Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat aus einem Bericht der Hannoverschen Neuen Presse vom 16. November 2002 beginnen. Dort heißt es:
„Hannover - seit Jahren Drehscheibe des Drogenhandels. Von hier aus werden die Märkte in Deutschland und im benachbarten Ausland beliefert. Allein 1 700 kurdische Heroindealer sind in Hannover aktiv. Die Gewinnspanne bei Heroin liegt bei bis zu 1 000 %. Kein Wunder also, dass immer neue Täter auf den hannoverschen Markt drängen.“
wicklung der Rauschgiftkriminalität in Hannover und in Niedersachsen. Allein schon die Feststellung, dass Hannover die Drehscheibe eines rasant expandierenden Drogenhandels geworden ist, dokumentiert in aller Deutlichkeit das Versagen dieser Landesregierung bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität und des Drogenhandels.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts dieser Situation halten wir es für unverantwortlich, dass die Landesregierung im Vorfeld der EXPO die zentrale Einrichtung zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität in Hannover - damals hieß sie „Einsatzorganisation Rauschgift“ und war bei der Polizeidirektion Hannover angesiedelt ersatzlos aufgelöst hat.
Dass das damals einfach so gemacht worden ist, haben wir erst jetzt erfahren. Es gibt ja Leute, die sagen, es hätte im Vorfeld der EXPO vielleicht eine abstoßende Wirkung gehabt, wenn man gewusst hätte, dass hier die Drehscheibe des Rauschgifthandels ist. Deshalb macht man es einfach so: Wenn ein Problem zu groß wird, dann schafft man es ab, indem man alle Instrumente beseitigt, mit denen man es bekämpfen könnte. - Das ist eine falsche Politik, meine Damen und Herren.
Aber das war noch nicht alles, lesen wir doch in der heutigen Ausgabe der Bild-Zeitung - das hat uns alle sehr nachdenklich gemacht und auch empört -, dass die Fallzahlen der Delikte in Niedersachsen, Herr Innenminister, in Besorgnis erregender Weise angestiegen sind. Das aber geben Sie, Herr Innenminister, nicht nur nicht zu, sondern in allen bisherigen Einlassungen, die wir in den letzten Wochen von Ihnen gehört haben, bestreiten Sie diesen Tatbestand. Bis zum 2. Februar soll selbstverständlich nichts veröffentlicht werden. Heute haben Sie gesagt, wir müssten bis zum März warten, bis wir diese Zahlen bekommen. Ein Schelm, Herr Minister, wer Böses dabei denkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will neben diesem Bild-Artikel auch noch etwas anderes zitieren, da das ja auch im Wahlkampf eine Rolle spielt. Wenn wir sagen „Diese Entwicklung ist beunruhigend“, dann wird uns immer gesagt,
die CDU schürt überall Ängste, dafür gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte. Daher möchte ich nun einmal nicht aus dem CDU-Programm, sondern aus dem inoffiziellen Bericht Ihres eigenen Hauses zitieren. Darin heißt es: Die Fallzahlen sind gestiegen, im Bereich der Straßenkriminalität im letzten Jahr um 17 %. - Jetzt kommt es: Im Bereich der Sexualstraftaten gab es im letzten Jahr einen Anstieg der Fallzahlen um sage und schreibe 22 %, im Bereich Diebstahl einen Anstieg um 14,5 %, im Bereich Diebstahl aus Kfz einen Anstieg um 16,4 %, im Bereich Körperverletzung einen Anstieg um 14,8 % und - jetzt kommt es - im Bereich Rauschgiftdelikte einen Anstieg um 15,4 %.
Meine Damen und Herren, wir mögen uns hier über den Weg streiten, wie man die Rauschgiftkriminalität und alle diese Delikte bekämpft. Aber im Angesicht dieser Zahlen, die aus dem Ministerium dieses Innenministers stammen, ist es nicht redlich, wenn uns vorgeworfen wird, wir schüren Ängste.
