Protocol of the Session on February 16, 2000

Ich will das auch gar nicht bestreiten. Nur: Wenn er Recht hat, dann muss er der Öffentlichkeit einmal die Frage beantworten, warum bei solchen Einkommen mögliche Abhängigkeiten geringer sind als bei Einkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von Angestellten in Betrieben und von Angestellten bei Verbänden.

Herr Kollege Plaue, gestatten Sie eine des Kollegen Schröder?

Gern, wenn der Kollege Schröder schnell ist; ich habe nicht mehr viel Redezeit.

Bitte schön!

Herr Kollege Plaue, haben Sie ein Problem mit der Forderung, die Ministerpräsident Gabriel bekanntlich in den Zeitungen formuliert, dass alle Parlamentarier ihre Nebenbeschäftigung und ihre Mandate angeben und auch sagen, wie viel Geld sie verdienen?

Nein, nein, Herr Kollege; ich habe überhaupt kein Problem damit, aber Sie selbst haben offensichtlich ein Problem damit. Sie schränken es doch ein. Sie sagen: Alle sollen veröffentlichen, nur - Kollege Wulff hat Gründe dafür genannt; dann ist damit der Ausschluss auch schon gegeben - bestimmte eben nicht.

(Frau Harms [GRÜNE]: Also sind Sie gegen die Einschränkung, sind Sie für das amerikanische Modell?)

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir dann zum Teil eine Scheindebatte führen - zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, meine sehr verehrten Damen und Herren! Können Sie mir einmal erläutern, Herr Kollege Schröder, warum ich, wenn ich in meinem gelernten Beruf als Architekt freiberuflich tätig wäre - Konjunktiv; ich bin es nicht -,

(Glocke des Präsidenten)

die möglichen Abhängigkeiten, auch finanzieller Art, die ich dann durch meine Auftraggeber hätte, nicht benennen sollte, aber in dem Moment, in dem ich angestellter Architekt wäre, jeden Pfennig, den ich als Einkommen aus dieser Tätigkeit bezöge, aufdecken sollte? - Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, da gibt es einen Widerspruch. Ich bitte darum, dass dieser Widerspruch diskutiert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Debatte, die notwendig ist und die sicherlich die Menschen draußen bewegen wird, wenn sie das ernst meinen, was uns immer entgegengehalten wird, nämlich dass Politik transparent sein muss, wird, glaube ich, interessant werden. Ich hoffe jedenfalls - nach der Debatte heute bin ich mir fast sicher, dass es gelingt -, dass wir diese Debatte fraktionsübergreifend so führen

(Frau Harms [GRÜNE]: Öffentlich?)

und öffentlich so führen - überhaupt keine Frage! -, dass dabei nachher ein Maximum an Transparenz und ein Maximum an Übereinstimmung herauskommt. Es ist ja wahr: Sie wollen irgendwann mal ran, dann sitzen wir in der Opposition,

(Zurufe von der CDU: Richtig! - Beckmann [SPD]: Aber das ist noch lange hin!)

und dann sind die gleichen Regeln, die wir jetzt schaffen, auch für Sie gültig. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Frau Kollegin Harms, nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung haben Sie das Wort für bis zu zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was hier abgelaufen ist, ist ja etwas ganz Erstaunliches gewesen, nämlich ein merkwürdiges Gentleman´s Agreement zwischen dem Oppositionsführer, Herrn Wulff, und dem Ministerpräsidenten, Herrn Gabriel.

(Plaue [SPD]: Ist er das denn doch, Oppositionsführer?)

- Auch. Ich bin ja die Oppositionsführerin, Herr Plaue!

(Beifall bei den GRÜNEN - Wernstedt [SPD]: Darf ich das jetzt ins Handbuch schreiben? - Weitere Zurufe - Unruhe)

- Sie kennen doch die Quotierung. Das ist bei uns immer so. - Sie sind sich ja offensichtlich völlig einig darin, dass unsere Vorschläge zur Änderung des Ministergesetzes und des Abgeordnetengesetzes nicht ernst gemeint sind, dass das irgendwie die Ausgeburt des Versuchs eines grünen Populismus oder was auch immer ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich verstehe nicht, worauf das hinauslaufen soll. Ich bin der Auffassung, dass es an der Zeit ist, alle diese Konsequenzen, die von Herrn Wulff oder von Herrn Gabriel in Talkshows dauernd angekündigt werden - Frau Christiansen kann sich ja gar nicht mehr retten vor Konsequenzdiskussionen -,

