Protocol of the Session on December 13, 2000

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Das sind Fakten, Herr Kollege; das ist nicht die Polemik, zu der Sie hier überhaupt nur noch in der Lage sind.

Lassen Sie mich ein anderes Beispiel anführen, und zwar eines direkt hier aus dem Landtag: Am 17. November dieses Jahres hat die CDU-Fraktion allen Beamten mit Kindern einen höheren Kinderanteil am Ortszuschlag gewähren wollen, hat eine Eingabe dazu zur „Berücksichtigung“ stellen wollen.

(Zurufe von der CDU: Ja!)

- „Ja“ sagen Sie. - Das sind nach groben Schätzungen 10 Millionen DM. Wenn Sie jetzt hier Ja sagen, meine Damen und Herren, dann frage ich Sie: Wo sind denn die 10 Millionen DM in Ihrem Änderungsantrag? - Sie sind gar nicht in der Lage dazu, das zu machen, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der SPD)

Ich werde später noch auf weitere Punkte Ihres aktuellen Änderungsantrags eingehen. Aber eines ist jetzt schon klar: Wer draußen so redet, wer den Menschen suggeriert, er könne das mal eben so machen, und das dann, wenn er einen eigenen Antrag vorlegen muss, nicht hinbekommt, der trägt mehr zur Politikverdrossenheit bei als derjenige, der auch einmal Nein sagt, wo man auch nur noch Nein sagen kann.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zuru- fe von der CDU)

Herr Kollege, lassen Sie mich zunächst auf die Frage eingehen, wo Sie mit Ihrer CDU in Niedersachsen in den Augen der Menschen stehen. Auch das ist wohl ein Produkt dessen, was ich eben bei Ihnen kritisiert habe. Sie stehen nämlich weit hinter der SPD, und das ist auch in Ordnung so.

Sie haben der Landesregierung und meiner Fraktion mehrfach vorgeworfen, dass wir das Problem der Arbeitslosigkeit nach wie vor nicht gelöst hätten,

(Zurufe von der CDU: Ja!)

dass wir insbesondere in diesem für die Bevölkerung so wichtigen Bereich keine oder eine unsolide Politik betrieben.

(Decker [CDU]: Richtig!)

Herr Kollege, da müssen Sie irgendetwas verwechselt haben. Seit dem Dezember 1998 wird in dieser Bundesrepublik Deutschland nämlich wieder Politik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und nicht zur Bekämpfung der Arbeitslosen gemacht, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das ist so, weil der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland dieses Problem Massenarbeitslosigkeit ernst genommen hat und seine Regierung dies ebenfalls zu ihrem speziellen Problem gemacht hat.

Herr Kollege Plaue, möchten Sie eine Frage des Kollegen Lindhorst beantworten?

Der Kollege Lindhorst kann sich gern bei seinem Fraktionsvorsitzenden erkundigen. Der hat mit Sicherheit eine Antwort auf die Frage, die er zu stellen hat.

(Unruhe bei der CDU)

Seitdem ein Niedersachse Bundeskanzler ist, meine Damen und Herren, wird in der Wirtschaftspolitik, wird in der Finanzpolitik diese Bundesrepublik Deutschland auf neue Füße gestellt. In Berlin machen Rot-Grün eine Politik, von der Sie mehr als 16 Jahre lang immer nur geträumt haben, die wir aber sozial abgefedert haben und ordentlich organisiert zu einem Wirtschaftsaufschwung führen werden, an dem Sie sich ein Beispiel nehmen können, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zuru- fe von der CDU)

Das ist etwas, was im Übrigen unsere Kommunen auch dringend erwarten. Wir wollen ja nicht vergessen, dass die finanziellen Probleme in den Gemeinden und Landkreisen unseres Landes durch explodierende Sozialhilfekosten entstanden sind, die ihre Hauptursache in der Massenarbeitslosigkeit hatten. Endlich bewegt sich etwas, meine Damen und Herren, und es bewegt sich auch noch in die richtige Richtung.

Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass wir auch in Niedersachsen noch zu viele Arbeitslose haben.

(Decker [CDU]: Tatsächlich?!)

Aber wenn Sie sich einmal die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anschauen

(Decker [CDU]: Das hilft den Ar- beitslosen auch!)

- ja, genau, die waren nämlich vorher zum Teil arbeitslos -, dann können Sie sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und eine positive Entwicklung aufzuzeigen haben.

(Lindhorst [CDU]: 630 DM- Verträge!)

Nach den aktuellen Daten hat die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

(Decker [CDU]: Das sind statistische Tricks, ist keine Sozialpolitik!)

gegenüber dem Vorjahr um 73.000 zugenommen.

(Fischer [CDU]: Wie viele 630 DM- Verträge sind dabei?)

Das entspricht einer Steigerung von 3,1 %. Niedersachsen liegt damit bundesweit an vierter Stelle.

(Frau Pawelski [CDU]: Wie viele 630 DM-Verträge sind dabei?)

