2. Teilt sie die Einschätzung des Vorsitzenden des Hochschulrates, dass schon im Interesse der Attraktivität der Hochschule das Lehrangebot nicht nur das nach den Prüfungsordnungen unbedingt Notwendige umfassen dürfe?
3. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung wann und wo ergriffen, damit die gestrichenen Lehraufträge umgehend wieder erteilt werden können?
In der Anfrage wird behauptet, der Rektor der Hochschule Vechta habe 17 Lehraufträge ersatzlos gestrichen.
Richtig ist, dass entsprechend § 96 Niedersächsisches Hochschulgesetz der Senat der Hochschule Vechta vorgeschlagen hat, welche Lehraufträge für das Sommersemester 2000 genehmigt werden sollten. Bei der Entscheidung ist der Senat seinem Grundsatzbeschluss zur Finanzierung von Lehraufträgen vom 15. September 1999 gefolgt. Seinerzeit hatte der Senat festgelegt, dass zur Finanzierung von Lehraufträgen pro Jahr höchstens 120.000 DM ausgegeben werden sollen und dass darüber hinaus für jeden Lehrauftrag begründet werden muss, warum die jeweilige Thematik nicht von den vorhandenen Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftlern angeboten wird. Jeder Lehrauftrag ist ferner aus der Prüfungsordnung heraus zu begründen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurden z. B. im Fach Geschichte von acht beantragten Lehraufträgen fünf zur Genehmigung vorgeschlagen. Eine quantitative Überprüfung des Sachverhalts rechtfertigt diese Entscheidung in vollem Umfang: Im Fach Geschichte umfasst das Lehrangebot insgesamt 34 Semesterwochenstunden, das sich aus jeweils acht Semesterwochenstunden Lehrverpflichtung der drei vorhandenen Professo
renstellen und unter Vergabe von fünf Lehraufträgen mit zusammen zehn Semesterwochenstunden ergibt. Diesem Lehrangebot steht – entsprechend der Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 1999/2000 - eine rechnerische Lehrnachfrage in Höhe von 15,83 Semesterwochenstunden gegenüber. Entsprechend der personellen Aufnahmekapazität im Fach Geschichte müssten für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen 72 Studierende innerhalb der Regelstudiendauer eingeschrieben sein; tatsächlich sind es nur 24. Im Magisterstudiengang (Hauptfach) sind es nur 36 von möglichen 60 Studierenden und lediglich im Magisternebenfach sind 23 Studienäquivalente auf zehn vorhandenen Plätzen eingeschrieben. Die Gegenüberstellung von Lehrangebot und Lehrnachfrage ergibt eine Auslastungsquote von knapp über 49 %. Eine ähnliche Situation ist für die Lehreinheit Philosophie/Sozialwissenschaften festzustellen.
Es ist also festzuhalten, dass derzeit unter Kapazitätsgesichtspunkten alle nach den Prüfungsordnungen erforderlichen Lehrveranstaltungen aus dem Lehrangebot der vorhandenen Stellen und ohne die Vergabe von Lehraufträgen gedeckt werden könnten.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Lehraufträge immer nur eine Notlösung sein dürfen, wenn kein hochschulinternes Personal zur Verfügung steht.
Von einer erheblichen, die Lehramtsausbildung gefährdenden Streichung kann also nicht die Rede sein.
Zu 1: Die Stärkung der Lehramtsausbildung kann nur durch die Entwicklung einer grundlegend neuen Konzeption für die Lehrerausbildung erfolgen. Dies ist auch weiterhin das Ziel der Landesregierung. Im Auftrag der Wissenschaftlichen Kommission des Landes wird eine entsprechende Arbeitsgruppe im März d. J. ihre Arbeit aufnehmen.
Zu 2: Das Lehrangebot muss sich in erster Linie an den Prüfungsordnungen orientieren. Sofern dann noch Mittel zur Verfügung stehen, können auch zusätzliche Lehrangebote gemacht werden. Inwieweit dadurch die Attraktivität gesteigert werden kann, ist in erster Linie eine Frage der Qualität und nicht der Quantität.
Zu 3: Keine; es wird auf die Antwort zu Frage 1. verwiesen. Im Übrigen wird auf § 77 NHG verwiesen, wonach Planung und Organisation des Lehrangebotes Aufgabe der jeweiligen Hochschule ist.
