Protocol of the Session on June 22, 2000

Regel von angemeldeten Besuchen ausgegangen ist. Dies entspricht auch dem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Niedersächsischen Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen vom 30. Mai 1978. Damals war zunächst vorgesehen, dass unangemeldete Besuche die Regel sein sollten. Dies war dem Entwurf des Gesetzes zu entnehmen. Dieser Entwurf lautete damals:

„Die Besuchskommissionen besuchen jährlich mindestens zweimal in der Regel unangemeldet die psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen des Regierungs- bzw. Verwaltungsbezirks.“

Im Laufe der weiteren Beratungen im Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen wurde dann dieser Passus durch die bis heute gültige Regelung ersetzt.

(Frau Jahns [CDU]: Das ist auch gut so!)

Damit ist eines klar: Der unangemeldete Besuch ist die Ausnahme, der angemeldete die Regel. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis kann sich selbstverständlich umkehren, wenn es die Besuchskommission für angezeigt hält, eine Einrichtung unangemeldet zu besuchen. Das heißt, die Besuchskommission ist autonom und unabhängig, ihre eigenen Bewertungen und Abschätzungen vorzunehmen.

(Frau Pawelski [CDU]: Eben!)

Sie unterliegt - das ist gut so - keiner Weisung durch das Ministerium. Sie wird in jedem Einzelfall autonom tätig.

Meine Damen und Herren, die Thematik der unangemeldeten Besuche der Besuchskommission Hannover war in der Vergangenheit schon mehrfach in der Diskussion und Gegenstand von Ausschussberatungen. Bereits 1998 wandte sich die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege an das Ministerium mit der Bitte um dahin gehende Unterstützung, dass seitens der Besuchskommission für den Regierungsbezirk Hannover nicht grundsätzlich in allen Einrichtungen unangemeldete Besuche durchgeführt werden. Das MFAS teilte der LAG der freien Wohlfahrtspflege damals mit, dass für die Besuchskommissionen nach Abwägung maßgeblicher Kriterien im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Ermessensentscheidung die Möglichkeit eines unangemeldeten

Besuches bestünde, wenn dieser angezeigt erscheine. Daraus ist aber nicht die Auffassung der Besuchskommission für den Regierungsbezirk Hannover abzuleiten, nunmehr immer unangemeldete Besuche durchzuführen. Diesen Automatismus gibt es nicht.

Im Übrigen ist es verwunderlich, dass diese Auffassung nur von der Besuchskommission im Regierungsbezirk Hannover vertreten wird, nicht aber von den Besuchskommissionen in den Regierungsbezirken Weser-Ems, Braunschweig und Lüneburg.

Aufgrund eines erneuten Hinweises der Landesarbeitsgemeinschaft vom März 1999 darauf, dass auch im Jahre 1999 die Besuchskommission für den Regierungsbezirk Hannover in der Regel unangemeldete Besuche durchführen wolle, wurde anlässlich einer Besprechung mit der Besuchskommission Hannover im April 1999 im MFAS noch einmal auf die bestehende Rechtslage hingewiesen. Nachdem gleichwohl wiederum seitens der LAG mit Schreiben vom 20. April 2000 der Hinweis auf vermehrt unangemeldet durchgeführte Besuche der Besuchskommission Hannover erfolgt ist, wurde dieses zum Anlass genommen, an die Besuchskommission am 15. Mai Folgendes zu schreiben:

„Nachdem das Ministerium bereits 1998 und 1999 von der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen bezüglich von der Besuchskommission für den Regierungsbezirk Hannover generell unangemeldet durchgeführte Besuche der Einrichtungen angeschrieben wurde, möchte ich ein weiteres Schreiben der Landesarbeitsgemeinschaft nunmehr zum Anlass nehmen, Sie nochmals darauf hinzuweisen, dass unangemeldete Besuche nur in begründeten Einzelfällen erfolgen sollten. Die gesetzliche Regelung des § 30 Abs. 4 Satz 2 beinhaltet für die Besuchskommission die Möglichkeit, im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens von einer vorherigen Anmeldung des Besuchs abzusehen. Innerhalb dieses Entscheidungsspielraums sind jedoch willkürliche Besuche ausgeschlossen. Nur wenn es im Einzelfall angezeigt ist, sollte ein unangemeldeter Besuch erfolgen. Eine gene

relle Notwendigkeit der Durchführung unangemeldeter Besuche für den gesamten Regierungsbezirk ist diesseits nicht nachvollziehbar.“

Das ist der Text.

