Es kann in dieser Frage keine Gnade der späten Geburt geben. Auch das erst vor wenigen Jahren gegründete erfolgreiche Start-up-Unternehmen der IuK-Branche kann sich der Gesamtverantwortung der Wirtschaft nicht entziehen. Es kann und muss daran mitwirken.
Wir haben es nicht an Appellen fehlen lassen. Ich erinnere an unsere gemeinsame Debatte im Januar dieses Jahres. Aber offenbar haben diese Appelle - vergleichbare Appelle gingen ja auch von den Unternehmensverbänden aus - nicht ausreichend gefruchtet. Unsere Geduld jedenfalls ist jetzt erschöpft
Natürlich ist es zunächst einmal Aufgabe der Wirtschaft selbst, ihr Versprechen zu erfüllen. Aber sie hat dieses Jahr Zeit gehabt, dies zu tun. Wir müssen feststellen, dass der Druck auf zahlungsunwillige Firmen jetzt deutlich erhöht werden muss.
Es hat sich schon in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Firmen in diesem Zusammenhang nichts mehr fürchten als negative Publizität. Wenn Namen genannt wurden, dann war die Bereitschaft zum Beitritt schon deutlich erhöht.
Ich glaube, wir müssen jetzt das Wort von Minister Fischer einlösen, das er im Mai dieses Jahres bei unserer Dringlichen Frage gegeben hatte, dass nämlich dann, wenn die Zahl der beitrittswilligen Unternehmen nicht ausreicht, er die Veröffentlichung einer solchen Liste vehement unterstützen würde.
Ich glaube, wir müssen umgehend das Gespräch mit den Verbänden der Wirtschaft suchen und sie auffordern, über unverbindliche Appelle hinaus gemeinsam mit der Landesregierung einen Katalog
von Maßnahmen zu erarbeiten, mit denen sehr kurzfristig die Beteiligung der niedersächsischen Wirtschaft gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich erhöht werden kann. Es kann nicht angehen, meine Damen und Herren, dass beispielsweise vom Verband der Metallindustrie in Niedersachsen erst ein Teil der Mitgliedsfirmen und nicht alle Mitglied geworden sind.
Wir müssen tätig werden. Ich erhoffe mir, dass dieser Antrag, von dem ich mir eigentlich gewünscht hätte, über ihn könnte heute sofort abgestimmt werden, sehr schnell seine Erledigung findet. Ich hoffe, dass die Landesregierung das, was sie in der Vergangenheit angekündigt hat, einlöst, nämlich die Entschädigung der überlebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und die Beteiligung der niedersächsischen Wirtschaft zur Chefsache zu machen, und dass wir möglichst schon im Dezember sagen können: Dieser Antrag ist erledigt, mit den Auszahlungen an die Überlebenden kann begonnen werden. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schröder, die Niedersächsische Landesregierung unterstützt die erneute Aufforderung des Landtages an alle niedersächsischen Unternehmen, sich an dem Zwangsarbeiter-Entschädigungsfonds zu beteiligen.
Bisher sind - es ist gesagt worden - fast 5.000 deutsche Unternehmen Mitglied der Stiftungsinitiative geworden. Es gibt Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mehr als 3,3 Milliarden DM. Aber wir wissen, das reicht nicht aus.
Die Landesregierung appelliert deshalb erneut an alle Unternehmen, sich am Entschädigungsfonds zu beteiligen. Es geht um das Ansehen der deutschen Wirtschaft in der Welt. Eine Flucht vor der historischen und auch vor der moralischen Verantwortung darf es nicht geben.
Meine Damen und Herren, nun wird in diesem Entschließungsantrag der Eindruck erweckt, die Landesregierung sei untätig geblieben. Das ist nicht richtig. Sowohl der Ministerpräsident als auch ich haben in unterschiedlichster Form auf die Unternehmensverbände, aber auch auf einzelne Unternehmen eingewirkt. Hier konnte einiges erreicht werden. Allerdings hat es nicht nach jedem Brief und nach jedem Gespräch eine Pressemitteilung dazu gegeben. - Diese Art der Einwirkung wird auch fortgesetzt.
Zu den einzelnen Punkten des Entschließungsantrags, Herr Schröder, lassen Sie mich bitte Folgendes anmerken.