Dem gegenüber, Frau Kollegin Pawelski, nahm die Zahl der Beschäftigten in den übrigen westdeutschen Bundesländern, also auch in den Bundesländern, in denen Sie regieren, in den 90er-Jahren insgesamt um 1 % ab. Sie können daran sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass auch diese Landesregierung der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit absolute Priorität eingeräumt hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Obwohl es bei uns einen Bevölkerungszuwachs, Herr Kollege Wulff, wie in keinem anderen Bundesland gab, sind wir auch bei der Senkung der Arbeitslosenquote ein solides Stück vorangekommen. Im November dieses Jahres betrug die Arbeitslosenquote 8,8 %, während sie im November letzten Jahres noch bei 9,8 % lag. Hier ist also ein deutlicher Aufwind festzustellen.

Aber, Herr Kollege, schauen wir uns doch einfach einmal an, was die Bevölkerung dazu sagt. Da gibt es eine Umfrage von Infratest aus dem Oktober dieses Jahres.

(Decker [CDU]: Reden Sie doch ein- mal zum Haushalt!)

Dabei sind die Menschen gefragt worden, bei welcher Partei sie die höchste Kompetenz bei der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen erkennen. Da nannten 51 % der Menschen die SPD und 23 % die CDU. Das ist ein realistisches Bild, was dort wiedergegeben wird.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das ist im Übrigen ein vernichtendes Urteil über Ihre wirtschaftspolitische Kompetenz, Herr Wulff. Ich kann nur sagen: Die Menschen können Sie nicht mit schlanken Reden überzeugen, sondern die Menschen wollen Taten sehen, und diese sind wir ihnen in der Politik auch schuldig.

(Decker [CDU]: Sie sind der große Macher, Schuldenmacher!)

Mit den wenigen Instrumenten, die wir als Bundesland angesichts der Globalisierung unserer Wirtschaft und der notwendigen Erschließung von Weltmärkten haben, machen wir in Niedersachsen eine Wirtschaftspolitik, die erstmals in der Geschichte des Landes zu sichtbaren Strukturänderungen geführt hat. Wir haben die Chance der EXPO nicht nur verbal genutzt, sondern wir nutzen sie auch tatsächlich, und das ist gut so.

Heute läuft der Strukturwandel der Wirtschaft bei uns in Niedersachsen auf hohen Touren. Der Trend zur Dienstleistungsgesellschaft hat sich in Niedersachsen fortgesetzt. Das ist auch in dem eben von mir genannten Arbeitsablauf im produzierenden Gewerbe erkennbar. Von 1990 bis 1999 gingen im produzierenden Gewerbe 181.000 Arbeitsplätze verloren. Im selben Zeitraum wurden bei uns im Dienstleistungssektor 241.000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen. Um es klar zu sagen: per Saldo ein Plus. Niedersachsen hat sich auf den Weg gemacht, und zwar auf den richtigen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wenn Sie das nicht als einen niedersächsischen Erfolg begreifen, dann möchte ich Sie wenigstens darauf hinweisen, dass die Beschäftigungsverluste im produzierenden Gewerbe bundesweit bei 21,6 % und die Gewinne im Dienstleistungssektor

bei nur 17,2 % lagen. Hier gibt es also in Niedersachsen offensichtlich etwas, was vom Bundestrend abweicht.

Wir könnten diese Entwicklung in Niedersachsen auch an anderen Kennzahlen verdeutlichen. Ich spare mir hier das Benchmarking bei anderen Teilen und will nur darauf hinweisen, dass Technologie eines der wichtigsten Zukunftsthemen hier in Niedersachsen ist, d. h. dass sie nicht nur Chefsache ist, sondern in der Breite der Landespolitik angepackt und umgesetzt wird. Wir werden uns noch stärker als schon in der Vergangenheit darauf konzentrieren, das vorhandene Innovationspotential gezielt für die Entwicklung und Anwendung moderner Produkte, Verfahren und Dienstleistungen zu nutzen. Biotechnologie und Multimedia haben in Niedersachsen allererste Adressen vorzuweisen und werden deshalb von uns gefördert.

Meine Damen und Herren, wir sind nicht nach der Melodie verfahren: Da ist schwarz, und da ist weiß. Wir wissen um die Wirksamkeit der Old Economy, wie wir auch um die Notwendigkeit der Förderung von New Economy wissen, weil wir wissen, dass Old Economy die New Economy braucht und die neuen Technologien die alten Dienstleister, die alten Produzenten brauchen, um ihre Produkte abzusetzen. Wir haben in Niedersachsen diese Symbiose hergestellt und arbeiten daran, dass das weitergeht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Dabei ist völlig klar, dass wir den Werftenstandort Niedersachsen genauso unterstützen, wie wir die Ansiedlung von Hightech-Unternehmen nachdrücklich fördern. Wenn z. B. auf dem Gebiet der Peptidforschung weltweit 240 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig sind und davon allein 120 in Niedersachsen, dann macht das deutlich, dass wir auch schon in der Vergangenheit die richtigen Marken gesetzt haben.