- Meine Damen und Herren, wenn Sie den Saal leise verlassen, dann können die anwesenden Kollegen und Kolleginnen auch verstehen, was ich sage. - Berichterstatter ist der Kollege Behr, dem ich das Wort erteile.
Der Ausschuss für Medienfragen schlägt Ihnen in der Drucksache 3859 vor, diesem Staatsvertrag zuzustimmen und damit zugleich einige Folgeänderungen im Niedersächsischen Mediengesetz vorzunehmen. Diese Empfehlung wird von allen Fraktionen mitgetragen, und das gilt auch für die entsprechenden Abstimmungen in den mitberatenden Ausschüssen.
Mit diesem Staatsvertrag werden das Recht des Jugendschutzes für den Rundfunk und für die Telemedien einheitlich geregelt und damit die bisherige Rechtszersplitterung in diesem Bereich überwunden. Dieser Reformschritt ist auch mit dem Bund abgestimmt worden. Dementsprechend soll das vom Bund bereits beschlossene Jugendschutzgesetz zeitgleich mit dem vorliegenden Staatsvertrag in Kraft treten.
Aus Sicht der Bundesländer ist es zu begrüßen, dass mit dem vorliegenden Staatsvertrag die Zuständigkeit für Teledienste zumindest hinsichtlich des Jugendschutzes jetzt den Ländern zufällt. Dieser auch aus Sicht der Ausschüsse erfreulichen Entwicklung steht allerdings gegenüber, dass durch den Staatsvertrag eine neu eingerichtete Kommission für Jugendmedienschutz Vollzugszuständigkeiten erhält, die bisher den Landesmedienanstalten zugeordnet waren. Die Kommission wird zwar für die jeweils zuständige Landesmedienanstalt tätig werden, ist aber von dieser rechtlich nicht zu beeinflussen.
Wegen der rechtlichen Würdigung dieser Frage und wegen der Begründung zu den einzelnen Anpassungen zum Niedersächsischen Mediengesetz, die in Artikel 1/1 aufgenommen werden sollen, ist Ihnen bereits ein schriftlicher Bericht über die Ausschussberatung zugegangen. Dieser ist heute Morgen verteilt worden.
Der Ausschuss für Medienfragen bittet Sie nun um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung und damit auch um Zustimmung zum vorliegenden Staatsvertrag. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Problemen des Jugendmedienschutzes haben wir uns im Niedersächsischen Landtag in den letzten zehn Jahren mehrfach beschäftigt. Es darf erfreulicherweise festgestellt werden, dass sich alle Fraktionen weitestgehend darüber einig waren, das Ziel, das notwendig ist, gemeinsam zu erreichen. Dass es über die Frage der Methode und des Weges dorthin unterschiedliche Positionen gegeben hat, wird nicht verwundern; aber deshalb ist es besonders erfreulich, dass wir heute mit der Verabschiedung dieses Staatsvertrages bei der Erreichung dieses Ziels einen kleinen oder mittleren Schritt vorankommen.
Die Ministerpräsidenten haben sich in der Ministerpräsidentenkonferenz am 8. März dieses Jahres auf Eckpunkte zu diesem Staatsvertrag geeinigt, die die Chefs der Staatskanzleien in ihrer Sitzung am 7. August redaktionell überarbeitet und letztlich politisch sanktioniert haben.
Die Reform des Jugendschutzes in den Medien wird u. a. durch folgende neue Gesichtspunkte gekennzeichnet:
Das bisher verstreut geregelte Jugendschutzrecht im Bereich der Onlinemedien, d. h. Rundfunk und Internet, wird zusammengefasst. Genauso wird die bisher zersplitterte Aufsichtsstruktur im Bereich der Onlinemedien vereinheitlicht.
Zudem wird durch diesen Vertrag eine einheitliche Entscheidungspraxis in ganz Deutschland eingeführt werden. Bisher war es so, dass die Landesmedienanstalten in den Ländern zu entscheiden hatten, in denen die jeweiligen Sender zugelassen waren, und die bisher existierende Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm konnte nur Empfehlungen aussprechen. Als Konsequenz daraus wird eine neue, zentrale Länderstelle eingerichtet werden, die aus sechs Vertretern aus dem Kreis der Präsidenten und Direktoren der Landesmedienanstalten, vier Vertretern der obersten Landesjugendbehörden und zwei Vertretern des Bundes bestehen wird. Es wird in Zukunft auch eine wechselseitige Verbindlichkeit der Bewertungen des Online- und Offlinebereiches, d. h. Schriften, Videospiele, Videofilme und andere Angebote auf Trägermaterialien, geben. Ebenso wird es eine verbesserte Vorabkontrolle der dafür zuständigen Instanzen geben. Im Übrigen werden die Anbieter von Internetseiten verpflichtet, verstärkt Vorsorge zu treffen, dass Kinder und Jugendliche nur für sie
geeignete Angebote wahrnehmen. Die Seiten sollen für Jugendschutzprogramme codiert sein und nur über eine anbieterseits installierte Zugangskontrolle erreicht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag soll zusammen mit dem neuen Jugendschutzgesetz des Bundes zum 1. April nächsten Jahres in Kraft treten. Innerhalb von fünf Jahren soll das neue System, d. h. sowohl der Online- als auch der Offlinebereich, auf seine Praxistauglichkeit im Sinne eines effektiveren Jugendschutzes hin evaluiert werden. Auch die Praxis der Selbstkontrolleinrichtungen soll innerhalb von drei Jahren auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden; man wird prüfen, ob sich die Einräumung eines Beurteilungsspielraumes an zertifizierte Selbstkontrolleinrichtungen bewährt hat.
