Protocol of the Session on August 30, 2002

Im Kreis Leer ereignete sich am späten Abend des 15. Mai 2002 ein Verkehrsunfall, der offenkundig dadurch verursacht wurde, dass der bei dem Ereignis Verunglückte die rot gefärbten Standlichtglühlampen - nur die waren eingeschaltet - eines entgegenkommenden für die Schlusslichter eines weiter vorn in gleicher Richtung fahrenden Pkw hielt und deshalb ein Fahrzeug direkt vor ihm ordnungsgemäß überholen wollte. Bei dem Versuch, einen Zusammenprall mit dem ordnungswidrig beleuchteten Pkw zu vermeiden, geriet er mit seinem Fahrzeug ins Schleudern und prallte gegen einen Straßenbaum. Wenig später erlag er seinen dabei erlittenen schweren Verletzungen.

Laut Aussage von Kfz-Gutachtern kommen Fahrlicht- und andere Manipulationen an Pkw regelmäßig vor. Sie werden vor allem von jungen Fahrzeugführern offenkundig nur als Kavaliersdelikt empfunden.

Angesichts dieses Unfalls und weiterer Presseberichte über die beschriebenen Veränderungen an Pkw und Berichte von Sachverständigen frage ich die Landesregierung:

1. Liegen ihr aus dem Jahre 2000 und 2001 Zahlen über durch Verkehrskontrollen ermittelte rechtswidrige Manipulationen an der Beleuchtungsanlage von Pkw vor?

2. Hält sie die laut Polizeibericht für eine Fahrlichtmanipulation zu zahlende Geldbuße von 100 Euro, die mit einem Eintrag in die Flensburger Verkehrssünderkartei verbunden ist, angesichts der schwerwiegenden Folgen, die aus den Manipulationen entstehen können, für angemessen?

3. In welcher Form reagiert die Polizei auf die beschriebenen Fahrzeugmanipulationen?

Die bisherigen Untersuchungen des hier in Rede stehenden Verkehrsunfalls haben ergeben, dass das unfallverursachende Fahrzeug mit Rotlicht abstrahlenden Standlicht-Birnen ausgerüstet war. Die Ermittlungen zu der Frage, inwieweit diese technische Veränderung unfallursächlich war, sind noch nicht abgeschlossen.

Die Gefahr, die sich aus derartigen Manipulationen an der Beleuchtungsanlage von Kraftfahrzeugen ergibt, kann mit Hilfe der niedersächsischen Verkehrsunfallstatistik eingeschätzt werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass diese Manipulationen in das Statistikmerkmal „Beleuchtungsmän

gel infolge von Technischen Mängeln und Wartungsmängeln“ eingehen, in dem alle unfallursächlichen Unzulänglichkeiten der Beleuchtungsanlage zusammengefasst werden – also neben Veränderungen der Lichtanlage auch Ausfälle der Scheinwerfer oder eine unzureichende Lichtausbeute.

Für die Jahre 2000 und 2001 weist die niedersächsische Unfallstatistik 158 bzw. 152 Verkehrsunfälle mit der Ursache „Beleuchtungsmängel“ aus, also weniger als 0,1 % aller Verkehrsunfälle. Auch eine Betrachtung der schweren Unfallfolgen ergibt eine unter statistischen Aspekten nachrangige Bedeutung der Unfallursache „Beleuchtungsmängel“:

Veränderungen an Kfz-Beleuchtungsanlagen und das Führen von Fahrzeugen mit mangelhaften Beleuchtungseinrichtungen sind als abstrakte Gefährdungsdelikte mit einem Verwarngeld in Höhe von 5 bis zu 35 Euro bewehrt. Die hier vorliegenden vorsätzlichen Manipulationen stellen jedoch eine qualitativ neue Erscheinungsform dar und konnten seinerzeit bei der Festsetzung des Sanktionsrahmens nicht berücksichtigt werden. Das daraus resultierende erhöhte Gefahrenpotenzial findet nach Auffassung der Landesregierung im bestehenden Ahndungsrahmen keine angemessene Berücksichtigung mehr.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Frage des Abg. Collmann wie folgt:

Zu 1: Die Polizei beschränkt sich bei der statistischen Erfassung von Ahndungsmaßnahmen im Straßenverkehr auf konkret verkehrsgefährliche Fehlverhaltensweisen – wie Geschwindigkeits- und Abstandsfehlverhalten, Drogen- und Alkoholdelikte oder aggressionsmotivierte Verkehrsstraftaten. Zahlen zu den im Rahmen von Verkehrskontrollen festgestellten Mängeln an der Fahrzeugbeleuchtung liegen daher nicht vor.

