Protocol of the Session on December 13, 2000

Dabei ist völlig klar, dass wir den Werftenstandort Niedersachsen genauso unterstützen, wie wir die Ansiedlung von Hightech-Unternehmen nachdrücklich fördern. Wenn z. B. auf dem Gebiet der Peptidforschung weltweit 240 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig sind und davon allein 120 in Niedersachsen, dann macht das deutlich, dass wir auch schon in der Vergangenheit die richtigen Marken gesetzt haben.

(Beifall bei der SPD)

Dann verwundert es auch nicht, dass sich aus solcher wissenschaftlichen Entwicklung auch erfolgreiche Ausgründungen auf dem Arbeitsmarkt ergeben und dass sich diese Ausgründungen in Niedersachsen und nicht - zum Glück - in Süddeutschland platzieren. Wir begleiten und unterstützen mit unserer Politik die Entwicklung hin zur Dienstleistungsgesellschaft; denn gerade hier liegen enorme Entwicklungs- und Marktchancen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein letztes Wort sagen: Auch die Fort- und Weiterbildung wird bei uns einen höheren Stellenwert bekommen, als es bisher der Fall gewesen ist.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist ja ein Witz! 2 Millionen!)

- Sehen Sie einmal, Herr Kollege: Wenn Sie sagen „2 Millionen“, dann schauen Sie doch einmal in Ihren eigenen Haushaltsantrag hinein, in dem Sie 0 DM dafür vorgesehen haben. Wenn Sie dicke Backen machen, dann müssen Sie den Menschen auch sagen, dass Sie sich selbst nicht in der Lage gesehen haben, das Geld für diese dicken Backen auch in Ihren Haushaltsantrag hineinzuschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Es nutzt doch nichts, Herr Kollege, dass man immer nur sagt „Es ist alles schlecht; es müsste alles anders werden“, wenn man den Menschen ehrlicherweise auch einmal sagen muss, dass Prioritätensetzung erforderlich ist und dass dann auch manchmal Nein gesagt werden muss, wenn man als Politiker eigentlich Ja sagen möchte. Auch das macht Regierungsfähigkeit aus. Darauf werde ich aber nachher noch einmal zu sprechen kommen.

(Fischer [CDU]: Was? Wenn das so weitergeht, dann werden wir beim Präsidenten Schmerzensgeld beantra- gen!)

Ich meine, dass wir uns auch auf diesem Sektor gerne dem Wettbewerb mit Ihnen, Herr Wulff, stellen werden. Im Übrigen möchte ich noch hinzufügen, dass in der Umfrage, die ich eingangs erwähnt habe, auf die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen und auf die Frage, wer nach ihrer Auffassung diese Zukunftsfähigkeit am ehesten sichern kann, 56 % „die SPD“ und nur 31 % „die CDU“ sagten. À la bonne heure. Das ist deutlich und zeigt, an welcher Stelle Sie stehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von Fi- scher [CDU] und Wulff (Osnabrück) [CDU])

Der von der SPD in Niedersachsen angeschobene schulpolitische Dialog bringt, wie ich nun gesehen habe, auch die CDU in ungeahnte Bewegung. So mussten wir bis vor wenigen Tagen die kräftigen Worte der CDU hören, dass es überhaupt keines Diskursprojektes bedürfe. Noch im Änderungsan

trag der CDU-Fraktion werden die dafür im Landeshaushalt vorgesehenen Mittel schlicht und ergreifend gestrichen. Inzwischen kommen ja etwas moderatere Töne von Herrn Busemann, der jetzt nicht da ist - wahrscheinlich deshalb, weil er sich nicht traut.

(Dinkla [CDU]: Er kann Sie nicht mehr ertragen!)

Er hat angeboten, den Schulkrieg, wie er ihn nennt - das ist übrigens der Schulkrieg, den er selbst angefangen hat -, zu beenden. Ich bin einmal gespannt, ob Herr Busemann das wirklich ernst gemeint hat. Heute stehen nämlich Berichte in der Zeitung, nach denen er sich vor der Fraktion ob dieser Äußerung rechtfertigen musste und das relativiert hat.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie glauben immer alles, was in der Zeitung steht!)

