Protocol of the Session on December 12, 2002

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Ortgies, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen nach den Beratungen im Ausschuss den Antrag zwar einstimmig verabschieden. Für die CDU-Fraktion sollte ich aber ein paar Worte dazu sagen.

(Zurufe: Lauter!)

- Bin ich nicht zu verstehen?

(Zurufe)

Die EU hat aufgrund der Tatsache, dass Wasser keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut ist, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss, klare Zielvorgaben gemacht. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie regelt die wesentlichen Grundbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in Europa. Sie hat den Mitgliedstaaten ein verbindliches Handlungskonzept für die Umsetzung dieser Richtlinie an die Hand gegeben. Nach dem so genannten Generationenvertrag der Wasserwirtschaft sind bis 2015 ein guter ökologischer Zustand aller Oberflächengewässer und ein guter Zustand des Grundwassers in Menge und Qualität zu erreichen. Die Definition der Nachhaltigkeit ist so zu berücksichtigen, wie sie die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987 festgelegt hat. Danach bedeutet „nachhaltige Entwicklung“ eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, die dann ihre eigenen Bedürfnisse haben und befriedigen müssen.

Die Rahmenrichtlinie ist ohne Frage das geeignete Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Wir sagen aber auch klar: Transparenz schafft Akzeptanz. Deshalb sind nicht nur eine frühzeitige Information und Anhörung der Öffentlichkeit der richtige Weg, wie sie in Artikel 14 der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen sind, sondern es muss auch ein koordiniertes und kooperatives Vorgehen aller Betroffenen sichergestellt werden. Die Betroffenen sind als Beteiligte anzusehen. Schon in der Bestandsaufnahme, in den Pilotvorhaben, in den Forschungsvorhaben sowie in der gemeinsamen Entwicklung der Bewirtschaftungspläne und in einzelnen Maßnahmenprogrammen ist die Einbeziehung aller Betroffenen unverzichtbar. Wir sollten aus den

negativen Erfahrungen bei der Festlegung von FFH-Gebieten unsere Lehren ziehen. Die Wasserbehörden, die Gebietskörperschaften, die verbandliche Wasserwirtschaft, die Landwirtschaft, die Fischerei, die Schifffahrt, die Raumplanung, der Hochwasserschutz und der Naturschutz sollten in geeigneter institutioneller Art und Weise so früh wie möglich eingebunden werden. Nur diese rechtzeitige und umfassende Koordinierung ist geeignet, den verbindlichen Zeitrahmen in Verbindung mit allen Kontrollinstrumenten der Europäischen Kommission bis hin zum Strafgeldverfahren einzuhalten. Nur so kann das im so genannten Erwägungsgrund Nr. 13 der Wasserrahmenrichtlinie vorausgesetzte Regional- und Lokalprinzip zum Tragen kommen.

Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten und des unterschiedlichen Bedarfs innerhalb der Gemeinschaft sind spezifische Lösungen notwendig. Bei der Planung und Durchführung der einzelnen Maßnahmen zum Schutz des Wassers müssen diese unterschiedlichsten Bedingungen berücksichtigt werden. Entscheidungen sollten nach der Wasserrahmenrichtlinie deshalb auf einer Ebene getroffen werden, die einen möglichst direkten Kontakt zur Örtlichkeit ermöglicht, in der Wasser genutzt oder durch Tätigkeiten des Menschen in Mitleidenschaft gezogen wird. Deshalb haben Maßnahmenprogramme Vorrang, die sich an regionalen und lokalen Bedingungen orientieren. Dies müssen wir berücksichtigen. Die negativen Erfahrungen mit der Umsetzung anderer Richtlinien, wie z. B. der FFH- oder der Vogelschutzrichtlinie, zeigen uns, dass die Europaverdrossenheit sonst noch größer wird.

