Protocol of the Session on September 24, 2002

(Zustimmung bei der CDU)

Ich weiß, dass manch heißer Befürworter einer kommunalen Anstalt öffentlichen Rechts erwartet, dass wir die Betätigungsgrenzen nachhaltig erweitern. An der Stelle muss ich jedoch für Enttäuschung sorgen; das sage ich ausdrücklich. Selbstverständlich haben wir mit unserem Gesetzentwurf die rechtlichen Grenzen zu beachten - und wir beachten sie.

Ich möchte noch auf das nicht durch diesen Gesetzentwurf angegangene Problem der kommunalübergreifenden wirtschaftlichen Betätigung im Rahmen einer kommunalen Anstalt hinweisen. Wir möchten, dass unsere Kommunen - wie in einigen anderen Bundesländern auch - zunächst Erfahrungen mit der kommunalen Anstalt sammeln können, die dann in ihrem Wirken auf das Gebiet einer Kommune begrenzt ist. Als Ausweg aus der Beschränkung bietet sich nach unserer Meinung allerdings zurzeit eine Zweckverbandsbildung an.

Dieses Problem wird uns aber nicht von der Verabschiedung unseres Gesetzentwurfes abhalten. Denn unser Gesetzentwurf erfuhr im Verlauf unserer fraktionsinternen Beratungen auch in den Gesprächen mit der kommunalen Ebene breite Unterstützung. Ich hoffe daher auf eine ebenso breite Unterstützung durch dieses Haus. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

In der Aussprache möchte sich Herr Kollege Coenen äußern. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des kommunalen Unternehmensrechts vorgelegt, der die Einführung einer kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts in die Niedersächsische Gemeindeordnung vorsieht. Danach sollen die Gemeinden die Möglichkeit erhalten, Unternehmen und Einrichtungen als Anstalt des öffentlichen Rechts einzurichten. Mit diesem Modell soll unter Aufrechterhaltung möglichst weitgehender Einflussmöglichkeiten den Unternehmen eine größere Selbständigkeit und Flexibilität als in Regie- und Eigenbetrieben gesichert werden. Lassen Sie mich dazu einige Anmerkungen machen.

Die CDU-Fraktion steht der Einführung einer Anstalt des öffentlichen Rechts zum jetzigen Zeitpunkt kritisch gegenüber. Viel vordringlicher als eine weitere Änderung der NGO wäre eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Nur finanziell gesunde Kommunen sind in der Lage, sich wirtschaftlich zu betätigen.

Zunächst ist grundsätzlich zu kritisieren, dass die SPD-Fraktion gemeinsam mit der Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf nach 1996, 1997 und 2001 eine weitere Novellierung der Niedersächsischen Gemeindeordnung anstrebt. Dieser gesetzgeberische Aktionismus macht deutlich, dass offensichtlich weder die SPD-Fraktion noch die Landesregierung eine klare und nachhaltige Konzeption zur Entwicklung des kommunalen Verfassungsrechts in Niedersachsen haben. Ursprünglich war es das erklärte Ziel der SPD-Landesregierung, mit der Gesetzesreform von 1996 eine grundlegende und dauerhafte Umgestaltung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts vorzunehmen. Aufgrund verschiedener handwerklicher Mängel und nachträglicher Eingebung der SPD-Fraktion wurden die Gemeindeordnung und die Landkreisordnung in den Jahren 1997, 1999 und 2001 erneut geändert.

Die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen haben zu Recht mehrfach darauf hingewiesen, dass nach der umfassenden Gesetzesreform von 1996 die Kommunen in Niedersachsen Erfahrungen mit der neuen Rechtslage sammeln müssen und gesetzgeberische Zurückhaltung im Hinblick

auf weitere Rechtsänderungen zweckmäßig wäre. Der vorliegende Gesetzentwurf macht deutlich, dass die SPD-Fraktion nicht gewillt ist, dem berechtigten Wunsch der Kommunen nach gesetzgeberischer Zurückhaltung nachzukommen. Ganz im Gegenteil: Die SPD-Fraktion setzt ihren bisherigen Kurs des gesetzgeberischen Aktionismus fort.

