Protocol of the Session on November 17, 2000

Meine Damen und Herren, wir werden unseren Beitrag zur Umstrukturierung der Bundeswehr zu leisten haben. Wir werden diesen auch leisten. Wir wollen aber auch darauf hinweisen, dass zwischen 1990 und 1995 - also: Strukturreform Rühe - rund 34.000 Soldaten und zivile Arbeitnehmer in Niedersachsen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Nur eines, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, lieber Kollege Althusmann, werden Sie auch durch Ihren jetzigen Beitrag nicht schaffen: Mit der Strukturreform bei der Bundeswehr wird die Bündnisfähigkeit deutscher Streitkräfte im Vergleich zu den Bündnispartnern nicht infrage gestellt. Ich glaube, dass keiner Ihrer soldatischen Kameraden den Beitrag, den Sie heute geleistet haben, wirklich versteht. Wir Sozialdemokraten stehen zur Zukunft der Bundeswehr in Niedersachsen, werden unseren positiven Beitrag dazu leisten und sind sicher, dass die Landesregierung unsere Interessen aus allen Standorten wahrlich so vertreten wird, dass wir diese Strukturreform auch werden mittragen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Golibrzuch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, dass der Landtag nicht das richtige Forum ist, um über eine sicherheitspolitische Analyse zu diskutieren. Dies muss meiner Meinung nach vielmehr im Bundestag geschehen. Richtig aber ist, dass dieser weitere Schritt der Bundeswehrreform zu Standortschließungen überall in der Bundesrepublik führen wird. Allein das ist für uns aber überhaupt kein Grund, sich gegen eine weitere Truppenreduzierung bei der Bundeswehr auszusprechen. Wir begrüßen dies. Wir begrüßen dies, weil dadurch in verantwortlicher Weise Einsparungen ermöglicht werden und die sicherheitspolitische Lage, wenn sie in Berlin so festgestellt wird, auch auf diese Weise umgesetzt wird.

Wir haben hier - in ähnlicher Weise trifft dies sicherlich auch für die beiden anderen Fraktionen zu - aber Bedenken dahin gehend, dass viele Standorte in Niedersachsen aufgrund der mancherorts herrschenden Monostruktur in große strukturelle Schwierigkeiten gestürzt werden, wenn die Bundeswehr dort mit ihren Teilstreitkräften abzieht. Wir erwarten deshalb vom Land, dass es gegenüber dem Bund deutlich macht, dass ein Abbau von Streitkräften entsprechend einer strukturpolitischen Rangfolge erfolgen sollte. Ich meine, dass die Kriterien, die bei der Bemessung der Förderkulissen etwa im Zusammenhang mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ üblicherweise zugrunde gelegt werden - etwa die Arbeitslosenquote in einer Region, die Steuerkraft in einer Region, das Pro-Kopf-Einkommen in einer Region usw. -, auch im Hinblick auf die Frage eine Rolle spielen sollten, welche Standorte in erster Linie und vorrangig von einem Truppenabbau betroffen sein sollten. Im Zweifel kann es dann auch zu einer Umlagerung von einzelnen Einheiten kommen, sodass dort, wo solche Unverträglichkeiten nicht zu kompensieren sind, dann in anderer Weise von staatlicher Seite aus ein Ausgleich vorgenommen wird.

Gleichwohl bezweifle ich nicht, dass die Reduzierung der Bundeswehr auch im ländlichen Raum zu Einbußen führt. Eine solche strukturpolitische Rangfolge hätte die Konsequenz, dass zu allererst in Ballungsräumen abgebaut wird. Die Erfahrun

gen der vergangenen Reduzierungsschritte zeigen, dass man das in Göttingen oder Langenhagen sehr gut verkraften konnte. Im ländlichen Raum hat man damit aber große Schwierigkeiten. Wir erwarten deshalb, dass von Bund und Land entsprechende Hilfestellungen gegeben werden, wie dies in früheren Jahren bei den ersten Reduzierungsschritten der Fall gewesen ist. Wir erwarten auch, dass im Bundeshaushalt wieder entsprechende Vermerke ausgebracht werden, damit die betreffenden Kommunen diese freigeräumten Flächen billiger erwerben können, damit Stundungsmöglichkeiten beim Ankauf, bei der zivilen Folgenutzung durch die Kommunen geschaffen werden und damit diese Flächen altlastenfrei übergeben werden.