Herr Innenminister, vor dem Hintergrund dieser katastrophalen Kriminalitätsentwicklung haben Sie Anfang dieser Woche in der Fernsehsendung des NDR zur inneren Sicherheit - viele haben es ja gesehen - dem Kollegen Schünemann wahrheitswidrig entgegengehalten, die Kriminalität gerade im Bereich der Diebstähle gehe zurück. Herr Minister, die Zahlen, die ich vorgetragen habe, belegen eindeutig: Das genaue Gegenteil dessen, was Sie öffentlich behaupten, ist der Fall.
Herr Minister, selbstverständlich werde ich Ihnen nicht den Gefallen tun, Sie heute hier einen Lügner zu nennen. Aber ich würde mich - das will ich Ihnen sehr deutlich sagen - schon sehr freuen, wenn Sie sich gerade auch in Zeiten des Wahlkampfes entschließen könnten, Ihren Umgang mit der Wahrheit etwas zu optimieren.
Meine Damen und Herren, immerhin wirbt die SPD mit dem Slogan „Politik für die Wirklichkeit“. Da ist es doch wohl nicht zu viel verlangt, wenn ich Sie nachdrücklich um eines bitte: Sorgen Sie doch bitte selbst mit dafür, dass sich die Wahrheit nicht zu sehr von der Wirklichkeit entfernt und die Wirklichkeit nicht zu sehr von der Wahrheit! Diese Bitte möchte ich hier aussprechen.
Herr Minister, Sie fahren durchs Land und wiederholen überall gebetsmühlenartig, Niedersachsen sei ein sicheres Land. Im Grunde genommen wissen Sie aber selbst ganz genau, dass das leider nicht stimmt. Angesichts dieser Lage kritisieren wir Ihren Umgang mit den von Ihnen vorgelegten Kriminalstatistiken.
Wir haben in der Vergangenheit häufig darüber gestritten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Kontrolldelikte. Wenn Sie, Herr Minister, wegen Personalmangels zum Beispiel die Ermittlungsarbeit bei den Drogendelikten massiv zurückfahren müssen, dann bekommen Sie quasi automatisch auch zurückgehende Fallzahlen. So ist das.
Ich will es einmal zugespitzt formulieren: Wenn Sie im Drogenbereich überhaupt nicht mehr ermitteln würden, dann gäbe es in Niedersachsen statistisch keine Drogenkriminalität mehr. Das kritisieren wir, und zwar, meine ich, zu Recht.
Meine Damen und Herren, gerade die Fälle im Bereich der Straßenkriminalität sind außerordentlich ermittlungsintensiv. Dafür braucht man viel Personal, viel Aufwand, viel Zeit und eine hervorragende technische Ausstattung. Genau dies, Herr Minister, werfen wir Ihnen begründet vor. Weil wir in Niedersachsen zu wenige Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben, sind die Aufklärungsquoten in den ermittlungsintensiven Deliktbereichen so Besorgnis erregend schlecht. Das ist der Grund. Deshalb ist Niedersachsen leider nicht ein sicheres, sondern ein sicherheitsbedürftiges Land. Diesem Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger wollen wir nach dem 2. Februar verstärkt nachkommen.
Meine Damen und Herren, zu dem von mir dargestellten Besorgnis erregenden Aufklärungsdefizit - ich sage es noch einmal: die Informationen kommen aus dem Innenministerium - kommt ein Besorgnis erregender Anstieg der Fallzahlen hinzu. Deshalb bringen wir unseren Antrag ein. Es ist allerhöchste Zeit, dass jetzt schnell und entschlossen gehandelt wird. Deshalb haben wir in unseren Antrag folgende Punkte aufgenommen:
Zweitens. Gegen den organisierten Drogenhandel muss in verstärktem Maße die Telekommunikationsüberwachung und die Observation durchgeführt werden. Dabei sind auch verdeckte Ermittler einzusetzen.
Drittens. Es müssen endlich die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die dem Verfassungsschutz Vorfeldermittlungen ermöglichen. Es lässt sich auch nachweisen, dass man in Bayern und Hessen damit messbare, nachweisbare Erfolge erzielt hat.
Viertens. Der zunehmende Drogenhandel im Internet muss schärfer bekämpft werden. Dafür muss natürlich sichergestellt sein, dass jedes Polizeikommissariat im Lande über einen Internetanschluss verfügt.