Bei der Entwicklung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme müssen wir mit Augenmaß vorgehen. Wir müssen unsere Handlungsweise danach ausrichten, dass alles von den immer knapper werdenden Haushaltsmitteln abhängt. Deshalb ist dem Freiwilligkeitsprinzip und dem Kooperationsprinzip gegenüber allen Maßnahmen des Ordnungsrechts mehr Raum zu geben. Auf diese Weise werden wir im Flächen- und Agrarland Niedersachsen mehr erreichen können.

Insbesondere sind die europäischen Fördermittel geeignet, die Akzeptanz in den Ländern zu erhöhen. Die Länderhaushalte müssen die entsprechende Gegenfinanzierung gewährleisten. Die rechtzeitige verbindliche Festlegung der Finanzmittel im Landeshaushalt ist unabdingbar, um Planungssi

cherheit für den Generationenvertrag im Sinne der Richtlinie zu schaffen.

Wir sind auch davon überzeugt, dass unsere Wasserwirtschaftsverwaltung im Lande grundsätzlich geeignet ist, die von der EU geforderte Umsetzung der Richtlinie in enger Zusammenarbeit mit den Wassernutzern, den Verbänden und den Kommunen zu leisten. Die Wasserrahmenrichtlinie erfordert Koordination, nicht aber eine Veränderung der Organisation. Wir haben einen Gestaltungsspielraum. Wir sollten und müssen ihn im Interesse einer dauerhaften Sicherstellung unseres Nahrungsmittels Nummer eins nutzen und die Umsetzung der EU-Richtlinie konstruktiv angehen. Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Steiner, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie ist bereits Ende 2000 in Kraft getreten. Seitdem bildet sie die Grundlage für einheitliches und koordiniertes Handeln im Bereich der Wasserwirtschaft und der Wasserpolitik auf europäischer Ebene. Bis zum Jahr 2003 muss diese europäische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu müssen das Wasserhaushaltsgesetz und das Wassergesetz an die Ziele der Richtlinie angepasst werden. Dieser Prozess ist bereits im Gange. Wir werden uns gemeinsam mit der SPD in der neuen Legislaturperiode gerne an der Novellierung beteiligen.

Schon vor ihrer Verabschiedung hat die EU-Wasserrahmenrichtlinie hohe Wellen geschlagen. Vertreter von Industrie, Landwirtschaft und Kommunen hatten massive Konflikte angekündigt. Von interessierter Seite wurde die Rahmenrichtlinie als weiteres Brüsseler Bürokratenprodukt abgestempelt. Inzwischen ist die öffentliche Aufregung etwas abgeebbt. Die wesentlichen Probleme bei der konkreten Umsetzung werden aber erst in den nächsten fünf Jahren auftreten.

Nach der Planung gibt es bis 2004 eine Bestandsaufnahme, quasi eine Eröffnungsbilanz. Darin muss offen gelegt werden, in welchem Zustand sich das Grundwasser und das Oberflächenwasser befinden. Dann erst werden die Umwelt

ziele festgelegt und so genannte Bewirtschaftungspläne für Flussgebiete und Flussgebietseinheiten festgelegt.

Niedersachsen als Agrarland mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 62 % muss beim Trinkwasserschutz vor allem bei der Landwirtschaft ansetzen. Aus dem Umweltbericht des Landes vom letzten Jahr geht hervor, dass das Grundwasser an rund 80 % aller Messstellen mit Pflanzenschutzmitteln belastet ist. Nitrat aus der intensiven Landwirtschaft ist noch immer ein großes Problem. Ein Drittel der oberflächennahen Messstellen weist Belastungen auf, die zum Teil noch über den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung liegen.

Die Förderung der umwelt- und gewässerschonenden Landwirtschaft ist eine große Aufgabe, die erfüllt werden muss, um einen guten Zustand des Grundwassers zu erreichen, wie ihn die Wasserrahmenrichtlinie fordert. Landwirte sind wesentliche Akteure beim Gewässerschutz. Deshalb müssen die umweltpolitischen Anforderungen in die Agrarpolitik integriert werden. Bei einer Neuordnung der Agrarfinanzierung müssen Maßnahmen der Landwirte zum Grundwasserschutz stärker als bisher gefördert und honoriert werden. Dies wird die Akzeptanz für die Zielsetzung erhöhen. Das ist die Voraussetzung, um die gesteckten Ziele flächendeckend erreichen zu können.

