Protocol of the Session on February 16, 2000

(Zustimmung bei der CDU)

Das, meine Damen und Herren, hätten die niedersächsischen Hochschulen nun weiß Gott nicht verdient. Sie verfügen über ein bemerkenswertes Bewusstsein für Reformen. Die dort tätigen Menschen sollten auch die Gelegenheit erhalten, das unter Beweis zu stellen. Deshalb, Herr Minister: Legen Sie Ihre Zaghaftigkeit ab!

(Heiterkeit)

Vermeiden Sie Halbherzigkeiten! Geben Sie den Weg frei für nachhaltige Reformen und mehr Eigenverantwortung in den Hochschulen!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Kollege Dr. Domröse.

(Frau Dr. Andretta [SPD] und Klein [GRÜNE]: Aber nicht so zaghaft! - Zuruf von der SPD: Wehe, du bist zaghaft! - Zuruf: Mehr Mut!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt gern hinter die Stirn des Ministers schauen können, um zu erfahren, worüber er sich mehr freut, über das Angebot der Streicheleinheiten von Frau Mundlos, über den Trost, den sie

spenden will, oder über die Feststellung, dass er zaghaft ist.

(Heiterkeit)

Das hat ihm nämlich, glaube ich, noch niemand vorgeworfen. Aber vielleicht erfahren Sie es ja aus seinem Mund.

Meine Damen und Herren, Globalhaushalte, Modellversuche - dazu kann ich nach wie vor nur feststellen: Niedersachsen ist auf diesem Gebiet Spitze. Wir haben uns vor Jahren an die Spitze der Bewegung gestellt, und wir haben verdammt mutige Schritte in dieser Frage eingeleitet, um Hochschulen von der strengen kameralistischen Haushaltsführung einer Anstalt des öffentlichen Rechtes zu lösen und sie zu neuen Ufern einer wirtschaftsnahen Betreibung zu führen. Das haben wir unter viel Kritik vonseiten der Opposition hier im Parlament getan.

Eines möchte ich gleich vorweg sagen, damit ich das nicht vergesse: Denjenigen Modellhochschulen, die sich dieser Aufgabe mit sehr viel Verve, mit sehr viel Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt haben, möchte ich herzlich dafür danken, dass sie das gemacht haben. Sonst wären wir nämlich noch längst nicht so weit,

(Beifall bei der SPD)

dass uns der Bericht eines Beirates vorliegt und wir uns darüber streiten können, wie wir diesen zu bewerten haben.

Nun habe ich, Frau Mundlos, eines von Ihnen gelernt. Ich habe mich immer gefragt, warum Sie so sehr dagegen sind, dass in den Schulzeugnissen verbale Aussagen zur Leistung getroffen werden. Sie haben immer klare Noten gefordert. Das ist mir jetzt klar. Sie können das nämlich nicht lesen. In dem Bericht steht, dass uns die anderen Länder eingeholt und uns teilweise überholt haben, was die Globalhaushalte angeht. Sie lesen daraus, das sei die Note 5. Das ist aber absoluter Schwachsinn. Das ist die Note 1! Das ist doch völlig klar: Wenn sich ein Land wie Niedersachsen mit Modellhochschulen an die Spitze stellt und innerhalb von drei Jahren - exakt weiß ich den Zeitraum nicht mehr; nageln Sie mich bitte nicht fest - alle Bedenken, die es gab, abbaut, alle Erfahrungen macht, die man machen muss, alle Fehler, die natürlich in den Anfangsjahren auftreten, korrigiert und kompensiert, wenn ein Land wie Niedersachsen dies zu einem erfolgreichen Modell macht, was ohne jeden

Zweifel auch dieser Beirat festgestellt hat, dann hat es jeder, der uns folgt, leichter, ohne alle diese Fehler, ohne eigene Erfahrungen machen zu müssen, in sehr viel kürzerer Zeit den gleichen Stand zu erreichen und uns möglicherweise zu überholen. Das erleben wir überall in unserem Umfeld.

(Minister Oppermann: Das hat noch keiner geschafft!)

- Das hat noch niemand geschafft, das kommt hinzu. Aber selbst wenn es jemand geschafft hätte, uns in kürzerer Zeit mit unseren Erfahrungen zu überholen, wäre das für mich immer noch die Note 1 und nicht die Note 5.

(Beifall bei der SPD - Wernstedt [SPD]: Sie kennt nur die alten zaristi- schen Zeugnisse!)