Der Niedersächsische Landtag hat sich bereits im vergangenen Jahr mit dem Thema „Anstalt des öffentlichen Rechts“ beschäftigt und seinerzeit mehrheitlich beschlossen, vorerst von überstürzten Maßnahmen zur weiteren Änderung der Gemeindeordnung abzusehen und zunächst ein umfassendes Konzept für das gesamte Gemeindewirtschaftsrecht zu entwickeln. An dieser Ausgangssituation und Beschlusslage hat sich aus Sicht der CDUFraktion bis heute nichts geändert. Die CDUFraktion hält die Einführung einer Anstalt des öffentlichen Rechts zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für zwingend geboten. Vor einer erneuten Änderung der Gemeindeordnung sollten die Erfahrungen der Kommunen bei der Umsetzung des seit 1996 mehrfach geänderten Kommunalverfassungsrechts insbesondere im Bereich des Gemeindewirtschaftsrechts abgewartet und zu einem späteren Zeitpunkt sorgfältig ausgewertet werden.

Bereits nach der jetzigen Rechtslage haben die Kommunen verschiedene Möglichkeiten, gemeindewirtschaftsrechtlich tätig zu werden. So haben die Kommunen die Wahlfreiheit zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Unternehmensformen. Für die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden stehen in Niedersachsen die Rechtsformen des Eigenbetriebs und der Eigengesellschaft zur Verfügung. Es wäre interessant zu erfahren, wie viele Kommunen den zurzeit sich geradezu anbietenden wirtschaftlichen Handlungsspielraum jetzt schon nutzen; gilt es doch, finanzielle Aspekte zu erzielen, wie sie in der Wirtschaft alltäglich sind.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die CDU-Fraktion der Anstalt des öffentlichen Rechts nicht ablehnend gegenübersteht. Das Modell der Anstalt des öffentlichen Rechts kann für die Kommunen durchaus zusätzliche Anreize geben, eine öffentlich-rechtliche Unternehmensform zu wählen. Neben einigen Vorteilen der Anstalt des öffentlichen Rechts muss in diesem Zusammenhang aber auch auf Nachteile dieser Rechtsform hingewiesen werden. So ist es nachteilig, dass im Vergleich zur Eigengesellschaft eine Beteiligung anderer Kommunen nur über den umständlichen Weg des Zweckverbandes möglich ist.

Anders als die Eigengesellschaft stellt die Kommunalanstalt kein unmittelbares Instrument interkommunaler Zusammenarbeit dar.

In diesem Punkt entspricht die Anstalt des öffentlichen Rechts nicht den Bedürfnissen der kommunalen Praxis, in der in vielen Bereichen mittlerweile eine Tendenz zur verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit festzustellen ist, um vielfältige finanzielle und gestalterische Möglichkeiten auszuschöpfen. Zudem ist die Errichtung einer Kommunalanstalt mit hohem Personalaufwand verbunden, und sie macht Reorganisationsmaßnahmen innerhalb der Gemeindeverwaltung erforderlich. Auch insoweit entspricht das Modell der Anstalt des öffentlichen Rechts nicht dem notwendigen Interesse der Kommunalverwaltung, den Verwaltungs- und Personalaufwand möglichst effizient zu gestalten und wirtschaftlich ausgerichtet zu sein.

