Protocol of the Session on September 24, 2002

Ideale Vorstellung wäre eine Kooperation dieser drei Landesversicherungsanstalten. Wir hätten dann ein wirklich gutes Argument gegen die Bundespläne. Denn es geht letztlich auch darum, dass wir die Standorte sichern. Standortsicherung heißt natürlich immer Arbeitsplatzsicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen, aber auch in den Reha-Kliniken.

Ich will das noch einmal unterstreichen - Herr Schwarz hat es bereits gesagt -: Der Wirtschaftsfaktor von 12 Milliarden Euro per anno ist eine Größe, die wir nicht vernachlässigen dürfen. Wir sind auch für unsere Reha-Kliniken verantwortlich, wir sind dafür verantwortlich, dass Rehabilitationsmaßnahmen weiter bei uns im Land durchgeführt werden können.

Meine Damen und Herren, vom Bundesrechnungshof wird angegeben, dass man mit dieser großen Planung zukunftsorientierter Organisationseinheiten etwa 700 Millionen DM jährlich sparen würde. Das ist damals noch in DM-Beträgen angegeben worden. Jetzt hat man uns vorgerechnet: Die Fusionsbestrebung in Braunschweig und Hannover werde zu Einsparungen führen, und Kosten würden vor allen Dingen im Bereich des Personals gespart. Der Abbau von 35 Stellen, der bis zum Jahr 2005 erfolgen soll, wird nicht zu fusionsbedingten Kündigungen führen, sondern das wird sozusagen ausgewachsen. Schon heute wird bei Neueinstellungen berücksichtigt, dass die Fusion stattfinden wird.

Wir wollen im Landtag diesem freiwilligen Zusammenschluss ganz sicherlich keine Knüppel zwischen die Beine werfen, und wir sollten es auch nicht tun. Wir sind heute hinsichtlich des Gesetzentwurfs in der ersten Beratung. Im Übrigen bin ich sehr erstaunt, dass Ministerpräsident Gabriel und Sozialministerin Trauernicht zwar angekündigt haben, dass sie sich für den Bestand der beiden Landesversicherungsanstalten, also der LVA Braunschweig-Hannover und der LVA OldenburgBremen, einsetzen wollen, dass aber der Gesetzentwurf leider nicht aus dem Hause der Sozialministerin kommt.

(Beifall bei der CDU)

Vielleicht ist er dort erarbeitet worden, aber auf dem Papier trägt er den Absender „SPD-Fraktion“, meine Damen und Herren.

Wir werden uns in den Beratungen im Fachausschuss ganz intensiv mit dem Gesetzentwurf, aber auch mit dem Argument auseinander setzen, das jetzt noch von den Landesversicherungsanstalten vorgetragen worden ist, ob der Entwurf denn verfassungsgemäß ist. Hierzu erwarten wir natürlich eine klare Rechtsauskunft im Fachausschuss. Ich weise schon jetzt darauf hin. Wir meinen, dass wir die Zeit haben, noch einmal mit den Landesversicherungsanstalten zu sprechen, um zu erreichen, dass sie von sich aus - das wäre die Ideallösung -, von unten heraus diesen Zusammenschluss anstreben, sodass wir nicht von der Politik, von oben ein Gesetz überstülpen müssten. Das wäre der Idealzustand, den wir anstreben. Das wäre eine gute Sache für Braunschweig wie für Hannover wie für Oldenburg/Bremen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank Frau Kollegin. - Frau Kollegin Pothmer, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass die Selbstverwaltungsorgane der LVA Hannover und der LVA Braunschweig sehr klug und sehr weitsichtig reagiert haben, als sie gesagt haben, dass sie angesichts der bevorstehenden Konzentrationsprozesse und der Neustrukturierung der Rentenversicherungslandschaft in der Bundesrepublik und damit natürlich auch in Niedersachsen versuchen wollten, die niedersächsische Ausgangsposition zu verbessern, indem sie in Niedersachsen eine starke Organisationseinheit schaffen wollten, die auch zukunftsorientiert sei. Ich finde, dass die Selbstverwaltungsorgane unter Beweis gestellt haben, dass sie in einer so schwierigen Situation durchaus handlungsfähig sind. Ich finde das beispielgebend.