Fünftens. Nicht zuletzt fordern wir erneut nachdrücklich, dass nichtdeutsche Straftäter, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben, auf der Stelle und konsequent in ihre Heimatländer ausgewiesen werden.
In Anbetracht der geschilderten, inzwischen wirklich dramatischen Situation auf dem Feld der Kriminalitätsentwicklung ist jetzt schnelles Handeln dringend erforderlich.
Diese Entwicklung, Herr Minister, die Sie heute in der Zeitung damit kommentiert haben, Sie hätten uns das schon immer erzählt, haben Sie uns noch nie dargelegt. Diese Entwicklung, so wie sie aufgezeigt worden ist, duldet keinerlei Aufschub. Deshalb beantrage ich für die CDU-Fraktion sofortige Abstimmung über diesen wichtigen Antrag. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte, einige Bemerkungen zu Vorbemerkungen zu machen, die eigentlich nicht zum Titel dieses Tagesordnungspunktes gehören. Man hat sich wohl etwas intensiver auf
Herr Biallas, wenn Sie hier Behauptungen in die Welt setzen, ich hätte Ihnen manche Dinge vorenthalten, dann möchte ich darauf hinweisen, dass ich Ihnen im August letzten Jahres eine Halbjahresstatistik, nämlich die polizeiliche Kriminalstatistik, vorgelegt habe, die wir als eines der wenigen Länder überhaupt vorlegen; denn meist bleibt es bei der Jahresstatistik. Darin ist erkennbar, dass wir in der Tat in einigen Deliktsfeldern Steigerungen haben, u. a. beim Diebstahl aus Kfz. Wir haben sofort darauf reagiert, indem wir eine Eingreiftruppe eingerichtet haben, die diese bandenmäßig begangenen Straftaten aufgegriffen hat und inzwischen auch durchaus mit Erfolg bekämpft.
Lassen Sie mich aber bitte zum Diebstahl in der Gesamtheit sagen - deswegen ist diese kurzfristige Betrachtung, auf die Sie sich beziehen, nämlich für November, eben nicht aussagekräftig -, dass wir - übrigens gemeinsam mit den hessischen Kollegen - der Meinung sind, dass Jahresstatistiken, die etwas aussagen, die auch entsprechend aufbereitet und durch die Polizeibehörden zugeliefert worden sind, erst im März des Folgejahres vorlegt werden können. Das haben wir in den vergangenen Jahren auch gemacht.
Deswegen geht die Forderung, Zahlen sofort vorzulegen, an der Sache vorbei. Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen, übrigens einer Forderung Ihrerseits folgend, einen Sicherheitsbericht vorgelegt. Darin wird über die Diebstahlskriminalität folgendes ausgeführt, ich will ihn gerne zitieren:
„Die Diebstahlskriminalität nimmt einen großen Anteil an den Gesamtstraftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik ein. Allerdings sinkt der Anteil seit 1992 ständig. Waren 1992 noch 61,1 % aller registrierten Straftaten dem Diebstahlsbereich zuzuordnen, so war bis zum Jahre 2001 ein Rückgang von über zehn Prozentpunkte auf 50,2 % zu verzeichnen. Bei genauer Betrachtung beruht der Rückgang der Diebstahlsdelikte an der Gesamtkriminalität vor allem auf einem starken Rückgang des schweren Diebstahls. Sind 1993 noch
248 500 dieser Fälle verzeichnet worden, so waren es 2001 nur noch 152 159 registrierte Straftaten. Dies bedeutet einen Rückgang von 38,8 %. Im Jahr 2001 machte der schwere Diebstahl 53,5 % der gesamten Diebstahlskriminalität aus. Der einfache Diebstahl ging im Berichtszeitraum zwar ebenfalls zurück, allerdings mit 12,9 % weniger stark.“
Das, meine Damen und Herren, ist eine langfristige Entwicklung, die etwas aussagt. Aber der Versuch, eine Elfmonatsstatistik zu einer aussagekräftigen Statistik für das Jahr 2002 zu machen, ist nicht hilfreich. Deswegen ist der Vorwurf, ich würde etwas zurückhalten, völlig daneben gegriffen.