Ich betone hier noch einmal: In diesem Schreiben - Frau Pothmer, da bitte ich Sie aber auch, die deutsche Sprache so zu nehmen, wie sie lautet - hat das Ministerium der Besuchskommission gegenüber keinerlei Weisung erteilt - das habe ich durch das Verlesen des Briefes deutlich gemacht -, in Zukunft nur noch angemeldete Besuche durchzuführen. Dies hat mein Haus auch in der Sitzung des PsychKG-Ausschusses am 14. Juni deutlich gemacht. Das Ministerium hat gegenüber den Besuchskommissionen keinerlei Weisungsbefugnis. Wir haben aber auf die bestehende Rechtslage und darauf hinzuweisen, wenn die bestehende Rechtslage nicht eingehalten wird. Ich kann bei Verletzung der bestehenden Rechtslage allerdings auch keinerlei andere Maßnahmen ergreifen, als wiederum zu bitten, die Rechtslage entsprechend zu berücksichtigen.

Der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege ist mit Schreiben vom 16. Mai 2000 mitgeteilt worden, dass aufgrund der Regelung des § 30 Abs. 4 Satz 2 PsychKG auch unangemeldete Besuche seitens der Besuchskommissionen zulässig seien. Wenn Sie auf die Verweigerung des Zutritts zu einem Heim in Steinbergen am 23. Mai 2000 gegenüber der Besuchskommission für den Regierungsbezirk Hannover, die dort einen unangemeldeten Besuch durchführen wollte, anspielen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das war nicht rechtens. Es existiert auch keine entsprechende Anweisung des Ministeriums, diesen unangemeldeten Besuch nicht zuzulassen.

Ich fasse zusammen.

Erstens. Eine Lockerung der Heimkontrolle, wie es in einer Zeitung zu lesen war, oder die Einschränkung der Arbeit der Besuchskommissionen für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung steht überhaupt nicht zur Debatte. Wir haben die Kontrolle nicht eingeschränkt, sondern auf die Rechtslage hingewiesen, und wir werden auch zukünftig keine Einschränkung vornehmen. Ganz im Gegenteil, diese Besuchskommissionen, insbesondere auch die aus Hannover, machen vorzügliche Arbeit.

Zweitens. Ich verwahre mich gegen Unterstellungen dahin gehend, mein Haus vertrete einseitig die Interessen von Einrichtungsträgern der psychiatrischen Versorgung. Das Gegenteil ist der Fall. Die wichtige und ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit der Mitglieder der Besuchskommissionen zum Wohle der psychisch Kranken ist nicht hoch genug einzustufen und darf auch in keiner Weise eine Einschränkung erfahren.

Drittens. Die Besuchskommissionen unterliegen bei ihrer Arbeit keinerlei Weisungen seitens des Ministeriums, und es hat sie auch nie gegeben. Es war aber aus aktuellem Anlass geboten, auf die bestehende Rechtslage hinzuweisen. Das werde ich auch zukünftig tun, wenn der Gesetzgeber - das sind Sie gewesen - eine solche Gesetzesfassung verabschiedet hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Pawelski spricht für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Merk, der Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen ist überhaupt nicht überflüssig. Er ist richtig, und wir werden ihm zustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich hoffe im Übrigen, dass sich alle hier in diesem Hause aufraffen können, diesem Antrag heute zuzustimmen, damit das Thema nicht durch die Sommerpause getragen und damit verschleppt wird.

