Ich wende mich zunächst dem ersten Punkt zu: nach außen weich. - Alle diskutieren über die Bewertung gegenüber dem Dollar und bieten unterschiedlichste Erklärungen. Für die einen sind es die unterschiedlichen Wachstumsraten in den USA und im Euro-Gebiet. Für die anderen ist es eine Spekulation gegen den Euro. Der psychologische Faktor, der gerade von Herrn Möllring stark strapaziert worden ist, wird natürlich auch angeführt.
Die CDU/CDU - das konnten wir gerade wieder hören - hat für die schlechte Performance des Euro gegenüber dem Dollar auch schon die Ursache gefunden: die falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der sozialdemokratischen Regierungen in Europa und insbesondere natürlich von Rot-Grün in Deutschland. - Es wird auch gleich die passende Forderung erhoben: Wenn nun endlich die Steuersenkung nach dem Konzept käme, das die CDU neuerdings - nicht in den 16 Jahren damals, sondern erst seit Rot-Grün - vorschlägt, wenn wir die Systeme der sozialen Sicherung anders strukturieren würden und wenn dies und jenes wäre, dann könnten wir dem Kursverlust begegnen. - Damit wird die Linie fortgesetzt, Herr Möllring - allerdings nicht auf Stoibers Niveau -, auf der die Euro-Diskussion von Anfang an begleitet worden ist: Innenpolitisch macht man populistisch Punkte, indem man alle möglichen Befürchtungen gegen den Euro äußert. Man spricht im Verein mit Ministerpräsidenten oder auch damaligen Ministerpräsidenten von kränkelnden Frühgeburten. Wir haben allerdings festgestellt, dass manche schon eine andere Einstellung zum Euro haben. Vielleicht gelingt es Herrn Stoiber und Herrn Möllring auch. - So viel zunächst zur Außenwirkung.
Betrachten wir nun die Situation des Euro nach innen. - Es besteht überhaupt kein Anlass zu Krokodilstränen. Derzeit ist jeder Cent Verlust, den der Euro gegenüber den Dollar macht, eine kleine Konjunkturspritze für Airbus, für den Autoexport und für den Export anderer Produkte, und davon profitiert Niedersachsen als Automobil exportierendes Bundesland natürlich ganz erheblich. Das
Wir können feststellen: Die Preise sind auf absehbare Zeit stabil - das sagen alle Prognosen; da liegen Sie ganz schief, Herr Möllring -, die Inflationsrate im zweiten Euro-Jahr ist niedriger, als sie zu D-Mark-Zeiten war, die Zinsen sind niedrig. Konsumenten, Konzerne sind täglich Nutznießer dieser günstigen Konstellation. Der Konjunkturaufschwung ist durch den Export, den der Euro befördert, gestützt,
und das, nebenbei bemerkt, schafft auch Arbeitsplätze, wie an der Arbeitslosenstatistik zu bemerken ist.
Insofern besteht überhaupt kein Grund, über die Nachteile in der Außenwirkung jetzt Krokodilstränen zu vergießen. Wenn USA-Touristen derzeit 2,19 DM für einen Dollar bezahlen müssen, dann ist das zwar bitter, aber im Euro-Land sind die Preise stabil; da kann man nicht nur nach Mallorca fahren, sondern kann auch anderswo günstige Angebote wahrnehmen.
Ich frage mich nur, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion: Was hat Sie eigentlich zu dieser Aktuellen Stunde bewogen? Wollten Sie dem psychologischen Faktor etwas entgegensetzen und entsprechend Beruhigung verbreiten?
Das wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen. Eine solche Aktuelle Stunde bietet natürlich auch Anlass, die spezielle niedersächsische Wirtschaftspolitik zu loben; das Lob werden wir gleich sicherlich auch noch hören.
Die Probleme für die Wirtschaftsentwicklung - „für die Menschen und den Wirtschaftsstandort Niedersachsen“, wie es in dem Antrag für diese Aktuellen Stunde heißt - sehe ich aber nun wirklich nicht in der Euro-Entwicklung, sondern die sehe ich, wenn überhaupt, in der Schwerpunktsetzung und in der Konzentration auf Automobilindustrie mit entsprechenden Abhängigkeiten und in der
Gefahr, zukunftsträchtige Entwicklungen zu verschlafen, wie wir das zum Teil schon erlebt haben; z. B. im Sektor hochwertiger Dienstleistungen hängen wir immer noch hinterher. Darauf also sollten wir uns konzentrieren. Das bringt mehr, auch für Aktuelle Stunden, als sich mal kurz über den Euro auszutauschen. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Der Glaube versetzt Berge! - Gegenruf von Frau Steiner [GRÜ- NE]: Vor allem deiner!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu Frau Steiner sind wir sehr froh darüber, dass die SPD-Landtagsfraktion dieses Thema aufgegriffen hat, weil es ein Beispiel dafür ist, dass man europäische Fragen, auch europäische Probleme offen im Parlament und offen mit der Bevölkerung bereden muss. Am schädlichsten für die europäische Idee ist, alles in Hinterzimmern miteinander zu bereden und die Bevölkerung erst nachher darüber zu informieren, was man beschließen will oder gar schon beschlossen hat.
