Herr Minister Fischer, solche Reden wie eben darf man nur halten, wenn die Opposition keine Gelegenheit mehr hat zu antworten. Ich fand es schon ein starkes Stück, wie Sie die Biotechnologie hier hochjubeln, während Niedersachsen im Vergleich mit anderen Bundesländern wahrlich nicht auf dem Siegertreppchen steht. Dies gehört einfach zur Wahrheit.
1990 bis 1994 haben Sie – man kann das in der Bilanz „Niedersachsen – eine Erfolgsstory“ nachlesen – gar nichts gemacht. Sie haben das Thema der Schlüsseltechnologien, der Biotechnologie ideologisch ausgeblendet; sicherlich auch weil die Grünen das wollten. 1994, so erinnere ich mich, hat der jetzige Bundeskanzler von dieser Stelle aus gesagt, er wolle in diesem Bereich in Niedersachsen großartig wirken, er wolle im Bereich der Gentechnologie, Frau Steiner, die „Mahner und die Macher“ zusammenführen. Ich darf von dieser Stelle aus fragen, was in den Jahren seither eigentlich gelaufen ist. Ein Diskurs in Loccum – danach
war Ludwig Ganghofer angesagt: Das Schweigen im Walde. Nichts ist in dieser Richtung hier in Niedersachsen weiter gelaufen.
Der jetzige Bundeskanzler hat die Schlüsseltechnologien in Niedersachsen weiterhin vernachlässigt. Er hat sich mehr um die eigene Karriere gekümmert als darum, Niedersachsen in diesem Bereich voranzubringen.
Wenn es jetzt, meine Damen und Herren, in Niedersachsen Erfolge gibt, gehören sie sicherlich dem Bereich BioRegioN zugeordnet. Das ist überhaupt keine Frage. Aber das war eine Entscheidung der alten Bundesregierung. Das darf nicht außen vor gelassen werden. Insofern bitte ich schon, Herr Dr. Fischer, dass Sie die Dinge ehrlich betrachten.
Im Vergleich zu anderen Ländern wie Bayern und Baden-Württemberg sind wir nicht auf der Überholspur. Wir stehen zum Teil auf dem Standstreifen. Ich sage nicht, dass nichts gemacht wird. Aber wir müssen besser werden.
Meine Damen und Herren, auf Grund des Pressegespräches, das Frau Mundlos und ich geführt haben, sind bei mir, wie man so schön sagt, einige E-Mails eingegangen; unter anderem auch von Unternehmern aus Niedersachsen. Die haben das ganz treffend ausgedrückt! Sie haben gesagt: Wir behaupten nicht, dass in Niedersachsen nichts passiert, aber wir müssen besser werden, wenn wir den Anschluss mit anderen Ländern halten wollen. - Ich glaube, das ist die eigentliche Herausforderung. Weil wir als CDU-Fraktion diese Herausforderung ernst nehmen, beantrage ich von dieser Stelle aus eine Anhörung zu diesem Thema. Dann könne wir einmal Benchmarking machen, dann können wir uns vergleichen, dann können wir Sachverstand Dritter einholen. Dann werden wir sehen, ob Ihre „Hochglanzdarstellung“, Herr Dr. Fischer, richtig und angemessen ist.
Als letztes Beispiel sei der Innovationsfonds erwähnt. Durch den Wechsel der Ministerpräsidenten – wir hatten zwei Wechsel in einem Jahr – ist immer wieder der Innovationsfonds, dem die Bio
technologie zuzuordnen war, als vagabundierende Masse durch Niedersachsen hin und her geschleust worden. Es wäre sinnvoller gewesen, sich wesentlich früher diese Technologie auch als Förderschwerpunkt, als Schlüsselschwerpunkt in der Politik vorzunehmen. Dann wären wir wesentlich weiter, als wir es jetzt sind. – Herzlichen Dank.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Mit der federführenden Beratung soll der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und mit der Mitberatung sollen die Ausschüsse für Wissenschaft und Kultur, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Sozial- und Gesundheitswesen, für Umweltfragen sowie für Bundes- und Europaangelegenheiten beauftragt werden. Wenn Sie so beschließen möchten, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Vielen Dank. Damit ist die vorgeschlagene Ausschussüberweisung abgesegnet.
Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Schulen gegen Gewalt und Rassismus Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1892
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Menschen werden ermordet, gequält, verfolgt, weil sie Ausländer, behindert, arbeitslos, schwach oder obdachlos sind. Synagogen werden in Brand gesteckt oder beschmiert, Gräber werden geschändet. In vielen Gegenden geht wieder Angst um in Deutschland. In solchen Zeiten ist es wichtig, richtig und auch notwendig, Resolutionen zu verabschieden, das Verbot der NPD und anderer undemokratischer Organisationen zu prüfen, Gesicht zu zeigen. Aber all das reicht nicht aus. Darüber hinaus müssen wir Demokratinnen und Demokraten nämlich auch handeln, damit sich alle Menschen wieder angstfrei bewegen können und jeder mit seinen persönlichen
Nun haben im September-Plenum alle Fraktionen gemeinsam eine Entschließung verabschiedet, in der es heißt:
„Insbesondere jungen Menschen ist die Bedeutung der Achtung der Würde des Menschen, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums anderer zu vermitteln.“
Genau hier setzt unser Antrag „Schulen gegen Gewalt und Rassismus“ an. Wenn wir erreichen wollen, dass die Rechtsextremisten keinen Nachwuchs mehr rekrutieren können, dass Menschen gegen primitive Hassparolen immun werden, dann müssen wir präventiv bei unseren Kindern und Jugendlichen anfangen, am besten natürlich dadurch, dass in den Familien eine angst- und gewaltfreie Erziehung stattfindet und zur Toleranz erzogen wird,
dass Eltern, Verwandte und Bekannte ein gutes Beispiel geben. Doch auch Kindergarten, Schule und Jugendhilfe dürfen nicht aus ihrem Erziehungsauftrag entlassen werden.
In dem heute vorliegenden Antrag unserer Fraktion beschränken wir uns ganz bewusst auf den Bereich Schule. Um es gleich vorwegzunehmen: Der Antrag erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit; im Gegenteil. Wir wünschen uns ganz viele Ideen, Anregungen, Entwicklung neuer Konzepte auch aus anderen Arbeitsbereichen, z. B. aus dem Bereich von Jugend und Sport oder aus der Erwachsenenbildung, um eben dahin zu kommen, dass alle gemeinsam gegen Rassismus und Gewalt handeln.
Eines ist in den Diskussionen der vergangenen Wochen ja deutlich geworden: Viele Menschen wollen etwas gegen Rassismus, Gewalt und Intoleranz tun. Sie wissen aber oft nicht so genau, was sie tun könnten. Unser Antrag will Anregungen geben und fordert die Landesregierung auf, ihre positiven Ansätze in diesem Bereich weiter zu verstärken; denn es gibt inzwischen einige gute Konzepte, z. B. das Projekt „Schule ohne Rassismus“. Mittlerweile gibt es vier Schulen in Niedersachsen, die den Titel „Schule ohne Rassismus“ tragen, vier Schulen von fast 3.800 Schulen im Land. Das ist natürlich eine viel zu geringe Zahl. Für dieses Projekt „Schule ohne Rassismus“ muss
richtiggehend Werbung betrieben werden, damit sich möglichst viele Schulen darum bemühen, diesen Titel zu erwerben.
Dieses Projekt ist ein ganz besonderes, und zwar erstens weil die Schülerinnen und Schüler selbst dieses Projekt für ihre eigene Schule erarbeiten und durchführen müssen – natürlich mit Unterstützung der Lehrkräfte oder auch der Eltern – und zweitens weil es für jede Schulform und für jede Altersstufe geeignet ist. Selbst Erstklässlern kann auf kindgerechte, spielerische Art vermittelt werden, was Ausgrenzung emotional bedeuten kann und dass es ganz normal ist, verschieden zu sein. Ich selbst habe dies neulich bei einer Einschulungsfeier an einer „Verlässlichen Grundschule“ erlebt. Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie selbst sechsjährige, siebenjährige Schülerinnen und Schüler mit diesem Thema konfrontiert werden können.
Einige Vorschläge unseres Antrags zielen darauf, dass – neben der Vermittlung der historischen Fakten und Ursachen für Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt – die Schülerinnen und Schüler nicht nur über den Verstand, sondern vor allem auch emotional angesprochen werden. Dies kann dann z. B. durch Theaterstücke wie „Angst im Kopf“ oder durch Autorenlesungen oder auch durch Rollenspiele wie bei dem Projekt „Braunäugig/Blauäugig“ geschehen. Bei diesem Projekt erfahren Schülerinnen und Schüler selbst Macht und Ohnmacht, Zugehörigkeit zur Mehrheit oder zur Minderheit. Sie erleben bei sich selbst die Gefühle, die dabei entstehen, Gefühle wie Angst, Rache, Verzweiflung, Selbstzweifel oder Minderwertigkeit. So kann sich bei ihnen Verständnis für die jeweils anderen Menschen entwickeln.