So ist das, Herr Kollege Wulff. Einer merkt, dass es an der eigenen Basis so nicht funktioniert, bringt dann einen vernünftigen Vorschlag nach vorne, und dann kommt Wulff und rasiert das wieder ab. Das ist die Methode, die dort gemacht wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage aber ganz klar und deutlich: Wir sind bereit, auch mit Ihnen über dieses Projekt zu reden. Die Voraussetzung ist aber, dass Sie nicht wieder mit dem alten dreigliedrigen Schulsystem und dem Alleinvertretungsanspruch dieses Systems kommen. Wenn Sie bereit sind, mit uns zu diskutieren, dann stellen Sie sich den Diskursprojekten, und liefern Sie Ihre Beiträge dazu ab. Übrigens ist einer der ersten Landkreise, die sich um dieses Diskursprojekt beworben hat, der Landkreis Osnabrück. Das ist die Gegend, aus der Herr Wulff kommt. So trauen die diesem Oppositionsführer.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Haben Sie was gegen die Fläche?)

Ich frage mich wirklich, Herr Wulff: Warum scheuen Sie eigentlich den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern?

(Vizepräsidentin Litfin übernimmt den Vorsitz)

Was ist eigentlich an diesem Diskursprojekt so schlimm, dass Sie es scheuen wie der Teufel das

Weihwasser? Es ist doch normal für Politikerinnen und Politiker - das sollte es jedenfalls sein -, dass man mit den Menschen redet, und es ist doch vernünftig, dass man diesen Diskurs auch ordentlich organisiert. Ich habe den Eindruck, dass Sie Ihren eigenen Argumenten nicht trauen, und deshalb wollen Sie nicht mit den Bürgern reden, sondern Sie wollen lieber draußen Luftblasen verbreiten und die eigentliche Sacharbeit anderen überlassen. Wir nehmen das gerne auf.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Frau Hansen [CDU])

Meine Damen und Herren, ich bin mir übrigens sicher, dass am Ende dieser Diskussion auf keinen Fall das lupenreine dreigliedrige Schulsystem stehen wird. Die Schullandschaft wird auch nicht, wie es Herr Busemann vermutet, von zwei Schultypen - nämlich von kleinen Gesamtschulen und Gymnasien - beherrscht werden. Wir haben im Augenblick in Niedersachsen eine so vielfältige Schullandschaft, wie sie kein Erlass und keine Richtlinie hervorbringen können, und das wird sich nach meiner Einschätzung mit unserer bildungspolitischen Debatte auch nicht ändern. Wir zwingen niemandem etwas auf, sondern wir machen Angebote. Diese Angebote werden so überzeugen, dass die Menschen, die in den Kommunen arbeiten, die Lehrerinnen und Lehrer sowie auch die Eltern der Meinung sein werden, dass sie diese Angebote für sich umsetzen wollen.

Wir debattieren nicht nur, sondern wir leisten auch etwas: regionale Konzepte zur Stärkung der Hauptschule, der Berufs- und Leistungsorientierung und der Vernetzung von Schule und Region, Innovationsoffensive für neue Technologien - allein 75 Millionen DM für das „Aktionsprogramm N21“ -, Wiederbesetzung aller frei werdenden Lehrerstellen und Schaffung von weiteren 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Meine Damen und Herren, das sind Fakten, die wir im Haushalt darstellen, die wir gegenfinanzieren, und nicht die Wulff‘schen potemkinschen Dörfer, die er produziert.

(Beifall bei der SPD)

Wem das nicht passt, meine sehr verehrten Damen und Herren, den verweise ich einmal darauf, wie wir hier über die Verlässliche Grundschule diskutiert haben. Hinsichtlich der Frage der Verlässlichkeit hat der Kollege Wulff ja eben nur Wortspiele zustande gebracht. Es waren christdemokratische

Gemeinden, die sich darum gerissen haben, diese Verlässlichen Grundschulen zu bekommen.

(Beifall bei der SPD - Frau Müller [SPD]: So ist es!)

Ich meine, dass die genauso wie die Menschen draußen erkannt haben, dass die Kompetenz für Bildungspolitik bei der Landesregierung gut platziert ist und sie für Niedersachsen die richtigen Entscheidungen trifft. 39 % gestehen auch hierbei der SPD die höhere Problemlösungskompetenz zu; bei Ihnen, Herr Kollege Wulff, sind es nur 29 %. Das war nicht anders zu erwarten. Aber wie es so ist: Reden Sie sich weiter in Rage; die Fakten werden draußen anders gesetzt.

