Protocol of the Session on June 20, 2000

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Kollege Schröder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden dieses Angebot zur gemeinsamen Debatte im Ausschuss gerne aufgreifen. Denn auch wir sehen in dem hier vorgelegten Entwurf zur Änderung des Ministergesetzes einen ersten Regelungsansatz. Ich hoffe, dass es uns gelingt, über das Ministergesetz hinaus auch die anderen Punkte - Geschäftsordnung der Landesregierung und auch die Verwaltungsvorschriften, die ja zur Ausführung des reisekostenrechtlichen Teils vorgesehen sind - gemeinsam zu diskutieren.

Nach meiner Auffassung hat es erstaunlich lange gedauert, bis dieser Entwurf vorgelegt worden ist.

Die ersten Ankündigungen gab es ja bereits im Februar. Was den konkreten Regelungsinhalt angeht, so stelle ich fest, dass es doch erfreuliche Annäherungen gibt, das verfassungsrechtliche Verbot der Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten ernster als bisher zu nehmen. Ich habe nicht mitgezählt, wie es bei der Vorgängerregierung war. Aber ich glaube, es war durchaus ein Dutzend Aufsichtsratsmandate, das von dem Amtsvorgänger von Herrn Gabriel wahrgenommen worden ist.

Über diesen Vorschlag kann man sich unterhalten. Man muss aber auch schauen, wie dies in anderen Bundesländern und wie dies im Bund gehandhabt wird. Ich habe mir sagen lassen, dass es für Bundesminister ganz ausgeschlossen ist, einen Aufsichtsratsposten wahrzunehmen. Da muss schon die Frage erlaubt sein, weshalb Landesminister überhaupt diese Aufgabe mit wahrnehmen. Nach unserer Überzeugung ist aber der Gedanke, dies auf ein Mandat zu beschränken, ein Schritt in die richtige Richtung. Dass es überhaupt notwendig ist, die Abführung von Aufsichtsratstantiemen, so weit sie 10.800 DM überschreiten, noch einmal gesetzlich zu regeln, finde ich irritierend genug. Aber wir haben ja heute Vormittag gehört, dass es hierfür ausreichend Anlass gab.

Was zur Annahme von Geschenken und anderen geldwerten Vorteilen vorgesehen ist, findet unsere Zustimmung. Problematisch ist natürlich die Regelung zu den Reisekosten, weil hier vieles, was strittig ist, insbesondere die Abgrenzung zwischen privat und dienstlich - was ist mit der Teilnahme an Parteiveranstaltungen? -, den Verwaltungsvorschriften überlassen ist.

Als letzten Punkt möchte ich den Bereich der Anrechnung privater Einkünfte ansprechen. Auch dieser Punkt ist im Gesetzentwurf mitgeregelt worden, obwohl die umfassende Revision der Versorgungs- und Altersregelung noch aussteht und angekündigt worden ist. Wir verzeichnen nach wie vor die Situation, dass die Möglichkeiten des privaten Hinzuverdienstes für ehemalige Minister unserer Überzeugung nach eher zu großzügig bemessen sind. Ich möchte daran erinnern, dass ein Minister schon nach vierjähriger Amtszeit einen Anspruch auf 29 % seiner Bezüge hat. Das ist ein durchaus beachtlicher Betrag von mehr als 6.000 DM, der vom 55. Lebensjahr an gezahlt wird. Wenn die Regelung so, wie sie hier vorgesehen ist, in Kraft tritt, dann dürfen bis zum 65. Lebensjahr monatlich 15.000 DM hinzu verdient werden, ohne dass die Ministerpension ge

kürzt wird. Wir halten eine solche Regelung für zu großzügig.

In diesem Zusammenhang darf auch nicht auf die beamtenrechtlichen Regelungen verwiesen werden; denn die Voraussetzungen, unter denen ein Minister seine Pension erhält, sind sowohl von der Höhe als auch vom Zeitpunkt des Eintretens her günstiger: Pension ab 55; vier Jahre Amtszeit reichen aus, um einen Pensionsanspruch zu realisieren. Das können wir im Detail aber alles noch besprechen. In vielen Punkten geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung.