Erstens zur Negativliste. – Ich sage hier noch einmal: Ich verhehle nicht meine Sympathie für die Veröffentlichung derartiger Listen. Ich weise aber auch darauf hin, dass dies faktisch schon geschehen ist. Jeder kann z. B. im Internet die von dem ARD-Magazin „Kontraste“ eingestellte Liste von 189 zahlungsunwilligen Großunternehmen abrufen. Die Zahl der dort aufgeführten niedersächsischen Unternehmen hat sich bis heute – wir haben es noch einmal nachprüfen lassen – auf sechs verringert. Hier hat sich also Erhebliches getan. Angesichts dieser Entwicklung, bei dieser begrenzten Anzahl, halte ich ein staatliches Register, noch dazu auf Niedersachsen beschränkt, für wenig hilfreich.
Zweitens zu den konkret vorgeschlagenen Maßnahmen. – Kern dieses Antrags ist die Forderung, Zuwendungen und öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, die sich am Entschädigungsfonds beteiligen. Dies ist – darauf muss ich hinweisen – rechtlich nicht einfach. Ich nenne nur stichwortartig einige Probleme, die wir berücksichtigen werden müssen: Vergabefremde Zwecke. Das ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen klar geregelt. Missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Eine solche Stellung hat das Land z. B. beim Straßenbau. Diskriminierungsverbot nach dem EU-Recht. – Ich sage hier aber auch, meine Damen und Herren: Die Landesregierung begrüßt es, dass diese schwierigen Fragen in den Ausschussberatungen im Einzelnen erörtert werden. Wir werden uns daran beteiligen. Die Landesregierung ist bereit, alle rechtlich zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, um das hier gemeinsam formulierte Ziel zu erreichen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Schluss meiner Ausführungen noch eine Anmerkung. Bei aller Kritik an zahlungsunwilligen Unternehmen dürfen wir die anderen nicht vergessen. Ich danke den fast 5.000 Unternehmen, die sich bisher an der Stiftung beteiligt haben. Dieser Dank gilt besonders den Unternehmen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden und die deshalb nicht in nationalsozialistisches Unrecht verwickelt waren. Sie haben Solidarität gezeigt. Dafür gebührt ihnen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vor wenigen Tagen einen Brief bekommen, einen Brief von einem Mann, der heute 72 Jahre alt ist. Er hat diesen Brief ursprünglich an Graf Lambsdorff geschickt, der ja für die Bundesregierung die Gespräche um die Entschädigung der Zwangsarbeiterinnen und Zwangarbeiter führt. In diesem Brief legt dieser alte Mann seine Gedanken dar, die ihn bei diesem Thema bewegen. Er schreibt darin über die Schuldfrage der Deutschen, und er sagt auch etwas über die Verantwortung, die die Wirtschaft hat. Ich möchte aus diesem Brief zitieren:
„Die andauernden beschämenden Diskussionen über das noch fehlende Geld für die noch lebenden NS-Opfer kann man kaum noch ertragen. Wir sind trotz eines von uns begonnenen Krieges, den wir verloren haben, ein sehr reiches Land geworden und feilschen um ein paar Milliarden für die armen Opfer. Im Ausland kann man das Verhalten nicht verstehen. Der deutschen Wirtschaft entsteht dadurch erheblicher Schaden.“
„Ich bin der Auffassung, dass sich fast alle Deutschen spätestens nach der so genannten Reichskristallnacht 1938 schuldig gemacht haben.“
Meine Damen und Herren, ich kann diesen Menschen sehr gut verstehen. Es kann dahingestellt bleiben, zu welchem Zeitpunkt sich das deutsche Volk schuldig gemacht hat. Es gab Hinweise, Belege, Zeichen für die Unmenschlichkeit dieses verbrecherischen NS-Regimes - 100.000-fach. Wichtig ist, dass es inzwischen – das, meine ich, sollte man hier auch sagen – eine breite Übereinstimmung im gesamten deutschen Volk darüber gibt, dass wir uns schuldig gemacht haben und dass wir diese Schuld sühnen müssen. Bis auf wenige Ewiggestrige ist das die Meinung des deutschen Volkes. Dann, finde ich, sollte man daraus auch die Konsequenzen ziehen.