Kurz und gut: Der Bund muss jetzt alle rechtlichen, auch haushaltsrechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit die Kommunen in diesem sehr schwierigen Umstrukturierungsprozess in die Lage versetzt werden, auch zivile Ersatzarbeitsplätze zu schaffen. Ich weiß, dass dies sehr schwierig ist. In der ersten große Phase in der Zeit zwischen 1990 und 1992 hat der Bund das alles geregelt. Mittlerweile gibt es hier aber Schwierigkeiten. Ich erwarte von einer rot-grünen Bundesregierung, dass sie hier nicht nur eine maximale Einnahmemöglichkeit für den Bundeshaushalt sieht, sondern dass sie den Kommunen und den Ländern angesichts der strukturpolitischen Probleme, die dadurch ausgelöst werden, entgegen kommt, damit sie die Möglichkeiten haben, zivile Ersatzarbeitsplätze zu realisieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr. - Das Wort hat der Herr Innenminister. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Golibrzuch und Herrn Adam sehr dankbar, dass sie die Debatte wieder auf eine etwas sachlichere Ebene geführt haben. Denn die Soldaten und ihre Familien haben in der Tat einen Anspruch auf eine seriösere Behandlung dieses Themas,

(Zustimmung bei der SPD)

als es in der Rede von Herrn Althusmann geschehen ist. Herr Althusmann, Sie haben sich zu 80 %

Ihrer Rede mit Fragen auseinandergesetzt, die die Verteidigungspolitik des Bundes betreffen. Auch ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, den Herr Adam hier schon zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich dabei um eine Bewerbungsrede für die nächste Bundestagskandidatur gehandelt hat. Die niedersächsischen Interessen sind dabei relativ kurz gekommen. Deswegen möchte ich es mir jetzt auch ersparen, ein strammes Panzer-Motto für Ihre Rede zu finden - das wäre vielleicht parlamentarisch nicht ganz angemessen -, sondern mich mit der Sache auseinandersetzen.

Meine Damen und Herren, die vom Verteidigungsminister eingeleitete Reform der Bundeswehr ist die wohl tiefstgreifend Umgestaltung in der Geschichte der bundesdeutschen Armee. Dies ergibt sich zum einen aus dem Ausmaß der erneuten Reduzierung, wobei diesmal ein deutlicher Anteil der Reduzierung auch auf das Zivilpersonal entfällt. Zum anderen waren die Änderungen in der Gesamtstruktur der Streitkräfte noch nie so deutlich wie bei der sich abzeichnenden Reform. Offensichtlich ist dabei, dass für derartig einschneidende Veränderungen eine sorgfältige und sensible Planung, auch was die Zeitabläufe betrifft, erforderlich ist.

Bundesverteidigungsminister Scharping hat sein Konzept im Bundestag vorgestellt. Das Konzept enthält - das betone ich hier - noch keine Entscheidung - auch wenn das immer wieder suggeriert wird - über die zukünftige Stationierungsplanung. Sie wird erst im Groben bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Deshalb arbeiten derzeit die Teilstreitkräfte bzw. die anderen Organisationsbereiche an den für ihre Bereiche erforderlichen Feinausplanungen und stimmen sie das aufeinander ab. Deswegen tun Sie, Herr Althusmann, mit diesen Gerüchten den Soldaten einen Tort an, wenn Sie hier Standorte nennen und sagen: Da müsst ihr aber mal genau hingucken. - Damit wird die Unruhe in die Bundeswehr getrieben, die Sie in Ihrem Antrag bei denen, die das sorgfältig und sensibel machen, beklagen.

(Zustimmung bei der SPD - Adam [SPD]: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, ich habe den Zeitplan deshalb so ausführlich erläutert, um klar zu machen, dass zum jetzigen Zeitpunkt die im Antrag der CDU-Fraktion erhobene Forderung, die für Niedersachsen vorgesehenen Standortentscheidungen vorzulegen, nicht sinnvoll umgesetzt werden

kann, weil wir sie in der Tat nicht kennen und der Bundesverteidigungsminister auch nicht.

(Althusmann [CDU]: Am Sonntag- abend wird das doch vorgelegt!)

Bis zum 31. März 2001 werden dann die Stellungnahmen der Länder eingeholt. Sie können sicher sein, meine Damen und Herren, dass die Niedersächsische Landesregierung sehr detailliert auf die Vorstellungen des Verteidigungsministers eingehen und alles daran setzen wird, den Erhalt der Bundeswehrstandorte in Niedersachsen umfassend zu sichern.