Aus den genannten Gründen sollte zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer Änderung der Kommunalverfassung und der Einführung des Modells einer Anstalt des öffentlichen Rechts abgesehen werden. Die Frage sollte vielmehr in ein paar Jahren erneut diskutiert werden, wenn die Kommunen in Niedersachsen ausreichende Erfahrungen mit der novellierten Kommunalverfassung und dem derzeit bestehenden Gemeindewirtschaftsrecht gesammelt haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir hören jetzt Herrn Kollegen Hagenah.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Coenen, warum denn Möglichkeiten einschränken, wenn Sie selber durchaus positive Aspekte dieser Möglichkeit feststellen müssen? Warum Möglichkeiten in der freien Wahl des kommunalen Wirtschaftsrechts in Niedersachsen ausschließen, mit dem andere Bundesländer positive Erfahrungen gemacht haben? Ich kann nicht verstehen, warum wir für die Kommunen in Niedersachsen die Möglichkeit zur Bildung einer Anstalt des öffentlichen Rechts ausschließen sollten. Ich finde nicht, dass wir in den letzten Jahren unter einer Flut von Reformen im Kommunalrecht gelitten haben; eher leiden wir unter der Schwierigkeit der Anpassung an sich ändernde Rahmenbe

dingungen und brauchen dafür dringend zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der SPD-Antrag zum kommunalen Unternehmensrecht belegt erneut die Notwendigkeit grüner Initiativen, um die Mehrheitsfraktion bei der sozialund arbeitsmarktpolitischen Modernisierung zum Jagen zu tragen.

(Möhrmann [SPD]: Was?)

Hatte es beim Vergabegesetz noch zwei Jahre gedauert, bis aus unserem Antrag ein SPD-Gesetzentwurf geworden ist, ist es bei der Änderung des kommunalen Unternehmensrecht zur Bildung von Anstalten des öffentlichen Rechts nur noch gut ein Jahr gewesen, bis Sie einen Gesetzentwurf vorlegen.

(McAllister [CDU]: So sind die Sozi- aldemokraten!)

Im Ergebnis wäre es uns natürlich lieber, wenn Sie einfach unseren Anträgen zustimmen würden, sodass Sie nicht immer gezwungen wären, zeitversetzt Gesetzentwürfe einzubringen.

(McAllister [CDU]: Können die doch gar nicht!)

Für mich stellt sich das so dar, dass sich hierin offensichtlich ein fließender Übergang von der SPD-Alleinregierung hin zur Landtagswahl in vier Monaten mit einer rot-grünen Mehrheitsbildung stellvertretend abbildet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frau Leuschner [SPD]: Glauben Sie wohl!)

Anders ist Ihr positiver Meinungsumschwung seit der Einbringung unseres Antrags am 14. Juni letzten Jahres wohl kaum zu erklären. Die Kollegin Evers-Meyer stellte für die SPD-Fraktion damals fest, dass kein Anlass für einen gesetzgeberischen Schnellschuss bestehen würde.

(Möhrmann [SPD]: Genau!)

Jetzt muss es aber so schnell gehen, dass eine Einbringung über die Landesregierung zeitlich gar nicht mehr reichen würde. Jetzt müssen Sie als SPD-Fraktion zur Beschleunigung den Gesetzentwurf einbringen, damit theoretisch noch vor der Landtagswahl eine Verabschiedung möglich ist.

Die CDU-Fraktion hatte sich im vorigen Jahr mit Grundsatzkritik eigentlich total aus dieser Debatte verabschiedet. Herr Coenen zeigt jetzt durchaus eine offenere Position. Das begrüßen wir sehr.

Die Kommunen in Niedersachsen stehen allerdings durchweg positiv einer Öffnung gegenüber. So konnte ich es zumindest in verschiedenen Blättern lesen. Ich glaube, dass wir hier durchaus etwas für die Kommunen tun können, wenn wir mit einem solchen Gesetzentwurf, wie er von der SPDFraktion eingebracht wird, in Niedersachsen neue Möglichkeiten eröffnen. Im Vergleich zur Eigengesellschaft sind die Anstalten des öffentlichen Rechts deutlich besser steuerbar. Die öffentlich-rechtliche Rechtsform lässt ausdrücklich die Weisungsrechte und die Zustimmungsvorbehalte zu. Es besteht für die neuen wirtschaftlich arbeitenden Anstalten die Möglichkeit, unmittelbar hoheitlich tätig zu werden. Gegenüber privatrechtlichen Organisationsformen bestehen wesentliche steuerliche Vorteile, und zwar zum Nutzen der Gebührenzahler und der Kommunen. Verglichen mit Regie- und Eigenbetrieben lässt sich die kommunale Anstalt deutlich selbständiger gestalten. Damit wird eine flexible Reaktion auf die Anforderungen des Marktes möglich. Nicht zuletzt führt die finanzwirtschaftliche Selbständigkeit der kommunalen Anstalt zu einer Entlastung der kommunalen Haushalte. Zumindest das sollte doch unser gemeinsames Anliegen sein.