Was wir vermissen, ist unsere Forderung, kommunale Mandate und Regierungsarbeit in Zukunft stärker als bisher voneinander zu trennen. Wir glauben nämlich zum einen, dass beide Tätigkeiten unter dem zeitlichen Gesichtspunkt nicht verantwortlich geleistet werden können. Zum anderen hat sich in der Vergangenheit immer wieder herausgestellt, dass dies eine der Stellen ist, an denen verstärkt Zweifel an der Unparteilichkeit und der Sachorientierung von Regierungshandeln auftreten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Kollegin Bockmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes. Unserer Auffassung nach geht es aber um mehr. Herr Stratmann hat bereits über Anspruch und Wirklichkeit sowie über die Frage, wie man sich normalerweise verhält, gesprochen. Aus unserer Sicht geht es darum, dass Seriosität in der Politik in Zukunft nicht mehr interpretationsfähig sein darf, dass natürlich auch klare Vorgaben existieren, die jede Bürgerin und jeder Bürger nachvollziehen kann, und dass die in letzter Zeit häufig zitierten berühmten privilegierten Grauzonen auch nicht mehr in der Farbschattierung hellgrau oder dunkelweiß akzeptiert werden, und zwar erst recht nicht von den Politikern selbst. Deshalb bin ich der Landesregierung dafür dankbar, dass sie mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs einen Pflock eingeschlagen hat, der eine Zielrichtung vorgibt: Das Tauziehen um die Glaubwürdigkeit der Politik kann nur mit aktivem Handeln - sprich: mit einem

solchen Gesetzentwurf -, nicht aber mit Moralappellen gewonnen werden.

Konkret liegt uns hier ein Gesamtpaket vor - der Herr Ministerpräsident hat es vorgestellt -, das wir in den Ausschussberatungen diskutieren und abwägen werden. Wir werden dann hoffentlich auch zu einvernehmlichen Lösungen kommen. Wir legen auch Wert auf eine öffentliche Diskussion, weil wir nicht irgendwelche Gentlemen‘s Agreements zwischen den Politikern schaffen wollen. Wir wollen ein Regelwerk, das von den Bürgern im Endeffekt nach dem Motto „so ist das in Ordnung“ akzeptiert wird.

In diesem Sinne begrüßen wir auch diese klaren Vorgaben z. B. zur abführungspflichtigen Aufsichtsratsvergütung. Herr Schröder, Sie haben gesagt, es sei irritierend, dass dies hier zitiert worden ist. Für uns aber ist wichtig, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck besteht, dass nicht nur die Höhe festgesetzt ist, sondern vor allem auch der Zahlungszeitpunkt einer abzuführenden Aufsichtsratsvergütung.

(Schröder [GRÜNE]: Wir reden von Ministern!)

In Erwartung solcher Gelder darf sich das Land auf keinen Fall in eine Warteschleife begeben. Bezahlt werden muss unverzüglich. Schließlich werden von den Bürgerinnen und Bürgern solche Verhaltensweisen als selbstverständlich vorausgesetzt.

Entschuldigung, Frau Kollegin Bockmann, möchten Sie eine Frage des Kollegen Schröder beantworten?

Aber selbstverständlich.

Frau Kollegin, teilen Sie meine Auffassung, dass man pünktliche Zahlungen von Mitgliedern des Kabinetts auch so erwarten darf?

Das darf man erwarten. Ich habe zu Beginn aber ausgeführt, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck bestehen muss, dass hier von allen Politikerinnen und Politikern korrekt gehandelt wird. Hier geht es

um die Rückkehr zum Glauben an die Politik. Das ist der zentrale Punkt bei dieser Geschichte. Es geht nicht um die Organisation im Innenbereich, sondern auch um die Wirkung nach außen hin. - Ist die Frage damit beantwortet, Herr Kollege?

(Adam [SPD]: Ja, ja!)

In dieser Gesetzesvorlage geht es noch um einen weiteren Punkt - meine Vorredner haben ihn bereits angesprochen -, nämlich um den Umgang mit Geschenken. In welcher Höhe? Anlehnung an das Beamtenrecht, an die Grenze von 19,99 DM. Wir sind der Auffassung, dass hier eine 100-prozentige Regelung getroffen werden musste, weil jeder Anschein einer Beeinflussung in der Öffentlichkeit vermieden werden muss. Das ist genau die richtige Richtung.

Diese und andere Maßnahmen, die dem Grunde nach dem so genannten pauschalisierten Vertrauensverlust in der Bevölkerung entgegenwirken sollen, werden wir federführend im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen diskutieren. Wir werden dazu auch eine Anhörung von Sachverständigen durchführen.

