Sie behaupten schlicht, Sie wollten umschichten. Herr Busemann, dann kommen Sie her und sagen Sie, wo. Was heißt das konkret und wo sind Ihre Anträge dazu?
Die CDU-Fraktion hat in den letzten Monaten hier im Hause Folgendes beantragt: Am 21. Februar 2001 135 Millionen Euro Mehrausgaben für Lehrereinstellungen, am 14. März 2001 mehrere hundert Millionen Euro für den ländlichen Raum,
am 17. September 2001 51 Millionen Euro für Bedarfszuweisungen, am 24. Oktober 2001 10 Millionen Euro für den Verfassungsschutz, am 12. Dezember 2001 85 Millionen Euro für die Rücknahme der Gewerbesteuerumlage, am 12. März 2002 270 Millionen Euro für den Niedriglohnsektor. Nicht zu vergessen die legendäre Hanstedter Erklärung der CDU, die Mehrausgaben in Höhe von 1,6 Milliarden Euro für Straßenbau, Krankenhausbau, Städtebau und den kommunalen Finanzausgleich vorsah. Das ist wirklich eine Glanzleistung, was die Latte von Mehrausgaben angeht.
Die CDU-Fraktion in Niedersachsen hat in dieser Legislaturperiode weit über 100 Anträge und Gesetzentwürfe mit Mehrausgaben von mehreren hundert Millionen Euro eingebracht. Allein seit Anfang des Jahres handelte es sich um Mehrausgaben in Höhe von 700 Millionen Euro. Zu keinem dieser Anträge gab es einen Deckungsvorschlag, sondern immer nur die vage Behauptung, man wolle umschichten. Von wo nach wo eigentlich? Wer soll diese Milliardenbeträge, die die Anträge der CDU-Fraktion erfordern, denn nun abgeben, wenn umgeschichtet werden soll?
Was die Behauptung der CDU angeht, sie wolle 10 000 Stellen streichen, indem sie die Bezirksregierungen auflöst, so ist erstens festzuhalten, dass es dort nur 4 900 Stellen gibt.
Zweitens. Selbst bei einem Wahlsieg der CDU dürfte der Schreck bei den Beamtinnen und Beamten nicht so groß sein, dass sie sofort kündigen. Das wird nicht der Fall sein. Daher stellt sich die Frage, wie das Geld zusammenkommen soll.
Nun ergänzt Schattenminister Busemann die Liste der ungedeckten Schecks im Lande mit einer weiteren wohlfeilen Forderung in Höhe von
Eine so verantwortungslos handelnde Partei traut sich, anderen vor der Wahl öffentlich Wahlbetrug vorzuwerfen.
Herr Busemann, Ihr Fraktionsvorsitzender hat vorgeschlagen, den Straftatbestand des Wahlbetruges einzuführen.
Da die CDU mehr als 100 Anträge ohne finanzielle Deckung vorgelegt hat, scheint bei ihr das Motto zu herrschen: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert. - Das hätten die CDU-Größen Ernst Albrecht und Birgit Breuel in Niedersachsen niemals hinbekommen. Sie haben für Seriosität immer noch ein bisschen übrig gehabt.
All das hat die CDU weit hinter sich gelassen. Es gibt gute Gründe, warum sie sich nicht mehr „Kompetenzteam“ nennen lässt. Ich wäre dafür, dass sie sich nicht „Zukunftsteam“ nennt; „OlsenBande“ wäre angemessener.
Für uns ist völlig klar: Wir wollen ein flächendeckendes Netz an Betreuungsangeboten in Kindergärten, Verlässlichen Grundschulen, Horten und Ganztagsschulen.
Ich sage Ihnen nun Folgendes: Es gibt zwei Dinge, die wir in Deutschland verändern müssen, damit wir auch Ihrer Forderung nachkommen können, die im Prinzip richtig ist. Erstens. Wir müssen das Verhältnis von direkten Zahlungen an die Familien und Bildungsausgaben endlich umdrehen. Das Verhältnis beträgt in Deutschland 60 : 40.
Es kann nicht sein, dass die 5 bis 8 % der Menschen in Deutschland, die ein hohes Einkommen haben, ihre Kinder auf Privatschulen schicken können und der Rest mit einem immer schlechter werdenden Bildungssystem auskommen muss.
(Beifall bei der CDU - Möllring [CDU]: Wer ist dafür verantwortlich? Acht Jahre Wernstedt und fünf Jahre Jürgens-Pieper! - Weitere Zurufe von der CDU)
Deshalb sagen wir: Wer nicht den Mut hat, über Erbschaft- und Vermögensteuer zu sprechen, der sollte hier nicht wohlfeile Anträge stellen. Ihnen fehlt nicht nur der Mut, sondern Ihnen, Herr Busemann, fehlt angesichts dieser desolaten Situation bei Ihnen im Hause auch die Fähigkeit, in Niedersachsen Kultuspolitik zu betreiben.
Wir haben uns schon etwas länger als diese Landesregierung und die CDU-Fraktion mit diesem Thema beschäftigt. Die erste Debatte zu einem Bildungsjahr für alle Kinder vor der Einschulung hat im Februar dieses Jahres auf Antrag unserer Fraktion stattgefunden. So viel Wahrheit muss sein.
(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Vo- ckert [CDU]: Wir haben im Novem- ber unseren Antrag eingebracht!)
Wir hielten es für ausgesprochen wünschenswert, wenn alle Fraktionen dieses Hauses einig wären in der Forderung, dass in den Kitas eine Qualitätsentwicklung und mehr Bildung notwendig sind. Allerdings sind wir immer noch skeptisch, insbesondere was das Lernen, das Wachwerden bei der CDU angeht. Meine Damen und Herren, es handelt sich bei Ihnen um einen langen und stagnierenden Prozess. Sie haben 1990 Ihre Wahlniederlage, also den Verlust Ihrer Regierungsmehrheit, u. a. Ihrer Ideologie in der Familienpolitik zu verdanken gehabt. Ernst Albrecht war derjenige, der diese Politik noch lange beeinflusst hat. Für ihn gehörten Kinder zur Mutter und die Mutter nach Hause. Kindertagesstätten waren nicht notwendig. Deswegen haben Sie gegen das KiTaG sehr lange gekämpft, auch wenn Sie davon heute nichts mehr wissen wollen.
Zwölf Jahre nach Ernst Albrecht dominiert nun Edmund Stoiber die Familien- und Kinderpolitik der Union. Für ihn, meine Damen und Herren, ist doch Familie dort, wo Frauen für ihre Männer die Hemden bügeln.
Ob es möglich ist, dass Christian Wulff mit dieser Ideologie und dem Dogma „Kinder, Küche, Kirche“ bricht, werden wir sehen. Ihre vielgelobte Familienpolitikerin aus den neuen Bundesländern ist jedenfalls bei Frau Merkel nichts geworden, meine Damen und Herren.