Zu 2: Die hier in Rede stehende Manipulation der Lichtanlage eines Pkw ist vom Gesetzgeber als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit Verwarngeld bewehrt worden. Ich verweise auf meine Vorbemerkung. Führt die Manipulation dazu, dass andere Menschen in irgendeiner Form körperlich geschädigt oder – wie vorliegend – getötet werden, führt dies grundsätzlich zu einer Prüfung des Sachverhalts auf strafrechtliche Relevanz. Entsprechend ist bei dem hier zugrunde liegenden Verkehrsunfall ein staatsanwaltschaftliches Ermitt

lungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den Unfallverursacher eingeleitet worden. Dies bedeutet konkret, dass der Beschuldigte mit einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) und damit auch mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren rechnen muss, wenn bewiesen werden kann, dass die ordnungswidrige Manipulation der Lichtanlage für den Unfall ursächlich gewesen ist.

Die Landesregierung wird den aktuellen Vorfall zum Anlass nehmen, im Bund-Länder-Fachausschuss für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten eine generelle Prüfung sowohl des Phänomens als auch der Angemessenheit des Sanktionsrahmens für derartige Verstöße anzuregen. Sollte sich herausstellen, dass nicht zulässige Beleuchtungsmanipulationen zunehmen, wird sich Niedersachsen für die Aufnahme eines Tatbestandes des „vorsätzlichen Anbringens von unzulässigen lichttechnischen Einrichtungen“ in die Bußgeldkatalogverordnung mit deutlich erhöhtem Sanktionsrahmen einsetzen.

Zu 3: Die polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit beruht konzeptionell auf einem Verbund präventiver, verkehrsaufklärender Maßnahmen und repressiver Überwachung. In diesem Kontext reagiert die Polizei auf festgestellte Veränderungen an Beleuchtungsanlagen mit anlass- und zielgruppenbezogenen Verkehrskontrollen, in denen sowohl auf die besondere Gefährlichkeit derartiger technischer Veränderungen hingewiesen als auch innerhalb des möglichen Ahndungsrahmens Verwarnungen ausgesprochen werden. Daneben werden die betroffenen Fahrzeugführer bzw. -halter aufgefordert, die unzulässigen technischen Veränderungen wieder in den Ausgangszustand zurückzurüsten und das Fahrzeug zu Kontrollzwecken anschließend bei einer Polizeidienststelle oder einer anderen geeigneten Institution (Werkstatt, TÜV, DEKRA) vorzuführen. Sofern die Vorführung des instandgesetzten Fahrzeugs unterbleibt, erhalten die zuständigen Zulassungsstellen Kenntnis. In letzter Konsequenz kann das Fahrzeug stillgelegt werden.

Die Polizei wird im Rahmen ihrer allgemeinen Präventionsarbeit eine verstärkte zielgruppenorientierte Gefahrenaufklärung betreiben, um sowohl auf die konkret verkehrsgefährdenden Folgen derartiger technischer Umrüstungen als auch den Umstand verstärkter polizeilicher Kontrollen hinzuweisen.

Anlage 3

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 9 des Abg. McAllister (CDU):

Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Schule Am Wiesendamm in Bad Bederkesa (Landkreis Cux- haven)

Die Fraktionen sind im Kultusausschuss in der strittigen Frage der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Sonderschulen übereingekommen, entgegen dem ursprünglichen Erlass des Kultusministeriums diesen Schulen nunmehr die benötigten Stellen zur Verfügung zu stellen, wobei die zunächst erforderlichen 25 zusätzlichen Stellen zulasten des allgemeinen Kultushaushaltes gehen werden. Die Regelungen sehen vor, dass die einzelnen Schulen zusätzliche Ansprüche erfüllt bekommen sollen. Nach dem Erlass „überversorgte“ Schulen müssen aber die vorhandenen Stellen so lange nicht abbauen, wie die Stelleninhaberinnen und Stelleninhaber noch im aktiven Dienst sind.

Dies hat zur Folge, dass zahlreiche Sonderschulen in Niedersachsen mit einer Verbesserung der Situation der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechnen können. Die Schule für geistig Behinderte Am Wiesendamm in Bad Bederkesa würde somit rechnerisch 4,1 neue Kräfte bekommen.

Eine Nachfrage bei der Bezirksregierung, Außenstelle Cuxhaven, und auch direkt bei der Bezirksregierung in Lüneburg hat jedoch ergeben, dass zumindest dort von den neuen Stellen nichts bekannt sei. Alle Beteiligten sind enttäuscht, dass das Kultusministerium das gegebene Versprechen jetzt nicht einhält.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wird es eine Zuweisung der Stellen durch das Kultusministerium geben?

2. Von wem werden diese Stellen freigegeben?

3. Wann ist mit einer Umsetzung des fraktionsübergreifenden Beschlusses zu rechnen?

Mit dem Erlass „Zuweisung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Schulen für geistig Behinderte und an Schulen für Körperbehinderte“, der am 1. Februar 2003 in Kraft tritt, werden Messzahlen für die Zuweisung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unterrichtsbegleitender und in therapeutischer Funktion an Schulen für geistig Behinderte und an Schulen für Körperbehinderte vorgegeben. Grund

sätzlich steht demnach jeder Klasse an diesen Schulformen ein bestimmtes Kontingent an Stunden zur Verfügung. Die Größe hängt davon ab, ob eine Klasse ganztägig oder halbtägig Unterricht erhält.

