Protocol of the Session on September 24, 2002

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Was ist denn daran noch seriös? Ich verstehe, dass Sie etwas gegen das Unternehmen haben.

(Widerspruch bei der CDU)

Ihre Europaabgeordneten sind dafür, dass das VWGesetz abgeschafft wird. Das ist die Realität. Herr Lehne hat das öffentlich gefordert.

(Möllring [CDU]: Jetzt lügt er auch noch!)

Nun will ich noch einmal versuchen, Ihnen möglichst einfach zu erklären, was der Unterschied zwischen Attraktivitätsfaktor und Erfolgsfaktor ist. Ich gebe zu: Sie mögen sicherlich attraktiv sein, aber Erfolg haben Sie nicht, Herr Wulff.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Wulff!

Herr Ministerpräsident, vielleicht war auch das ganz symbolhaft, weil das Problem Niedersachsens in diesen Tagen ist, dass das Land durch Ihre Regierung und mit Ihrer Regierung weder attraktiv noch erfolgreich ist. Das ist das Problem Niedersachsens.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben gerade zugestanden, dass wir uns in einer Rezession befinden und dass die Volkswirtschaft schrumpft. Dafür haben die Sozialdemokraten den schönen Begriff „Minuswachstum” erfunden, als wenn da noch etwas wachsen würde. Das Wachstum schrumpft aber in den Boden hinein, und die Leute leiden darunter. Weil sie so leiden und weil sie vor Arbeitslosigkeit und Konkurs so viel Angst haben, machen Sie Ihnen fortlaufend Angst. Wenn die Kriegsangst nicht geschürt werden kann, dann machen Sie in Angst um das VW-Gesetz, als wäre das die Schutzhülle über dieses Thema.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Sie jagen den Menschen Angst ein. Sie machen es gerade so, wie es Ihnen gefällt. Gestern hat Herr Gabriel die Senkung unter 40 % - Staatsquote, Lohnnebenkosten und Steuerlast - gebrandmarkt. Am Donnerstag schreibt Herr Gabriel im VorabInterview im Stern: 40 % bei den Lohnnebenkosten zu unterschreiten, das sei das zentrale Thema und Ziel der Politik der Sozialdemokratie. So ist es: Heute so und morgen so.

(McAllistar [CDU]: Dreist ist so etwas!)

Weiter unten in dem Stern-Interview, das am Donnerstag veröffentlich werden wird, wird dann die Begründung angeführt, dass man die sozialen Sicherungssysteme durch Steuern finanzieren müsse, womit weitere Erhöhungen der Mehrwertsteuer und der Ökosteuer und andere Belastungen der Arbeitnehmer vorbereitet werden. Das ist Ihre Politik. Vorher so und nachher so. Damit werden Sie am Ende scheitern. Das sage ich Ihnen als sicher voraus.

(Beifall bei der CDU)

Genauso ist es bei der Teilzeitarbeit. Wir fordern die Teilzeitarbeit. Sie dient uns dazu, Menschen Arbeit zu verschaffen, und nicht dazu, Statistiken

zu schönen. Wir wollen, dass Sie Ihre Politik korrigieren.

(Zuruf von Frau Goede [SPD])

Sie, Frau Göde, haben 1990/1991 in diesem Landtag alle Teilzeitförderprojekte der damaligen CDU-geführten Landesregierung gestoppt und aus den Haushalten gestrichen. Sie haben gesagt, Teilzeitarbeit weise insbesondere den Frauen eine bestimmte Rolle zu, die Sie nicht wollten. Deshalb haben Sie damals Vollerwerbsarbeit zum Ziel der Politik erkärt. Als Sie damit gescheitert waren, sind Sie auf Teilzeit umgesattelt.

Wenn sich jetzt der Ministerpräsident als Anwalt der Teilzeitarbeit hier hinstellt, dann ist es doch sonderbar, dass sich die niedersächsische Regierung im Bundesrat nur ein einziges Mal gegen die Gesetze der rot-grünen Regierung verhalten hat. Das war bei dem Gesetz zur Förderung der Teilzeitarbeit. Niedersachsen hat ausdrücklich dagegen gestimmt. Auch das gehört hier ins Protokoll, damit das Thema angemessen abgerundet wird.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Harms.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Theoretisch war es mir klar, dass „nach der Wahl” in Niedersachsen „vor der Wahl” heißen würde. Was das aber für unsere Plenarsitzungen bedeutet, ist mir erst jetzt klar geworden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Herr Plaue, Sie mögen darüber lachen können. Ich finde es überhaupt nicht komisch, Politik gegen Arbeitslosigkeit und für den Standort Niedersachsen nach dem Motto zu betreiben: Wir sind die Guten, und das da sind die Schlechten.

(Lindhorst [CDU]: Sagen Sie einmal was zur Wirtschaft!)