Wer die Demonstrationen am 9. November erlebt hat, bei denen die Menschen quer durch die politischen Parteien deutlich gemacht haben, dass sie nicht wollen, dass wir uns wieder eine solche Schuld aufladen, der kann mit vollem Recht sagen: Das deutsche Volk ist sich seiner Verantwortung bewusst. - Es wird deshalb allerhöchste Zeit, dass wir den Menschen, die als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in deutschem Namen schuften mussten und leiden mussten, wenigstens eine materielle Entschädigung gewähren.
Der Staat, meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland, hat sich dieser Verantwortung gestellt. Mit den 10 Milliarden DM, die in die Stiftung eingezahlt werden sollen, bleibt für den Einzelnen wenig genug übrig, aber wenigstens ein Betrag, der von dem einen oder der anderen als Entschuldigung akzeptiert wird und der nicht wenigen in der jetzigen Situation auch materiell durchaus weiterhilft. Die Hälfte davon hat der Staat offiziell übernommen. Die andere Hälfte wollte die deutsche Wirtschaft aufbringen. Wir wissen, dass auch von dieser zweiten Hälfte ein Teil, nämlich über die Berücksichtigung bei den Steuern, vom Staat aufgebracht werden muss. Es ist deshalb beschämend, meine sehr verehrten Damen und Herren – das sollten wir deutlich sagen -, dass der zweite Teil, den die Wirtschaft zu erbringen hat, bis heute nicht aufgebracht worden ist.
Von meinen beiden Vorrednern ist schon gesagt worden, dass das Ansehen der deutschen Wirtschaft im Ausland dadurch beschädigt worden ist. Darauf kommt es mir im Augenblick aber nicht so sehr an. Mir kommt es darauf an, welches Ansehen
wir als Deutsche bei den Betroffenen haben. Um dieses Ansehen geht es mir. Deshalb geht es darum, noch einmal mit einem Appell, aber auch mit politischem Druck zu erreichen, dass jetzt ein Schlussstrich unter diese Debatte gezogen wird und dass dieser Entschädigungsfonds endlich zusammengetragen wird. Wir haben dafür die Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir wollen, dass sich auch die niedersächsische Wirtschaft dieser Verantwort stellt - da stimme ich mit dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen völlig überein -, und zwar schnell. Bei nicht wenigen kommt der Verdacht auf, dass diejenigen, die immer noch zögern, eine biologische Lösung dieses Problems offenkundig bewusst in Kauf nehmen, und dieser Eindruck darf nicht bestehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- Dann sind es – bei allem, was hier auch gesagt worden ist – sechs zu viel, lieber Kollege. Auch ich finde es richtig, dass man deutlich sagt: Viele haben etwas getan. Auch Unternehmen, die damals noch nicht gegründet waren, haben etwas getan - Peter Fischer hat darauf hingewiesen -, haben gesagt: Es ist auch die Verantwortung von uns, den Nachgekommenen, da etwas zu tun. – In Debatten höre ich aber auch: Na ja, das ist zwar noch die gleiche Firma wie damals, aber da hat der Eigentümer zigmal gewechselt. – So etwas kann man politisch nicht hinnehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist unmoralisch.