Dieser Staatsvertrag ist ein weiterer Schritt zu einer dringend notwendigen Verbesserung des Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen vor jugendgefährdenden Darstellungen in den Medien. Von dem Filmemacher Wim Wenders stammt der Vergleich, wonach der Bewusstseinsindustrie eine gefährlichere Sprengwirkung innewohne als jedem Atommeiler. Genau vor diesem Problem stehen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deshalb brauchen wir eine breite Allianz in unserer Gesellschaft gegen die zunehmende Faszinationswirkung von Gewalt, Kriminalität und Sex in unseren Medien. Gewalt ist für viele Jugendliche zu einem Kult, die exzessive Ausübung von virtueller Gewalt zu einer zentralen Freizeitbeschäftigung geworden. Mediengewalt ist derzeit und möglicherweise auch in Zukunft allgegenwärtig. Darin liegt wohl die grundlegende Veränderung im Vergleich zu früheren Jahren. Deshalb ist es die Aufgabe der Politik, sich dem mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzustemmen.
Deshalb begrüßen wir von der CDU-Fraktion es, dass wir diesen Staatsvertrag heute verabschieden können. Aus diesem Grund ist es für uns von der CDU-Fraktion selbstverständlich, dem Staatsvertrag, der heute hier beraten wird, die Zustimmung zu geben. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört: Jugendschutz ist eine Sache, die uns alle angeht und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Es tut uns sicherlich gut, in regelmäßigen Abständen darüber zu sprechen und darüber nachzudenken, wie wir unsere Kinder und Heranwachsenden schützen und abschirmen können vor volksverhetzenden Parolen, vor pornografischen Inhalten und vor gewaltverherrlichenden Angeboten.
Jugendschutz ist aber auch eine staatliche Aufgabe. Bei diesem Thema müssen wir den Jugendschutz immer wieder überprüfen und sehen, ob er funktioniert. Die staatliche Aufgabe des Jugendschutzes ist in sehr viele Zuständigkeiten gesplittet. Manche sagen, es seien zu viele. Das besonders angesichts der Tatsache, dass die Medien in den letzten Jahren rasant zusammengewachsen sind. Die Konvergenz der Medien Internet und Hörfunk schreitet rasant voran. Deshalb wird der Ruf nach Einheitlichkeit der Kontrolle, nach einer Aufsicht aus einem Guss immer lauter.
Der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien - das ist der vollständige Titel - ist ein erster Schritt in diese Richtung. Er bündelt die Kompetenzen und strukturiert die Aufsicht neu mit dem Ziel einer effizienteren Kontrolle.
Bei diesem Staatsvertrag ist ein Gedanke ganz besonders deutlich gestärkt worden, nämlich der Gedanke der Freiwilligen Selbstkontrolle. Die Anbieter selbst, die Produzenten müssen für ihre Produkte verantwortlich sein und bleiben. Damit gehen wir ein bisschen weg von dem reglementierenden Auge des Staates hin zu mehr Eigenverantwortung. Das heißt, jeder Hörfunk- oder Fernsehsender ist verpflichtet, Jugendschutzbeauftragte zu benennen bzw., wenn er das nicht tut, sich von einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle kontrollieren zu lassen. In beiden Fällen, sowohl bei dem Jugendschutzbeauftragten als auch bei den Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle, muss eine gewisse Qualifizierung vorgewiesen werden und besteht Berichtspflicht. Über diese Einrichtungen wacht dann die neu gegründete Kommission für Jugendmedienschutz. Mein Vorredner, Herr Pörtner, hat es bereits genau erklärt. In diese neue Kommission haben Bund, Länder und Landesmedienanstalten Kompetenzen hineingegeben. Mit dem Ziel einer effizienteren Aufsicht
haben sie an sie einige ihrer bisherigen Aufgaben abgegeben. Ich freue mich - das darf ich vielleicht in einem Nebensatz sagen -, dass in dieser Kommission der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt vertreten sein wird.
Die KJM wird nur von Amts wegen tätig; wir haben es gehört. Sie reagiert also nur auf Anzeigen der Landesmedienanstalten und kontrolliert die Selbstkontrolleinrichtungen. Die Verantwortung liegt in erster Linie und schwerpunktmäßig bei den Anbietern und den von ihnen benannten Jugendschutzbeauftragten und Selbstkontrolleinrichtungen.