(Coenen [CDU]: Fragezeichen!)

Wir haben es allerdings wohl dem engagierten Einsatz der Beschäftigten aus kommunalen Betrieben und ihrer Gewerkschaft zu verdanken, dass es doch noch in dieser Legislaturperiode zu einer Gesetzesvorlage gekommen ist. Allerdings bitte ich alle Beteiligten um eine zügige Beratung, damit wir tatsächlich noch zu einer Beschlussfassung vor Februar nächsten Jahres kommen können. Sonst würde uns hier leider nur eine gute Initiative mit rein wahltaktisch beschränkter Haltbarkeit vorliegen. Wiedervorlage wäre allerdings von unserer Seite garantiert. - Vielen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Collmann hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu den hier von meinen Vorrednern gemachten Einlassungen. Herr Kollege Coenen, ich wundere mich schon, dass Sie zum einen erklären, dass ein solches Gesetz nicht erforderlich sei, andererseits aber auch sagen, dass Sie sich später gegenüber der Einführung einer kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts in die Niedersächsische Gemeindeordnung nicht ablehnend verhalten wollen. Für eines müssen Sie sich jetzt ja wohl entscheiden.

Das, was Sie hier an Begründungen angeführt haben, kann in keiner Weise überzeugen; denn Sie haben eines ausgelassen - das gilt auch für die Einlassungen meines Vorredners -:

(Adam [SPD]: Jawohl! Richtig!)

Wir haben im Wesentlichen auf die Wünsche reagiert, die von der kommunalen Ebene an uns herangetragen worden sind. Wir wollen also den Wünschen der Kommunen an dieser Stelle entsprechen. Sie lehnen die Wünsche der kommunalen Ebene mit den Einlassungen, die Sie hier dazu gemacht haben, ausdrücklich ab. Das will ich hier noch einmal nachdrücklich unterstreichen.

(Zurufe von der CDU)

Sowohl als auch kann hier natürlich nicht gelten. Darüber müssen wir uns schon klar sein. Entweder Sie sagen „Wir befürworten das“, dann erklären Sie das hier auch, oder Sie lehnen das ab. Unter dem Strich haben Sie das letztendlich abgelehnt das haben wir festzuhalten.

Nun zu meinem Vorredner, Herrn Hagenah. Sie haben erklärt, das Ganze hätte ein Jahr gedauert, und letztendlich hätte die Landesregierung zur Beschleunigung des Verfahrens auf die SPDFraktion zurückgreifen müssen. Herr Hagenah, damit hier keine Geschichtsklitterung stattfindet: Sie erinnern sich, dass wir eine Anhörung durchgeführt haben, zu der ich Sie persönlich eingeladen hatte. Sie waren verhindert. - Akzeptiert!

(Hagenah [GRÜNE]: Leider gab es eine Terminüberschneidung!)

Aber dann unsere Aktivitäten, die wir als Arbeitskreis Innenpolitik der SPD-Fraktion durchgeführt haben, als eine Aktion der Landesregierung darzustellen, ist schlicht unfair. Das entspricht nicht der

Wahrheit. Das will ich Ihnen hier ganz deutlich sagen; Sie wissen das.

(Hagenah [GRÜNE]: Im Februar war das!)

- Das interessiert nicht. Wir haben lange an der Sache gearbeitet. Wir haben uns wirklich intensiv mit den Problemen auseinandergesetzt, die auch mit diesem Thema verbunden sind. Die wollen wir nicht kleinreden.