Ein weiterer Aspekt soll nach unserem Antrag durch die Ausstellung „Einwanderungsland Niedersachsen“ beleuchtet werden. Dieses Ausstellungsvorhaben hat den Arbeitstitel „Fremde in Niedersachsen zu Hause“. Dabei werden die Zuwanderung nach Niedersachsen und die Eingliederung in Niedersachsen von 1945 bis heute thematisiert. Die Ausstellung soll zeigen, dass Niedersachsen immer Zugewanderte aufgenommen hat, seien es deutsche Flüchtlinge, Vertriebene, Arbeitswanderer, Einwanderer, Asylsuchende, Aussiedler oder Flüchtlinge aus den unterschiedlichsten Bereichen, und dass diese Zuwanderungen auf ganz unterschiedliche Bedingungen in Niedersachsen trafen. Die Ausstellung soll einerseits zeigen, dass viele
der ehemals Fremden in Niedersachsen inzwischen zu Hause sind. Sie soll andererseits aber auch die Probleme, die bei Zuwanderung und Eingliederung entstehen, nicht tabuisieren; im Gegenteil: Sie soll sie aufzeigen. Durch diese Ausstellung sollen Menschen, die nach Niedersachsen zugewandert sind, Aufmerksamkeit im Sinne von Respekt und Würdigung erfahren. Diese Ausstellung soll dazu beitragen, dass Fremde als unserer Gesellschaft zugehörig angesehen werden.
Etwas Besonderes an dieser Ausstellung ist, dass sie als Wanderausstellung konzipiert ist und am jeweiligen Ausstellungsort um regionale und lokale Besonderheiten ergänzt werden kann. Wir können uns gut vorstellen, dass gerade ältere Schülerinnen und Schüler dabei helfen, diesen regionalen Bezug zu erarbeiten und dann auch darzustellen.
Die Ausstellung gibt es erst im Konzept. Um sie Wirklichkeit werden zu lassen, bitten wir die Landesregierung, die benötigten Personal- und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Was ich eben gesagt habe, waren nur einige konkrete Beispiele für Projekte und Aktionen aus dem schulischen Bereich. Vorstellen könnte ich mir z. B. auch Partnerschaften zwischen Deutsch sprechenden und nicht Deutsch sprechenden Schülerinnen und Schülern, um so den Erwerb von Sprachkenntnissen, aber eben auch die Integration zu beschleunigen. Natürlich muss es auch in anderen Bereichen, beispielsweise in der Jugendhilfe, Projekte geben – die gibt es auch -; dies ist aber nicht Thema dieses Antrags. Ich hoffe, dass von Ihnen da zusätzliche Vorschläge kommen.
Alle unsere Aktivitäten haben ein gemeinsames Ziel: Wir wollen ein weltoffenes, ausländerfreundliches und tolerantes Niedersachsen,
(Beifall bei den GRÜNEN – Zustimmung bei der SPD und bei der CDU) in dem, wie es Bundestagspräsident Wolfgang Thierse einmal formuliert hat, die Menschen ohne Angst verschieden sein können. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag, und ich hoffe, dass wir auch hierbei zu einer gemeinsamen Verabschiedung kommen. (Beifall bei allen Fraktionen)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche für die CDU-Fraktion zu dem Antrag der SPD-Fraktion. – Die Entschließung geht in die richtige Richtung. Natürlich fordern wachsende Fremdenfeindlichkeit und Gewalt Reaktionen auch in der Schule und in der Jugendhilfe.
Einen Augenblick bitte! - Ich darf Sie bitten, die Gespräche doch am Rande des Plenums zu führen. Wenn Sie dieser Bitte nachkämen, wäre das sehr erfreulich. – Danke schön. - Bitte sehr!
Natürlich unterstützen wir auch die Aufforderung an die Landesregierung, die sechs Projekte, die in dem Antrag genannt werden – ich kenne nicht alle im Detail -, umzusetzen, weil es sehr wichtig ist, in dieser Phase wie überhaupt zu jeder Zeit mehr Informationen über andere Kulturen und andere Menschen grundsätzlich zu vermitteln, auch mit den verschiedenen inhaltlichen und didaktischen Ansätzen.
