Protocol of the Session on November 16, 2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Meinhold, ich denke, der CDU-Fraktion kommt es hier nur darauf an, darauf hinzuweisen, dass die Regierungsfraktion vielleicht mit einem zukünftig Regierenden und dessen Meinung zu diesem Thema Probleme kriegen kann, weil er hier ein abweichendes Verhalten an den Tag gelegt hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Meinhold [SPD]: Das haben Sie gut gesagt! Sehr schön!)

Meine Damen und Herren, ich habe mich noch einmal gemeldet, um Sie auf etwas hinzuweisen, was sich hier bei uns abspielt. Herr Kollege McAllister sagt, in manchen Klassen seien 30 % nicht anwesend. Schauen Sie sich einmal um, wie viel Prozent Abgeordnete hier anwesend sind!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Überlegen Sie sich mal, woran das liegt! Wenn Sie ehrlich zu sich und den anderen sind, ist das mangelndes Interesse. Das möchte ich den Kolleginnen und Kollegen nicht vorwerfen, weil es mir auch so geht, dass ich an manchen Themen nicht so großes Interesse habe.

Nun denken Sie mal an heute Mittag, als Marianne Birthler zu uns geredet hat, wie anders die Atmo

sphäre hier gewesen ist! Jeder Einzelne und jede Einzelne - nicht nur hier unten, sondern auch auf den Zuschauerrängen - hat Interesse daran gehabt, was hier stattfindet. Wir waren alle aufmerksam und gespannt und konnten bis zum Schluss aushalten und durchhalten. Es hat uns gar nichts ausgemacht. Keiner von uns musste hinauslaufen.

Nun stellen Sie sich einmal vor, dass wir bei Punkten, bei denen wir an dem Thema inhaltlich kein Interesse haben und hinausgehen, obwohl wir eigentlich Anwesenheitspflicht haben, von der Polizei wieder hereingeführt würden, welche Unruhe hier dann im Plenarsaal wäre! Das wünschte ich mir nicht. Dann versuchen Sie auch einmal, sich beim Problem Schulschwänzen solche Phänomene zu vergegenwärtigen! Überlegen Sie einmal, wie es Ihnen selber geht, wenn Sie etwas lernen sollen, an dem Sie kein Interesse haben, und überlegen Sie mal, wie man vielleicht anders damit umgehen kann, um den betroffenen Kindern zu helfen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, am Ende dieser bewegenden Diskussion haben wir die Möglichkeit, die Ausschussüberweisung vorzunehmen, sodass die Frage des Schwänzens, mit welchem Hintergrund auch immer, noch im Ausschuss beraten werden kann.

(Plaue [SPD]: Hoffentlich schwänzen die dann aber nicht, Herr Präsident!)

Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Kultusausschuss und zur Mitberatung an die Ausschüsse für innere Verwaltung, für Haushalt und Finanzen und für Jugend und Sport zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um seine freundliche Zustimmung. - Ich stelle fest, dass das auch ohne die so genannten Schwänzenden beschlossen worden ist.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Hafenämter stärken - für eine echte Reform der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1990

Eingebracht und begründet wird der Antrag durch den Kollegen Dr. Biester. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur legitim, sondern auch notwendig, dass die Landesregierung ständig prüft, ob ihre Verwaltung ihre Aufgaben so effizient wie möglich, so kostengünstig wie möglich erfüllt oder ob sie reformbedürftig ist. Die Landesregierung hat ein Reformbedürfnis für ihre Hafen- und Schifffahrtsverwaltung festgestellt und sucht hier nach Lösungen. Was Sie, Herr Minister Fischer, uns dazu im Ausschuss für Häfen und Schifffahrt vorgelegt haben, ist nach unserer Überzeugung aber bereits vom Ansatz her verfehlt, ist dürftig und führt in die völlig falsche Richtung. Die Reformüberlegungen begannen bereits mit einem Fehlstart.

Zunächst haben Sie richtig erkannt, dass an der Prüfung und Erarbeitung von Lösungsvorschlägen die Hafenwirtschaft, d. h. die Nachfrager der Leistungen der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung, eingebunden und beteiligt werden sollte. Dies wurde mit dem Projekt „Dienstleistungen in der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung“ auch versucht, allerdings halbherzig und wenig konsequent. Die Projektgruppe sollte eine Vielzahl von Themen besprechen. Eines von vielen Themen war das der Organisation der Verwaltung. Als aus der Projektgruppe aus Ihrer Sicht zu wenig Anregungen kamen, wurde die Wirtschaft ohne Vorwarnung ausgegrenzt,

(Haase [SPD]: Das ist gar nicht wahr!)

was aus unserer Sicht ein grundlegender Fehler war.

Stattdessen wurde bekanntlich eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe gebildet, deren Prüfkompetenzen Sie aus politischen Gründen in zwei zentralen Punkten von vornherein begrenzt haben. Erstens. Die Mittelinstanz Bezirksregierung sollte nicht in die Prüfung einbezogen werden. Zweitens. Eine denkbare Alternative wie eine Privatisierung

sollte gar nicht erst erwogen werden, weil, so der Bericht, der Hauptpersonalrat des Ministeriums entschieden dagegen sei.

Meine Damen und Herren, wer sich in einem so frühen Stadium von vornherein in der Prüfkompetenz derart beschränkt, der darf sich nicht wundern, wenn das nicht der gewünschte große Wurf wird, sondern nur ein Reförmchen dabei herauskommt, dessen Vorschläge abzulehnen und dessen Begründungen falsch sind.

Verfehlt ist der hier vorgenommene Ansatz, festzustellen, dass es in Niedersachsen drei Reviere gebe und dass deshalb sinnvollerweise auch drei Hafenämter existieren sollten. Die geografische Lage eines Hafens in einem bestimmten Revier sagt nämlich rein gar nichts darüber aus, ob die Aufgaben und Schwerpunkte von Häfen identisch oder ob ein Hafen mit anderen Häfen in dem Revier auch nur vergleichbar ist.

Besonders deutlich wird dies beim Revier Ems mit den zwei Hafenämtern Emden und Norden. Die Häfen Emden und Norddeich sind völlig verschieden, auch wenn sie in ein und demselben Revier liegen. Emden ist ein Industriehafen mit den Schwerpunkten Kraftfahrzeuge, Forstwirtschaft, Flüssigkreide, und Norddeich betreibt die Inselversorgung, ist zuständig für den Inseltourismus. Das sind völlig verschiedene Aufgaben. Die Häfen haben nichts miteinander gemein. Wo soll da der Vorteil einer Zusammenlegung der beiden Hafenämter liegen? Das Gegenteil ist der Fall: Vorhandenes notwendiges Spezialwissen geht bei einer Zusammenlegung verloren.

Gehen wir das Thema einmal andersherum an und fragen uns, was eigentlich der Nachfrager erwartet. Er erwartet fachliche Kompetenz vor Ort, preisgünstige, schnelle Dienstleistungen aus einer Hand, wie es in der Stellungnahme der Vereinigung der Niedersächsischen Industrie- und Handelskammern heißt. Des Weiteren erwartet er kurze Entscheidungswege und damit auch schnelle Entscheidungen über seine Anliegen.

Diese Erwartungen können wir nur mit einem Hafenamt vor Ort erfüllen, und zwar mit einem Hafenamt mit Leitung vor Ort. Kurz und schnell kann der Entscheidungsweg nur sein, wenn möglichst wenig prüfende, mitberatende, verweisende, bündelnde Verwaltungsebenen, d. h. zwei statt bisher drei Instanzen, beteiligt sind. In diese Rich

tung sollten die Reformüberlegungen nach unserer Überzeugung gehen.

Meine Damen und Herren, der Arbeitskreis für Häfen und Schifffahrt unserer Fraktion war vor Ort in Brake und in Norden bzw. in Norddeich. Wir haben eine Vielzahl von Resolutionen kommunaler Parlamente zur Kenntnis genommen, verabschiedet vom Stadtrat Brake, von Norden, vom Kreistag Wesermarsch, und zwar stets mit den Stimmen der dortigen sozialdemokratischen Kommunalpolitiker. Wir haben die Stellungnahme der Vereinigung der Niedersächsischen Industrie- und Handelskammern zur Kenntnis genommen. All diese Äußerungen nehmen wir ernst. Ihnen allen, meine Damen und Herren, ist eines gemeinsam, nämlich die Aussage, dass die Hafenämter mit ihrer Kompetenz vor Ort zu erhalten sind, dass der vorliegende Reformvorschlag, wie er auf dem Tisch liegt, abzulehnen ist.

Selbst vermeintliche Gewinner wie das Hafenamt Wilhelmshaven sind mit diesem Reformvorschlag keineswegs glücklich. Die Hafenwirtschaft in Wilhelmshaven will nicht, dass die Abteilungen für Hafenbetrieb und Hafenplanung, Bau und Unterhaltung an die dann unselbständige Außenstelle Brake abgegeben werden. Auch hier wird der Verbleib der gesamten Kompetenz des Hafenamtes vor Ort gefordert, und zwar ebenso, wie, völlig zu Recht, die gesamte Kompetenz eines intakten, mit einer Leitung versehenen Hafenamtes in Brake vor Ort gefordert wird.

Meine Damen und Herren, wir nehmen auch zur Kenntnis, wie sich sozialdemokratische Abgeordnete in ihren Wahlkreisen einlassen, und zwar einschließlich des Kollegen Beckmann, der in der „Nordwest-Zeitung“ vom 9. Oktober so zitiert wird, dass nach seiner, Beckmanns, Ansicht sowohl der gegenwärtige Aufgabenbereich wie auch die personelle Struktur des Hafenamts Brake erhalten werden sollen.

(Beckmann [SPD]: So ist es!)

Wir gehen davon aus, Herr Beckmann, dass Sie sich in Ihrer Fraktion und im Landtag ebenso einlassen werden, d. h. dass Sie den vorliegenden Reformvorschlag, der, bezogen auf das Hafenamt Brake, das Gegenteil vorsieht, ablehnen werden.

Herr Minister Fischer, schließlich gehen wir davon aus, dass Sie oder Ihre Nachfolgerin im Amt zu diesem Thema keine Kabinettsvorlage erarbeiten oder vorlegen werden, bevor unser Entschlie

ßungsantrag in zweiter Beratung im Landtag behandelt und beschieden worden sein wird.

Wir wünschen uns ein Einvernehmen mit den anderen Fraktionen hinsichtlich der Aufforderung an die Landesregierung, diesen Reformvorschlag ad acta zu legen und stattdessen Vorschläge für eine echte Reform vorzulegen, wobei wir offen sind dahin gehend, ob die Vorschläge in Richtung Landesbetrieb gehen oder eine voll privatisierte bzw. eine ganz herkömmliche öffentlich-rechtliche Form vorsehen.

(Buß [SPD]: Haben Sie das auch in Norden gesagt?)

Aber auf jeden Fall sollen es fünf selbständige Hafenämter und ein zweigliedriger Aufbau sein. Das wären dann starke Hafenämter vor Ort, und das wäre eine echte Reform der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung im Einvernehmen mit dem Nachfrager, der Hafenwirtschaftsvereinigung.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Minister Dr. Fischer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU zur geplanten Neuordnung der Häfen- und Schifffahrtsverwaltung zeigt, dass über die Notwendigkeit von Organisationsverbesserungen in dieser Verwaltung auch in diesem Hause offensichtlich im Grundsatz Einvernehmen besteht. Es geht also weniger um das Ob als vielmehr um das Wie, wenn ich auch, nachdem ich Ihnen jetzt genau zugehört habe, Herr Dr. Biester, Zweifel habe, ob Sie überhaupt etwas ändern wollen. Den Eindruck habe ich eben doch gewonnen.

(Zustimmung bei der SPD - Buß [SPD]: Ja, den muss man haben; ab- solut!)

In dem schriftlichen Antrag ist das etwas anders formuliert.

Aber lassen Sie mich jetzt kurz erläutern, was bisher geschehen ist, um damit auch das, was Sie hier gesagt haben, gerade zu rücken.

Wie Sie alle wissen, sind wir zurzeit dabei, in großem Umfang eine Verwaltungsreform durchzuführen. In diesem Zusammenhang gibt es auch verwaltungsintern schon seit längerem Untersuchungen zur Verbesserung der Organisation der niedersächsischen Häfen- und Schifffahrtsverwaltung. Wir haben gesagt: Maßstäbe für die Neuorganisation dieser Verwaltung sollen zwei Ziele sein. Erstens. Wir wollen mehr Wirtschaftlichkeit erreichen. Zweitens. Wir wollen mit der Reform eine stärkere Kundenorientierung der Behörden entwickeln. Ich habe hierzu - das sage ich noch einmal deutlich - eine unabhängige Arbeitsgruppe beauftragt, einen entsprechenden Vorschlag zu erarbeiten, der vor einer Entscheidung der Landesregierung den Betroffenen zur Stellungnahme zugeleitet und mit ihnen erörtert werden sollte. Dies ist auch geschehen. Es ist ein Vorschlag von dieser unabhängigen Arbeitsgruppe gemacht worden, und - das möchte ich hier deutlich feststellen und Ihre Aussage, Herr Dr. Biester, korrigieren diese Arbeitsgruppe hat keine Vorgaben bekommen. Hier geht Ihre Kritik also ins Leere.

Die Arbeitsgruppe, also nicht der Minister, hat Ende August ihren Vorschlag präsentiert; und danach soll die Zahl der Hafenämter von derzeit fünf auf drei reduziert werden. Diese Arbeitsgruppe - das haben Sie ja auch erläutert - hat sich dabei an den für die Seeschifffahrt maßgeblichen naturräumlichen Revieren Ems-Dollart, Jade-Weser und Elbe orientiert. Sie erwartet, dass mit dieser Neuorganisation die Schlagkraft der niedersächsischen Häfen- und Schifffahrtsverwaltung in diesen Revieren verbessert wird.

Dieser Vorschlag von einer - ich sage es noch einmal - unabhängigen Arbeitsgruppe, die ohne Vorgaben gearbeitet hat, hat dann Anfang September den betroffenen Behörden, den tangierten Körperschaften wie Kommunen und Kammern und auch anderen Vertretungen privater und öffentlicher Interessen ihren Vorschlag zur Stellungnahme zugeleitet. Insofern geht Ihre Kritik, Herr Dr. Biester, auch hier ins Leere; denn alle Betroffenen, auch die Wirtschaft, die Sie hier zitiert haben, hatten die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zu entwickeln. Das ist auch geschehen. Auch ich selbst habe dazu mit Vertretern der Hafenwirtschaft Gespräche geführt. Die haben mir ihre Vorstellungen dargelegt, und ich habe ihnen zugesagt, dass diese Überlegungen in die weitere Prüfung der Vorschläge dieser unabhängigen Kommission eingehen werden. Es liegt also inzwischen eine ganze Reihe von Äußerungen hierzu mit teils

kritischen Anmerkungen, aber teils auch mit zustimmendem Tenor vor. All diese Äußerungen werden nun sorgfältig und nachher auch nachprüfbar ausgewertet.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund möchte ich mich trotz Ihrer, Herr Dr. Biester, unberechtigten Kritik, wie ich es dargestellt habe, bei der CDU-Fraktion bedanken; denn Sie haben sich mit Ihrem Antrag in die Reihe derjenigen eingereiht, die sich mit Beiträgen und Stellungnahmen zur geplanten Neuorganisation der Niedersächsischen Häfen- und Schifffahrtsverwaltung zu Wort gemeldet haben. Wir werden selbstverständlich den Vorschlag als eine der zu prüfenden Alternativen in die jetzt anstehende Auswertung einbeziehen. Auf eine abschließende Bewertung möchte ich jetzt aber angesichts der hier geschilderten Verfahrensweise verzichten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Ist ja auch erst die erste Be- ratung!)

Nun hat der Kollege Buß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Antrag der Fraktion der CDU „Hafenämter stärken - für eine echte Reform der Hafen- und Schifffahrtsverwaltung“ möchte ich zunächst die faire Haltung der Landesregierung begrüßen, die auch den Vorschlag der Opposition in die ergebnisoffene Diskussion über die Neustrukturierung der Hafenämter in ihre Prüfung einbeziehen will. So kennen wir unseren Minister Fischer. Er hat eigentlich immer so gehandelt, auch bei den Straßenbauämtern.