Zurzeit ist nicht bekannt - ich wiederhole das -, ob eventuell im Rahmen der neuen Struktur in Niedersachsen Standortauflösungen zu befürchten sind. Auch das Konzept der Grobausplanung gibt dafür nichts her. Gleichwohl habe ich sowie der Ministerpräsident in mehreren Schreiben und Gesprächen gegenüber Herrn Scharping deutlich gemacht, dass Niedersachsen einen nochmaligen überproportionalen Aderlass wie bei der Umsetzung der von Herrn Rühe zu verantwortenden Strukturreform zwischen 1990 und 1995 nicht widerspruchslos hinnehmen wird. Damals - das muss man sich vor Augen führen, und man muss auch die Verantwortung deutlich machen - betrug die Reduzierung rund 34.000 Bundeswehrsoldaten. Das sind mehr als 41 % der bisherigen Bundeswehrkräfte. Bayern, das hinsichtlich der Anzahl der stationierten Bundeswehrsoldaten vergleichbar ist, hatte demgegenüber lediglich einen Verlust von 22 % hinzunehmen. Beide Länder sind ursprünglich von der gleichen Größenordnung von ungefähr 80.000 Soldaten ausgegangen. Niedersachsen ist also doppelt so stark von Reduzierungen betroffen gewesen wie Bayern. Daher geht mein Hauptargument gegenüber dem Verteidigungsminister dahin, dass sich dies nicht wieder fortsetzen darf. Dieser Trend muss umgekehrt werden.

Die Landesregierung strebt deshalb an, die Anzahl der Kommandobehörden in Niedersachsen an den vergleichbaren Ländern zu orientieren, die Standorte in der Fläche insgesamt zu erhalten sowie darauf hinzuwirken, neu zu schaffende oder zu verlegende Bundeswehrschulen aufgrund freier Kapazitäten in Niedersachsen einzurichten.

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass Niedersachsen mit seinen zahlreichen Übungsplätzen, von denen auch erhebliche Beeinträchtigun

gen für die Zivilbevölkerung ausgehen - ich nenne hier Nordhorn Range und die Übungsplätze Bergen, Munster, Garlstedt und Altenwalde -, wiederum erheblich von den Reduzierungen betroffen wird.

Meine Damen und Herren, schon jetzt nimmt die Niedersächsische Landesregierung alle Einflussmöglichkeiten wahr, um die Vorstellungen des Landes gegenüber dem Bundesverteidigungsminister deutlich zu machen. Ich hatte anlässlich des feierlichen Gelöbnisses der Bundeswehr am 12. November in Bordenau gemeinsam mit meinem Kollegen Heinrich Aller Gelegenheit, mit dem Verteidigungsminister ein längeres Gespräch zu führen. Darin hat der Verteidigungsminister genau das zugesagt, was Herr Golibrzuch eben eingefordert hat, nämlich auch unter raumordnerischen, unter Strukturgesichtspunkten die Fragestellung zu beantworten, wie man mit den Ergebnissen einer späteren Feinausplanung umgeht, also dort, wo Arbeitslosigkeit herrscht und strukturschwache Gebiete sind, weniger wegzunehmen. Ich will dabei nicht in Zweifel ziehen, dass wir irgendwo, auch in Niedersachsen, zu Reduzierungen kommen werden, weil es insgesamt weniger werden.

Er hat übrigens in dem Gespräch auch etwas gesagt. Daran mögen Sie ein bisschen ablesen, dass die Einflussnahme der Landesregierung dort auch etwas bewegt: Es ist schon lange entschieden, dass das Lufttransportgeschwader aus Wunstorf nach Brandenburg soll. Der Verteidigungsminister lässt aber noch einmal überprüfen, ob es sinnvoll ist, die notwendigen großen Investitionen dort zu tätigen oder eventuell, wenn das neue Flugzeug eingeführt wird, nicht, wie jetzt vorgesehen, dann nach Brandenburg zu gehen, sondern es hier zu lassen. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass die Argumente der Landesregierung durchaus gehört werden.

Meine Damen und Herren, damit hier kein falscher Zungenschlag in die Debatte kommt, muss eines klar sein - das war auch in der Vergangenheit so und wird auch in der Zukunft so sein -: Die Entscheidung über die Struktur der Bundeswehr trifft der Verteidigungsminister und nicht das Land Niedersachsen.

Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zu dieser verteidigungspolitischen Debatte, die Herr Althusmann hier versucht hat anzuzetteln, sagen. Die Frage, wer wann die richtigen Konsequenzen aus der völlig veränderten internationalen Lage

gezogen hat, Herr Althusmann, sollten Sie vielleicht mal an die alte Bundesregierung stellen. Im Jahre 1990 hatte man 370.000 vereinbart. Dann sind Reformen durchgeführt worden. Keiner hat sich grundlegend Gedanken darüber gemacht, wie Streitkräfte in einer völlig veränderten sicherheitspolitischen Situation aussehen müssen. Das macht erst die jetzige Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe daher die Beratung.

Der Ältestenrat hat empfohlen, den Ausschuss für innere Verwaltung mit diesem Antrag zu befassen. Gibt es andere Vorstellungen? - Das nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 28 erledigt.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Notprogramm für den deutschen UnterglasGartenbau - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 14/1992

Das Wort erhält Frau Kollegin Philipps.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Ohne Blumen fehlt hier etwas.“ - Mit diesem Werbespruch wurde vor Jahren in Deutschland für Blumen und Pflanzen geworben. Das ist auch so. Ohne unsere Gartenbaubetriebe würde uns auch etwas fehlen. Es handelt sich dabei um bewährte mittelständische Unternehmen mit tausenden von Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

Prächtige Blumen und Zierpflanzen sowie knackiges Gemüse werden zum großen Teil direkt in heimischen Gewächshäusern in bester Qualität und Sortenvielfalt herangezogen.

(Zustimmung bei der CDU)

Aufgrund meiner persönlichen langen Berufserfahrung kann ich Ihnen sagen, dass in vielen Betrie

ben - ich kenne viele Betriebe hier in Niedersachsen - sehr viel Fachverstand herrscht und ein umfassendes Wissen über Haustechnik und Heizungsbau bei modernen Gewächshäusern gebraucht wird und ein ausgesprochen gutes kaufmännisches Gespür absolute Voraussetzung dafür ist, einen Gartenbaubetrieb zu leiten. Das ist hier auch der Fall.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, seit dem Frühjahr dieses Jahres hat sich die Situation für den deutschen Gartenbau, der schon seit Jahren im internationalen Wettbewerb erheblich benachteiligt ist, dramatisch verschlechtert.

(Frau Pruin [CDU]: Hört, hört!)

Der Ölpreis hat sich innerhalb eines Jahres von 31,9 Pfennig auf sage und schreibe 91,9 Pfennig verdreifacht. Der Gaspreis ist um 50 % gestiegen. Dabei muss man wissen, dass 60 % der Gartenbaubetriebe ihre Gewächshäuser mit Öl und 20 % mit Gas heizen.

Die finanzielle Situation in den Gartenbaubetrieben ist äußerst gespannt. Ein Beispiel: Ein Betrieb braucht heute unter modernen Bedingungen pro Quadratmeter jährlich ungefähr 30 l Öl. Früher waren es 50 l. Das ist also schon sehr modernisiert bzw. reduziert worden. Im Jahre 1999 betrugen die Heizkosten pro Quadratmeter und Jahr 12 DM. Im Jahre 2000 werden es 30 DM sein. Diese Mehrkostenbelastung von 18 DM/m2 ist über die Preise nicht auszugleichen. Diese Heizkostenexplosion kann man nicht mehr wettmachen. Die Großabnehmer bestimmen heute den Preis, und andere Anbieter in unseren Nachbarländern warten schon darauf, entstehende Lücken im Angebot auszufüllen, wobei diese über große Kapazitäten verfügen und viel leichtere Erzeugungsbedingungen haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Die Ostfriesen-Zeitung vom 1. November dieses Jahres titelte: „Bei den Gärtnern brennt die Hütte“ Man kann es auch anders sagen: In diesem Winter wird es in vielen Betrieben außer Eisblumen keine Blumen mehr geben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartels, Sie wissen das; es ist Ihr Ressort. Ich frage Sie: Welche Maßnahmen sind konkret eingeleitet worden, oder waren Ihre Ankündigungen bzw. die von Minister Funke auf

grund meiner Anfrage, dass wir dem deutschen Gartenbau helfen müssen, nur heiße Luft?