Frau Seeler, Sie haben schon darauf hingewiesen, dass das nicht alles sein kann - das ist auch nicht der Anspruch dieses Antrags -, wenn wir uns im Parlament über Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt unterhalten mit dem Ziel, zu einem veränderten Verhalten der Jugendlichen zu kommen. Die Thematik muss natürlich viel breiter diskutiert werden. Es bedarf ganz differenzierter Betrachtungs- und Herangehensweisen. Trotzdem wird es uns nicht gelingen, auch nur annähernd die gesamten Ursachsen für Fremdenfeindlichkeit zu ergründen.
Ich teile auch die Auffassung, dass das Thema Nationalsozialismus in den Rahmenrichtlinien für die verschiedenen Fächer sicherlich ausreichend berücksichtigt worden ist. Trotzdem glaube ich, dass wir bei der Art und Weise, in der der Unter
richt und das Schulleben insgesamt zurzeit gestaltet werden, die Kinder und Jugendlichen nicht genügend dafür sensibilisieren und stärken, selbst gegen alle Formen des Rassismus und der Gewalt einzutreten. Auch hierfür gibt es eine Vielfalt von Ursachen, die man ergründen muss.
Wir dürfen es uns auch nicht zu einfach machen, etwa mit einem erhobenen Zeigefinger, abgeklärt, der eine oder andere möglicherweise auch besserwisserisch, über den Dingen stehend, manchmal auch über der Jugend stehend Ratschläge zu erteilen. Ich habe über den vorliegenden Antrag mit meinem Sohn (16) gesprochen. Er gab mir sinngemäß Folgendes zu verstehen: Ihr im Landtag könnt das in eurem Rahmen mit wunderschönen Reden darstellen, vielleicht ab und zu auch eine Stippvisite in der einen oder anderen Jugendfreizeitstätte machen. Die Schwierigkeit besteht aber für diejenigen, die tagtäglich, und zwar ohne Aussicht auf einen Ausweg, in einem sozialen Brennpunkt wohnen. - Deshalb möchte ich drei Punkte ansprechen und diese in besonderer Weise herausstellen.
Erstens. Die größte Gefahr, auf die Rattenfänger von rechts und links hereinzufallen, liegt begründet in unzureichendem Wissen über geschichtliche Tatbestände und ihre Einordnung in geschichtliche Zusammenhänge. Die zweite große Gefahr ist oftmals die Perspektivlosigkeit mancher Menschen. Die dritte Gefahr besteht in dem zunehmenden Fehlen von Wertmaßstäben und echten Vorbildern. Ich meine, hier müssen Schule und Jugendarbeit ansetzen und tätig werden, und zwar nicht isoliert, sondern im Zusammenwirken mit den Elternhäusern und mit Medien, die sich ständig um Objektivität bemühen. Das sind Teilaspekte, die wir eigentlich noch gesondert behandeln müssten, was wir in dem für die Beratung des vorliegenden Antrags vorgesehenen Zeitrahmen aber natürlich nicht leisten können.
Lassen Sie mich jetzt zu dem ersten Punkt etwas sagen, zu der Unwissenheit. Wenn wir heute feststellen müssen, dass in der Bundesrepublik Deutschland Jahr für Jahr 30.000 junge Menschen ohne ausreichende Grundkenntnisse in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen die Schule verlassen, dann muss man davon ausgehen, dass in den so genannten Nebenfächern Geschichte, Politik, geschichtlich-soziale Weltkunde, Gemeinschaftskunde noch weniger Grundkenntnisse vorhanden sind, wenn man hierbei überhaupt von Kenntnissen sprechen kann. Es gibt eindeutige
Hinweise dafür, dass das so ist. Da nützt es uns allen eben nichts, wenn das zwar in den Rahmenrichtlinien steht, wenn es in den Köpfen mancher Jugendlicher, mancher Kinder aber eben nicht steht.
In diesem Zusammenhang müssen wir auch einmal darüber sprechen, wie der Geschichtsunterricht heute in der Praxis abläuft. Es ist so, dass insbesondere der Geschichtsunterricht aus vielerlei Gründen oftmals von fachfremden Lehrkräften abgehalten werden muss. Das führt dazu, dass vielleicht nicht gerade der hochinteressante Unterricht geboten werden kann, der eigentlich notwendig wäre, um den Schülerinnen und Schülern eine solch schwierige Materie zu vermitteln.