Angesichts sehr hoher Investitions- bzw. Unterhaltungskosten haben zahlreiche niedersächsische Kommunen die Absicht, ihre Abwasserentsorgung zu privatisieren. Vor allem im oldenburgischen und ostfriesischen Raum sind in den letzten Jahren bereits eine Reihe entsprechender Verträge mit der Energieversorgung Weser-Ems (EWE) abgeschlossen worden. Die EWE - aufgrund überschießender Gewinne aus dem Energiegeschäft bemüht, neue Geschäftsfelder zu erschließen - hat dabei in der Regel ohne öffentliche Ausschreibung den Zuschlag erhalten.
In zwei aktuellen Entscheidungen hat die EUKommission diese Ausschreibungspraxis niedersächsischer Kommunen gerügt. Sowohl ein Vertrag der Gemeinde Bockhorn und der Stadt Varel mit der EWE zur Abwasserentsorgung als auch ein Vertrag der Stadt Braunschweig mit den Braunschweigischen Kohlebergwerken (BKB) zur Abfallentsorgung seien in wesentlichen Teilen nicht im Einklang mit dem Regelwerk für das öffentliche Auftragswesen. Obwohl nach Aussage des Wirtschaftsministeriums auch die Bezirksregierung Weser-Ems bereits 1998 über diese Rechtslage informiert worden ist, genehmigt die Kommunalaufsicht der Oldenburger Mittelbehörde derartige Vertragswerke bis heute auch ohne öffentliche Ausschreibung anstandslos.
1. Wie beurteilt sie die jüngsten Entscheidungen der EU-Kommission in struktur- und wirtschaftspolitischer Hinsicht?
2. Welche Folgen haben diese Entscheidungen auf in den letzten zwei Jahren abgeschlossene Verträge, die ohne öffentliche Ausschreibung zustande gekommen sind?
3. Wie beurteilt sie die Folgen der Entscheidungen der EU-Kommission auf das öffentliche Ausschreibungswesen in Niedersachsen und auf die entsprechende Genehmigungspraxis der Kommunalaufsicht?
der Gemeinde Bockhorn sowie dem Landkreis Friesland und den Bezirksregierungen Braunschweig und Weser-Ems als Aufsichtsbehörden liegen derzeit (Stand:10. Februar 2000) einschlägige Entscheidungen der Europäischen Kommission hierzu vor.
Die Landesregierung hat das Bundeswirtschaftsministerium und die Landesvertretung in Brüssel um Mitteilung zum Verfahrensstand gebeten. Nach übereinstimmender Einschätzung beider Stellen sei eine etwaige Übermittlung einer mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht vor März d. J. denkbar.
Aus diesen Informationen schließt die Landesregierung, dass die EU-Kommission ihre neuerlich angekündigten Entscheidungen bislang noch nicht formal an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet hat und entsprechende Informationen zu den in Rede stehenden Vergabeverstößen zur Zeit ausschließlich auf Pressemitteilungen – beispielsweise einer EU-Presseverlautbarung vom 14. Januar 2000 – beruhen können.
Abfall- und Abwasserdienstleistungen sind in die Kategorie 16 des Anhanges I A der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG (DLR) einzuordnen und seit Inkrafttreten dieser Richtlinie in 1993 grundsätzlich europaweit im Offenen Verfahren auszuschreiben.
Eine im letzten Jahr durchgeführte kommunalaufsichtliche Überprüfung hat ergeben, dass zum Zeitpunkt der Veräußerung der Abwasserbeseitigungsanlagen der Gemeinde Bockhorn an die Energieversorgung Weser-Ems (EWE) weder von der Gemeinde noch seitens des Landkreises Friesland der Aspekt der Ausschreibungspflicht erkannt und damit auch nicht geprüft worden ist.