Die Anforderungen der EU gelten aber ebenso für Oberflächengewässer. Es geht nicht nur um die chemische Belastung der Gewässer, sondern auch um den Erhalt von Flussauen und die Wiederherstellung natürlicher oder wenigstens naturnaher Rahmenbedingungen für Fließgewässer.

Ebenso wie in ganz Deutschland ist in Niedersachsen im europäischen Vergleich bereits ein relativ hohes Niveau im Wasserschutz erreicht. Handlungsbedarf besteht trotzdem. Ein verlässliches Bewertungssystem für den ökologischen Zustand der Gewässer und das Monitoring zur Überwachung der Veränderung und der Verbesserung fehlen bislang noch.

Wenn wir diese Anforderungen der Zukunft betrachten, müssen wir feststellen, dass an Teilen des Antrags der SPD-Fraktion die Zeit vorbeigegangen ist. Er ist deswegen nicht falsch. Ihm stimmen wir auch zu. Wir müssen aber bei der konkreten Umsetzung einen Schritt weiter gehen, um die Ziele zu erreichen, die wir uns mit und ohne europäischen

Richtlinien stecken müssen. Wir müssen schon jetzt auf die späteren Festlegungen in den Bewirtschaftungsplänen hinarbeiten, um sie erfüllen zu können.

Ich komme zum Schluss. Es nützt allen Verbrauchern ebenso wie der Natur, wenn wir das Niveau des Wasserschutzes schon vor 2009 entsprechend anheben. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltfragen in der Drucksache 3945 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 27 und 28, die ich vereinbarungsgemäß zusammen aufrufe, also

Tagesordnungspunkt 27: Zweite Beratung: Zukunft der Seefahrtschule Leer - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2547 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 14/3946

Tagesordnungspunkt 28: Zweite Beratung: Zukunftssicherung des Fachbereichs Seefahrt im Rahmen der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2554 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 14/3947

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2547 und der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2554 wurden im Juni

2001 an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, aber der Kollege Ontijd hat sich zu Wort gemeldet. Deswegen bekommt er jetzt das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört: Beide Anträge werden heute in der zweiten Beratung zusammen behandelt. Gestellt wurden beide Anträge in der JuniSitzung 2001, also vor nunmehr eineinhalb Jahren.

Viel Zeit ist vergangen, meine Damen und Herren. Getan hat sich außer Ankündigungen jedoch recht wenig, was die Landesregierung betrifft. Andererseits, Herr Kollege Adam, hat sich aber doch sehr viel getan, wenn man sich das vorliegende Gutachten zum Seefahrtsschulstandort Leer einmal etwas näher ansieht.

Lassen Sie mich dazu ein paar Zahlen und Fakten nennen. Es ist z. B. festzustellen, dass die Nachfrage der Schulabsolventen auf mittlere und längere Sicht hin sehr hoch ist, und zwar entgegen den Prognosen, die seinerzeit verbreitet wurden, dass die Nachfrage am Seefahrtsschulstandort Leer nachlasse.

(Frau Pruin [CDU]: Hört, hört!)

Die Studierwilligen nehmen Leer als Standort zunehmend an: Das Wintersemester 2002/2003 hat sage und schreibe 102 neue Studierende. Die personelle Situation muss aber dringend verbessert werden. Hierzu hat Minister Oppermann erst kürzlich bei seinem Besuch im Oktober in Leer - leider konnte die Fraktion der CDU nicht teilnehmen, weil sie nicht eingeladen war - Dozenten- und Professorenstellen zugesagt. Jetzt soll eine auf fünf Jahre befristete Professorenstelle ausgeschrieben und besetzt werden.