Die Debatte gefällt mir insofern nicht ganz, wenn ich Ihnen das einmal sagen darf, als sie insbesondere bei Ihnen, Herr Möllring - das hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet -, mangelndes Selbstbewusstsein zeigt. Selbstbewusstsein hat Herr Plaue gezeigt. Zu Selbstbewusstsein besteht Anlass.
Dieser Kontinent, Euro-Land, also die Staaten, die den Euro eingeführt haben, haben überhaupt gar keinen Grund, nur wegen des Kurses des Euro in Sack und Asche zu gehen. Wir können uns sehen lassen.
Die dazu notwendige Begründung, die Daten wurden von allen hier offenkundig einvernehmlich festgestellt, und von daher darf man sicherlich gemeinsam feststellen „Wachstum läuft im EuroLand, und die inflationären Gefahren sind gering“, wobei ich zugebe: Sie sind nicht auszuschließen;
insbesondere an der Außenwirtschaftsfront, infolge der Kursveränderung und des weiteren möglichen Verfalls des Euro, sind sie zu beobachten.
Der Euro hat seinen Beitrag dazu geleistet - er war es nicht allein -, dass es bei uns wirtschaftlich aufwärts geht. Das alles ist gesagt. Ich will mich darauf berufen und einen anderen Aspekt in die Debatte einführen.
Denken Sie einen Moment über Folgendes nach: Was wäre, wenn wir den Euro nicht gehabt hätten? - Die D-Mark wäre in einer wesentlich schlechteren Verfassung, und selbst im Euro-Land, also in Europa, hätten wir eine Situation, in der jeder gegen jeden kämpfte, was bei starkem Dollar - das wäre er nämlich gewesen - und nicht vorhandenem Euro bedeutet hätte, dass dann, wenn die italienische Lira - um nur ein Beispiel zu nennen - abgewertet worden wäre, die italienischen Maschinenbauer unseren Maschinenbauern auf internationalen Märkten wahnsinnig Konkurrenz gemacht hätten.
Meine Damen und Herren, wenn alle Fundamentaldaten so gut sind, wie sie sind, dann bleibt eine Frage offen: Warum sinkt der Kurs? - Das ist eigentlich die Frage, die bei uns zentral auf eine Antwort wartet. Für mich gibt es zwei Gründe und damit auch zwei Gegenstrategien, wobei ich die psychoanalytischen Bemerkungen von Herrn Möllring nicht ganz abtun will; sie eignen sich aber wenig, um praktische Politik zu machen.
Grund 1: Es stimmt, Europa hat gegenüber den USA ein Defizit an wirtschaftlicher Dynamik. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Europa holt auf. Unsere Produktivitätszuwächse sind größer als in den USA. Erstmals seit 16 Jahren stimmt die Richtung wieder. Von daher besteht Anlass zu der Hoffnung, zu der Vermutung, zu der Annahme, dass sich auch der Euro im Rahmen dieses Aufholprozesses gegenüber den USA stabilisieren wird.
Zweiter Grund: Das Ungleichgewicht, das es gibt, liegt im amerikanischen Interesse. Das darf man doch nicht vergessen. Die USA sind nicht bereit, gemeinsam mit uns, mit Japan, mit anderen wichtigen Ländern eine Front gegen den weiteren Verfall des Euro zu organisieren. Denn die USA leihen sich tagtäglich für eine Milliarde DM Güter auf internationalen Märkten und damit auch von uns, und sie finanzieren sie mit ihrer Weltreservewährung. Von daher besteht im Moment kein Interesse in den USA, eine gemeinsame Gegenstrategie zu
entwerfen und umzusetzen. Das ist ein ganz wesentlicher Grund dafür, dass die Europäische Zentralbank handlungsunfähig ist und nicht eingreifen kann, weil sie allein dazu zu schwach ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bleibe dabei: Lassen Sie sich nicht irre machen. Der Euro wird ein Erfolg werden. Das mag schneller kommen, oder es mag dauern. Wer dazu eine feste Prognose abgeben will, weiß mehr als ich. Da soll es ja jemanden geben. Ich wage keine schnelle Prognose. Aber der Euro wird stark werden. Das steht für mich außer Zweifel. Er wird die zweitstärkste Währung der Welt sein; denn dahinter stehen im Euro-Land die stärkste Handelsmacht der Welt und die zweitstärkste Wirtschaft. Eines Tages wird sich Folgendes herausstellen: Der Euro selbst und der Binnenmarkt waren die entscheidenden Weichenstellungen für eine politische Union in Europa. - Schönen Dank.
