Protocol of the Session on December 14, 2000

Viel Geld könnte man sparen, wenn die Fördermaßnahmen stärker standardisiert werden. Warum braucht jede Stadt ein eigenes Design für ihre Stadtbahnwagen? Warum gibt es noch immer unterschiedliche Standards für bundeseigene und nichtbundeseigene Eisenbahnen? Warum gibt es keine Abschläge bei den Trassengebühren, wenn das Land der DB AG neue Fahrzeuge finanziert? Das ist in Zukunft schon wettbewerbsrechtlich ein Thema.

Meine Damen und Herren, die Redezeit ist leider zu kurz, um alle Merkwürdigkeiten der Finanzierung aufzuzeigen. Ich empfehle daher die Lektüre der Berichte des Rechnungshofes, der fast schon verzweifelten Rechnungsprüfer aus den letzten Jahren zu diesem Thema.

Mit dem vorhandenen Geld könnte mehr gemacht werden, könnte wesentlich effizienter gearbeitet werden, könnte mehr Verkehr auf die Schiene und könnten mehr Busse auf die Straße gebracht werden. Dann müssten wir uns auch nicht mit 11 % Fahrgästen mehr begnügen, sondern könnten wesentlich mehr Menschen in Niedersachsen einen attraktiven, leistungsfähigen und schnellen Nahverkehr bieten.

Meine Damen und Herren, ich habe Hoffnung, dass sich im Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr in Niedersachsen in Zukunft einiges zum Besseren wendet, und ich freue mich dort auf interessante Debatten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner zu diesem Haushaltsschwerpunkt ist Herr Kollege Schurreit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dinkla, die CDU hat hier ja, wenn ich es richtig sehe, eine breite Zustimmung zu den Ausführungen der neuen Ministerin gezeigt.

(Frau Schliepack [CDU]: Mehr Bei- fall als bei euch! Das muss euch zu denken geben! - Gegenruf von Möhrmann [SPD]: Frau Kollegin, dann hatten Sie eine falsche Wahr- nehmung!)

Ich finde es gut, dass wir im wirtschaftspolitischen Bereich im Prinzip Sachkompetenz in den Vordergrund stellen und die Sachkompetenz auch gemeinsam tragen. Ich hoffe nur, dass Sie sich auch dann daran erinnern, wenn es mal zur Abstimmung kommt.

(Beifall bei der SPD - Eveslage [CDU]: Das gilt umgekehrt natürlich auch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den 90er-Jahren hat die Wirtschaft Niedersachsens einen Sprung nach vorne gemacht. Sicherlich auch begünstigt von der Wiedervereinigung und der damit verbundenen neuen Zentralität in Europa, ist die Wirtschaft des Landes überdurchschnittlich gewachsen. Darauf sind wir stolz.

Nach den Daten der Bundesanstalt für Arbeit vom Dezember 1999 waren in Niedersachsen rund 2,4 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit haben wir im Langfristvergleich seit 1990 mit einem Zuwachs von 58.000 Arbeitsplätzen ein Plus von 2,5 % und damit den Spitzenplatz unter allen Ländern der Bundesrepublik erreicht. Nach den vorläufigen Zahlen für Juli dieses Jahres hat sich der positive Trend weiter verfestigt. Mit 80.000 neuen Beschäftigten innerhalb eines Jahres liegt der Zuwachs über dem Bundestrend.

Ähnlich sieht es bei den Erwerbstätigen aus, zu denen auch die Selbständigen gerechnet werden. Hier verzeichnet Niedersachsen gegenüber 1990 einen Zuwachs von 4,5 %, während im Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer dieser Zuwachs nur bei 1,3 % liegt.

(Eveslage [CDU]: Wissen Sie auch, wo der Schwerpunkt in Niedersachsen liegt?)

Das ist eine positive Bilanz, die ich hier ganz besonders erwähnen möchte.

Die wirtschaftspolitische Kompetenz - das bitte auch an die Adresse derjenigen, die rechts von mir sitzen - liegt nach seriösen Umfrageergebnissen

eindeutig bei uns Sozialdemokraten mit weitem Vorsprung vor der CDU.

(Beifall bei der SPD - Dinkla [CDU]: Das ist nach der Plaue-Rede von ges- tern sicherlich schlechter geworden! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Das mag Ihnen nicht behagen, aber es ist so.

Maßgeblichen Anteil an dieser positiven Entwicklung hat vor allem Peter Fischer. Ich möchte die Gelegenheit meiner heutigen Rede auch dazu nutzen, herzlichen Dank zu sagen für die vielfältigen Initiativen, die das Wirtschaftsministerium unter seiner Leitung landesweit startete, um ein modernes, ein zukunftsorientiertes Niedersachsen auf den Weg zu bringen. Dies ist trefflich gelungen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und von Abge- ordneten der CDU)

Ich möchte Dank sagen - und schließe darin sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen ein - für die besonders hilfreiche Art, das Problem eines Abgeordneten welcher Fraktion auch immer in seinem Landkreis mit zu beheben, und ich sehe einige dieser Abgeordneten hier im Saale. Ich gehe davon aus, dass jeder einzelne Abgeordnete, auch diejenigen der Oppositionsfraktionen, bei einer persönlichen Bitte um Hilfe und Unterstützung eines Projekts in seiner Region die Hilfe des Ministers bekommen hat.

