sung gekommen!)

Meine Damen und Herren, ich möchte daher in meinem Beitrag auf die BSE-Krise eingehen; nicht auf die inhaltlichen Punkte der BSE-Krise, sondern darauf, wie die finanziellen Folgelasten, die daraus resultieren, zu bewältigen sind.

(Zuruf von Beckmann [SPD])

Wir sind uns sicherlich darüber einig, Herr Beckmann, dass es verheerende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Schlachthöfe, die fleischverarbeitenden Betriebe, die Tierkörperbeseitigungsanstalten und auf weitere Betriebe gibt.

(Buß [SPD]: Und auf die Verbrau- cher!)

Landesweit hören wir ja zum Teil Horrormeldungen darüber, dass die Liquidität vieler rindviehhaltender Betriebe massiv gefährdet ist, dass wegen des dramatischen Zusammenbruchs auf dem Rindfleischmarkt die Schlachtungen in den niedersächsischen Schlachtbetrieben derart reduziert werden mussten, dass Kurzarbeit und Arbeitsplatzverluste nicht nur befürchtet werden müssen, sondern mittlerweile eingetreten sind. Wenn Sie, Herr Beckmann, im Lande herumgefahren sind, dann werden Sie dies sicherlich auch festgestellt haben.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, werden wegen mangelnder Kapazitäten der Labore in Niedersachsen, die diese BSE-Schnelltests durchführen, mittlerweile Schlachtungen im benachbarten Ausland durchgeführt, und das Fleisch der Tiere, die im Ausland geschlachtet wurden, wird reimportiert.

(Möhrmann [SPD]: Genauso machen die das, Herr Kollege!)

Welche Reaktionen zeigt die Landesregierung ob dieser dramatischen Entwicklung?

(Ehlen [CDU]: Die macht nichts!)

Bislang zeigt sie jedenfalls keine Reaktion.

Hinzu kommen, das wissen wir, immense Kosten in Millionenhöhe für die Betroffenen. Eine dramatische Entwicklung zeichnet sich in vielen Bereichen ab, nämlich auf der einen Seite eine starke Erlösminderung wegen des Nichtverkaufs der Produkte und auf der anderen Seite erhöhte Kosten wegen zusätzlicher Auflagen und Maßnahmen.

Meine Damen und Herren, diese Rechnung geht in den Betrieben nicht auf. Daher besteht dringender Handlungsbedarf. Allein in Niedersachsen betragen die Kosten für die Tiermehlentsorgung und für die BSE-Schnelltests ca. 220 Millionen DM. Wie verhält sich die die Landesregierung in der Frage der Kostenübernahme? - Bislang ist sie unentschlossen und hilflos und bietet, zumindest bis heute Abend, keine problemorientierte Lösung an. Bundesminister Funke beabsichtigt, die Kosten auf die Länder abzuwälzen, und die Länder versuchen wiederum, sie auf den Bund abzuwälzen. Dies ist ein klägliches Pingpong-Spiel, das zum nachhaltigen Schaden für die Landwirtschaft und deren nachgelagerten Bereichen führt, und das muss endlich beendet werden.

(Zustimmung von Wojahn [CDU])

Meine Damen und Herren, die Regelung hinsichtlich der Kosten für die Durchführung der BSESchnelltests sieht in anderen Ländern anders aus: In Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg übernehmen die Länder die Kosten für die BSE-Schnelltests.

(Wojahn [CDU]: Hört, hört!)

Landwirtschaftsminister Bartels erklärte demgegenüber lapidar in der „Osnabrücker Zeitung“, dass er überhaupt nicht daran denke, diese Kosten durch das Land zu erstatten. Diese unterschiedlichen Kostenregelungen bedeuten für die niedersächsische Landwirtschaft und für die Schlachtbetriebe eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung, die wir nicht so ohne Weiteres hinnehmen werden.

(Beifall bei der CDU)

Empörung und Verunsicherung, ja Unmut macht sich da breit, weil immer noch unklar ist, wer denn die entstehenden Kosten am Ende auffangen soll.