Meine Damen und Herren, ich will daran erinnern, dass Sie, Herr Wulff, bei der Einbringung des Haushalts am 12. September 2000 viele Initiativen der CDU-Fraktion vorgestellt haben. Dass sich diese Initiativen in Ihrem Antrag nicht wiederfinden, habe ich bereits erwähnt. Mehr noch, Herr Kollege Wulff: Sie waren zu feige, diese Anträge auch im Fachausschuss und im Haushaltsausschuss zu diskutieren.

(Zurufe von der SPD: Genau!)

Dort, wo einmal nachgefragt werden könnte, wie Sie sich die Folgen eigentlich vorstellen, und wo einmal darüber diskutiert werden könnte, welche Auswirkungen Ihre Kürzungsvorschläge auf andere Politikbereiche hätten, haben Sie gekniffen und erst im Nachhinein Ihren Antrag vorgelegt. Sie waren zu feige, sich dieser Diskussion zu stellen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man sich diesen Antrag anschaut, dann wird übrigens auch deutlich, dass es zwischen dem vorgelegten Zahlenwerk und den Ankündigungen in der Presse, in der Sie diesen Antrag vorgestellt haben, gravierende Unterschiede gibt. In der Ausgabe der „Neuen Presse“ vom 29. November wurde die Absenkung der Eingangsbesoldung im höheren Dienst gefordert. Im Zahlenmaterial finden wir dazu nichts.

(Möllring [CDU]: Natürlich!)

Sehen Sie, genau das ist das Problem: Sie erzählen den Leuten draußen tolle Sachen darüber, was man eigentlich machen könnte, und die staunen und sagen, dass das ja toll ist. Wenn Sie dann in der Lage sein müssten, das einmal zu Papier zu bringen und in Zahlen umzurechnen, dann versagen

Sie kläglich. Damit haben Sie Ihre Kompetenz hinreichend unter Beweis gestellt, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Möllring [CDU])

- Auf den Zwischenruf kann ich nur reagieren, indem ich Ihnen den Spiegel vorhalte. Damit sind Sie genügend selbst qualifiziert.

Ich will Ihnen sagen, dass Sie die Medien einmal mehr nutzen, um populistische Forderungen zu stellen, und dass Sie diese Forderungen dann aber mit keinem weiteren Hintergrund füllen können. Es ist immer wieder dieselbe Methode und das bekannte Muster. Ich kann Ihnen nur sagen: Das trägt nicht, nicht einmal bis in die Weihnachtspause hinein. Trotz der frühlingshaften Temperaturen wird das ein bitterkalter Winter für Sie, und dafür werden wir in der Diskussion im Lande sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Wie ich es schon bei der Einbringung des Haushaltes vermutet habe, hat sich die CDU-Fraktion nur sehr unvollkommen mit dem Zahlenwerk der Landesregierung auseinander gesetzt. Ich möchte mich dennoch mit drei Punkten Ihrer nachgeschobenen Forderungen beschäftigen.

(Möllring [CDU]: Die sind nicht nachgeschoben!)

- Natürlich sind die nachgeschoben. Schauen Sie einfach in den Kalender, Herr Kollege Möllring. Dann werden wir das alles erledigt haben.

Sie, Herr Kollege Wulff, fordern die Einstellung von 3.000 Lehrerinnen und Lehrern, um, wie Sie vorgeben, eine Unterrichtsgarantie sicherzustellen. Das haben Sie eben wieder gesagt. Sie haben versucht, einen ganz merkwürdigen Spagat hinzubekommen: Auf der einen Seite haben Sie gesagt, es sei eine riesige Sauerei, wie Bildungspolitik in der letzten Zeit gemacht worden sei; die habe dazu geführt, dass nicht genug Menschen Lehramt studieren oder Lehrerinnen oder Lehrer werden wollen. Auf der anderen Seite sagen Sie, Sie wollen 3.000 Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Da habe ich den Zwischenruf gemacht: Wie wollen Sie das denn machen, wie wollen Sie das denn zusammenbekommen? - Darauf haben Sie gesagt: Das wollen wir bundesweit machen. - Also, er will den Lehrerklau, den sein Kollege Koch in Hessen macht, auch hier in Niedersachsen machen. Das ist die Methode Wulff.

Herr Kollege Wulff, Sie sollten einmal bei den Kultusministern der anderen CDU-regierten Bundesländer nachfragen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Ich brauche nicht nachzufragen! Fragen Sie doch nach!)

Die haben sich nämlich einstimmig gegen diese Methode Koch ausgesprochen. - Das ist die Methode, die Herr Wulff machen will. Der Koch braucht noch einen zweiten Koch, und der soll Wulff heißen. Aber das werden wir zu verhindern wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren.