Protocol of the Session on November 15, 2000

(Beckmann [SPD]: Ihr habt nur alles erhöht, auch ohne Absenkung, das ist richtig!)

Die Absenkung ist schon längst ad acta gelegt. Im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Rentenversicherung spricht Herr Eichel neuerdings ja nur noch von einer Absicherung des jetzigen Niveaus. Von einer überzeugenden Absenkung spricht also schon überhaupt kein Mensch mehr.

(Inselmann [SPD]: Erblasten!)

Insofern ist die Behauptung, die Ökosteuer entlaste die sozialen Sicherungssysteme, in sich überhaupt nicht schlüssig.

Jetzt komme ich auf die Diskussion in der Plenarsitzung im Juni 2000 und auf die Aussagen von Herrn Wegner zu sprechen, der mir vielleicht auch gleich antworten wird. Herr Wegner hat hier mit stolzgeschwellter Brust gesagt: Der große Erfolg der Ökosteuer zeigt sich aber insbesondere bei der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Die erhebliche Absenkung der Rentenbeiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat den Faktor Arbeit billiger gemacht.

(Inselmann [SPD]: Der Mann hat Recht! Das ist so!)

Jetzt lese ich zu meinem großen Erstaunen in der „Leipziger Volkszeitung“: Gabriel: Ökosteuer wird zweckentfremdet. - Das muss man schon zweimal lesen;

(Inselmann [SPD]: Sie vielleicht auch dreimal!)

denn es kann in der Presse auch einmal passieren, dass die „falsche Headline“ eingesetzt wird. Aber nein, das ist nicht so. Es ist wirklich so, dass sich der Ministerpräsident, nachdem Sie, Herr Wegner, hier noch ganz mannhaft die Position der Ökosteuer vertreten haben, schon längst in die Büsche geschlagen und andere Positionen eingenommen hat. Wie anders könnte man die Aussage erklären, die Ökosteuer werde zweckentfremdet? Die Vermischung von Rente und Ökosteuer müsse ein Ende haben, sagte der SPD-Politiker. Mittelfristig müsse die Ökosteuer zu einer Lenkungssteuer zum Wohle der Umwelt werden, so war in der Zeitung weiter zu lesen. Ich habe einmal nachgelesen und herausgefunden: Der hat unsere CDU-Argumente übernommen!

(Frau Harms [GRÜNE]: Mittelfris- tig!)

Ich habe den Eindruck, dass bei ihm mit zunehmender Distanz zu Hannover - möglicherweise fällt das nicht mehr so auf -, vielleicht auch durch einen Besuch in München - dort ist er ja häufiger ein starker Lernprozess eingesetzt hat.

(Möhrmann [SPD]: Das ärgert euch, oder?)

Dem steht ja nichts entgegen. Ich meine aber, dass eines auch deutlich gesagt werden muss: Es ist schon unverfroren, wenn die Landesregierung, die Minister und der Ministerpräsident - Herr Aller hat ja hier im Plenum auch dazu Stellung genommen -,

solche überholten Positionen zur Ökosteuer einnimmt, während sich der Ministerpräsident still und heimlich längst davon verabschiedet hat. Damit reicht die Halbwertzeit der politischen Aussagen des Ministerpräsidenten nicht einmal mehr von einer „Tagesschau“ bis zur nächsten.

(Zustimmung von Rolfes [CDU] - Plaue [SPD]: Ihr könnt doch noch nicht einmal so weit gucken!)

Es ist wirklich so - ich persönlich habe auch kein Verständnis dafür -, dass wir hier im Plenum für unsere Position zur Ökosteuer beschimpft werden, und auf anderer Ebene hat sich die SPD längst verabschiedet.

Ich meine, es wäre wirklich schlüssig, wenn man diese „politische Missgeburt“ beerdigen würde. Sie ist wirklich ein falscher Ansatz. Außerdem gibt es kein europäisches Land, das bereit ist, diese Fehlkonstruktion, diese Verknüpfung der Ökosteuer beispielsweise mit der Sozialversicherung, zu übernehmen. Das ist mit ein Beweis dafür, dass der Ansatz falsch gewählt ist.

Deshalb, meine Damen und Herren, hoffe ich, dass Sie Ihre Position noch einmal überdenken werden, nicht zuletzt deshalb, weil die Front der SPDMinisterpräsidenten zur Ökosteuer nach und nach, von Tag zu Tag und von Woche zu Woche einbricht. Ich meine, es wäre wirklich sinnvoll, darüber nachzudenken, ob es im Rahmen einer europäischen Harmonisierung einen Ansatz gibt. Das, was hier im Alleingang in der Bundesrepublik auf den Weg gebracht worden ist, ist eigentlich unter dem Strich nur ein reines Abkassiermodell, und dabei bleibe ich.

(Beifall bei der CDU - Inselmann [SPD]: Schlechter Beitrag!)

Herr Kollege Wegner hat das Wort.

(Inselmann [SPD]: Kläre ihn mal auf!)

Ich hoffe, er ist schon aufgeklärt, damit wir nicht auch noch mit der Aufklärung anfangen müssen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dinkla, wenn gerade Sie als ein

CDU-Abgeordneter hier von Abkassiermodellen sprechen, dann muss ich Sie wirklich an Ihre eigene Vergangenheit erinnern, in der Sie das auf Bundesebene sehr gut hinbekommen haben, gerade wenn es um die Mineralölsteuer ging.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erwartungsgemäß haben die Ausschussberatungen über den CDU-Antrag absolut nichts Neues gebracht. Die CDU setzt weiter auf Volksverdummung und will sich weiterhin als Club Deutscher Umweltsünder, CDU, qualifizieren. Zu Recht ist die Kampagne der CDU gegen die Ökosteuer z. B. im „Stern“ als verlogen bezeichnet worden, weil auch Schäuble, Merz und Merkel eine Energiesteuer einführen wollten, um die Rentenbeiträge zu senken. Herr Dinkla, ich weiß nicht, ob Sie so schnell das vergessen, was auch in Ihrem CDU-Grundsatzprogramm oder -Zukunftsprogramm steht. Aber vielleicht haben Sie das ja schon ad acta gelegt. Vielleicht ist Ihre Zukunft aus Ihrer Sicht ja auch schon beendet.

(Beifall bei der SPD)

Es wird der CDU nicht gelingen, den deutschen Bürgerinnen und Bürgern weiter vorzumachen, die hohen Benzinpreise und hohen Heizölpreise seien allein auf die Einführung der Ökosteuer zurückzuführen. Die Autofahrer haben inzwischen häufig an den Zapfsäulen feststellen können, dass es erhebliche Preisschwankungen völlig unabhängig davon gibt, ob eine Ökosteuererhöhung oder -senkung stattgefunden hat. Tatsache ist, dass Absprachen zwischen den Ölförderländern über Preise und Fördermengen und die Preiserhöhungen der Mineralölfirmen uns eine erhebliche Preissteigerung beschert haben. So stiegen die Benzinpreise im Jahre 1999 um 38 Pf pro Liter; die Ökosteuer betrug davon lediglich 7 Pf. Der Rohölpreis stieg im Jahre 1999 sogar von 10 auf 30 Dollar pro Barrel an. Das ist eine Verdreifachung. Hinzu kommt, dass der Dollar gegenüber dem Euro erheblich an Wert gewann und somit die Rohölimportpreise verteuerte. Trotzdem schneidet Deutschland bei den Benzinpreisen im internationalen Vergleich nicht schlecht ab. Im Juni lag Deutschland beim Spritpreis auf Platz 9 der 15 EULänder, und auch bei der Höhe des Steueranteils liegen wir im unteren Bereich. Die CDU will durch ihre Falschinformationen die Bevölkerung von den Erfolgen der Ökosteuer ablenken, und das ist verständlich.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wer als Partei von Finanzskandalen mit kriminellen Zügen geschüttelt wird und nach 16 Jahren Regierungsverantwortung die höchsten Arbeitslosenzahlen, die höchsten - -

(Dinkla [CDU]: Die Passage war aus der letzten Rede!)

- Schön, dass Sie darauf hinweisen, Herr Dinkla. Dies werde ich Ihnen in jeder Rede vorhalten, weil das noch gar nicht so lange her ist und wir das den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder sagen müssen.

(Beifall bei der SPD - Rolfes [CDU]: Lieber weniger Polemik, dafür mehr Sachkenntnis, das wäre was! - Weite- rer Zuruf von Rolfes [CDU])

- Herr Rolfes, hören Sie doch einmal zu.

Herr Kollege Rolfes, die Ausdrücke, die wir verwenden, sollten wir im Griff haben.

(Rolfes [CDU]: Ich nehme das zu- rück)

Herr Rolfes, melden Sie sich doch zu Wort. - Ich möchte es aber wiederholen, weil es Ihnen offenbar solch einen großen Spaß macht. Auch Ihnen, Herr Wulff, werde ich es noch einmal vortragen. Wer als Partei von Finanzskandalen mit kriminellen Zügen geschüttelt wird und nach 16 Jahren Regierungsverantwortung die höchsten Arbeitslosenzahlen,

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Was sagen Sie zum Strafbefehl von Klimmt?)

die höchsten Schulden, die höchsten Steuern, die höchsten Sozialausgaben und die größte Zahl von Sozialhilfeempfängern seit Kriegsende produziert hat, der muss natürlich ablenken. - Wenn Sie wollen, lese ich es Ihnen noch einmal vor.

(Zurufe von der CDU)

Im Gegensatz zu früheren Steuererhöhungen der CDU auf Benzin, die allein zur Haushaltsdeckung dienten, werden die Erhöhungen durch die Öko

steuer an die Bürger zurückgegeben. Das einfache Konzept lautet: Der Faktor Arbeit wird durch Senkung der Rentenversicherungsbeiträge entlastet, und der Faktor Energieverbrauch wird maßlos belastet.

(Zuruf von der CDU: Maßlos! - Hei- terkeit bei der CDU)

- Maßvoll belastet, jedenfalls durch die Ökosteuer. Dies schafft Arbeitsplätze, da die Lohnnebenkosten sinken. Nach den neuesten Zahlen liegt die Arbeitslosenzahl mit ca. 3,7 Millionen so niedrig wie schon lange nicht mehr. Nach den Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung kann in dem Zusammenhang die Arbeitslosenzahl bis zum Jahr 2005 zusätzlich um 450.000 sinken.

Auch die Lenkungswirkung der Ökosteuer sollte nicht unterschätzt werden. Der Trend geht eindeutig zu benzinsparenden Automodellen.

(Rolfes [CDU]: Da war die Betonung aber falsch!)

Dieselfahrzeuge, die zudem mit Biodiesel gefahren und insbesondere in Niedersachsen produziert werden, haben einen erheblich höheren Marktanteil errungen. Auch die Produzenten von Solaranlagen, die die CDU noch in die USA abwandern ließ, sind voll ausgelastet. Das Wirtschaftswachstum wird entgegen der Annahme der CDU nicht geschwächt, sondern steigt zurzeit um ca. 3 %. Die Steuern sinken, und die Familien haben durch höheres Kindergeld mehr Geld in den Taschen. Dies sind die harten Fakten, die auch die Bürgerinnen und Bürger aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen zur Kenntnis nehmen werden. Soweit durch hohe Benzin- und Heizölpreissteigerungen, die nicht auf der Ökosteuer beruhen, besondere Betroffenheit und finanzielle Engpässe entstehen, denken Bund und Länder über Entlastungen nach. Dies gilt insbesondere für Berufspendler und Wohngeldempfänger. Wir werden auch darauf achten, dass es im europäischen Wettbewerb, im Speditionsgewerbe, bei der Landwirtschaft und bei Gärtnereibetrieben nicht zu unzulässigen Verzerrungen kommen wird. Die schlichte Forderung der CDU nach Abschaffung der Ökosteuer hilft dabei nicht weiter, weil sie keine Gewähr dafür bietet, dass die Ölkonzerne dies als Preissenkung an die Verbraucher weitergeben werden.

Herr Kollege Wegner, möchten Sie eine Frage des Kollegen Rolfes beantworten?

Ich bin gleich am Ende, und dann kann sich der Kollege Rolfes zu Wort melden.

(Rolfes [CDU]: Ich mache es kurz!)

Wenn eine solche Forderung sogar ohne einen Gegenfinanzierungsvorschlag aufgestellt wird, kann man dies nur noch als unseriös bezeichnen. Wir lehnen deshalb den Antrag der CDU ab. - Bitte sehr, Herr Rolfes, Sie können jetzt fragen.