(Beifall bei der SPD - Wendhausen [SPD] - an die CDU gewandt -: Bei der A 39!)

- Ja, da hätten Sie jetzt auch klatschen sollen. Das wäre nicht schlecht gewesen.

Peter Fischer kennt die vielen Unternehmen seines Landes, genießt hohe Anerkennung bei den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen, bei Unternehmensverbänden, bei Gewerkschaften.

(Frau Körtner [CDU]: Wir hätten ihn auch gerne behalten!)

Seine Aussage war immer verlässlich, seine Hilfe effektiv.

Nochmals herzlichen Dank von der Seite der Abgeordneten für zehn Jahre Ministertätigkeit, Verantwortung für die großen Bereiche Wirtschaft,

Technologie, Verkehr, Tourismus, Innovation, Europa usw. Herzlichen Dank von allen.

(Beifall bei der SPD und von Abge- ordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU hat keine Einzelanträge zum Einzelplan 08 gestellt und hatte auch keinen Bedarf an inhaltlicher Beratung. Das darf ich einfach einmal so klar feststellen; denn so war es ja auch. Insofern ist auch der Beifall für die Rede der neuen Ministerin nachzuvollziehen; denn Sie sind ja inhaltlich mit allem einverstanden. Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, dass die Haushaltsansätze, die politischen Vorgaben des Haushalts, auch von Ihnen von der CDU vollinhaltlich getragen werden.

Dies ist auch verständlich, weil die Wirtschaftspolitik des Landes eine herausragende Qualität hat. Deshalb möchte ich mich im Hinblick auf die zukünftigen Schwerpunktsetzungen in der Wirtschaftspolitik auf einige Punkte beschränken; dies auch im Hinblick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit.

Erstens. Das Land Niedersachsen war in diesem Jahr Gastgeber für viele Millionen Menschen auf der EXPO 2000 in Hannover. Niedersachsen hat die Chance genutzt, mit dieser Weltausstellung das eigene Profil, die eigene Leistung Niedersachsens auch einer interessierten Weltöffentlichkeit vorzustellen.

(Zuruf von der CDU: Wo denn?!)

Die Chance der EXPO wurde genutzt, und die Ergebnisse in der Zukunft werden positiv sein für den Industrie- und Handelsstandort Niedersachsen.

Dazu haben wir schwerpunktmäßig die Infrastruktur in Hannover und in der Umgebung verbessert. Es sind viele Verkehrsprojekte durchgeführt worden, die man sonst später hätte realisieren müssen, die aber zur EXPO vorrangig notwendig waren. Diese Schwerpunktsetzung in Form der zentralen Bezuschussung Hannoverscher Projekte wird nicht mehr nötig sein. Der Ausgleich durch schwerpunktmäßige Förderung des flachen Landes ist uns eine Verpflichtung und wird für die nächsten Jahre die Wirtschafts- und Entwicklungspolitik des Landes bestimmen. So lautet ja auch die Aussage der neuen Ministerin. Da sind wir völlig einer Meinung auch in der Zielvorstellung, und ich bitte auch um die Unterstützung durch die CDU.

(Zustimmung von Wendhausen [SPD])

Zweitens. Wir setzen in der Wirtschaftspolitik auf den Dialog mit den Unternehmen. Rasche Veränderungen in der Wirtschaft müssen vorrangig im Dialog mit den betroffenen Unternehmen zu schnelleren Entscheidungen in der Politik führen. Das „Ganzheitliche Mittelstandskonzept“, ein Erfolgsrenner sozialdemokratischer Verantwortung in Niedersachsen, wie auch das „Bündnis für Arbeit“ möchte ich als gute Beispiele für diesen Dialogprozess besonders erwähnen.

Meine Damen und Herren, eines möchte ich auch feststellen: Wir Sozialdemokraten haben uns über Jahre hindurch schwer getan, das aktive Gespräch mit der Wirtschaft zu suchen. Heute sind wir an einem Punkt angekommen, bei dem wir ein adäquater Verhandlungs- und Ansprechpartner der Wirtschaft sind. Wir machen das nicht mehr mit dieser Distanz, sondern wir haben in stärkerem Maße Dialogfähigkeit entwickelt. Ich meine, wir können stolz darauf sein, diesen Prozess durchgemacht zu haben.

Drittens. In der Ansiedlungspolitik werden wir bislang beschrittene Wege mit den bestehenden Förderprogrammen weiter gehen. Der Wirtschaftsförderfonds wie auch die ganze Bandbreite unserer unterstützenden Maßnahmen wie die Landesbürgschaften zum Erhalt von Arbeitsplätzen haben sich bewährt und sollen beibehalten werden. Auch die Ansiedlungspolitik ist ein Erfolgskonzept.