Aber auch die maritime Verbundwirtschaft an der Ems hat wiederholt erklärt - auch jetzt wieder -, im Wechsel mit dem Land Niedersachsen eine weitere Stiftungsprofessur verfügbar zu machen, also zu bezahlen. Eine auf 18 bis 24 Monate befristete Planerstelle ist bis heute nicht besetzbar, weil sie noch nicht vorhanden ist. Wenn ich richtig informiert worden bin, geht es um eine Planerstelle, die gerade für einen neuen Studiengang der maritimen Ingenieurwissenschaften dringend benötigt wird.

(Frau Pruin [CDU]: Das war doch versprochen!)

- Die war versprochen. Ich erinnere daran, Frau Kollegin Pruin, dass Kollege Lücht bereits am 17. Februar dieses Jahres drei Professorenstellen zugesagt hatte, die auch schon bewilligt wären. Ich habe darüber dann aber nichts mehr gehört.

Aber auch die räumliche Situation kommt in dem Gutachten zum Tragen. Es kann nicht sein, dass man nur die Altgebäude saniert. Vielmehr werden 1 500 m2 neue Gebäudeflächen benötigt. Hierfür hat Herr Oppermann dankenswerterweise auch einen Weg aufgewiesen. Vielleicht kann er dazu noch etwas Zusätzliches sagen.

Meine Damen und Herren, ich meine, dass mit den Daten und Fakten, die ich gerade genannt habe, deutlich unterstrichen wird, dass der Seefahrtschulstandort Leer eine Zukunft hat, eine Zukunft haben muss und dass sich demzufolge die Landesregierung auch stärker bemühen muss. Es gibt auch einen Bericht zur regionalen Bedeutung des Hochschulstandortes. Darin wird noch einmal unterstrichen, dass die Seetransporte zunehmen, und zwar um bis zu 7,5 % weltweit. Das Fromroad-to-sea, also die Verlagerung der Verkehre von der Straße auf das Wasser, lässt hohe Zuwachsraten erwarten. Aber der Seefahrtstandort Deutschland ist leider von Platz 9 auf Platz 23 gefallen. Das hat verschiedene Ursachen.

Wenn wir aber wissen, dass Niedersachsen nach den Wohn- und Firmensitzen der Eigner die weitaus größte Anzahl von Schiffen hat und dass Leer der zweitgrößte Reederstandort in Deutschland nach Hamburg ist, dann müssen wir doch hier den Ansatz finden, meine Damen und Herren. Wenn wir an unseren Küsten 14 Werften mit fast 5 000 Beschäftigten haben, wenn wir 908 Seeschiffe an der Küste haben - davon 681 in deutscher Reederei -, wenn 14 000 Arbeitsplätze durch Reedereibüros an der Ems und Arbeitsplätze im weiteren maritimen Bereich, als Dienstleister, vorhanden sind, wenn wir 12 000 Arbeitsplätze an Bord der Seeschiffe haben, was müssen wir dann noch alles bewiesen bekommen, damit wir Bildung und wirtschaftliche Entwicklung an der Küste im Verbund sehen? Das ist die Frage, die hier nicht nur zu stellen, sondern auch zu klären ist, die Sie beantworten müssen, meine Damen und Herren, die Sie auch als Landesregierung beantworten müssen: Nehmen wir diese Chance wirklich ernst

und wahr, oder wollen wir die Zeit verstreichen lassen?

Ich meine, wenn wir jetzt nicht handeln, dann sind die Anrainer auf der anderen Seite der Ems, die Niederländer, weiter als wir. Aber nach dem 2. Februar bietet sich vielleicht auch die Möglichkeit, dass sich eine neue Landesregierung dieses Themas annimmt, um die Küste und die regionale und maritime Wirtschaft voranzubringen.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Du haust ja alles zusammen! Oh, Gott! - Zurufe von der CDU)