Frau Ministerin, Sie haben mal wieder ein Problem in Ihrem Hause, und wie immer gehen Sie mit den Problemen, die Sie in Ihrem Hause haben, höchst unsensibel um.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, am 19. Mai 2000 gab es eine eingehende Besprechung mit Mitgliedern der Besuchskommission Hannover, an der auch der Psychiatriereferent aus Ihrem Hause - er sitzt dort hinten, Frau Merk - sowie die Landtagsabgeordneten Frau Zachow, Frau Pothmer und Frau Els

ner-Solar teilgenommen haben. Damals wurde in aller Deutlichkeit vor Augen geführt, wie die Situation ist und dass sich die Lage zuspitzt. Spätestens an diesem Tage hätte der unsensible Brief Ihres Hauses an die Besuchskommission für Hannover vom 15. Mai 2000 - er war damals also vier Tage alt -, um den es hier auch geht, zurückgezogen werden müssen. Mit diesem unnötigen Schreiben wurden die Mitglieder der Besuchskommission aufgefordert, sich gefälligst dem Wunsch der Wohlfahrtsverbände zu fügen, nur in begründeten Einzelfällen unangemeldete Besuche vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, erinnern wir uns an die Beratung des Gesetzes im Jahre 1994! Ich habe mir die Unterlagen noch einmal angeschaut. Damals hat sich niemand, egal, ob das die kommunalen Spitzenverbände oder wer auch immer war, gegen diese Regelung ausgesprochen. Es ist unstreitig: Die gesetzliche Regelung des § 30 Abs. 4 Satz 2 des PsychKG eröffnet die Möglichkeit, im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens von einer vorherigen Anmeldung des Besuchs abzusehen.

(Zurufe von der SPD)

- Moment! - Das heißt eben auch, dass unangemeldete Besuche nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme sein sollten. So das Gesetz. Aber, meine Damen und Herren, gerade von der SPD, was Ausnahme ist, entscheidet ganz allein die Besuchskommission, nicht das Ministerium, und das entscheiden schon gar nicht die Wohlfahrtsverbände.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Die Besuchskommissionen werden schon wissen, warum sie unangemeldet da hingehen. Die machen das doch nicht aus Jux und Tollerei oder um einige zu ärgern, sondern es gibt doch sicherlich Gründe dafür, dass die das machen. Das sind doch alles honorige Leute, die viel Erfahrung haben. Ich meine also, dass das schon seine Berechtigung hat.

(Frau Körtner [CDU]: Leider ist das so!)

Es macht eben einen Unterschied, ob in der Besuchskommission über die Besuchsregelung gesprochen wird oder ob, Frau Ministerin, das Ministerium die Mitglieder der Besuchskommission auf offiziellem Briefpapier in Form einer ministe

riellen Dienstanweisung anweist. Das ist nicht nur peinlich, sondern das ist skandalös.

Sie haben eben gesagt, das sei keine Anweisung. Eine Anweisung wäre ja noch was Nettes. Was Sie den Mitgliedern der Besuchskommission hier geschickt haben, ist meines Erachtens aber ein Befehl.

(Unruhe bei der SPD)

- Falls Ihnen der Brief noch nicht bekannt ist, kann ich Ihnen den letzten Satz gern vorlesen.

(Zuruf von der CDU: Ja, machen Sie das!)

„...erbitte ich“

- das Ministerium

„die Anzahl der von der Besuchskommission Hannover im Jahre 1999 durchgeführten Besuche, differenziert nach angemeldeten und unangemeldeten Besuchen.“

(Zuruf von der CDU: Unverschämt- heit!)

Und jetzt:

„Um Hergabe dieser Informationen bitte ich bis zum 8. Juni.“

Was ist denn das? Ist das eine Bitte? - Nein, das ist ein Befehl. So geht man nicht mit Leuten um, die so etwas ehrenamtlich machen. Dafür sollten Sie sich schämen,

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

oder weisen Sie Ihre Mitarbeiter zurecht.

Frau Merk, das alles fällt in Ihre Verantwortung. Wieder einmal haben Sie versucht, Einfluss zu nehmen,