- Wir wollen nun, Herr Professor Wernstedt, nicht aus jeder Debatte eine Schuldebatte machen, auch wenn ich damit begonnen habe und Ihnen sozusagen den Ball vor das Tor gelegt habe.

Nun haben Sie - ich sage: zu Recht - auf die Anregungen hingewiesen, die der Beirat unterbreitet hat, wie es denn nun weitergehen müsse. Ich will dazu Folgendes sagen, damit das nicht vergessen wird: Es ist bekannt, dass das Parlament in dieser Frage weitgehend einer Meinung ist. Deshalb muss ich das, was Sie in diesem Zusammenhang ausgeführt haben, relativieren. Sie haben Beispiele genannt, woraus Sie meinen die Erkenntnis ziehen zu müssen, dass es innerhalb des Landes einen neuen Zentralismus gibt. Die beiden Beispiele will ich jetzt ansprechen. Ich werde das gruppieren.

Zum einen ging es um die zentrale Personalverwaltung und das IZN. Frau Mundlos, meine Damen und Herren, dazu will ich Ihnen einmal Folgendes sagen: Hierbei geht es nicht um zentrale Entscheidungen, sondern es geht um mögliche zentrale Verwaltungsabläufe. Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Die Autonomie der Hochschule ist hier in keiner Weise eingeschränkt - ich mache dazu aber selbst gleich eine kleine Einschränkung -, sondern es geht um die Frage - das ist eine rein wirtschaftliche Frage -, wie die Verwaltungsdienstleistung zum Beispiel im Bereich der Rechnersoftware und -vernetzung, wie die Verwaltungsdienstleistung im Bereich der Personalverwaltung, also der Berechnung von Gehältern und Beihilfen und was noch alles hinzukommt, abgewickelt wird.

In diesem Zusammenhang bin ich Ihrer Meinung und insbesondere der Meinung der Hochschulen, dass zumindest auf den ersten Blick - ich bin überzeugt: auch mittel- und langfristig - die Ansiedlung dieser Verwaltungsaufgaben in den Hochschulen die bessere Lösung ist. Die Hochschulen sagen, wie ich finde, zu Recht: Wir haben dort Personal. Das müssen wir für die Steuerung unserer Globalhaushalte qualifizieren. Wir müssen es für Controllingaufgaben, die wir bislang nicht wahrzunehmen hatten, qualifizieren. - Auf Dauer ist es aller Voraussicht nach unwirtschaftlich, wenn dieses Personal nicht auch noch zusätzlich die Aufgaben der Personalverwaltung und der Rechnersteuerung bekommt.

Auf der anderen Seite macht sich aber Wirtschaftlichkeit zumindest für das Land nicht nur an diesem Teilaspekt fest. Vielmehr müssen wir auch die Fragen beantworten, die sich im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform stellen: Wo bringen wir das Personal, das an anderen Stellen abgebaut wird, unter? - Auch Sie wissen, dass Regelungen gefunden worden sind, um zum Beispiel durch Zwischenlösungen zu ermöglichen, dass wir insgesamt in der Landesverwaltung Personal abbauen können, indem wir - ich sage das jetzt einmal aus meiner Sicht - in einer Übergangszeit solche zentralen Dienste anbieten, weil sich die Wirtschaftlichkeitsfrage nicht allein an dem spitzen Blickwinkel der Hochschule, sondern für das ganze Land festmachen muss.

Man wird überprüfen müssen, wie sich das in Kürze oder in einigen Jahren darstellt. Ich bin überzeugt, dass wir dazu kommen werden, dass diese Aufgaben dezentral an den Hochschulen wahrgenommen werden. Aber ich sage noch einmal: Das ist eine rein verwaltungstechnische Aufgabe. Das hat mit den Entscheidungskompetenzen, mit Befugnissen und mit Zentralismus überhaupt nichts zu tun.

Das sieht bei dem zweiten Beispielkomplex, den Sie angesprochen haben, nämlich was die Liegenschaften angeht, anders aus. Wir sollten uns nicht auseinander dividieren. Das haben Sie, Frau Mundlos, so denke ich, auch nicht beabsichtigt. Als Parlament sollten wir vielmehr weiterhin deutlich machen, dass wir gemeinsam - alle Hochschulpolitiker - der Auffassung sind, wie Sie das richtig formuliert haben und wie uns der Beirat dies aufgegeben hat, dass wir in unseren Hochschulen die Entscheidungskompetenzen, die Autonomie weiterentwickeln müssen. Wir brauchen im

Laufe der Zeit mehr Personalautonomie, also auch für den beamteten Personalkörper. Wir brauchen mehr Finanzautonomie auch für die Liegenschaftsverwaltung. Das ist überhaupt keine Frage.