Ich finde, dass es positiv hervorzuheben ist, dass das Konzept, das dort erarbeitet worden ist, offensichtlich auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beider LVAen breit getragen ist. Ich betone das deshalb noch einmal, weil solche Fusionsprozesse natürlich am Ende immer auch mit Personaleinsparungen verknüpft sind. Das ist ja auch richtig und sinnvoll, weil es sich um Versi

chertengelder handelt, für die wir alle Rechenschaft abzulegen haben.

Natürlich ist im Rahmen des Prozesses auch versucht worden, die LVA Oldenburg einzubeziehen. Die LVA Oldenburg hat - Herr Schwarz und Frau Schliepack haben darauf hingewiesen - eine andere Entscheidung getroffen. Ich finde das hochbedauerlich. Ich glaube, dass diese Entscheidung im Sinne der Beschäftigten der LVA OldenburgBremen nicht besonders klug ist.

(Stratmann [CDU]: Können Sie das beurteilen? - Ontijd [CDU]: Wie kommen Sie darauf?)

Ich finde es aber auch schlimm - um das deutlich zu sagen -, dass die LVA Oldenburg-Bremen in dieser Haltung von den regionalen Abgeordneten, vom Ministerpräsidenten dieses Landes und auch von der Sozialministerin unterstützt worden ist. Das ist aus meiner Sicht ein Problem.

(Ontijd [CDU]: Warum das denn? - Stratmann [CDU]: Machen Sie doch einmal einen anderen Vorschlag!)

Ich meine, dass Politik in dieser Situation eine andere Aufgabe gehabt hätte. Die Politik und insbesondere die Landesregierung hätte in dieser Situation die Aufgabe gehabt, sich an dieser Stelle konfliktfähig und weitsichtig zu zeigen und darauf hinzuwirken, dass für Niedersachsen eine zukunftsorientierte Lösung gefunden wird.

(Stratmann [CDU]: Erneut zulasten der Fläche!)

Das ist aus meiner Sicht für die LVA OldenburgBremen nicht der Fall.

Hinzu kommt, dass das Konzept OldenburgBremen immer damit verknüpft war, dass es künftig in Niedersachsen zwei gleichstarke LVAen geben sollte. Der Ministerpräsident hat immer erklärt, dass er dafür eine Vorliebe habe.

(Ontijd [CDU]: Dann muss Hannover abgeben!)

Mit dem, was uns heute vorgelegt worden ist, ist doch klar, dass diese Forderung nicht erfüllbar ist; denn in dem Gesetzentwurf, der heute vorgelegt worden ist und den ich im Übrigen unterstütze, wird eine Fusion Braunschweig/Hannover in den alten Zuständigkeitsgrenzen vorgesehen. Das heißt, damit wird dem Begehren der LVA Oldenburg

Bremen, die eigenen Zuständigkeitsgrenzen auszuweiten, ein klarer Riegel vorgeschoben.

(Stratmann [CDU]: In der Tat! Das ist genau richtig!)

Natürlich sehen die Oldenburger und Bremer jetzt, in welche schwierige Situation sie sich hineinmanövriert haben und in welche schwierige Situation sie mit diesem Wolkenkuckucksheim, das ihnen in den Kopf gesetzt worden ist, hineinmanövriert worden sind.

(Mühe [SPD]: Sich selbst hineinma- növriert haben! - Glocke des Präsi- denten)

Deswegen kriegen wir Briefe, in denen gefordert wird, dass dieser angebliche Kompromiss aus der Sicht der Verfasser dieser Briefe keiner sein kann; denn in einer Situation, in der dieser Umstrukturierungsprozess stattfindet, laufen die natürlich Gefahr, völlig unter die Räder zu kommen, wenn der Umstrukturierungsprozess möglicherweise auch länderübergreifend vollzogen wird.

(Stratmann [CDU]: Was wäre denn die Alternative gewesen?)

Ich sage Ihnen, die Politik dieser Landesregierung und die Politik der SPD-Fraktion

Ich muss Ihnen sagen, dass Ihre Redezeit schon seit langem abgelaufen ist.

Ich komme zum Schluss. - trägt an der Stelle schlicht nicht. „Allen recht und niemandem weh“ das funktioniert nicht. Das zeigt dieser Entschließungsantrag und das sagen die Oldenburger und Bremer auch zu Recht. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pothmer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen im Hinblick auf Tagesordnungspunkt 6 zur Ausschussüberweisung. Federführend soll damit der Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen befasst werden, mitberatend soll der Ausschuss für

Rechts- und Verfassungsfragen beteiligt werden. Ich sehe keine anderen Auffassungen.

