Protocol of the Session on October 23, 2002

(Möllring [CDU]: Herr Präsident, Sie versteht man auch nicht!)

ich möchte die Sitzung für eine Viertelstunde unterbrechen und versuchen, die mobile Anlage einzusetzen.

(Starker Beifall - Unterbrechung von 10.41 Uhr bis 10.47 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Beratung wieder und hoffe, dass Sie mich verstehen können. Eine bessere technische Möglichkeit gibt es nicht. Zur Entlastung der Firma möchte ich sagen, dass es sich um eine alte Anlage handelt, für die keinerlei Ersatzteile zu beschaffen waren. Die Firma hat das in ganz Europa versucht. Es hat, wie Sie sehen, nichts geholfen.

(Lindhorst [CDU]: Rufen Sie doch einmal bei der Bundeswehr an! - Frau Körtner [CDU]: Drei Wochen waren Zeit!)

Wir befinden uns in der Aktuellen Stunde. Ich hatte dem Kollegen Busemann bereits das Wort erteilt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich dachte schon, der Zustand der Mikroanlage würde mit den Landesfinanzen korrespondieren. Wir haben schwierige Zeiten und müssen feststellen,

dass wir im Lande Niedersachsen PISA-Verlierer sind. Gleichwohl besteht Anlass genug, den Dingen auf den Grund zu gehen und darüber nachzudenken, woran das denn liegt. Ich hatte das vorhin schon angedeutet. Das hat auch mit der Unterrichtsversorgung zu tun. Das soll aber heute Morgen nicht mein Thema sein. Ich lasse mir aber auch trotz der Finanzlage das Thema Unterrichtsversorgung nicht ausreden.

Weiterhin vertrete ich den Standpunkt, dass in diesen Zeiten in jedem Land geguckt werden muss, wo Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. In das Ausland zu gucken, ist dabei die eine Sache. Aber nur mit Finnlandisierung oder Bajuwarisierung kriegen wir das Thema auch nicht geregelt. Vielmehr müssen wir hier dafür sorgen, dass sich die Verhältnisse verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man im Bildungssystem dramatische Probleme hat, dann ist tunlichst bei den Wurzeln anzupacken und zu gucken, was an den Grundschulen machbar ist und was im Kindertagesstättenwesen passieren muss.

Nach meinem Eindruck ist in den vergangenen Jahren hier in Niedersachsen der Bildungsauftrag, den das Kindertagesstättengesetz auch beinhaltet, nicht wahrgenommen oder nur unzulänglich gesehen worden. Da wollen wir Abhilfe schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte mit zwei Zitaten aufwarten. Die Schriftstellerin Donata Elschenbroich hat es wie folgt auf den Punkt gebracht:

„Von den 4 000 wachen Stunden, die ein Kind im Kindergarten verbringt, können viele die lebendigsten und unvergesslichsten Stunden des Lebens sein. Der Mensch will lernen, üben von Anfang an.“

Das ist das eine Zitat. Vielleicht hören Sie das andere lieber. Das ist ein Zitat von der Ausländerbeauftragten der rot-grünen Bundesregierung vom 14. Juni 2002. Sie sprach in der Frankfurter Rundschau - man höre und staune - von einer kulturellen und intellektuellen Unterernährung unserer Kinder im Kindergarten. Wenn das so ist, dann wollen wir das Problem auch anpacken und ein Gesamtkonzept entwickeln, das sehr stark die Grundschule berücksichtigt, aber auch dafür sorgt,

dass unsere Kinder speziell im letzten Kindergartenjahrgang auf die Schule vorbereitet werden.

Ich möchte unsere Forderungen noch einmal zusammenfassen: Wir wollen den Bildungsauftrag des Kindergartens konkretisieren und verbindlich für alle Kindergartenkinder ausgestalten. Wir wollen die unzureichende Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Grundschule stärken. Wir wollen die Sprachförderung verbessern. Wir wollen die Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher optimieren. Ferner wollen wir die notwendige Qualität im Bereich der Kitas durch entsprechende Bildungsstandards sichern.

Wir haben uns einmal angeschaut, was die Sozialdemokraten auf diesem Gebiet in den letzten Jahren gemacht haben. Dass nach wie vor nur 20 % der Personalkosten vom Land getragen werden, ist ein landespolitisches Engagement, bei dem wir im Bundesvergleich die rote Laterne haben. BadenWürttemberg hat einmal einen Vergleich gemacht und dabei bemerkt, dass Niedersachsen offenbar den geringsten Versorgungsgrad an Kindertagesstättenplätzen hat.

Wir haben in der letzten Zeit vernehmen müssen - das halte ich, meine Damen und Herren von der SPD, für einen schweren politischen Fehler -, dass Sie sich in Niedersachsen offenbar aus fiskalischen Gründen von den Vorschulen verabschiedet haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, auch der geschätzte Landtagspräsident hat das so gesehen. Als früherer Kultusminister wäre ihm das möglicherweise nicht passiert.

