Es ist richtig, was die Landesregierung und was Ministerpräsident Glogowski veröffentlicht haben. Wir haben gesagt: Wir werden in dieser Legislaturperiode 5.527 Stellen erwirtschaften. Die Erwirtschaftung dieser Stellen bedeutet auf der Zeitschiene, dass wir sie dann erwirtschaftet haben werden, wenn das Personal die Stelle nicht mehr besetzt und der Arbeitsauftrag, der hinter dieser Stelle steht, nicht mehr erledigt wird.
(Decker [CDU]: Was ist mit den mo- netären Auswirkungen? - Die Stellen sparen wir durch die Kennzeichnung mit kw-Vermerken ein. Das ist das Mittel, das wir zur Verfügung haben. Wir signalisieren damit auch Ihnen ganz deutlich: Diese Stellen werden künftig wegfallen. Dahinter steht ferner die monetäre Betrachtungs- weise. Die monetäre Betrachtungsweise entwickelt sich in dem Tempo, wie die Stellen tatsächlich frei werden und nicht wieder besetzt werden und damit das Geld netto zur Verfügung steht. Deshalb emp- fehle ich Ihnen, Absätze, die isoliert dastehen, in einen Kontext zu stellen und dann die beiden Komponenten zusammenzutragen. Sie werden feststellen: Wenn Sie auf der Zeitschiene die Stel- len und daneben die monetären Einsparungen hintereinander legen, dann werden Sie am Schluss des Prozesses, genauso wie bei den 7.000 Stellen in der vergangenen Legislaturperiode, eine Summe haben, die der entspricht, die wir ausgewiesen haben. Das gilt auch für die eigentlichen Etappen- ziele. Das moderne Steuerungselement, das hier Platz gegriffen hat - das haben Sie möglicherweise auch nicht zur Kenntnis genommen -, ist, dass das nicht irgendwelche Festsetzungen des Finanzmi- nisters sind, sondern hinter diesen Stelleneinspa- rungen stehen Zielvereinbarungen moderner Art zwischen dem Finanzminister und den einzelnen Ressorts. Jede einzelne Stelle ist diskutiert, verab- redet und festgelegt worden. Das macht das ei- gentlich Neue aus. Letztlich, Herr Hagenah, ist das auch der Beweis dafür, dass wir mitten in dem Prozess sind, Steuerungselemente nicht nur zu bereden und theoretisch zu erörtern, sondern Schritt für Schritt und Haushalt für Haushalt zu exekutieren. Das ist ein Prozess, Herr Althusmann, den Sie möglicherweise, so lange wie er läuft, nicht richtig mitvollzogen haben. Ich bitte Sie aber herzlich, klinken Sie sich rechtzeitig ein, damit Sie wenigstens das Ende noch mitbekommen. (Beifall bei der SPD)
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, meine Damen und Herren. Ich schließe hiermit die Beratung.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wenn Sie den Ältestenrat mit der Federführung beauftragen und die Ausschüsse für Haushalt und Finanzen sowie für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht mitberaten lassen wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen, oder möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Sie haben so beschlossen, meine Damen und Herren.
Tagesordnungspunkt 23. Besprechung: Polizei in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/1166 - Antwort der Landesregierung – Drs. 14/1334
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Besprechung über die Große Anfrage der CDU-Fraktion und erteile zunächst dem Abgeordneten Biallas das Wort. Bitte schön, Herr Biallas!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort auf unsere Große Anfrage dokumentiert eines - das kann man zu Beginn so deutlich sagen - in beeindruckender Weise: Die 1994 von der Landesregierung umgesetzte Polizeireform ist in wesentlichen Punkten gescheitert.
Sieht man sich die Antworten der Landesregierung genauer an, stellt man fest: Überall gibt es Mängel - beim Personal, beim Material und bei der dienstlichen Zufriedenheit der Polizeibediensten.
Aber, Herr Minister, Sie wollen offenbar alles, nur eines nicht: Sie wollen die Wahrheit nicht wissen, und Sie wollen sich der Wahrheit nicht stellen.
Sie scheuen nach wie vor die von Ihnen selbst in Aussicht gestellte Umfrage unter den Polizeibediensten zur Umsetzung der Polizeireform und zur Zufriedenheit mit der Polizeireform. Das haben Sie selber angekündigt und bis heute nicht umgesetzt. Sie haben, wie wir wissen, Angst vor der Anonymität dieser Umfrage. Würde sie nämlich anonym durchgeführt, käme genau das heraus, was Sie bis heute immer wieder leugnen. Wer in der niedersächsischen Landespolizei Karriere machen will, muss sich davor hüten, Kritik zu üben. Das ist eine Katastrophe, weil es zu Duckmäusertum führt und weil man dann auch nicht weiß, was in der Polizei los ist und man damit immer ein anderes Bild von der Wirklichkeit hat.