c) Gabriel will Steuersegen - Minister Aller steht im Regen; Landesregierung uneins über die Verwendung von Mehreinnahmen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1604
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit bekannt ist, dass der Bund aus der Versteigerung neuer Mobilfunklizenzen mit außerordentlichen Mehreinnahmen von bis zu 120 Milliarden DM zu rechnen hat, gibt es ja täglich neue Vorschläge, wie man dieses Geld ausgeben könnte. Nun hat sich auch Ministerpräsident Gabriel zu Wort gemeldet und hat vorgeschlagen, dieses Geld für eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes einzusetzen. Ich darf Ihnen sagen: Wir sehen im Moment weniger Bedarf für eine weitere Senkung der Spitzensteuersatzes als für eine Entlastung bei den öffentlichen Haushalten von Ländern und Kommunen. Von den rot-grünen Steuerreformen profi
tieren kleinere und mittlere Einkommensbezieher, profitieren Unternehmen, profitieren vor allem auch Familien. Von den Einnahmen aus den Lizenzverkäufen profitiert zunächst einmal nur der Bund, und für die Länder bedeutet das im Saldo weitere Steuerausfälle, weil die Unternehmen die Versteigerungskosten natürlich als Betriebsausgaben absetzen können. Geht man mal von Versteigerungerlösen von 120 Milliarden DM und von einer vierjährigen Abschreibungfrist aus, dann würde das für Niedersachsen in den kommenden vier Jahren 1,6 Milliarden DM zusätzliche Einnahmeausfälle bedeuten.
Meine Damen und Herren, der Vorschlag von Ministerpräsident Gabriel, den Spitzensteuersatz jetzt noch weiter zu senken, bedeutet in der Konsequenz doppelte Einnahmeausfälle für das Land. Der Vorschlag akzeptiert die Einnahmeausfälle aus der Körperschaftsteuer, bedingt durch betriebliche Abschreibungen, und er bedeutet zusätzliche Einnahmeausfälle bei der Einkommensteuer. Angesichts der Haushaltslage Niedersachsens muss man erst einmal darauf kommen. Ich weiß nicht, ob Herr Gabriel das für eine taktische Meisterleistung hält. Ich habe da eher den Eindruck, dass Erich Ribbeck jetzt auch noch für die Finanzpolitik in der niedersächsischen Staatskanzlei verantwortlich ist.
Folgerichtig macht sich ja das Niedersächsische Finanzministerium diese Position auch nicht zu Eigen. Das Finanzministerium fordert wie übrigens alle Länder und wie auch ohne Abstimmung ziemlich einhellig die Finanzministerkonferenz in der letzten Woche, dass der Bund dieses Geld zur Schuldentilgung einsetzt, und zwar zur Schuldentilgung im Fonds Deutsche Einheit. Wir unterstützen diesen Vorschlag deshalb, weil wir meinen, dass die Länder nicht nur negativ durch die Steuerausfälle am Lizenzgeschäft beteiligt werden dürfen, sondern dass sie auch positiv von den Einnahmen profitieren müssen. Wir unterstützen diesen Vorschlag aber auch deshalb, weil es aus unserer Sicht richtig ist, dass alle staatlichen Ebenen, vom Bund über die Länder bis hin zu den Kommunen, von diesen Einnahmen profitieren, dass sie von Zins- und Tilgungsleistungen entlastet werden.
Finanziellen Spielraum, um darüber hinaus auch noch den Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer zu senken, gibt es nicht.
Meine Damen und Herren, wir können uns nur darüber wundern, dass der SPD-Fraktionschef mit einer Betriebskrankenkasse für alle Landesbediensteten 20 Millionen DM einsparen will und gleichzeitig der SPD-Regierungschef für seinen Landeshaushalt weitere Einnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe einfordert. Meine Damen und Herren, wir haben ja viele Erfahrungen mit dem Vorgänger von Herrn Gabriel gemacht, der immer die Lust am Sparen beschworen hat. Wir haben die Befürchtung, das könnte jetzt der Masochismus seines Amtsnachfolgers sein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sich in den letzten Wochen abzeichnet, ist wohl nur als Konfusion und Konzeptlosigkeit der Landesregierung - Ministerpräsident Gabriel auf der einen Seite, Finanzminister Aller auf der anderen Seite -, aber auch der SPDLandtagsfraktion zu bezeichnen. Ich will das einmal an einigen Beispielen deutlich machen.
Beispiel 1: Der Ministerpräsident erklärt nach einer Meldung der "Hildesheimer Zeitung" vom 4. März 2000, er wolle den Mittelstand steuerlich mit den gleichen Rabatten ausgestattet sehen wie Kapitalgesellschaften.
- Ja, das ist doch was. - Der Finanzminister erklärt kurz danach, die Forderung nach gleichen Rabatten ginge in die falsche Richtung.