Neben diesem neu geschaffenen Kontrollgremium werden weiterhin die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und die Einrichtung jugendschutznet.de, eine gemeinsame Behörde der Länder zur Jugendschutzkontrolle im Internet, existieren. Daneben werden weiterhin - das war heftig in der Kritik - die Regelungen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten bestehen bleiben. Aber alle Institutionen, die hier beteiligt sind, sind zu gegenseitiger Information und zu regelmäßigem Erfahrungsaustausch verpflichtet. Außerdem werden alle diese Regelungen - auch das hat der Staatsvertrag festgelegt - in drei Jahren wieder auf den Prüfstand gestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der erste Schritt, und ich meine - ich habe es bereits gesagt -, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben die Beratung dieses Staatsvertrages mit vielen Auseinandersetzungen, viel Streit und auch weitergehenden Forderungen begleitet. Es gibt berechtigte Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit, vor allem wenn wir an das große Problem der Kontrolle des Internets denken.
Hier ist sicherlich noch viel zu tun. Wir müssen vielleicht auch, was die Kontrolle des Internets angeht, in Zukunft an internationale Vereinbarungen denken und über den nationalen Horizont hinaus noch weiter denken.
Das wird ein langer und sehr mühsamer Weg werden. Doch dazu möchte ich gern die ALM, die Vertretung aller Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik, zitieren: Diese unbestreitbaren Schwierigkeiten der Kontrolle des Internets dürfen nicht dazu führen, dass gar nichts geschieht. Große
Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Staatsvertrag und um Zustimmung zu der entsprechenden Angleichung der betroffenen Regelungen in unserem Niedersächsischen Mediengesetz. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und auch das Jugendschutzgesetz sind bestimmt von vielen Kompromissen. Das ist auch kein Wunder, wenn man sich klar macht, dass nicht nur Bund und Länder zusammenwirken mussten, sondern auch noch zwei politische Lager daran beteiligt waren. Deswegen ist es schon fast erstaunlich gewesen, dass am Ende doch ein Kompromiss zustande gekommen ist.
Für den Fernsehbereich wird man sehen, wie sich die neuen Kontrollregelungen auswirken werden. Es ist eine entscheidende Frage, ob es tatsächlich gelingt, Jugendschutz vor Senderinteressen zu bewerten. Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen hat in der Tendenz bisher eher zugunsten der Senderinteressen entschieden; in Zukunft sollte sich das ändern.
Wenn sich das nicht ändert, müsste dieser Staatsvertrag meiner Meinung nach wieder geändert werden. Allerdings ist ja, auch wenn das nicht so ganz deutlich wird, über die KJM der Versuch gemacht worden, die Medienaufsichtsbehörden mit den Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle für den Fernsehbereich wieder sehr eng zu verbinden.
Die Zustimmung der Medienbehörden des Landes ist auch deshalb möglich gewesen, weil jetzt in einem anderen Bereich die Medienaufsicht der Länder federführend zuständig ist. Das betrifft den schwierigsten Bereich der Medienaufsicht, nämlich das Internet.
die neuen Regelungen zu überprüfen sind. Ich wage heute einmal die Voraussage, dass das, was wir für die Aufsicht für das Internet bisher geregelt haben, binnen kürzester Zeit wieder zur Debatte stehen wird. Das liegt einerseits natürlich an diesem Kontrollfeld an und für sich. Dieses Internet, wie wir es inzwischen alle kennen, ist eigentlich nicht zu kontrollieren.
Die Kontrolle, Herr Pörtner, wird sehr schwer werden. Erschwerend ist auch, dass anders als beim Fernsehen die Behörden, die für die Kontrolle zuständig sind, in Zukunft nicht darauf hoffen können, durch die Selbstkontrolle entlastet zu werden; denn die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia hat nicht vor, ein KJM-Zertifikat zu beantragen. Das heißt, dass die Rahmenbedingungen für diesen Kontrollauftrag, den die Länder jetzt mit ihren Medienbehörden übernommen haben, ausgesprochen schwierig sind. Es könnte sein, dass sich die Medienaufsicht im Bereich Internet sehr schnell als zahnloser Tiger erweist. Dann müssen wir sicherlich neu diskutieren.
Mir liegen weitere Wortmeldungen nicht vor, sodass ich die Aussprache schließen kann. Wir kommen zur Einzelberatung.
Ich rufe Artikel 1 einschließlich Staatsvertrag auf. Hierzu liegt die Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? - Auch nicht.
Artikel 1/1. - Auch hierzu gibt es Änderungsempfehlungen des Ausschusses. Wer zustimmen möchte, der möge sich melden. - Gegenstimmen? Keine.
Artikel 2. - Dazu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte zustimmen? Gegenstimmen? - Keine.
Gesetzesüberschrift. - Auch hier gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wenn Sie zustimmen wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall.
Dann können wir zur Schlussabstimmung kommen. Wenn Sie in der Schlussabstimmung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben möchten, bitte ich Sie, sich zu erheben. - Gegenstimmen? Keine. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Dann haben wir dieses Gesetz einstimmig beschlossen.