Selbst die von Ihnen vorgestellte Kriminalstatistik muss dafür herhalten, die zweifelhaften Erfolge der Polizeireform zu dokumentieren. Auch Sie, Herr Kollege Buß - Sie müssen es doch besonders gut wissen -,
wissen doch eines ganz genau: Würde man aus der Kriminalstatistik z. B. die Ladendiebstähle und die Betrugsdelikte, bei denen ja die Täter in der Regel gleich mitgeliefert werden, herausrechnen, dann ergäbe das Ganze eine beschämende Aufklärungsquote von sage und schreibe nur 30 % und nicht von über 50 %, für die sich der Herr Minister mit all den Ladendieben alle halbe Jahre feiern lässt.
(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Hey, hey, hey! Denke an deinen christlichen Glauben! - Weitere Zuru- fe von der SPD)
Meine Damen und Herren, auch die von Kienbaum durchgeführte begleitende Untersuchung und deren Ergebnisse ignorieren Sie nach wie vor konsequent. Kienbaum hat Ihnen Folgendes ins Stammbuch geschrieben: Es sind zu wenig Leute auf der Straße. - Nach Ihren eigenen Antworten auf unsere Große Anfrage haben Sie jedoch bisher nicht im Ansatz diese wesentliche Forderung umgesetzt.
Bei vielen Fragen, die wir gestellt haben, war uns wichtig festzustellen, wie es um die Situation der Polizei heute im Vergleich zu 1990 bestellt ist.
Diesem Vergleich sind Sie immer dann ausgewichen, Herr Minister, wenn die Antworten für Sie hätten unangenehm werden können. Aber immer dann, wenn es Ihnen in den Kram gepasst hat, war es selbstverständlich möglich, 1990 mit 1999 zu vergleichen.
Ich komme nun zu den Details, und zwar zunächst zur Personalsituation der niedersächsischen Polizei. Sie sind 1994 mit der Parole angetreten: 1.000 Polizisten kommen zusätzlich auf die Straße, wenn die Polizeireform umgesetzt wird. - Eine weitere Parole lautete: weniger Häuptlinge, mehr Indianer. - Weil Sie das ja selber gesagt haben, frage ich Sie: Wo sind denn die von Ihnen in Aussicht gestellten abgebauten Stellen bei den Häuptlingen? Häuptlinge sind immer die mit einer größeren Feder.
Von 1994 bis 1999 ist es Ihnen gerade einmal - das sind alles die Antworten der Landesregierung; bevor Sie eine Attacke bekommen, müssen Sie wissen, Herr Buß, was das wert ist
gelungen, bei den Bezirksregierungen/Polizeidirektionen gut 50 Führungsstellen einzusparen, und bei den Polizeiinspektionen haben Sie nach Ihren Ausführungen insgesamt drei Häuptlinge zusätzlich installiert. Sie führen aus, Herr Minister, Sie hätten die Polizeistärke der niedersächsischen Landespolizei zwischen 1990 und 1999 um 848 Stellen erhöht. Sie verschweigen aber, dass sich gleichzeitig ein rasanter Anstieg der Bevölkerung in Niedersachsen ergeben hat. Annährend eine Million neue Einwohner sind in diesem Zeitraum hinzugekommen. Allein der Anstieg der Einwohnerzahl hätte rein rechnerisch eine Verstärkung der Landespolizei um mehr als 10 % erforderlich gemacht.
Das entspricht einer Zahl von 2.000 Beamtinnen und Beamten. Ich sage das nur deshalb, weil hier so getan wird, als spiele das alles keine Rolle.
Herr Minister, Sie verschweigen auch den rasanten Anstieg der Schwerstkriminalität. Das sind übrigens auch Zahlen aus der Kriminalstatistik des Landes Niedersachsen. Sie verschweigen den
dass seit 1994 durch die Einführung der zweigeteilten Laufbahn pro Jahr 78 Stellen ersatzlos gestrichen worden sind. Das hat bis heute zu einem Wegfall von immerhin zusätzlichen 400 Stellen geführt. All das ist gegenzurechnen, wenn Sie von einer Erhöhung der Personalstärke sprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es lässt sich nicht wegdiskutieren: Unter der SPDgeführten Landesregierung sind viele Beamtinnen und Beamte - das zeigen die Zahlen - in den Stäben verschwunden. Deshalb sage ich ausdrücklich, dass die folgende Ausführung des Ministers richtig ist:
„Das Thema Polizeidichte in Niedersachsen ist in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand von Anfragen der CDU gewesen. In den Antworten hat die Landesregierung wiederholt erklärt, dass die Polizeidichte nur eine geringe Aussagekraft hinsichtlich der tatsächlichen Stärke der Polizei und ihres Wirkungsgrades hat.“
Herr Minister, Sie bleiben aber bis heute die Begründung schuldig, warum die Polizeidichte, die in allen anderen Bundesländern eine bedeutende Rolle bei der Bewertung spielt, ausgerechnet in Niedersachsen - wahrscheinlich wegen des katastrophalen Ergebnisses - keine Rolle spielt.