Der „Fall Bockhorn“ wurde vom Innenministerium unverzüglich zum Anlass genommen, die Aufsichtsbehörden nachdrücklich auf die strikte Einhaltung europarechtlicher Vergabevorschriften hinzuweisen (MI-Erlaß 33.1-32571/8-53 vom 21. Juni 1999). Es wurde dabei darum gebeten, in geeigneter Weise sicherzustellen, dass – insbesondere auf mangelnde Rechtskenntnis beruhende –
Die Stadt Varel hat ihre Abwasserentsorgung entgegen der in der Anfrage dargestellten Annahme nicht auf die EWE übertragen. Nach heutigem Erkenntnisstand hat die Europäische Kommission der Stadt Varel insoweit auch nicht vorgeworfen, Wettbewerbsvorschriften verletzt zu haben. Ein Missverständnis mag daraus resultieren, dass die Stadt Varel der Gemeinde Bockhorn gestattet, ihre gesammelten Abwässer in die städtische Abwasserreinigungsanlage einzuleiten und der Transport des gesammelten und mechanisch vorbehandelten Abwassers aus Bockhorn in die Kläranlage der Nachbarstadt Varel von der EWE durchgeführt wird.
Die Stadt Braunschweig vertrat bislang die Auffassung, dass der in Artikel 11 Absatz 3 Ziffer 3 b der Richtlinie 92/50/EWG normierte Ausnahmetatbestand (Dienstleistung kann aus technischen Grün- den nur von einem bestimmten Dienstleistungser- bringer ausgeführt werden) erfüllt ist und in Folge eine Auftragsvergabe an die Braunschweigische Kohlebergwerke (BKB) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gerechtfertigt sei.
Die Behauptung, die Bezirksregierung Weser-Ems genehmige trotz Unterrichtung über die Rechtslage „derartige Vertragswerke bis heute auch ohne öffentliche Ausschreibung anstandslos“, ist schon deshalb unrichtig, weil nicht die Bezirksregierung als obere Kommunalaufsichtsbehörde, sondern die Landkreise für ihre Gemeinden kommunalaufsichtlich zuständig sind und die Bezirksregierung in der Regel über solche Vorgänge nicht unterrichtet wird. Davon abgesehen ist die Veräußerung von Abwasserentsorgungsanlagen nach Änderung des § 97 NGO (1. November 1996) regelmäßig nicht genehmigungspflichtig, es sei denn, es ist ausnahmsweise im Einzelfall einer der Tatbestände des § 116 NGO erfüllt. Schließlich ist seit Kenntnis eines einschlägigen Gutachtens des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sichergestellt, dass
die Bezirksregierung Weser-Ems im Falle ihrer Beteiligung an entsprechenden Vorgängen eine Ausschreibung fordert und ggf. durchsetzt. Die Kommunalaufsichtsbehörden sind durchgängig über die Rechtslage und das Verfahren informiert.
Die Frage, wie die Entscheidung der EU-Kommission in struktur- und wirtschaftspolitischer Hinsicht zu beurteilen ist, stellt sich nach Auffassung der Landesregierung nicht, weil der freie Wettbewerb von den Mitgliedstaaten gerade gewollt ist. Im übrigen könnten Aussagen über mögliche negative Auswirkungen der Vergaberechtslage auf deutsche Unternehmen nur spekulativ sein.
Unter Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften abgeschlossene Verträge behalten ihre Wirksamkeit. Gemäß § 106 Abs. 7 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 26. August 998 (BGBl. 1998 Teil I, S. 2512) haben Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Mit der Erteilung des Zuschlages und damit dem Zustandekommen des Vertrages (vgl. § 28 Ziff. 2 VOB/A u. entspr. VOL) kann das benachteiligte Unternehmen nur noch den Ersatz des Vertrauensschadens verlangen (§ 135 GWB). Auch die in einem Nachprüfungsverfahren eingeschaltete Vergabekammer (§ 117 GWB) könnte gemäß § 124 Abs. 2 GWB einen bereits erteilten Zuschlag nicht mehr aufheben, sondern auf Antrag eines Beteiligten nur noch feststellen, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat.
Die Erzwingung einer Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Gemeinde als Auftraggeberin mit kommunalaufsichtlichen Mitteln allein wegen der objektivrechtlichen Verletzung von Vergabevorschriften wird wegen der unter Umständen gravierenden finanziellen Folgen (Auf- tragnehmer behält seinen Vergütungsanspruch - vgl. § 649 BGB u. § 8 VOB/B - und erwirbt da- rüber hinaus evtl. Schadenersatzansprüche) grundsätzlich für unverhältnismäßig und damit rechtlich nicht zulässig gehalten.