Ferner verstehe ich überhaupt nicht, warum das Kindertagesstättenwesen in Niedersachsen beim Sozialministerium angesiedelt ist. Die Kindergärten sind kein Sozialfall, sondern sie haben einen Bildungsauftrag. Deshalb gehört das mit dem Kultusministerium zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Gerne hätte ich an dieser Stelle die Grünen gelobt; denn wir haben, Frau Harms, in den vergangenen Monaten eine ganz gute Debatte geführt, in die Sie Überlegungen für eine Reform des Bildungsauftrages der Kindergärten eingebracht haben. Aber ich verstehe Ihre Presseerklärung von heute überhaupt nicht. Da hat man Sie offenbar auf dem falschen Fuß erwischt, oder Sie sind sauer darüber, dass die

CDU die besseren Vorschläge hat. Wir jedenfalls meinen, dass hier einiges passieren muss.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Das Jahr vor der Schule soll kein vorgezogenes Schuljahr sein, aber insbesondere der vorschulischen Bildung und Erziehung dienen. Damit das gelingt und möglichst viele Eltern ohne Kostenrisiko daran teilnehmen können - es wird eine 100-prozentige Bildungsbeteiligung angestrebt -, möchten wir dahin kommen, dass wir die Eltern im dritten KitaJahrgang von den Beiträgen freistellen. Ich glaube, das ist eine wirksame, vernünftige und bezahlbare Maßnahme.

(Beifall bei der CDU)

Wir erreichen damit dreierlei, nämlich zum einen mehr Bildung und Zukunftssicherung im Kindergarten, zum anderen eine wirksame Entlastung der Eltern sowie eine nachhaltige Unterstützung der Kommunen. Für sie soll es mindestens kostenneutral ablaufen.

Das anstehende Kostenvolumen macht etwa 0,3 % des Landesetats aus. Es kann mir niemand erzählen, dass, sofern der politische Wille vorhanden ist, ein solcher Handlungsspielraum trotz der angespannten Finanzlage dafür nicht bestünde. Das muss hinzukriegen sein.

(Zuruf von Dr. Domröse [SPD])

- Dann erzählen Sie doch, warum Sie pleite sind. Dann müssen Sie hier auch nicht weiterregieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir jedenfalls halten das für machbar. Damit es gerecht und vernünftig läuft, muss meiner Ansicht nach ein Finanzierungskonzept vorgelegt werden, durch das wir insbesondere über verbesserte Personalkostenzuschüsse eine Befreiung der Eltern von den Beiträgen hinbekommen.

(Zuruf von Plaue [SPD])

- Herr Kollege Plaue, wenn Sie es nicht hinkriegen, dann ist das Ihre Sache. Wir haben uns das jedenfalls vorgenommen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie sehen mich ein bisschen überrascht; denn ich dachte, die Kollegen von den Grünen würden erst reden wollen.

Mir wäre es am liebsten, es ginge ohne diese Mikrofonanlage. Ich müsste ganz gut zu verstehen sein.

Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass die CDU-Fraktion einen Vorschlag der Sozialministerin Dr. Trauernicht vom 23. Mai dieses Jahres aufgegriffen hat.

(Beifall bei der SPD - Frau Vockert [CDU]: Schauen Sie einmal in die Protokolle, Herr Gabriel! Wir waren deutlich früher am Ball! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Das ist für die CDU ein Riesenfortschritt; denn sie hat noch vor wenigen Jahren in diesem Hause ein Kindertagesstättengesetz komplett abgelehnt.

(Beifall bei der SPD)

Wahlkampfzeiten haben auch ihre guten Seiten. Den einen oder anderen führen sie in die Gegenwart. Herr Busemann, herzlich willkommen!

(Zustimmung bei der SPD – Frau Vo- ckert [CDU]: Völlig falsch!)

Angesichts der Blockadehaltung der CDU in Niedersachsen und auf Bundesebene in der Finanzund Steuerpolitik frage ich mich allerdings, wie Herr Busemann das, was er hier vorgeschlagen hat, konkret finanzieren will.

(Zustimmung bei der SPD - Möllring [CDU]: Dummes Zeug!)

- Herr Möllring, Sie bekommen nicht einmal die Situation in Hildesheim in den Griff. Wie wollen Sie die Finanzen im Lande regeln?

(Beifall bei der SPD – Möllring [CDU]: Lesen Sie, was heute über die SPD in der Zeitung steht!)

Sie behaupten schlicht, Sie wollten umschichten. Herr Busemann, dann kommen Sie her und sagen Sie, wo. Was heißt das konkret und wo sind Ihre Anträge dazu?