(Lanclée [SPD]: Das meinen Sie, dass das eine Rolle spielt! - Adam [SPD]: Wer schreibt dir so etwas auf? Wenn du so predigst, wie du redest, dann habe ich meine Sorgen! - Gegenruf von Behr [CDU]: Rege dich nicht so auf!)
- Das mache ich selber. Lesen und schreiben kann ich. - Allein die Tatsache, dass Niedersachsen bei der Polizeidichte den letzten Platz einnimmt, Herr Kollege Adam, müsste uns eigentlich zu denken geben. Das ist so. - Der Herr Ministerpräsident freut sich auch, dass ich richtig gerechnet habe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, ich will Ihnen aber den Gefallen tun und auf die von Ihnen angesprochene tatsächliche
Stärke zu sprechen kommen. Wir haben Sie nach der Dienststärke des ESD, des Einsatz- und Streifendienstes, in vier ganz normalen Nächten von Freitag auf Sonnabend gefragt.
Wir alle wissen, dass in Nächten an Wochenenden überdurchschnittlich viele Unfälle geschehen, Streitigkeiten zu schlichten sind, Schützenfeste stattfinden usw. Das heißt, das sind ganz besondere Wochenenddienste. Wir haben Sie nach der Einsatzstärke gefragt. Es ist interessant, was dabei herausgekommen ist. Das Ergebnis ist nämlich niederschmetternd; das wird auch der Kollege Buß bestätigen. Denn von den insgesamt 22.708 Bediensteten der Landespolizei sind in einer solchen Wochenendnacht weniger als 1.000 Beamte im Dienst.
Bei fast 8 Millionen Einwohnern in Niedersachsen kommt auf 9.000 Bürgerinnen und Bürger jeweils ein eingesetzter Beamter, und das in einem Flächenland. Da frage ich Sie, Herr Minister: Glauben Sie wirklich, dass eine Streifenwagenbesatzung auf 18.000 Einwohner für die Gewährleistung der inneren Sicherheit in Niedersachsen ausreichend ist? Darauf hätte ich gerne von Ihnen eine Antwort.
(Ontijd [CDU]: Das muss er uns ein- mal erklären! - McAllister [CDU]: Das ist die traurige Wahrheit!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiteres Ergebnis ist außerordentlich fragwürdig. Nur ein Drittel, nämlich 6.712 Beamtinnen und Beamte, tun ihren Dienst auf der Straße, wie man so schön sagt. Vor der Polizeireform waren noch weit über 40 % der Beamten in Basisdienststellen tätig. Ich erinnere an die Parole, es müssten mehr Beamte auf die Straße. Es sind aber weniger auf der Straße. Das müssen wir doch feststellen dürfen.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwachpunkt ist die Besetzung der Stellen beim Tarifpersonal. Es steht doch außer Zweifel: Stellenpläne geben nie die tatsächliche Besetzung wider. Gerade bei den Angestellten wurde wegen andauernder
Haushaltssperren von der Besetzung vieler Stellen abgesehen. Uns hätte interessiert, wie viele von den Stellen, die im Stellenplan ausgewiesen sind, denn nun tatsächlich besetzt sind.
Zu fragen wäre auch: Oder sind viele Stellen womöglich deshalb nicht besetzt, weil man die Nichtbesetzung als Einsparbeitrag für den maroden Landeshaushalt angesehen hat? Dies ist zumindest ein Verdacht, der nahe liegt. Aber, Herr Minister, eines wissen wir beide, und darüber sind wir uns auch einig: Stellen arbeiten nicht, sondern die Leute, die die Stellen besetzen. Das muss man auseinander halten. Darüber hinaus ist bei den Angestellten ein Anstieg von fast 120 Stellen gerade in den Einrichtungen zu verzeichnen, in denen überhaupt keine originäre Polizeiarbeit geleistet wird. - Das sind alles Zahlen aus der Antwort. Das sage ich, damit sich die Aufregung in Grenzen hält.