Auch ich glaube, dass es vielleicht nicht mehr nötig ist, noch von Staats wegen eine solche Liste aufzustellen, von der Peter Fischer zu Recht schon gesagt hat, dass es sie bereits gibt. Aber ich bin dafür, dass wir uns Gedanken machen, auch sehr konkrete Gedanken machen darüber, wie wir politischen Druck erhöhen können, um diese Liste sozusagen moralisch und politisch noch zu unterfüttern. Dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir bereit. Das werden wir in den Ausschussberatungen zusammen mit allen Fraktionen dieses Hauses, so hoffe ich, organisieren. Ich bin mir sicher: Wir werden im Dezember einen
großen gemeinsamen Appell, und zwar mit konkreten Maßnahmen belegt, an die noch fehlenden Firmen richten, der deutlich macht: Wir wollen den Schlussstrich. Wir wollen, dass den Menschen geholfen wird. Wir wollen um derjenigen willen, die darauf angewiesen sind, dass wir unser Kreuz gerade machen, erreichen, dass dieses Problem, wenn wir es schon nicht aus der Welt schaffen können, zumindest materiell ausgeglichen wird. Dazu steht dieser Landtag. Dazu sollte er sich auch verstehen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ebenso wie meine Vorredner nicht nur bedauerlich, sondern auch beschämend, dass diese Debatte heute überhaupt stattfinden muss. Der Ministerpräsident hatte im Rahmen der Debatte zur Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern am 28. Januar dieses Jahres auf Pressemitteilungen verwiesen, wonach die Stiftungsinitiative damit rechne, bis zum Frühsommer dieses Jahres die benötigten Beträge zusammenzubekommen. Es ist aber offenbar bislang leider noch nicht gelungen, allen in der Wirtschaft Verantwortlichen einsichtig zu machen, dass es in der Frage um die Beteiligung an der Stiftungsinitiative nicht um eine beliebige Aktion des guten Willens, sondern darum geht, sich bewusst der Verantwortung zu stellen, die infolge der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft bleibend schwer auf uns allen lastet. Dieser Verantwortung kann sich niemand entziehen. Denn solange die Entschädigungsfrage ungeregelt bleibt, gibt es keinen Weg aus der ausschließlichen „Trauer“, um das aus meiner Sicht milde Wort des Herrn Andor Izsák zu gebrauchen, das er anlässlich der letzten Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus Anfang des Jahres verwandte. Der Tag ist überfällig - auch das ist gerade von den Vorrednern unterstrichen worden -, an welchem diese so entscheidende Frage geregelt wird. Jeder muss das Seine tun, um ihn alsbald herbeizuführen.
Wir brauchen diesen Tag schnellstmöglich, und zwar als Tag der Hoffnung für eine versöhnende Zukunft. Deshalb ist es schmerzlich, dass wir diesen Tag bislang immer noch nicht erreicht haben. Aber es sind immerhin gewisse Schritte auf ihn hin gemacht worden. Von den 10 Milliarden DM staatlicherseits einzubringenden Geldern werden Gelder in Höhe von 5 Milliarden DM offenbar bereitgehalten. Die erste Tranche in Höhe von 2,5 Milliarden DM ist eingezahlt, und die zweite in gleicher Höhe wird für Dezember annonciert. Seitens der deutschen Wirtschaft stehen mittlerweile 3,32 Milliarden DM, eingebracht von 4.740 Firmen, zur Verfügung. Immerhin haben sich inzwischen 344 niedersächsische Firmen an der Stiftungsinitiative beteiligt. Das ist nicht hinreichend, aber doch nennenswert. Damit sind seitens der Wirtschaft etwa zwei Drittel des erforderlichen Betrages zusammen. Umso wichtiger ist es, dass auch das letzte Drittel alsbald eingebracht wird, um zum Ziel zu kommen, welches um der Opfer willen nicht in die Ferne entrückt werden darf, sondern besser heute als morgen erreicht werden muss.
In unser aller Interesse, aber auch im Interesse der Betriebe, die sich bislang nicht der Stiftungsinitiative angeschlossen haben, hoffe ich sehr, dass dies nicht als grundsätzliche Verweigerung von ihnen interpretiert werden muss, sondern als zögerliche Haltung wegen womöglich befürchteter Rechtsunsicherheit, ob nach erfolgter Zahlung nicht doch noch Folgeklagen zu befürchten sind. Solche Firmen fordere ich namens meiner Fraktion mit Nachdruck auf, alsbald den entscheidenden Schritt vom zögerlichen Abwarten hin zum entschieden verantwortungsvollen Handeln zu tun, denn bekanntlich - Herr Schröder hat es auch vermerkt hat der Bundesrichter in New Jersey 46 Sammelklagen gegen deutsche Industrieunternehmen zurückgewiesen, da sie wegen des von der US-Regierung abgegebenen „Statement of Interest“ nicht im Interesse der Vereinigten Staaten liegen.
Damit ist ein wesentlicher Schritt zur Rechtssicherheit getan, welchem die anderen umso eher folgen dürften, je schneller die noch ausstehenden 1,68 Milliarden DM beigebracht werden. Wenn ich von verantwortungsvollem Handeln der noch zögernden Unternehmen spreche, so deshalb, weil sie sich nach Informationen, die mir aus Berlin gegeben wurden, darüber im Klaren sein müssen,
dass die bereits erfolgte Abweisung von Klagen wieder aufgehoben werden kann, wenn der vereinbarte Beitrag nicht in absehbarer Zeit zusammenkäme. Dies kann ernsthaft nicht im Interesse auch nur eines einzigen Unternehmens liegen. Viel weniger noch ist es im Gesamtinteresse unseres Volkes, das weiterhin mit allen negativen Begleiterscheinungen mit dem Vorwurf leben müsste, die Augen vor der dunkelsten Seite seiner Geschichte zu verschließen, anstatt dazu zu stehen, ein Zeichen konkret erfahrbarer Reue zu geben - mehr ist es nämlich nicht; Herr Plaue, ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass der Betrag für den Einzelnen wahrscheinlich äußerst gering sein dürfte - und den möglichen gewiesenen Weg zur Versöhnung zu beschreiten. Vor allem aber würden gerade die noch wenigen lebenden Opfer ein weiteres Mal zutiefst gedemütigt. Dies dürfen wir um deren Würde, die viel zu lang ignoriert wurde, nicht zulassen.
Es gibt Stimmen, die darauf verweisen, dass auch Teilen unseres Volkes Unrecht wiederfahren ist. Niemand wird das ausblenden wollen. Aber man kann Unrecht nicht gegen Unrecht aufrechnen, man darf Ursache und Folge nicht gleichsetzen, und man darf sich seiner eigenen Pflicht zur Reue im Falle erkannten Unrechts nicht entziehen, denn sonst würde man sich nicht nur der Gesamtverantwortung entziehen, sondern unerträglich weitere Schuld auf das Volk und auch neue auf sich selbst laden. Es gibt kein Entrinnen aus der Verantwortung, vor allem dann nicht, wenn sie schwer ist.
Im zweiten Buch Mose Kapitel 34 Vers 7 heißt es, dass Gott die Missetat der Väter an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied heimsucht. An unserer Generation ist es, die Schuld, die durch die Untaten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entstand, im Rahmen des uns Möglichen abzutragen, auch wenn wir sie nicht verursacht haben, um sie nicht auch noch weiteren Generationen aufzubürden. Deshalb halten auch wir von der Union es für geboten, dass der Niedersächsische Landtag alle Zögernden in der niedersächsischen Wirtschaft eindringlich erneut auffordert, der Stiftungsinitiative zum Erfolg zu verhelfen. Gemeinsam mit allen Fraktionen des Hohen Hauses fordern wir die Landesregierung auf, entsprechende Initiativen weiterhin zu ergreifen, wobei die Veröffentlichung einer Negativliste auch im meiner Fraktion kritisch gesehen wird und wir insofern mit dem Votum des Herrn Wirtschaftsmi
nister konform gehen. Die anstehenden weiteren Beratungen sollten aber nochmals unterstreichen, dass sich Sozialdemokraten, Bündnis 90/Die Grünen und die Union im Ziel einig sind, um so mit einem unübersehbaren Signal die noch Unentschlossenen zum entscheidenden Schritt zu bewegen. Denn an für die Wirtschaft aufs Ganze gesehenen vergleichsweise geringen 1,68 Milliarden DM darf das große Versöhnungswerk nicht scheitern.
Abschließend möchte ich auf unsere Jugend verweisen, die meines Erachtens in vorbildlicher Weise den Entscheidungsträgern den Weg weist. Ungezählte Jugendliche haben sich bar jeder eigenen Schuld in der Aktion Sühnezeichen engagiert, um von Deutschland Zeichen der Reue und Werke des Friedens ausgehen zu lassen. Dieses freiwillige Engagement oft vergleichsweise mittelloser Jugendlicher darf nicht konterkariert werden. Es muss all denen, die aufgerufen sind, der Stiftungsinitiative Gelder zur Verfügung zu stellen, ein eindringliches Beispiel sein, die zugegeben schwere Last der Vergangenheit gemeinsam zu tragen, um nicht von ihr erdrückt zu werden, sondern sie zu bewältigen und so, nur so neue Perspektiven zu eröffnen. - Danke schön.