Aber ebenso wie bei den Globalhaushalten, Frau Mundlos, meine Damen und Herren, können wir das nicht ex cathedra entwickeln. Dafür ist der Aufwand viel zu groß. Kein Mensch in den Hochschulen ist heute in der Lage, diese Aufgabe von einem Tag auf den anderen zu übernehmen. Wir arbeiten mit Modellen. Das mag Ihnen jetzt plötzlich viel zu langsam gehen. Das will ich nicht ausschließen. Auch mir persönlich geht das unter Umständen zu langsam. Aber wir müssen Überzeugungsarbeit leisten. Wir müssen Überzeugungsarbeit auch beim Landesrechnungshof leisten, der natürlich erst einmal sehen muss, dass es sich nach wie vor um gesicherte Verfahren handelt, mit denen vernünftig mit Landeseigentum umgegangen wird. Wir müssen Überzeugungsarbeit bei den Financern leisten, die erst einmal lernen müssen, dass unsere Überzeugung richtig ist und dass das für das Land im Endeffekt preiswerter ist als die Lösungen, die wir bislang haben. Wir müssen Überzeugungsarbeit bei den Menschen leisten, die das draußen umsetzen müssen. Das ist ein so großer Sprung, dass sich diese Menschen noch nicht einmal vorstellen können, was sie alles leisten müssen, um selbst Liegenschaftsmanagement zu betreiben.

Wir sind mit Modellversuchen in verschiedenen Kategorien dabei. Wir werden das auswerten. Wir werden auch nicht sehr, sehr lange daran arbeiten. Die Modellversuche werden wir recht zügig auswerten. Die Modellversuche laufen aber erst seit einem oder maximal zwei Jahren. Genau weiß ich die Zeit nicht mehr. Deshalb müssen wir uns auch ein bisschen Zeit dafür nehmen.

Sie haben das Liegenschaftsmanagement angesprochen. Wenn Sie die Hochschulen in die Lage versetzen wollen, selbst ein Liegenschaftsmanagement zu betreiben, dann werden Sie den Hochschulen einen globalen Zuschuss geben müssen, um die Liegenschaften bezahlen zu können. Um einen solchen globalen Zuschuss gewähren zu können, müssen Sie eine Maßzahl haben. Sie müssen also vorher Daten ermitteln. Sie müssen also das machen, was das Finanzministerium angefangen hat. Sie müssen nämlich die Aufgaben klar definieren. Es muss gefragt werden: Was habt ihr an Flächen, an Hauptnutzflächen und an Nebennutzflächen? In welchem Zustand befinden sich

diese Flächen. Welche Zeitwerte liegen noch darauf? Wie hoch ist euer Bedarf? Dann muss man das zusammenführen und daraus eine Lösung stricken, wie man das Flächenmanagement in die Hochschulen gibt. Wenn Sie also kritisieren, dass wir das bis heute noch nicht geschafft haben, dann kann ich damit sehr gut leben.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass wir dabei sind, ein neues Hochschulgesetz zu entwickeln. Ich sage Ihnen eines, Frau Mundlos: Wir werden dann wieder an der Spitze jeder Bewegung in Deutschland stehen. Niedersachsen wird ein Gesetz vorlegen, das sich von allen anderen Ländergesetzen so weit abhebt, dass wir über Jahre Spitze bleiben werden. Ich bin gespannt, ob Sie dann noch den Mut haben werden, uns zu folgen und dieses Gesetz mit uns gemeinsam zu tragen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Mühe [SPD] unterhält sich mit ande- ren Abgeordneten)

Herr Golibrzuch, Herr Mühe möchte Ihnen auch zuhören!

Das freut mich. Karl-Heinz, setz dich hin! - Die Praxis der Globalhaushalte an den drei Modellhochschulen hat sich aus unserer Sicht bewährt. Trotzdem gibt es Unmut, Unmut über die Punkte, die Frau Mundlos angesprochen hat. Man muss das sicherlich nicht in solcher Dramatik vortragen, aber richtig ist - das will ich durchaus sagen, Wolfgang Domröse -, dass das nicht nur ein Problem von Verwaltung, sondern auch eine Frage von Verwertung ist.