Ich komme jetzt zur Ausschussüberweisung bezogen auf den Antrag der Fraktion der SPD, also bezogen auf Tagesordnungspunkt 7. Dieser Beratungsgegenstand soll an den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen überwiesen werden. - Auch dazu sehe ich keine anderen Vorstellungen. Dann ist das so beschlossen.

Die Fraktionsführungen sind übereingekommen, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten und die Hunde nach der Mittagspause bellen lassen.

(Heiterkeit)

Die Redner mögen sich bitte darauf einstellen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit. Wir sehen uns wieder um 14.30 Uhr.

Unterbrechung: 13.02 Uhr.

Wiederbeginn: 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Die Qualität der Mikrofonanlage hat in der Mittagspause nicht verbessert werden können. Ich hoffe gleichwohl, dass die Verständigung gut ist, wenn Sie selbst dazu beitragen und den Rednern das Wort lassen.

Wir beginnen die heutige Nachmittagssitzung mit

Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über die Vorsorge vor von Hunden ausgehenden Gefahren (NHundG) - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD – Drs. 14/3715

Der Gesetzentwurf wird vom Kollegen Schumacher eingebracht, dem ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion bringt heute in den Landtag einen nicht ganz einfachen Gesetzentwurf ein - nicht ganz einfach deshalb, weil es sich um ein emotional hoch brisantes Thema handelt. Wir alle haben sicherlich noch die Bilder von dem kleinen Volkan aus Hamburg im Kopf, der von Kampfhunden

angefallen und getötet wurde. Viele haben nach diesem Vorfall harte Strafen und Verbote für alle Hundebesitzer, besonders aber für die Halter von Kampfhunden, verlangt. Alle Verantwortlichen haben damals schnell gehandelt. Bund und Länder haben Gesetze und Verordnungen erlassen, die den Umgang mit gefährlichen Hunden einschränken und für die Bevölkerung sicher machen sollten. Natürlich waren nicht alle mit diesen Regelungen einverstanden, insbesondere die Hundebesitzer nicht. Aber allen Politikern mussten zuallererst die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung am Herzen liegen.

Auch die Niedersächsische Gefahrtier-Verordnung war nicht unumstritten, obwohl Niedersachsen schon damals mit der Einführung eines Wesenstests für gefährliche Hunde vorbildlich war. Sie wurde beklagt. Das OVG Lüneburg hat in seinem Urteil vom 30. Mai 2001 festgestellt: Wie der Verordnungsgeber eine derartige Gefahr - gemeint waren die in der Gefahrtier-Verordnung genannten Hunde der ersten und zweiten Kategorie - abwende, stehe in seinem Ermessen. Dieses Ermessen werde jedoch begrenzt durch die hier betroffenen Freiheitsgrundrechte der Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 14 des Grundgesetzes und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Diese Grenze hat der Verordnungsgeber nach Einschätzung des OVG in vier Punkten überschritten: erstens vorgesehenes Haltungs-, Zucht- und Vermehrungsverbot ohne Zulassung eines Nachweises der individuellen Ungefährlichkeit des jeweiligen Hundes, zweitens Maulkorbzwang auch für die Hunde, die den Wesenstest bestanden haben, drittens Tötung der Hunde der ersten Kategorie, die den Wesenstest nicht bestanden haben, und viertens nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, indem in die Kategorie 2 nur Rottweiler und Dobermann aufgenommen wurden, aber nicht der Deutsche Schäferhund.

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 3. Juli dieses Jahres die Entscheidung des OVG Lüneburg in Teilen bestätigt und die grundlegenden Regelungen der angegriffenen Verordnung für nichtig erklärt. Der Verordnungsgeber war ohne ausdrückliche Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber nicht befugt, in der Weise, wie es geschehen ist, allein an die Zugehörigkeit von Hunden zu bestimmten Rassen anzuknüpfen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es nach vorliegender Feststellung für bestimmte Rassen der

zeit zwar den Verdacht, dass von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Es ist jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen - Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse - für die Auslösung von aggressivem Verhalten zukommt.