Ich glaube, dass wir mit diesem Motto nicht besonders weit kommen. Es macht mir, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Spaß mehr, diese Debatte so undifferenziert zu führen. Herr Wulff, Sie als Verlierer dieser Wahl müssen meiner Meinung nach einmal darüber nachdenken, ob Sie mit der

alten Platte tatsächlich weiterkommen. Das, was Sie heute gesagt haben, haben Sie schon sehr oft gesagt. Meiner Ansicht nach hat Ihr Misserfolg bei der Bundestagswahl auch damit zu tun, dass Sie in Sachen Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarktpolitik eigentlich keine Alternativen zur Politik der Regierung anzubieten haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Joschka Fischer hat gestern gesagt, der Sieger ist bescheiden. Über Ihre Haltung als Verlierer sollten Sie vielleicht noch einmal nachdenken.

Ansonsten empfehle ich dem gesamten Hause, ausgehend z. B. von der Debatte um Hartz, darüber nachzudenken, was es heißt, dass es keine Patentrezepte gegen die Arbeitslosigkeit gibt, was es heißt, dass wir viele Wege zu gehen haben, dass wir viele Instrumente zu erproben und immer wieder zu bilanzieren haben. Ich meine, das hilft weiter als diese Debatte, die für mich sehr den Charakter eines Hahnenkampfes hat. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Abgeordneten Plaue möchte noch sprechen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in meinem vorherigen Beruf gelernt, dass ein Masterplan etwas Konstruktives ist. Ich habe heute gelernt, dass der Masterplan, den die Union aufgelegt hat, bis zur nächsten Landtagswahl offensichtlich nichts anderes beinhaltet, als mies zu machen und ohne Alternative dazustehen. Das, meine Damen und Herren, geht nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben diese Aktuelle Stunde nicht nach der Melodie angelegt, wie tough ist das hier alles in Niedersachsen ist. Aber wenn wir anfingen, nur das Negative zu betrachten und den Menschen die Erfolge, die sie sich selbst erarbeitet haben, nicht nur nicht zu gönnen, sondern sie auch nicht darin zu ermutigen, an der Stelle weiterzumachen, dann wären wir schlechte Politikerinnen und Politiker; dann werden wir zu Recht abgewählt.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt im Übrigen auch, Frau Kollegin Harms, für die Grünen. Wenn wir uns darüber unterhalten, ob die Überschriften, die wir hier setzen, richtig sind oder vielleicht in dem einen oder anderen Punkt überspitzt sind, dann können Sie mit dem Finger nicht nur auf die einen zeigen; denn mindestens vier Finger zeigen dann auf die eigene Person. Auch die Grünen sollten sich an der Stelle einmal etwas nachdenklicher zeigen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Ihre wirtschaftspolitische Sprecherin erklärt hat, umweltpolitische und umweltorientierte Wirtschaftsförderung würde es in Niedersachsen nicht geben. Frau Kollegin Steiner, wo leben Sie denn? Niedersachsen hat mit mehr als 10 000 Arbeitsplätzen im Bereich der Windenergie eine in hohem Maße umweltpolitische Wirtschaftsform aufgebaut.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Frau Steiner [GRÜNE])

Wenn Sie, Frau Kollegin, nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Rahmenbedingungen, die gesetzt worden sind, diese Entwicklung gefördert haben, dann frage ich mich, wie Sie in Zukunft eigentlich noch Rahmenbedingungen setzen wollen.

Lassen Sie mich als weiteres Beispiel die Landwirtschaftspolitik nennen. Bei der Umsteuerung in der Landwirtschaftspolitik, die erfolgt ist, um im Bereich der Lebensmittelveredelung Zukunftschancen in Niedersachsen zu schaffen, handelt es sich um eine zutiefst umweltorientierte Wirtschaftsförderung. Dies lassen wir uns von Ihnen nicht mies machen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin weit davon entfernt, Herrn Kollege Wulff, zu sagen, in Niedersachsen sei alles in Ordnung. Sie sind offenkundig der Meinung, alles in Niedersachsen sei mies. Was die Wählerinnen und Wähler davon denken, haben Sie auch am letzten Sonntag wieder gemerkt.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sage Ihnen eines: An den Stellen, an denen wir Defizite haben, benennen wir sie auch. Wir hatten in der Tat Probleme damit, dass in den letzten eineinhalb Jahrzehnten Forschungsförderung kaum in den Norden der Bundesrepublik, dafür aber umso mehr in den Süden gelenkt worden ist. Wir hatten und haben noch Probleme damit, dass im Bereich der Verkehrsinfrastruktur in den letzten 15, 20 Jahren mehr im Süden als im Norden investiert

worden ist. Aber das haben Sie politisch zu verantworten und nicht wir.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Herr Kollege Wulff, Sie haben gestern oder vorgestern einen netten Satz gesagt, indem Sie ausführten: Offensichtlich muss man in der Opposition erst richtig angekommen sein, um aus ihr herauszukommen. - Ich stelle fest: Sie sind in der Opposition noch nicht angekommen. Deswegen kommen Sie auch nicht so schnell aus ihr heraus.

(Beifall bei der SPD)