Die Neuregelung führt gegenüber der derzeitigen Stellenausstattung mit pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einem Mehrbedarf von landesweit 25 Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Eine gleichmäßige Verteilung der Stellen kann nur in einem längeren Zeitraum erreicht werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Im Rahmen der Ermächtigung nach Nr. 9 der Allgemeinen Haushaltsvermerke zu den Stellenplänen, Stellenübersichten und Bedarfsnachweisen zu den Kapiteln 07 07 bis 07 20 wurden bereits im Haushaltsjahr 2002 für die zusätzliche Einstellung von sozialpädagogischen Fachkräften 20 Lehrerstellen verwendet.

Zu 2: Die Ermächtigungen werden den Bezirksregierungen als eigenverantwortlich Personal und Stellen bewirtschaftende Dienststellen zugewiesen.

Zu 3: Mit den Vorbereitungen zur Umsetzung des Erlasses wird begonnen.

Anlage 4

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 10 des Abg. Kethorn (CDU):

Streichung von Schulpsychologenstellen

Die Landesregierung hat jüngst beschlossen, insgesamt 14 Stellen der schulpsychologischen Beratung abzubauen. Der kriminalpräventive Rat der Stadt Nordhorn hat diese Pläne der Landesregierung mit Unverständnis und großer Sorge zur Kenntnis genommen. Er hat sich in der Vergangenheit zur Aufgabe gemacht, präventive Maßnahmen zu fördern und zu koordinieren. Die schulpsychologische Beratung war und ist dabei ein wichtiges und unverzichtbares Element. Die Pläne der Landesregierung würden der Intention des kriminalpräventiven Rates der Stadt Nordhorn, aber auch aller übrigen Präventionsräte vehement entgegenstehen.

Gerade in Zeiten steigenden Aggressionspotenzials an Schulen sowie auffälligen Lernverhaltens wäre es ein gravierender Fehler, die

Stellen abzubauen. Die traurigen Ereignisse in Erfurt haben sehr deutlich vor Augen geführt, dass gerade in den Bereichen der Schulen sehr großer Handlungsbedarf besteht. Schüler, Eltern und Lehrer dürfen mit ihren Problemen nicht allein gelassen werden. Hilfe und psychologische Unterstützung sind in der heutigen Gesellschaft sehr wichtig geworden.

Mit dem Abbau der schulpsychologischen Beratung treten jedoch erhebliche Folgen für das Beratungs- und Unterstützungssystem für Schulen und Eltern auf. Die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Schulpsychologen werden so vergrößert, dass dies unweigerlich zu einer dienstlichen Ausdünnung des Leistungsangebotes führen muss. Dabei ist das Aufgabenfeld der Schulpsychologen in den letzten Jahren ständig erweitert worden. Die zunächst vorherrschende diagnostisch orientierte Einzelfallberatung bei Schülerinnen und Schülern ist leider schon in den Hintergrund getreten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hält sie an dem Abbau der schulpsychologischen Beratungsstellen vor dem Hintergrund des steigenden Aggressionspotenzials an Schulen sowie des zunehmend auffälligen Lernverhaltens vieler Schülerinnen und Schüler fest?

2. Wenn ja, wie soll künftig der nachweisbar notwendige schulpsychologische Beratungsbedarf sichergestellt werden?

3. Welche Aufgaben sollen künftig Schulpsychologen wahrnehmen, und welche Aufgaben aus dem bisherigen umfangreichen Angebot sollen gestrichen werden?

Die Reduzierung von Stellen im Bereich der Schulpsychologie ist im Kontext der Schulverwaltungsreform zu sehen, durch die bis 1997 insgesamt 30 % der Stellen im Bereich der Schulaufsicht zugunsten von Stellen im Schulbereich abgebaut wurden.

Die Schulpsychologie ist gemäß § 120 NSchG den Schulbehörden zugeordnet. Sie blieb zunächst als einziger Teilbereich von einer Stelleneinsparung ausgenommen. Zur Erfüllung der Zielvereinbarung der Landesregierung zum Stellenabbau vom 4. August 1999 im Umfang von 110 Stellen für das Kultusministerium konnte letztlich auch für die Schulpsychologie auf eine Einsparauflage nicht verzichtet werden. Diese fällt mit 26 % geringer aus als die o. a. Einsparung im Bereich der Stellen für schulfachliche Dezernentinnen und Dezernten. Nach Abschluss der sukzessiven Reduzierung um insgesamt 23 Stellen verbleiben 66 Stellen.