Es gab auf der Landvolk-Kundgebung vor ein paar Tagen die vage Ankündigung des Ministerpräsidenten, er wolle über Bürgschaften und Überbrückungshilfen nachdenken. Was heißt das denn, wenn der Ministerpräsident über diese Angelegen

heit nachdenkt? - Heute oder Morgen wird der Haushalt verabschiedet und werden Fakten geschaffen werden, und im Haushalt des Landes Niedersachsen gibt es dafür überhaupt keinen Ansatzpunkt.

(Beckmann [SPD]: Habt ihr dazu ei- nen Antrag gestellt? Was soll denn diese Show-Veranstaltung?)

Mit anderen Worten: Es ist viel gequakt worden, aber nichts zustande gebracht worden, Herr Beckmann. Jeder Tag, an dem keine Entscheidung getroffen wird und der versäumt wird, vergrößert den Schaden, und dieser Schaden wird im Nachhinein irreparabel sein. Wir fordern daher - dies möchte ich zum Abschluss sagen - bei der Bewältigung der finanziellen Folgekosten ein ressortübergreifendes, ein abgestimmtes Verfahren innerhalb der Landesregierung. Denn es geht schließlich um die Gesundheit der Menschen hier in Niedersachsen. Also ist auch die Sozialministerin gefordert. Es geht hier um die gesamte wirtschaftliche Struktur im ländlichen Raum. Daher ist auch die Wirtschaftsministerin gefordert. Und es geht schließlich um die Landwirtschaft und um deren vor- und nachgelagerten Bereiche. Also ist federführend das Landwirtschaftsministerium gefordert.

Herr Bartels, wir fordern Sie auf: Treffen Sie endlich Entscheidungen, auch mit Ihren Ministerkollegen auf Bundesebene, die die Kostenübernahme eindeutig regeln. Wenn dies nicht unverzüglich geschieht, sind wir am Ende alle Verlierer.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema ist zu ernst, als dass man einfach so locker darüber hinwegreden dürfte. Da halte ich es auch für notwendig, dass man aufeinander hört und zuhört, und da halte ich es für notwendig, dass sich ein Abgeordneter Tagesnachrichten anhört, Tagesnachrichten liest und hier nicht einfach Behauptungen aufstellt, die jeglicher Grundlage entbehren.

(Beifall bei SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen Punkt ansprechen; denn das ist schon ärgerlich. Ich habe am Sonnabend der vergangenen Woche mit Vertretern der niedersächsischen Fleischwirtschaft hier in Hannover zusammengesessen. Wir haben unter anderem über die wirtschaftlichen Auswirkungen gesprochen. Wir haben aber auch über die Frage gesprochen: Was passiert eigentlich im Markt mit den Rindern, die über 30 Monate alt sind und getestet werden sollen, die aber niedersächsische Schlachthöfe nicht erreichen, sondern nach Holland, nach Dänemark oder nach Belgien gebracht werden?

(Kethorn [CDU]: Sehr richtig!)

- Sie sagen „sehr richtig“. Aber wer hat gehandelt? - Ich habe am Montagmorgen mit den Kollegen, die ich hier in Hannover zusammengerufen hatte, gleich eine gemeinsame Entschließung formuliert, die am nächsten Tag in der PLANAK-Sitzung in Bonn durch mich vertreten wurde. Alle Kollegen der CDU- und CSU-geführten Länder haben sich dem vorbehaltlos angeschlossen. Wir haben den Bund und die Bundesgesundheitsministerin aufgefordert, diesem Tiertourismus, den ich für skandalös halte,

(Beifall bei der SPD)

Einhalt zu gebieten, weil dieser Tiertourismus alle unsere Verbraucherschutzbemühungen massiv unterläuft. Ich verstehe auch die Landwirte nicht, die das gemacht haben; denn sie tun es nicht, weil die Testkapazitäten nicht da sind, sondern sie tun es, weil sie ein paar Mark mehr bekommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Nein, meine Damen und Herren, das lasse ich Ihnen nicht durchgehen.

Ich verstehe nicht, und auch die deutsche Fleischwirtschaft versteht nicht, dass man um dieses Vorteils willen die Tiere dorthin karrt, dort verarbeiten lässt,

(Biestmann [CDU]: Das entspricht nicht der Wahrheit, Herr Minister!)