(Unruhe)

alle diese populistischen Ankündigungen, die gerade Sigmar Gabriel sehr oft gemacht hat, aus dem spektakulären Raum der Medien herauszunehmen und in die seriöse Auseinandersetzung im Parlament hineinzunehmen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich einmal unsere Vorschläge anschauen, dann stellen Sie fest: Daran ist nichts unseriös. Es ist tatsächlich abgeprüft. Gerade auch dieser Vorschlag zu Transparenzregelungen zeigt, wie ernsthaft sich grüne Juristen mit den Problemen solcher Transparenzregelungen auseinander gesetzt haben.

Es ist eigentlich ein gutes Zeichen, finde ich, dass Sie am Ende gesagt haben, Herr Plaue, dass wir die Auseinandersetzung um die notwendigen Gesetzesverschärfungen

(Glocke des Präsidenten)

in der nächsten Zeit tatsächlich öffentlich führen werden. Öffentlichkeit stellen wir in den Ausschüssen ja in der Regel nicht her.

(Plaue [SPD]: Das muss nicht in den Ausschüssen sein!)

Vielleicht sollten wir demnächst im Ältestenrat tatsächlich darüber beschließen,

(Plaue [SPD]: Frau Kollegin, das muss nicht in den Ausschüssen sein! Es muss nur öffentlich sein!)

wie wir das bei diesen Beratungen dann handhaben wollen. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat der Kollege Stratmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen ein bisschen in der Gefahr, dass die Debatte zu langweilig gerät - das wäre sehr traurig -, weil wir alle einer Meinung sind. Gleichwohl bin ich Ihrer Auffassung, Frau Harms, dass diese Debatte eine echte Chance darstellt, ein Stück weit Vertrauen zurückzugewinnen. Deshalb freue ich mich auf die Debatte, vor allem auf die Debatte im Ausschuss.

Ihr Antrag ist aber nicht dazu angetan - das stellt man fest, wenn man ihn sehr genau liest -, Ihnen Glauben zu schenken insoweit, dass Sie tatsächlich Veränderung wollen. Ich stehe auf dem Standpunkt: Wenn ich etwas regeln will, dann muss ich sicher sein, dass diese Regeln in der Praxis auch

tatsächlich wirken. Tun sie das nämlich nicht, erwecken sie also nur den Anschein, sie täten es, und wecken sie die Hoffnung bei den Bürgerinnen und Bürgern, sie täten es, dann, liebe Frau Harms, bewirken die Regelungen genau das Gegenteil; dann schaffen sie kein Vertrauen, sondern sie bauen Vertrauen ab.

(Zustimmung bei der CDU und von Plaue [SPD])

Ich möchte das jetzt auch belegen. In der Begründung zum Gesetzentwurf schreiben Sie z. B.:

„Der hier vorgelegte Antrag unternimmt nicht den Versuch, die Verhaltensanforderungen an Mitglieder des Landtages und der Landesregierung umfassend im Sinne eines neuen Verhaltenskodex für Berufspolitiker und -politikerinnen zu regeln. Viele dieser Anforderungen entziehen sich ohnehin jeder rechtlichen Normierung.“

(Frau Harms [GRÜNE] und Schröder [GRÜNE]: Ja!)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Harms?

Ich habe leider nur fünf Minuten Redezeit, und ich weiß, dass das zu wenig ist, Frau Harms.

(Frau Harms [GRÜNE]: Aber Herr Kollege, man kann tatsächlich An- ständigkeit und Anstand nicht gesetz- lich regeln! Das ist damit gemeint!)

Ich bitte Sie also, mich meine Ausführungen zu Ende bringen zu lassen. Dann sind wir uns vielleicht viel näher, als Sie jetzt glauben.

Also: Sie räumen selber ein, dass Sie Probleme haben.

Wenn man Ihre Vorlagen mit sehr viel Aufmerksamkeit liest, insbesondere den Entwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, dann stellt man fest: Daraus wird sehr deutlich, dass Sie aufgrund der vielen Einschränkungen, die Sie machen, selbst nicht an die Wirkung glauben.

Ich finde es schon außerordentlich interessant, dass ausgerechnet die Grünen, die in Deutschland, sage ich einmal, den Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung immer so hoch gehalten haben,

(Frau Harms [GRÜNE]: Ja!)