Wenn wir einmal bei dem letzten Punkt, bei den Liegenschaften, bleiben, so ist es, so denke ich, unstrittig, dass wir an den Hochschulen über erhebliche Effizienzreserven verfügen. Sie wissen, dass wir dabei auch über Göttingen reden. Zu

Göttingen gibt es eine Analyse der HIS GmbH, die einen Flächenleerstand von rund 36.000 m2 behauptet. Ich meine, dass es jenseits der Frage, wer die Liegenschaften dort verwaltet, einen Anreiz für die Hochschulen geben muss - das geht aus unserer Sicht sehr schnell -, dass es für den Fall des Verkaufs solcher überhängenden und auch ungenutzten Liegenschaften letztlich eine Art Reformdividende geben muss, damit das Geld in den Hochschulen hängen bleibt.

Nach meiner Erfahrung würde sich der Streit zwischen einer Hochschule und dem Finanzministerium sehr stark reduzieren, wenn der Verkaufserlös solcher Liegenschaften eben nicht ganz allein dem Finanzministerium zufließen würde, sondern wenigstens teilweise von der Hochschule einbehalten werden könnte. Ich hielte das auch für sinnvoll, weil wir uns sonst noch jahrelang über die an der Stelle ungenutzten Effizienzreserven streiten würden und die Hochschulen tatsächlich zu wenig Geld hätten, weil wir ja alle wissen, wie es um die Landeskassen bestellt ist. Ich meine, dass dieser Punkt von den Hochschulen völlig zu Recht kritisiert und von der CDU in ihrem Antrag aufgegriffen wird.

Das zweite Beispiel, das wir hier diskutieren, ist die Frage der Bezügeverwaltung. Das Landesverwaltungsamt war - das weiß auch die SPD - die teuerste innere Verwaltung in Deutschland. Man hat sie umgewandelt und einen Teil daraus in das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung ausgegliedert. Das NLBV ist zwar günstiger als das Landesverwaltungsamt, aber es ist immer noch teurer als das, was die Hochschulen sich schon heute am freien Markt einzukaufen in der Lage wären. Im Rahmen der Fusionsdebatte haben wir diese Diskussion auch mit konkreten Zahlen geführt. Das, was die NLBV-Stelle in Aurich den Hochschulen für die Bezügeverwaltung anbietet, ist teurer als das, was man bei privaten Dienstleistern einkaufen kann - abgesehen davon, dass die von der Softwareentwicklung her noch gar nicht so weit sind, dass sie bereits mit den Hochschulen kooperieren könnten. Also ist es auch nur an der Stelle vernünftig, ein bisschen weniger Zentralisierung vorzuschreiben und den Hochschulen - jedenfalls dann, wenn man es mit Globalhaushalten ernst meint - auch die technische wie die rechtliche Möglichkeit zu geben, tatsächlich solche Effizienzreserven zu erwirtschaften.

Das kommt natürlich dem Landeshaushalt zugute. Das nimmt aus meiner Sicht - deswegen bin ich

dabei auch immer uneins mit dem Ministerium auch sehr viel Druck aus der Frage der Studiengebühren. Denn gibt man den Hochschulen die Möglichkeiten der Erwirtschaftung solcher Effizienzreserven nicht, dann läuft man zwangsläufig in eine Diskussion, in der man früher oder später vor die Frage gestellt wird, Studiengebühren erheben zu müssen, weil die Hochschulen dann auf Dauer unterfinanziert und auf Dauer nicht in der Lage sein werden, im Wettbewerb mit anderen Hochschulen anderer Länder und Staaten zu konkurrieren.

Deshalb meine ich, dass allein diese beiden Punkte - die Frage der Liegenschaftserlöse und die Frage der Bezügeverwaltung bzw. der Personalbewirtschaftung in den Hochschulen - durch rechtliche und tatsächliche Vorgaben des Landes heute sicherlich in hohem Umfang Reserven blockieren - grob geschätzt in zweistelliger Millionenhöhe -, die letztlich Forschung und Lehre entzogen werden. Ich meine, dass es jenseits einer NHGNovelle, nämlich ganz klar durch Verwaltungsvorgaben, schon heute möglich wäre, den Hochschulen an der Stelle mehr Freiraum zu geben. Deswegen werden wir den Antrag der CDU auch unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung von Möllring [CDU])

Frau Kollegin Mundlos hat noch einmal das Wort.

(Dr. Domröse [SPD]: Sie sind doch noch gar keine Ministerin!)

Wer seine Zeit gut einteilt, Herr Dr. Domröse, der hat hinterher auch noch ein paar Minuten übrig.