Insoweit bin ich auch meinen Kollegen von der CDU und meinem Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dafür dankbar, dass hier ein - so sage ich einmal - konsensfähiger Wortbeitrag geleistet worden ist. Ich meine, dass das eine gute Basis für eine sachliche Diskussion im Ausschuss ist.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir mit dieser Regelung nicht jeden Einzelfall regeln können. Das ist ein komplexer Vorgang. Aus unserer Sicht sollte diese Gesetzesänderung eines zeigen - die Landesregierung hat mit ihrem Vorschlag sozusagen den Stein ins Rollen gebracht -, nämlich dass wir als Politikerinnen und Politiker sehr wohl in der Lage sind, mit uns selbstkritisch umzugehen. Wir meinen es ernst mit korrekten, vor allem aber auch nachvollziehbaren Arbeitsbedingungen. Alles andere ist aus unserer Sicht ein Bumerang gegen die Glaubwürdigkeit der Politik. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Eveslage [CDU])

Meine Damen und Herren, wir können die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt schließen.

Wir kommen zur Überweisung der vorliegenden Gesetzesvorlage an die Ausschüsse. Der Gesetzentwurf soll zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der erstmaligen Wahlen der Regionsversammlung und der Regionspräsidentin oder des Regionspräsidenten der Region Hannover - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drs. 14/1680

Das Wort dazu erteile ich dem Kollegen Adam.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Gespräche im Hintergrund oder an den Bänken - kniend oder stehend - einzustellen oder nach draußen zu verlagern. - Bitte sehr, Herr Adam.

Danke schön, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wie Sie richtig sagten, Herr Präsident, bringt die SPDFraktion heute den Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der erstmaligen Wahlen der Regionsversammlung und der Regionspräsidentin oder des Regionspräsidenten der Region Hannover hier in diesen Landtag ein. Durch dieses Vorschaltgesetz werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die erstmaligen Wahlen zur Region Hannover geschaffen. Das eigentliche Gesetz über die Region Hannover, zu dessen Entwurf das Kabinett vor kurzem seine einhellige Zustimmung erklärt hat, soll zu Beginn der nächsten Kommunalwahlperiode in Kraft treten. Da die Abgeordneten der Regionsversammlung sowie die Regionspräsidentin oder der Regionspräsident in der neuen Region

Hannover bereits erstmalig zum Termin der allgemeinen Kommunalwahlen im Herbst 2001 gewählt werden sollen, ist es notwendig, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen bereits jetzt geschaffen werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass es einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf für die Umstellung auf die neue Organisation gibt.

Das vorgeschlagene Gesetz, meine Damen und Herren, gewährleistet für den angestrebten Wahltermin einen reibungslosen Ablauf innerhalb eines rechtlich abgesicherten Rahmens. Neben diesen Aspekten macht die Einbringung des Gesetzes für die Durchführung der Wahlen zur Region Hannover vor allem aber für uns zwei Dinge deutlich:

Erstens. Die SPD-Landtagsfraktion ist einhellig für die Bildung der Region Hannover und unterstützt die Landesregierung in der Umsetzung der zur Bildung der Region Hannover notwendigen Maßnahmen.

Zweitens wird deutlich, dass sich das Gesetzgebungsverfahren zur Bildung der Region Hannover im vorgegebenen Zeitrahmen halten wird.

Diese beiden Punkte machen deutlich, meine Damen und Herren, dass man über den hier einzubringenden Gesetzentwurf nicht isoliert reden kann, ohne auch einige Worte zur Region Hannover selbst zu verlieren.

Ich möchte an dieser Stelle vor allem einige Worte zu einem Punkt sagen, der in der Vergangenheit mehrfach kontrovers diskutiert wurde: die landesweite politische Verträglichkeit des Vorhabens Region Hannover. Aus diesem Grunde rede ich heute nicht nur als zuständiges Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD, sondern auch als Abgeordneter, der einen Küstenwahlkreis fernab von Hannover – 250 km gen Norden – repräsentiert. Denn eines wird nach meiner Meinung ganz deutlich: Die Bildung der Region Hannover ist nicht nur eine Chance für den Großraum Hannover, sondern auch eine Chance für das ganze Land Niedersachsen.

(Bartling [SPD]: Sehr richtig!)

- Danke schön, Herr Bartling. – Viele Beispiele aus der ganzen Republik zeigen, dass überall in Deutschland starke städtische Räume weit in die Fläche ausstrahlen und somit wichtige Träger der wirtschaftlichen Entwicklung des ganzen Landes sein können.

(Zuruf von Eveslage [CDU])

Ich bin überzeugt davon, dass eine attraktive und lebendige Region Hannover dem ganzen Land nutzen wird.

(Beifall bei der SPD)

Dabei wird sich die neu zu schaffende Gebietskörperschaft allerdings in das bisherige Verwaltungsgefüge des Landes Niedersachsen einpassen. Dazu sollten zwei Befürchtungen widerlegt werden, die in der Vergangenheit geäußert wurden.