Viertens. Neuer Schwerpunkt unserer Wirtschaftspolitik wird die Ansiedlung neuer Unternehmen im Dienstleistungsbereich sein. Hier gilt es insbesondere, eine schnellere und mit multimedialen Verknüpfungen verbundene Hilfestellung aus einer Hand durch das Land anzubieten. Die Frau Ministerin hat dazu Stellung bezogen. Die Kompetenzzentren für mobile Informationssysteme, optische Technologie, Versicherungswissenschaften, Medizintechnik, das Zentrum für Zelltherapie, der Aufbau eines Instituts für Verkehrsführung und Fahrzeugsteuerung, das Kooperationsprojekt Holzhandwerk sind heute schon erfolgreiche Beispiele. Es gilt, dies im Lande Niedersachsen insgesamt zu koordinieren und zu konzentrieren.

Fünftens. Besonders stolz sind wir auf die Erfolge in der Zusammenarbeit zwischen dem Wissenschaftsministerium und dem Wirtschaftsministerium bei der Bildung von Existenzgründungszentren

mit hoher Kompetenz an den Universitäts- und Fachhochschulstandorten. Hier bietet das Land in Kombination von Wissenschaft und Wirtschaft jungen Existenzgründern zum Teil noch während ihres Studiums Möglichkeiten zur kostengünstigen Gründung eines eigenen Betriebs. Das jüngste Beispiel ist die Gründung des „Enovums“ in Lüneburg, in dem innerhalb eines Vierteljahres mehr als die Hälfte von über 50 möglichen Gründungsplätzen belegt worden ist. Die Anzahl der Neugründungen ist ja ein Indikator für eine prosperierende und zukunftsorientierte Region. Dies wollen wir im ganzen Lande fördern.

Sechstens. In der Verkehrspolitik sind wir abhängig von den großen Entscheidungen, die in Berlin gefällt werden. Dazu eine Adresse auch an die Grünen: Es muss deutlich gemacht werden, dass die Entscheidungen in Berlin gefällt werden. Ich möchte daran erinnern, dass unter Rot-Grün auch eine Verpflichtung des kleineren Koalitionspartners besteht, bei entsprechenden Entscheidungen die Interessen des Landes Niedersachsen anders zu definieren und hier nicht immer den Eindruck zu erwecken, als wenn wir diejenigen wären, die das heilen müssten, was in Berlin nicht durchgesetzt worden ist. Ich bitte also darum, dass das in Zukunft anders gehandelt wird.

Im Frühjahr muss die Bahn ihre Perspektive der langfristigen Unternehmenskonzeption beschließen. Davon sind wir in Bezug auf unser eigenes Handeln abhängig. Konzentriert sich die Bahn nur noch auf die schnellen Verbindungen im Personenund Güterverkehr über lange Strecken hinweg und überträgt die regionale Verantwortung den Ländern, dann sind wir als Land bereit, mit entsprechenden ergänzenden Mitteln des Bundes diese Aufgabe für das Land Niedersachsen zu übernehmen und ein angemessenes, die Bürger befriedigendes ÖPNV- und Gütertransportkonzept auf der Schiene vorzulegen. Das ist notwendig. Da bin ich der gleichen Meinung wie die Opposition.

Dabei steht für uns im Vordergrund, dass alle Regionen eine Möglichkeit der Anknüpfung an die großen Fernverbindungen, die durch Deutschland und Europa führen, haben müssen. Unseren politischen Zielvorstellungen, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu holen, muss entsprochen werden. Das ist nicht eine Zukunftsvision, sondern ist unsere augenblickliche Politik. Ich rufe alle Fraktionen auf, im gemeinsamen Vorgehen gegenüber der Bahn und auch dem Bund die berechtigten Interessen Niedersachsens gemeinsam zu artikulie

ren, weil wir uns in Konkurrenz zu den süddeutschen Ländern und den neuen deutschen Ländern befinden. Wir sind hier schließlich in Niedersachsen.

Der Einzelplan 08, der den Bereich Wirtschaft umfasst, ist der zentrale Haushaltsbereich, der die Investitionen des Landes vorantreibt bzw. auch die Nettokreditaufnahme beschränkt oder hoch treibt. Er hat mit der erhöhten Quotierung den entsprechenden Stellenwert im Gesamtvolumen des Haushalts erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere neue Ministerin Dr. Susanne Knorre hat die Leitlinien ihrer politischen Zielvorstellungen in ihrer Haushaltsrede treffend formuliert und dafür auch die Zustimmung aller Fraktionen, also auch die der Opposition, bekommen. Wir stehen voll hinter diesen Zielvorstellungen und werden sie als Fraktion in unserem politischen Handeln inhaltlich unterstützen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und wissen, dass es zu einer sozialdemokratisch geführten innovativen, zukunftsorientierten und sozialen Wirtschaftspolitik keine Alternative gibt. Natürlich werden wir dem Haushaltsplanentwurf zustimmen und empfehlen das auch den beiden anderen Fraktionen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Schurreit. - Meine Damen und Herren, jetzt hat Frau Kollegin Rühl um das Wort gebeten. Bitte schön, Frau Rühl!